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Tell el-Yahudiya
#4
Dazu H. Graetz:

In einem verfallenen Götzentempel der ägyptischen Gottheit Bubastis, in dem Städtchen Leontopolis, wo einst Tiere abgöttisch verehrt worden waren, baute Onias ein judäisches Heiligtum. Dasselbe hatte äußerlich nicht ganz die Gestalt des jerusalemischen Tempels, sondern war turmähnlich aus gebrannten Steinen erbaut. Im Innern hingegen waren die Tempelgeräte ganz nach dem Muster der jerusalemischen eingerichtet, nur dass statt des siebenarmigen stehenden Leuchters ein goldener Hängeleuchter an einer goldenen Kette angebracht war. Priester und Leviten, welche sich der Verfolgung in Judäa entzogen hatten, fungierten an diesem Onias-Tempel (Bet-Chonjo) mit Opfer und Liturgie. Für die Bedürfnisse des Tempels und der Priester überließ der König das Einkommen der heliopolitanischen Gegend auf großmütige Weise. Diese ganze Gegend, welche einen kleinen Priesterstaat bildete, führte den Namen Onion um  153-152. Es war noch ein Einigungsband mehr für die ägyptischen Judäer.

Obwohl sie den Oniastempel als ihren religiösen Mittelpunkt ansahen, dorthin zur Festzeit wallfahrteten und daselbst ihren Opferbedürfnissen genügten, so dachten sie doch nicht daran, etwa wie die Samariter, dem jerusalemischen Heiligtum die Verehrung aufzukündigen und ihm das ihrige nebenbuhlerisch gleichzustellen oder gar überzuordnen.
[…]
In Judäa würde man unter Umständen in ruhigen, der Empfindlichkeit und Peinlichkeit günstigeren Zeiten den Oniastempel gleich dem Garizimtempel mit dem Banne belegt und dessen Angehörige gleich den Samaritanern aus der judäischen Gemein schaft ausgeschlossen haben. Aber als die erste Kunde von dem Bau des ägyptisch-judäischen Tempels in Judäa einlief, war die Zerrüttung in Staat und Tempel noch derart, dass man keine Ursache hatte, einen Akt zu verdammen, der doch in der besten Absicht geschehen war. Betrachtete man den Gründer des Onias-Tempels, der ein Abkömmling einer langen Reihe von rechtmäßigen Hohenpriestern war, dessen Geschlecht seinen Anfang aus der Davidischen und Salomonischen Zeit datierte, und dem man die Wiederherstellung des Tempels nach der Rückkehr aus dem Exile verdankte, der Simon den Gerechten zu seinen Ahnen zählte, und dessen Vater der fromme Onias III. war, so konnte man ihm umso weniger grollen. Später, als die hasmonäischen Hohenpriester den Kultus in seiner Lauterkeit wieder hergestellt hatten, sah man allerdings mit Bedauern auf einen im Auslande bestehenden Tempel, welcher die religiöse Einheit und die Heiligkeit des judäischen Bodens gefährdete; aber dann hatte der Oniastempel durch die Reihe von Jahren seines Bestehens und die Dienste, welche Onias durch Einwirkung auf den König Philometor dem judäischen Staate geleistet, in den Gemütern soweit Wurzel gefasst, dass es nicht mehr an der Zeit war, ihn zu verdammen.

Heinrich Graetz. Geschichte der Juden Bd 3.1, 5. Aufl. 1905 Leipzig, S. 31ff.
MfG B.
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Tell el-Yahudiya - von Sinai - 30-10-2019, 14:07
RE: Tell el-Yahudiya - von Geobacter - 30-10-2019, 14:29
RE: Tell el-Yahudiya - von Ulan - 30-10-2019, 15:30
RE: Tell el-Yahudiya - von Geobacter - 30-10-2019, 16:24
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RE: Tell el-Yahudiya - von Ulan - 30-10-2019, 18:46
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RE: Tell el-Yahudiya - von Ulan - 30-10-2019, 20:51
RE: Tell el-Yahudiya - von Geobacter - 31-10-2019, 10:54

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