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Die Armada vor England
#7
(06-12-2018, 12:04)Sinai schrieb: Das Wort "Kuhhandel" dürfte in einem theologischen Disput unangebracht sein, ich favorisiere in diesem Zusammenhang eher den Begriff "Modus Vivendi"

Das war kein theologischer Disput in dem Fall, hier ging es dem Papst um die Machtfrage, und dabei schreckte er, wie es aussieht, auch vor Betrug nicht zurueck. "Kuhhandel" ist da noch ein milder Ausdruck. Dass eine Allianz mit den Franken fuer das Papsttum damals ueberlebenswichtig war, ist aber sicherlich richtig. In der Politik gehoert so etwas ja auch eher zum Alltag, so dass ich meine Feststellung nicht als moralische Empoerung missverstanden wissen moechte.

(06-12-2018, 12:04)Sinai schrieb: Das Schlagwort der "Abspaltung der Katholischen Kirche" ist einseitig die Sicht der Ostkirche vor 1000 Jahren
Hier hat die Katholische Kirche und die Ostkirche naturgemäß divergierende Ansichten - und ich finde es müßig, für eine der beiden Ansichten Partei zu ergreifen

Ich habe lediglich festgestellt, dass die Position der Ostkirche objektiv richtig ist. Die Westkirche fuehrte theologische Neuerungen ein, die zur Spaltung fuehrten. Dass die RKK kein Interesse daran hat, das zuzugeben, ist klar. Das ist aufgrund der heutigen Kraefteverhaeltnisse auch nicht zu erwarten. Daneben halte ich natuerlich rein praktische Gruende fuer die Spaltung als massgeblich (der Kaiser in Konstantinopel konnte keine Schutzwirkung mehr erfuellen), aber das spielt ja in der theologischen Auseinandersetzung keine Rolle.

Diese Feststellung soll die Ostkirche nicht irgendwie ueberhoehen. Die hatte ihre eigenen Probleme, die sie auf lange Sicht als Universalkirche ungeeignet machten. Die Nachwirkungen sieht man heute noch, denn die Orthodoxe Kirche hat durch ihre Bindung an Nationalismen praktisch keinerlei Aussenwirkung.

(06-12-2018, 12:04)Sinai schrieb: Daß die Krönung Karls des Großen zum Kaiser durch den Papst von Rom der Ostkirche nicht gefiel, ist verständlich, war aber notwendig - da im Westen bereits der Islam anklopfte.

Einen Verbuendeten brauchte der Papst schon, aber Dein Thread hier geht ja, wie von Dir erklaert, darum, wie sich die Paepste in diese Machtposition manoevrierten. Und das wurde halt mittels Urkundenfaelschung und einiger geschickter Schachzuege seitens der Paepste eingefaedelt. Die Salbung Pippins z.B. wird von Historikern heute durchaus zwiespaeltig beurteilt. Sehen wir mal von den Historikern ab, die die ganze Geschichte fuer eine Faelschung halten, so scheint nach Ansicht anderer Historiker zumindest klar zu sein, dass die Franken die Tragweite dieses Aktes vollkommen anders einschaetzten, naemlich als schlichte Geste der Wertschaetzung. Dass Karl der Grosse ein paepstliches Primat anerkennen wollte, ist wohl auch unwahrscheinlich. Aus seiner Sicht war der Papst in einer auesserst schwachen Position und leistete eine Ehrbezeugung.

(06-12-2018, 12:04)Sinai schrieb: Eine Kaiserkrönung Karls des Großen durch Geistliche der Ostkirche war schon rein technisch nicht möglich, da es im Frankenreich nur römische Kirchen gab und keine byzantinische Mission. Ritter und Bauern der Franken waren Katholiken.

Das ist eine unhistorische Betrachtungsweise. Erstens trennten sich die Kirchen erst mehr als 250 Jahre spaeter. Zweitens fand die Kaiserkroenung in Rom statt, nicht in fraenkischen Gebieten (auch der Rest des langobardischen Italiens war gerade mal erobert worden). Drittens war Sueditalien bis ins 11 Jhdt. zu grossen Teilen griechischsprachig und folgte dem byzantinischen Ritus, wie wir von Leo IX. wissen, der Sueditalien nur helfen wollte, wenn es zum lateinischen Ritus wechseln wuerde, was mit ein Grund fuer das Schisma war. "Technisch" bestanden also keine Hindernisse; mal abgesehen davon, dass "technisch" aus Sicht des Ostens die Kaiserposition besetzt war.

(06-12-2018, 12:04)Sinai schrieb: Dazu kommt noch der Umstand, daß es im Byzantinischen Reich die Kaiserin Irene gab, die mit zahlreichen innenpolitischen Problemen zu kämpfen hatte. Vgl. Karl der Große - Wikipedia
Nachträglich billigte dann der spätere byzantinische Kaiser Karl dem Großen die Kaiserwürde zu "Innenpolitisch bedeutend war, dass Michael 812 Karl dem Großen den Kaisertitel zubilligte." Michael I. (Byzanz) - Wikipedia

Ein unvererbbarer Kaisertitel uebrigens. Richtig ist, dass eine Frau auf dem Kaiserthron nach westlichem Recht ein legales Schlupfloch bot.

(06-12-2018, 12:04)Sinai schrieb: Ich denke, Karl war sich der späteren Tragweite seiner Kaiserkrönung anfänglich gar nicht bewußt - er empfand sie wohl als Geste durch den Papst

Vielleicht war all dies der Grund, warum sich Napoleon die Kaiserkrone nicht vom Papst aufsetzen ließ, sondern sich die Kaiserkrone selbst aufsetzte

Sicher. Karl war sich sicherlich der Bedeutung des Kaisertitels und des damit verbundenen Prestiges bewusst; dass der Akt der Kroenung dem Papst irgendwelche Rechte einraeumen wuerde, kam ihm andererseits wohl erst gar nicht in den Sinn. Das ist wohl erst eine spaeter gesponnene Interpretation, die aber zu Napoleons Zeiten laengst jedermann bewusst war.


Edit: Dieser Thread braucht einen besseren Titel und gehoert in ein anderes Forum. Da das Dein Thread ist, bitte ich um einen Titelvorschlag.
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