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Werte der Wissenschaft
#9
Vielleicht hilft ein alter Beitrag von dem Nutzer: "Sangus" weiter, den ich im Thread: "Naturalismus" gefunden haben, denn er beschreibt nochmal ziemlich gut, was genau ich mit der weltanschauung von der Naturwissenschaft meine - Sangus Beitrag:

Wenn man "Wissenschaft" betrachtet als den Versuch, Ursache-Wirkungs-Verhältnisse zwischen den Erscheinungen der Welt zu beschreiben, dann muss man m.E. folgende Prinzipien (meinetwegen auch "Dogmen") akzeptieren:

1. Es gibt eine von der Wahrnehmung des Menschen unabhängig existierende, objektive Wirklichkeit

2. Der menschlichen Erkenntnis ist (zumindest) ein Ausschnitt dieser Wirklichkeit zugänglich (das ist in meiner Lesart die "natürliche Welt")

3. Die "natürliche Welt" ist kausal geschlossen: Jedes Phänomen in dieser Welt kann hinreichend kausal erklärt werden durch ein oder mehrere andere Phänomene, die ebenfalls Teil dieser Welt sind.

Im dritten Satz steckt nun m.E. in der Tat ein Dilemma: 
Wenn er wahr ist, dann gibt es zwischen dem uns zugänglichen Teil der Wirklichkeit und dem "Rest" (also sozusagen dem "Jenseits") keinerlei Wechselwirkungen. Wir hätten also gewissermaßen zwei "Welten", die ohne irgend einen kausalen Zusammenhang quasi "nebeneinander" existierten. Diese Schlussfolgerung ist problematisch, weil nicht einzusehen ist, warum die Grenzen unserer Erkenntnis (deren Existenz uns übrigens imho keine Disziplin so plausibel erklärt wir die Naturwissenschaft selbst [Bild: icon_wink.gif] ) gleichzeitig eine prinzipielle Grenze kausaler Zusammenhänge markieren sollte.
Ist der Satz hingegen falsch, dann fehlt uns eine essentielle Grundlage für wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn, weil wir nie sagen könnten, ob wir ein bestimmtes Phänomen einfach noch nicht verstehen oder aber prinzipiell nicht verstehen können. Die Frage "Warum ist das so?" ist nur sinnvoll zu stellen in der Annahme, dass sie prinzipiell beantwortbar ist; der Moment, in dem wir diese Idee aufgeben, wäre im Grunde das Ende jeden Fragens.

Das Problem des "weltanschaulichen" Naturalismus' besteht nun m.E. darin, dass man versucht, das beschriebene Dilemma durch eine Variation des 2. genannten Prinzips zu umgehen: In dieser Variante ist uns nicht mehr nur ein Teil , sondern die ganze Wirklichkeit (zumindest "prinzipiell") zugänglich. Es gäbe demzufolge keine "zwei Welten" (den uns zugänglichen Teil und den Rest), sondern nur eine; wir hätten also das Problem der kausalen Abgrenzung eliminiert, allerdings wären damit Dinge, die uns prinzipiell nicht zugänglich sind, auch nicht Teil der "natürlichen" Welt und damit nicht existent.

Ich perönlich bin mit Mustafa (und, soweit ich ihn verstanden habe, dem Autor des in Rede stehenden Blog-Beitrags) der Auffassung, dass die letztgenannte Lösung dem Problem nicht wirklich gerecht wird: Wir haben sehr gute Gründe anzunehmen, dass es eine prinzipelle Grenze menschlichen Erkenntnisvermögens gibt, die nicht identisch mit der Grenze der Wirklichkeit "an sich" ist, so dass wir das geschilderte Dilemma nicht wirklich befriedigend dadurch lösen, indem wir so tun, als gäbe es diese Divergenz nicht. 

Allerdings bin ich ebenfalls der Überzeugung, dass Religionen ihrerseits nicht den geringsten Beitrag leisten können, dieses Dilemma aufzulösen. In diesem Fall müsste man nämlich nicht nur das dritte Prinzip aufgeben, sondern noch eine Fülle zusätzlicher (und zunehmend fragwürdiger) "Dogmen" akzeptieren, um zu einer gemeinsamen Grundlage für die verbindliche Beantwortung offener Fragen zu kommen.



Bei dem Betrag ging es zwar um den Naturalismus, aber viele der Dogmen bzw. Weltanschauungen des Naturalismus decken sich mit der Methode der Naturwissenschaften, denn auch sie muss, wie ich sie genannt habe Konventionen eingehen und kann deswegen nicht frei von einer Weltanschauung agieren.


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Werte der Wissenschaft - von Holmes - 14-11-2019, 15:44
RE: Werte der Wissenschaft - von Ulan - 14-11-2019, 16:43
RE: Werte der Wissenschaft - von Sinai - 14-11-2019, 20:15
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RE: Werte der Wissenschaft - von Holmes - 16-11-2019, 11:30
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RE: Werte der Wissenschaft - von Geobacter - 16-11-2019, 15:46
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RE: Werte der Wissenschaft - von Gundi - 20-11-2019, 17:49
RE: Werte der Wissenschaft - von Gundi - 20-11-2019, 17:54
RE: Werte der Wissenschaft - von Ekkard - 04-02-2023, 22:00

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