Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
[split] PLEASE HELP! Abtreibung? Todesstrafe der Tora
#18
Hi allerseits :)
Zitat:Für die Zeit nach dem Exil darf angenommen werden, dass die in der Schrift ausgeführten (Straf-)Rechtsvorschiften auch angewendet wurden.
Inwiefern die jeweilige Ordnungsmacht in die innerjüdische Rechtspflege (wenn also keine Staatsinteressen berührt waren) eingegriffen hat, ist strittig; Auskünfte dazu sind rar.
Über die persische Rechtspflege im Perserreich wurde fuer Israel doch nur eine Tempel-Dienst-Freiheit gewaehrt, es war kein "besetzter Staat" wie anfangs unter Rom, das wird doch berichtet. Die Regel ist dann, sich eben dem bestehenden Saekularsystem religioes bedingt einzuordnen. In den Polytheismen war das meist kein Problem, einem zusammengeborenen Volk eigene religioese Hoheiten offenzulassen. Perser pflegten damals eine recht scharfe Rechtsprechung: einem Richter, den man erwischte, dass er sich bestechen liess, sollen sie die Haut abgezogen und diese dem Richterstuhl fuer den Nachfolger uebergezogen haben, zur lebhaften Mahnung.
Der Adressat koeniglicher Ordres und der Reichs-Gesetze soll das Vaterhaus gewesen sein: nach innen hin hatte jeder "Hausvater" die Pflicht, selbst erkennbar abzuurteilen, was irgendwer aus seiner Sippe, senen Angestellten oder seinen Sklaven gegen andere Leute oder das Reich begangen hatte - andernfalls wurde der Hausvater / die Hausmutter bestraft und vom naechsten ersetzt - nicht das Mitglied, das die Tat begangen hatte. Das hiess, die eigentliche Herrschaft hatte als kleinste regierte Einheiten je bis zu 1000 Menschen zu beaufsichtigen und ueberliess ihnen den Straf-Vollzug im Alltag, aber nicht zugleich das ganze Gesetz, das sie als Autonome frueher selbst gehabt haetten. Daher war diese grosse Ausdehnung zentral ueberschaubarer.
Ich weiss nicht mehr wo ich das las, aber es war eine wissenschaftliche Arbeit anhand persischer Rechts-Urkunden von damals. Davon ist einiges erhalten.

Insofern, dass die Mischna sich so intensiv darum kuemmert, wie nun die rein religioes gemeinte Existenz zu handhaben sei, kann man diese juedischen Lehrhaus-Traditionen, die nach eigner Aussage vorerst immer nur muendlich bestanden, fuer eben so alt ansehn, wie es nachexilisch war. Ein Grossteil der Juden zog ja auch gar nicht zurueck, schon weil sie Arbeit gefunden hatten, z.B.sehr viel auch als Marktrichter im Pers.Reich. Man kam zu den 3 Wallfahrtsfesten zusammen. Einige dieser Exil-Judenschaften bewaehrten sich als sehr hilfreich, z.B.der Babylonische Talmud wurde dort am Euphrat erarbeitet - dem roemischen Zugriff meistens mehr entzogen als im Hl.Land. Aber man traf sich und pflegte Lehr-Austausch - saekular lebte da weiterhin jeder nach dem Gesetz des Staates, zu dem dessen Wohnung und Schul-Residenz gehoerte.

Der Tempeldienst in Jerusalem wiederum sah sich als parallel zu anderen Tempeldiensten die Lehre nicht per se so intensiv an wie die Propheten-und-Schreiber, die den Sabbath mit der Schriftlesung seit Babel erfunden hatten und sich nun als Pharisaeer definierten, welche sowohl muendliche als auch schriftliche Lehren Israels aus Moses her pflegten und updateten, sondern zeigte oft wenig theologische Resistenz, z.B.gegen die Hellenisierung kam es spaeter erst zum Freiheitskrieg, als es absolut aufgezwungen werden sollte, die griechisch olympische Hoheit zu uebernehmen - und erst dies ging direkt den Kultusdienst an.
Etwas spaeter, nachdem die Autonomie nun wieder erkaempft war, ist doch ein jued.Koenig aus demselben Cohanim-Stamm der Makkabaeer so weit gegangen, die Pharisaeer, die sich nach dem Thorah-Gebot um soziale Fairness im Lande bemuehten, ganz rauszuwerfen.

Zur Frage des Theads - Abtreibung / Todesstrafe - also einmal gilt doch: wer einen Menschen toetet, loescht eine Menge Menschen mit aus, die von diesem haetten stammen koennen. Das Alter, also ab dem 40-80.Tag einer Schwangerschaft, ein Embryo ist ab da ein Mensch, wo sich Knochenkerne bilden - es war damals nicht anders entscheidbar, ob es nicht eine starke Monatsblutung waere. Was damals beurteilbar war, nur das wird im Talmud zur Rechtsfindung beibehalten. Es waere ja schon alles relativierbar, wollte man Grundregeln dem jeweils neusten Wissenschaftstand unterwerfen.
Ein Tierfreund muesste ja sonst auch den Bazillen seine uneigennuetzige Freundschaft gewaehren und sie ohne Antibiotische Massnahmen wirken lassen, falls ihn am Mikroskop Zuneigung zu den seltenen kleinen Eiweiss-Kristallen ueberkaeme, und ein Buddhist ins Gruebeln kommen, ob er mit einfachem Gehen, Stehen, Atmen und Essen ewa Wiedergeborenne gefaehrde, wenn er schon Lampen abschirmt, damit sich keine Motte am Licht verletze.

Also es ist mir durchaus recht, dass es gar keine Todesstrafe geben koennte - doch schaut man auf die Statistik der Abtreibungen, so sind es in 5 Jahren rund 1 Million Menschen, deren Leben in Deutschland mit Gewalt abgebrochen wird, weil die nicht selbst fuer sich werben koennen, weil es klein Gruppen von Beteiligten wahllos oft entscheiden, und es vernichtet Menschen, die noch nichtmal die Gelegenheit hatten, sich durch irgendeine feindliche Tat ihrerseits den Tod "einzuhandeln" - da gibt es also moderne Todesstrafen fuer die pure Existenz im Revier anderer Leute en masse. Es sollte einen zumindest soweit mahnen, daran zu denken, wenn man die Moderne so preist und der Thorah und alten juedisch-christlichen Religion gegenueberstellen will.
Das Werdekind sollte zumindest einen Anwalt haben, der dessen Belange verteidigt, wenn man das Abtreiben fuer irgendwie zu rechtfertigen ansieht. Wir alle, die grad leben, wurden nicht von Dritten still und leise beseitigt, sondern auch unbekannterweise zuerst einmal wenigstens geduldet, erwachsen zu werden.
Diese Entwicklung geht teils auf juristische Begriffe zurueck, die populaer missverstanden werden: eine "natuerliche Person" befindet sich nicht auch schon in einer anderen "natuerlichen Person" - aber ab der Geburt sind es 2. Ein Mensch war man schon ab der Zeugung, denn ein Hund oder Katz wuerde man nicht mehr. Wie lebensfaehig man ist, bleibt aber immer unterschiedlich, bei manchen sind es Tage, schon drin in der Mutter, bei andern 120 Jahre.
Darum eben gilt es in der Thorah nicht als bewertbar, Leben von Menschen neben Leben von anderen Menschen irgendwie abzuschaetzen, ob man davon viel oder wenig verlor, wenn jemand getoetet wird.

Die gerichtlich verfuegbare Todesart per Einzel-Todesurteil im Strafrecht oder im Kriegsrecht, ueberhaupt toetende Dinge zu tun, aber auch dies nur nach Regeln, die es noch dem Zufall anheimstellen, ob ueberhaupt jemand dadurch verletzt wird. Das ist die zivilisatorische Begrenzung des Faustrechts, und auch griechische Geschichte berichtet von ihren Heroen, die es abstellten, dass Leute nach Gutduenken irgendwelche anderen toeten, sondern sie setzten durch, dass, wenn ueberhaupt, dieses durch gemeinsam gefundene Gesetzes-Regeln alleine geschehn darf.
- Unsere Abtreibungs-Handhabung aehnelt im Ergebnis durchaus schon dem Faustrecht wieder. Die demografische Entwicklung macht es inzwischen unwahrscheinlich, ob es vor der Straffreiheit eine gleichhohe Dunkelziffer an heimlichen Abtreibungen gab als die heutige - und man bedenke auch, was darueber hinaus noch an Verhuetungsmitteln jeder Preisklasse inzwischen da ist, womit auch Abtreibungen sich eruebrigen wuerden.

Das juedische Recht akzeptiert ausser diesen die "Notwehr", auch im Falle, dass bei der Geburt zu entscheiden waere, ob Mutter oder Kind es ueberleben, wenn dann das Leben der Mutter durch Toetung des sich gerade zur Geburt anschickenden Kindes retten laesst. Das wird als Kampf eines noch nicht vernuenftigen kleinen Menschen gegen das Lebensrecht der eigenen Schutzperson (Gebaererin) definiert.

Anstatt es auch gut zu finden, wie schwer es die juedisch-rabbinische Rechtsprechung macht, ueberhaupt aus der Thorah herleitbare Todesstrafen zu urteilen und gar zu vollstrecken - seit zwei tausenden von Jahren, und mehr - wegen gerade dieses G0TTES und Seiner gesamten Gesetze - ist es polemisch und blind, drauf rumzuhacken, dass wir die Ueberlieferung der gesamten Texte alltags noch zur Kenntnis haben und ausgerechnet deswegen unseren G0TT als mies hinzustellen, dass es IHN aus unserer Sicht gerne gibt. Wir betrachten uns als geliebt von IHM, alle Menschen ohne Unterschied erstmal lieben zu duerfen und sollen, weil ER alle gleich gerne ins Leben rief und ruft.
In unserer religioesen Praxis werden nicht Verse so selektiv herausgezogen und singulaer angestarrt, dass wir hinrennen taeten, um wen auch immer zu killen! - Jeder religioese Jude oder Christ wuesste, dass es keinem selber zusteht, und jeder fromme Mensch unter uns ist auch dankbar dafuer.

"Gebote, die sich aus der Natur ergeben, braeuchte man nicht offenbart zu bekommen" - ist auch eine talmudische Regel - so z.B.ist es noetig, die Ehrung der Eltern zu gebieten, manche Kinder vergessen es einfach vor lauter Selbstfindung ihres eigenen Lebens. Diese Eltern muessen sich aber dementsprechend auch ehren-wert verhalten, damit es ein Kind auch kann. Das Letztere z.B.brauchte kein Extra-Gebot, sondern erklaert sich von Natur aus.

So ist fuer uns all das Rechtfinden ein Vorgang mit 2 Fuessen zu gehen: einen setzt man z.B.auf Basis des Guten Willens, sei es gesetzlich eingeleuchtet, sei es Natur-Beduerfnis - den anderen Fuss setzt dann das jeweils Andere. Unsere Talmud-Akademien waren hochrangig in der Antike durch deren immense Kenntnisse in Naturwissenschaften - alles muendete halt in die gesetzlich vorgegebenen Themen ein, wie und ob ein Gebot so herum oder anders als "es geht" definiert werden konnte.
So viele Sachfragen sind davon beruehrt, dass uns im Judentum rund 2000 Gebote genau interessieren.

Sehn wir uns dies an als etwas, das vor dem Perserreich begann, naemlich schon zur biblischen Prophetenzeit, als deren authentische Nachfolge sich das Pharisaeisch-rabbinische Lernen ansieht, so wuerde ich abschaetzen, dass die Perserzeit eine erheblich staerkere Praezisierung hervorbrachte, gerade weil uns keine staatliche Hochgerichtsbarkeit wiedergegeben worden war. Wenn, dann nur noch einmal in der relativ kurzen Zeit zwischen den Makkabaaern und der Besetzung durch Republik Rom ab Pompejus. Alle unsere Herren-Staaten waren wenig milde mit Todes-Urteilen, es bestand sicherlich gar kein Beduerfnis, dieses noch durch "unsere" Delikte anzumehren.

Sieht man es sich auch daraufhin mal an, z.B. das XII-Tafel-Recht der Republik Rom, das Recht Solons von Athen, den Codex Hammurabi - die sind weitaus leichtfertiger und pauschaler mit dem Bestrafen an Leib und Leben. Bei uns fordern schon die Propheten, genau zu untersscheiden, wer etwas falsch gemacht hat, individuell z.B.einen Sohn nicht zur Haftung fuer das Tun seines Vaters heranzuziehn, und nicht mitzubewerten, welchem Stand der Geschaedigte oder Schaediger angehoerte (es gibt nur wenig Einschraenkungen noch beim Sklaven, aber auch der hatte strikte Rechte, weil er mit Mensch ist).

Auch wird immer wieder ignoriert, dass die sittliche Auffassung einer Gerichts-Strafe, die vollzogen wurde, im Juedischen eine Rehabilitierung des das Fehlverhalten abgebuesst habenden Straftaeters beinhaltet. Davon ist die Moderne doch immer noch weit entfernt, und zwar auch die, die hier in den Foren noch rachevoll beanstanden, dass unsereins noch "solche Bibeln" nicht beschnitten und amputiert hat um alle diese Themen, in denen eine staatliche Gewalt aus der israelitisch formulierten Weltsicht erwaehnt wird.

Uns wird das eigene Recht auf Leben eines jeden generell eingeimpft, aber in der a_religioesen Welt, in der sich schon allzuviele sozial halb verwildert befinden, nimmt es bedenklich zu, dass Leute gleich ganze eigene Familien plus sich selbst ermorden, also einfach ihr Ich nichtmal mehr abgrenzen von Frau und Kindern, und so aehnlich im Suizid-Bombertum einfach wahllos irgendwelche anderen, Menschen und Tiere.

Das hat doch auch damit zu tun, dass fuer unser Bewusstsein dieses Individuums Dasein weder ab der Geburt zum Leben beginnt, sondern in G0TT, Der jeden schon zum Zweck einer Zeugung zum Menschen will
- wir kennen auch die Variante des Individuums Engelbote in Himmlischen Scharen pur geistiger Wesen. Und der Vergleich, dass die Person vor G0TT auch nach dem Tod vor IHM bestehen bleibt, sich zu rechtfertigen hat, ist auch eine gedankliche Bremse gegen schnelle Entschluesse, sich selbst - mit oder ohne anderen - dies Leben zu nehmen. Es wird nicht das Letzte, sondern man begegnet allen wieder.

Koerperstrafen wie das gerichtlich bemessene Schlagen sind auch nicht gleichzusetzen mit Folter, muss man auch nochmal erwaehnen. Es gibt kein biblisches Recht, jemandem Schmerz oder sonstwas an Pein zuzufuegen, damit der etwas gesteht oder verraet (das ist die Definition fuer Folter, in Rom war sie gesetzlich erlaubt und zeitweise sogar geboten).

Es gibt auch biblisch keine Haftstrafen, sondern allennfalls Gewahrsam vor einem Prozess, vermutlich, damit derjenige nicht inzwischen weggeht. Die Verhaeltnisse im Neuen Testament sind die eines hellenisiert besetzten Staates, und "Koenig" Herodes war der schon nicht mehr, als die Ereignisse stattfinden. Schon der Herodes sr. der Weihnachts-Berichte kam im Namen des werdenden Kaisers zu Rom, und fast als erstes richtete er fast den ganzen Hohen Rat Judaeas-und-Galilaeas hin (bis auf 2 Lehrende), und der Sohn Herodes zur Zeit des Prozesses Jesu hatte schon gar keine Funktion mehr ausser der Namens-Repraesentation, als Vierfuerst von Galilaea. Roms Prokuratoren residierten im Lande Judaea seit Pompeius d.Gr. (63 vdZ Stuermung und Pluenderung Jerusalems) und versorgten sich fuer den Rest ihres Lebens hauptsaechtlich durch die Gebuehren, dass sie in der Provinz Recht sprachen.

Warum sollten dies Perser und Syrer zuvor anders gehandhabt haben?

Noch eins: so eindeutig, wie es eine Judaistik als normale "Wissenschaft vom Judentum" gibt, laesst sich beantworten, was juedische Gebote und Regeln und Verhaeltnisse angeht, und da spielt es keine Rolle, ob der einzelne juedische Mensch sich religioes darin eingelebt hat, sich danach haelt oder nicht.
Das bringen hier einige beim Disput immer wieder durcheinander damit, dass wir hier einzelne individuell unterschiedlich gestimmte Leute sind, die man was fragt.
Danach kann man gesondert fragen. Wir koennen (aber muessen nicht) dann auch darauf etwas ueber uns persoenlich aussagen. Das ist nunmal eine Eigenheit des Internets, online als purer Geist herumzulaufen, der sich ebensogut eine Rolle zulegen kann.

Es ist hier immer oeffentlich (nicht nur Google liest mit) und Glaube ist im Prinzip privat, Konfession (=Bekenntnis) ist die oeffentlich-rechtliche Seite, Religion ist (ich deute es weiterhin so) eine Bindung an Leute derselben Konfession.
Ein Forum wie dies ist an sich dazu gegruendet worden, darueber einander befragen zu koennen - also nicht, um die individuellst veraestelte ganz zuinnerst eigene Variante der Ueberzeugungen auskunftbereiter Mitglieder am Forum kennenzulernen.

Religionsgemeinschaften im saekularen Staat haben gemeinhin einen Satz an Lehren, die sie von anderen unterscheiden, und eine Schar von Menschen, die vom Staat aus gesehn sich dies als Recht bestaetigen liessen - und auch diese die Gesetze des umgebenden Staates.

Vielleicht koennen wir das mal wieder ein bisschen zivilisierter handhaben ...
mfG WiTaimre
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: Abtreibung? Todesstrafe der Tora - von WiTaimre - 13-11-2009, 05:38

Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Bedeutung der Tora, des Tanach Lhiannon 99 171597 08-09-2009, 14:29
Letzter Beitrag: Romero
  Länge der Tora WerWas 4 28545 28-03-2009, 18:33
Letzter Beitrag: WerWas

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste