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Musiktheorie
#1
(27-08-2021, 22:32)petronius schrieb: ich habe "keinen Schimmer vom Aufbau der Musik-Gesetze" und weiß doch ein gutes jazzstück seht zu schätzen. auch und vor allem, wenn es sich nicht um "musik-gesetze" schert. aber manche sind halt bei glenn miller stecken geblieben...

nein, das ist ein irrtum. jazz ist nicht formal festgelegt - ganz im gegenteil. beim jazz gehts ums gefühl, nicht um das abspielen von "musik-gesetzen"

Hallo petronius,

wer so ehrlich wie Du anmerkt, dass er keinen Schimmer vom Aufbau der Musik-Gesetze hat, dem höre ich (praktizierender Gitarrenlehrer) besonders aufmerksam zu, wenn er völlig laienhaft "daherfabuliert", Jazz sei nicht formal festgelegt. -
Jazz hat als Basis stets eine festgelegte Akkordfolge, welche vom Spieler streng beachtet werden muss, da sonst kein gemeinsames Musizieren in einer Band oder einem Orchester möglich wird.

Zu einer vom Komponisten vorgegebenen Akkord-Folge, über welche dieser das sog. "Thema", als festgelegte Solo-Stimme geschrieben hat, kann nun jeder Musiker seine eigene Improvisation spielen. Dabei muss er aber nicht nur die gegebenen Takteinteilungen der Akkorde genauestens beachten, sondern auch die entsprechenden Modi verwenden - kann also z.B. über einen Dur-Akkord nicht eine Aeolische Skala spielen, welche nur über einen Moll-Akkord gut klingt. Bei einem Septim-Akkord wird z.B. gerne die Pentatonik-, die Blues- od. die Mixolydische Skala gespielt.
Selbst das Ohr eines Laien würde es sofort als "falsch/schräg" empfinden, würde ein Musiker einen solchen Septim-Akkord mit einer Aeolischen Skala "bespielen".

Die 7 Modi (ionisch, lydisch, mixolydisch, dorisch, aeolisch, phrygisch, lokrisch) haben ihre Wurzeln in den traditionellen Kirchentonleitern. Sie unterscheiden sich durch Halbtonschritte. Ihre Namen gehen auf das alte Griechenland zurück, wo diese Ton-Ordnung bereits festgelegt worden war.

Man kann als Musiker noch so viel "Gefühl" mitbringen, was ja (nicht nur hier) eine gute Voraussetzung ist - - - ohne entsprechendes Theorie-Wissen und einer jahrelang eingeübten flotten Fingertechnik, wird man nicht einmal eine schnelle Polka in einem Musikverein bewältigen - und schon gar keinen Jazz, der einem Publikum vorgetragen oder auf CD gespeichert werden soll.
Die meisten Studio-Musiker kommen heute von den Musik-Hochschulen und sind für ihren gut bezahlten Job bestens ausgebildet, denn Tonstudio-Stunden sind sehr teuer und jeder Musik-Produzent lässt seine Aufnahmen von "Profis" verwirklichen, welche ihren Part zu entsprechenden Titeln flott und sauber in das Mischpult einspielen (können).

(In L.A. haben Musik-Produzenten auf ihren Smartphones sog. "first call" und "second call"-Musiker gespeichert.
Zuerst bemüht man sich um die erst genannten. Wenn diese keine Termine frei haben, muss es ein Name auf der "zweiten" Anruf-Liste tun. Dieser ist aber wohlgemerkt immer noch ein absoluter Profi!)

Im Jazz kommen z.B. völlig andere Akkorde vor, wie in der Klassik, der Pop- oder der Volksmusik!

Hier stößt der Musiker auf sehr viele Akkordnamen, wie z.B. G7#9, Am7b5, B7/13, Gmaj7, Eb 6/9 ...... etc.

Für die Gitarre gibt es z.B. an die 1200 Akkorde, zudem noch "Umkehrvarianten".

Damit will ich keinen Laien verwirren, sondern nur anmerken, dass anspruchsvoller Jazz ohne ein gründliches Studium nicht gespielt werden kann. Den Blues, eine "einfachere" Jazz-Form, kann man schon mit 4 Akkorden spielen und als Solist dabei lediglich die Pentatonik-Skala verwenden, was aber nach 6 Minuten natürlich "langweilig" zu klingen beginnt. Also erweitert man sein Spiel z.B. mit der Blues- und der Mixolydischen Skala, fügt dazu aber auch kurz chromatische Übergangstöne ein, die theoretisch zwar nicht zum Akkord gehören, aber, weil nur kurz angespielt, vom Ohr akzeptiert werden.
Ein sehr wichtiger Teil des Jazz sind vor allem die Längen der gespielten Töne - also die sich daraus ergebende Rhythmik, mit welcher sich die Musiker unterscheiden, aber auch auszeichnen, sich gerne über diese "Marke" zu erkennen geben, vom geübten Hörer auch schnell erkannt werden.

Glenn Miller (Posaunist, Komponist und Arrangeur) studierte an der Uni von Colorado, beschäftigte sich zudem schon früh mit den unterschiedlichsten "Kompositionssystemen". Ein melodisches Meisterstück, wie z.B. sein bekanntes Stück "String of Pearls" schüttelt man ohne theoretische Musik-Kenntnisse nicht einfach so aus dem Ärmel. Auch nicht in der Ära des Swing, einer Hauptstilrichtung im Jazz, welche vom weitaus komplizierteren Bebop Anfang der 1940er Jahre abgelöst wurde und somit den Ursprung des Modern Jazz bildete.

So kann zwar jeder den genialen Bebop-Saxophonisten Charlie Parker "hören", seine Musik über komplexe Harmonie-Schemata zu verstehen, verlangt aber nun mal ganz andere Voraussetzungen.

Der/die Interessierte kann ja mal bei youtube reinhören.

Gruß von Reklov

*https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/musik/artikel/kirchentonarten
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Musiktheorie - von Reklov - 28-08-2021, 17:38
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