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Die Päpstliche Bulle von 1493
#1
Die päpstliche Bulle Inter caetera divinae von 1493

Diese päpstliche Bulle wurde und wird von nichtkatholischer Seite manchmal als "anmaßend" bezeichnet
(Die Ostkirche hält sich aus dieser Kritik heraus)

Pontius Pilatus fragte "Was ist Wahrheit?"
Ebenso kann man fragen "Was ist Anmaßung?" Wenn man diese päpstliche Bulle als "anmaßend" bezeichnet, so stellt das ein Werturteil dar. Und Wissenschaft beansprucht doch werturteilsfrei zu sein
Aber lassen wir das mal dahingestellt. Sehen wir in die Gegenwart. Ist es nicht mindestens ebenso anmaßend, daß heute Norwegen eine antarktische Gegend, die sieben Mal so groß ist wie Deutschland "Königin-Maud-Land" nennt ?
Mit welchem Recht ?

Haben andere Nationen kein Recht, dort freie Forschungsstationen zu betreiben, ohne Norwegen dafür Tribut zu leisten ?
Es wird zwar kein Tribut gezahlt, sondern Tribut geleistet (in Form der Inkaufnahme von einseitigen Bestimmungen in Handelsabkommen)

England beherrschte 13 Neu-England-Staaten. War das etwa nicht anmaßend ?

Die Türken eroberten Konstantinopel und dann das christlich slawische Siedlungsgebiet des Balkan . . .

Die USA drangen nach Westen vor - in Indianergebiete - und besetzten Hawaii . . .

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Zur Bulle des Papstes
Die Aufteilung der Wildnis in Diözesen war doch nachvollziehbar. In Mittel- und Südamerika gab es immer wieder Völker und Stämme mit Menschenopfern (Inkas und Azteken) und in Amazonasbecken gab es die berüchtigten Kopfjäger (Schrumpfköpfe)
Diese Kulte auzurotten, war damals Christenpflicht. Die biblische Mission ebenso - denn man mußte den Indios eine andere Religion geben. Der Papst legte fest, welche Gebiete durch Spanien und welche durch Portugal zu missionieren waren. Daß er das protestantische England nicht in die Mission einband, ist wohl selbstverständlich. Er wollte nicht, und England wollte auch nicht.
Die Besetzung und Verwaltung des Amazonas war ein arges Verlustgeschäft - verschlang riesige Mengen an Mensch und Material, brachte aber keinen entsprechenden Output

Spanien hat ja nicht nur die paar Goldminen besetzt, sondern einen unendlich großen Elendskontinent mit riesigen Hungerzonen, unzugänglichen Gebirgsregionen, Seuchengebieten, Sümpfen,  Stammeskriegen und Menschenopfern

Daß Südamerika trotz einiger Gold- und Silbervorkommen heute bitterarm ist, wissen wir.
Vor 500 Jahren war es auch nicht anders . . .

Wäre es dem Papst ums Gold gegangen, dann hätte er die bedeutenden Gold- und Silbervorkommen der Inkas und Azteken in Mittelamerika besetzt und das wertlose Südamerika unbeachtet gelassen

Es war doch ein Akt der Feindesliebe, wenn sich der Papst erbarmte und Europäer ins grausige Amazonasbecken schickte. Ein Sumpfgebiet so groß wie Spanien, Portugal, Frankreich, Italien, Deutschland, England zusammen - voller Riesenschlangen, Malariafliegen, Krokodilen, Piranhas, ungenießbarem verseuchten Wasser, Typhus, Blutegeln, Kopfjägern - und Null Landwirtschaft
Ein sumpfiger Regenwald voller Gefahren wo die Leute verhungerten
Die Schlägerung von Edelhölzern (Teakholz) war in keinster Weise in der Lage, die Kosten der Verwaltung des Amazonasbeckens zu kompensieren.
Die paar Teakholzstücke, die damals in Europa gehandelt wurden, waren nicht der Rede wert. Die Künstler Europas arbeiteten vor 500 Jahren nicht mit Teakholz

Ebenso war es eine aufwendige Sache, Christen in die Anden zu schicken - wer wollte dort schon leben ?
Man komme mir nicht mit Märchen von Goldvorkommen - diese haben natürlich geldgierige gottlose Kriminelle angelockt - aber die Anden sind zu
99,9 % Berggebiete wo das nackte Elend herrschte. Ohne Goldvorkommen - aber mit viel Kälte, kaum Brennholz, dünner Luft, karger Landwirtschaft (da waren ja die Alpen noch üppig dagegen) und ohne jede Infrastruktur, ohne Straßen. Man mußte Lamas einsetzen, um etwas transportieren zu können
Der Aufwand, die ganzen Anden zu besetzen, war enorm

Mir kommt das vor, wie die Erforschung, Besetzung, Missionierung Sibiriens durch Rußland ab 1547
In Wirklichkeit ein Verlustgeschäft. Die paar Pelze standen in keinem Verhältnis zu dem riesigen Militärapparat zur Befriedung dieses unwirtlichen Halbkontinents
Es war die Zarenfamilie und die russische Kirche, die so lieb war und sich der Turkvölker erbarmte und ihnen das Christentum brachte

Hätte Rußland Sibirien Sibirien sein lassen und seinen Staat am Ural beendet, hätte es sich dieses Faß ohne Boden erspart. Es war keine rationale Entscheidung (sondern eine religiöse), Sibirien ins Russische Reich einzugliedern. Niemand hätte den Zaren zwingen können, in Sibirien tätig zu werden. Selbst der Chinese wollte Sibirien nicht haben

Erst mit dem Bau der Transsib ab 1891 begann sich ein dünner wirtschaftlich tragbarer Faden durch Sibirien zu ziehen. Es war aber nur ein dünner Faden. Einen Tagesritt nördlich und einen Tagesritt südlich der Bahnlinie herrschte nach wie vor blankes Elend.

Rational betrachtet, waren all diese Kolonien, Halbkolonien, souzeränen Staaten und Protektorate extrem kostspielig
Südamerika (Hochgebirge und Dschungel), Alaska, Afrika, Sibirien waren Verlustzonen
Einzig "Indien" und "China" waren für ihre Herren aus London lukrative Protektorate - wegen des menschenverachtenden Opiumhandels von Indien nach China. (Siehe den Opiumkrieg von 1840)

Ich denke somit, daß die Päpstliche Bulle von 1493 ein Akt der Feindesliebe war
Die Könige von Spanien und Portugal konnten sich als Christen nicht dieser Pflicht entziehen und mußten mitmachen und die Frohe Botschaft nach Südamerika bringen - wofür Truppen zum Schutz der Christen erforderlich wurden: die Indios brachten ihre getauften ehemaligen Stammesbrüder um. Eine kostspielige Militärbesatzung dieses unsinnigen Landes wurde erforderlich. Mangels Landwirtschaft mußte jeder Sack Getreide aus Spanien und Portugal gebracht werden - und die Hälfte davon wurde beim Transport durch Mäuse, Ratten, Fäulnis und Schimmel ruiniert . . .
Dazu kam, daß die Reise und der Transport vom Atlantik zu den Anden (quer durchs straßenlose Land) extrem mühsam und aufwendig war. Eine Umrundung des südlichen Kaps mit Frachtschiffen war damals noch viel zu riskant
Die Silberschiffe aus Mittelamerika, die dann Spanien und Portugal erreichten, konnten diesen irrsinnigen Aufwand in keiner Weise kompensieren und so kam es 1557 zum Staatsbankrott von Spanien
Portugal war übrigens 1580 Teil Spaniens geworden
(Unglaublich, daß dieser bankrotte Staat dann 1588 eine Armada zur Invasion Englands aufstellte)

Sehr lustig:
Wenn man sich die päpstliche Karte des alten Südamerika anschaut: Inter caetera - Wikipedia
dann sieht man Spanische Gebiete, Portugiesische Gebiete, Holländische (!) Gebiete

Ist ja auch klar, die spanischen Niederlande waren damals katholisch - erst später wurden sie protestantisch, ohne aber auf ihre südamerikanischen Gebiete zu verzichten

Wenn die Protestanten die päpstliche Bulle aus 1493 "anmaßend" empfinden, dann sollen sie bitteschön auch ihre damals vom Papst zugewiesenen südamerikanischen Gebiete verlassen . . .


Nachrichten in diesem Thema
Die Päpstliche Bulle von 1493 - von Sinai - 09-12-2018, 00:16
RE: Die Päpstliche Bulle von 1493 - von Ulan - 09-12-2018, 02:46
RE: Die Päpstliche Bulle von 1493 - von Bion - 09-12-2018, 12:47

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