Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Übertritt zum Judentum; engl. Judikat
#1
Das Judentum hat sich - außer in den Jahrzehnten um die Zeitenwende - nicht missionarisch betätigt.
Nach dem derzeitigen jüdischen Religionsgesetz (Halacha) gilt nur der als Jude, der von einer jüdischen Mutter geboren oder zu einer orthodoxen Synagoge konvertiert ist (Gijur).

a) Das mit der jüdischen Mutter war zur Zeit des Tempels nicht der Fall; das damalige jüdische Religionsgesetz war die Thora. Dort ist der Vater die maßgebliche Person. Nach der Mutter wurde damals nicht gefragt. Dieser Wechsel zum matrilinearen System wurde erst Jahrhunderte später durch den Talmud normiert. Die Halacha ist der Rechtsteil des Talmud.

b) Das mit dem Gijur wirft Probleme auf: es muß eine Konversion zu einer orthodoxen Synagoge sein; eine Konversion zu einer liberalen Synagoge wird nicht anerkannt (der Konvertit darf nicht nach Israel auswandern).
Nun ist aber das liberale Judentum im angloamerikanischen Raum sehr stark vertreten - und es wurde das staatliche Höchstgericht in London
angerufen !

Hier der Präzedenzfall im englischen case law aus London 2009

Welt Print
Wer ist Jude? Der Streit bewegt England
Veröffentlicht am 18.12.2009
Von Thomas Kielinger

"Wer ist ein Jude? Nach der Halacha, dem jüdischen Religionsgesetz, gilt als Jude, wer von einer jüdischen Mutter geboren oder nach orthodoxer Norm zum Judentum konvertiert ist. Sowohl das Wort "Mutter" wie auch "orthodoxe Norm" sind dabei zentral. Entsprechend der Halacha-Auslegung nämlich kann keine Konversion zum Judentum anerkannt werden, die in einer nicht-orthodoxen, liberalen jüdischen Gemeinde vollzogen wurde.
Die halachische Definition aber ist in London ins Räderwerk der säkularen Gesetzgebung Großbritanniens geraten und wurde von dem Obersten Gericht, das im Oktober dieses Jahres aus dem früheren Gremium der "Law Lords" geschaffen wurde, abgewiesen, und zwar mit Hinweis auf den "Race Relations Act" von 1976, dem Gesetz gegen jede Diskriminierung. Der Spruch der Obersten Richter gilt schon jetzt als cause celèbre und hat sofort eine Diskussion ausgelöst über die Rolle von Religion und Ethnien in modernen Gesellschaften.
Was war der Anlass? Die größte jüdische Oberschule des Landes, die 1732 gegründete Jewish Free School (JFS) im Nordwesten Londons, staatlich anerkannt und gefördert wie auch andere "Faith Schools", also glaubensorientierte pädagogische Einrichtungen, hatte einem 12-Jährigen die Aufnahme verweigert, weil er nach dem jüdischen Religionsgesetz nicht von einer jüdischen Mutter abstammt. Die Mutter von "M" kommt aus einer irisch-katholischen Familie, was kein Hindernisgrund gewesen wäre, wäre sie orthodox konvertiert. Aber sie ist in einer liberalen jüdischen Synagoge Londons aufgenommen worden, die vom Oberrabbinat und dem Dachverband der britischen Juden, der "United Synagogue", nicht anerkannt wird. Die Schule also lehnte ab.
Die Familie von M - der Vater ist jüdisch, man praktiziert zu Hause jüdisches Leben - ging daraufhin in die Berufung, wo sie Recht erhielt. Dagegen wiederum erhob die Schule Einspruch, der nun von den Obersten Richtern in einem knappen Stimmenverhältnis von 5:4 endgültig abgewiesen wurde.
( . . . )
Hier gerät, wie man sieht, der moderne Rechtsstaat in einen Konflikt zwischen religiösem und säkularem Gesetz." (Auszug)

*http://www.welt.de/die-welt/kultur/artic...gt-England.html

Die Welt ist eine Zeitung von Axel Springer

Alle Entscheidungen von nationalen Höchstgerichten der EU Staaten sind in der Rechtsdatenbank in Straßburg samt den schriftlichen Eingaben und den Verhandlungsprotokollen gespeichert. Ich werde mir die Mühe machen, das zu suchen. Die gegenständliche Sache ist - da aus London - im Original in Englisch. Vermutlich existiert in Straßburg eine Übersetzung ins Deutsche

Erstmalig sein langer Zeit entschied ein staatliches Höchstgericht über innerjüdische Religionsangelegenheiten (da diese in staatlich geregelte Bereiche hineinspielten "Verbot jeder Diskriminierung")

--------------------------------

Das ist wirklich ein interessanter Rechtsfall, es geht um den "Race Relations Act" von 1976, dem Gesetz gegen jede Diskriminierung.
Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob die erzwungene Aufnahme in diese religiös dominierte Schule dem Kind letztlich gut tat
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Übertritt zum Judentum; engl. Judikat - von Sinai - 30-10-2018, 22:27
RE: Übertritt zum Judentum; engl. Judikat - von Zaki - 07-11-2018, 03:09

Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Kabbalistisches und Antikabbalistisches Orthodoxes Judentum Sinai 8 2222 26-06-2023, 22:26
Letzter Beitrag: Ulan
  Missionarisches Judentum / Noahiden ha’adam 45 17768 17-08-2022, 02:06
Letzter Beitrag: Ulan
  Engel im Judentum Tarkesch 18 18833 04-06-2020, 16:59
Letzter Beitrag: Ulan

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste