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Organisationsprinzipien bzw. Seinsmuster
#1
Ich habe mich in letzter Zeit ein wenig mit Religion und Geschichte befasst und bin auch auf Jordan Peterson gestoßen, ein Psychologie Professor, der einen Ansatz vertritt den ich interessant finde. Für ihn sind Religionen eine Art von Organisationsprinzipien bzw. Seinsmuster, die über die Jahrtausende hinweg von den Menschen abstrahiert wurden und in Mythen dargestellt wurden, was das genau heißt beschreibt er in seinem Video "Introduction to the Idea of God" aus welchem ich jetzt eine kleine Passage einbette:

"Denk darüber nach. Wir befinden uns in diesen Hierarchien, viele davon über Jahrhunderte hinweg. Wir versuchen herauszufinden, was das Leitprinzip ist. Wir versuchen, den Kern der Leitprinzipien herauszuholen, und wir machen daraus eine Darstellung eines Seinsmusters. Das ist Gott. Es ist ein abstrahiertes Ideal und manifestiert sich in personifizierter Form. Das ist in Ordnung, denn was wir erreichen wollen, ist in gewissem Sinne die Essenz dessen, was es bedeutet, ein richtig funktionierender, richtig sozialer und richtig kompetenter Mensch zu sein. Wir versuchen herauszufinden, was das bedeutet. Sie brauchen eine Verkörperung. Sie brauchen ein Ideal, das abstrahiert ist, das Sie ausleben können, damit Sie verstehen, was das bedeutet. Darauf sind wir gefahren. Das ist die erste Hypothese. Ich werde einige der Attribute dieses abstrakten Ideals durchgehen, das wir als Gott formalisiert haben, aber das ist die erste Hypothese: Ein philosophisches oder moralisches Ideal manifestiert sich zunächst als konkretes Verhaltensmuster, das für ein einzelnes charakteristisch ist Individuum - und dann ist es eine Menge von Individuen, und dann ist es eine Abstraktion von dieser Menge, und dann haben Sie die Abstraktion, und es ist so wichtig.

Hier ist eine politische Implikation: Eine der Debatten zwischen dem frühen Christentum und dem späten Römischen Reich war, ob ein Kaiser Gott sein könnte oder nicht - buchstäblich, um vergöttert und in einen Tempel gebracht zu werden. Sie können sehen, warum dies passieren könnte, denn das ist jemand an der Spitze einer sehr steilen Hierarchie, der eine enorme Menge an Macht und Einfluss hat. Die christliche Antwort darauf lautete: "Verwechseln Sie niemals den spezifischen Souverän mit dem Prinzip der Souveränität selbst." Es ist brillant. Sie können sehen, wie schwierig es ist, eine solche Idee zu entwickeln, so dass selbst die Person, die die Macht hat, tatsächlich einem göttlichen Prinzip untergeordnet ist, da es kein besseres Wort gibt. Auch der König selbst ist dem Prinzip untergeordnet. Wir glauben das immer noch, weil wir glauben, dass unser Premierminister dem Gesetz untergeordnet ist."

Die Sprache ist im Original in englisch, aber ich habe jetzt mal eine Google-Übersetzung eingefügt, deswegen könnten manche Stellen nicht richtig übersetzt worden sein, aber der Inhalt sollte trotzdem noch verständlich sein. 

Dieser Ansatz ist deshalb so interessant, weil ich finde, dass er sich auch geschichtlich kohärent darstellen lässt. Wenn man anfängt in Mesopotamien, dann stellt man recht schnell und einfach fest, dass sich viele mesopotamische Mythen in der Bibel wiederfinden und merkt, dass dies mit dieser Hypothese recht gut erklärt werden kann. Diese sind deshalb in der Bibel vorzufinden, weil es nützliche Organisationsprinzipien für die Menschen waren, die sich als "richtig" für die Gesellschaft erwiesen haben und man sie deshalb weitergegeben hat. Kann man Gott gleichstellen mit einem Organisationsprinzip ? Ich denke ja, denn dieses "Seinsmuster" ist ein Ideal, dass von der Gesellschaft deshalb verehrt und angebetet wurde bzw. wird, weil es absolut Lebensnotwendig für eine Gesellschaft war und ist. Diesen Idealen wurden Opfergaben und Tempel gewidmet, weil man sich immer klarer wurde, dass genaue diese Prinzipien nicht vergessen werden durften, weshalb man sie "heilig" taufte. 

Nun ist für die meisten Christen oder Muslime ihr Gott kein Organisationsprinzip, sondern eine "wirkliche Entität", die auf ihr Leben einwirkt, aber auch hier würde ich mich diesem Ansatz kein Problem sehen, denn dieses Organisationsprinzip wirkt wirklich sozusagen wirklich auf unser Leben ein und es "bestraft" einen auch in einem Sinne. Hält man sich nicht an diese Organisationsprinzipien widerfahren der Gesellschaft und einem selber schreckliche Dinge, weswegen man von einer Strafe "Gottes" spricht. Ich denke die meisten religiösen Aussagen lassen sich in diesem Kontext wirklich gut deuten und ergeben meiner Sicht nach einen Sinn. 

Ich denke die meisten Anhänger der Religionen würden ihren Gott nicht als Organisationsprinzip aufassen wollen und würden dieser These eher kritisch entgegenstehen, aber das macht nichts. Die Mehrzahl der Anhänger ist einem inkohärenten Bild von einem "Gott" verfallen, dass keinerlei Erklärungen für diese Tatsachen liefern kann und disqualifiziert sich deshalb meiner Meinung nach als Interpretation oder als System und sollte deshalb keine Auswirkungen auf das kohärente Bild von dieser These haben. Ich sehe hier auch eine Analogie zur Naturwissenschaft, denn ob jemand an die Flache Erde glaubt, hat keine Auswirkungen auf die richtige Theorie der Physik, sondern diskreditiert einfach nur ihre Anhänger. Ich würde das Weltbild der meisten Anhänger einer Religion also als falsch bezeichnen. 

Die Meinung der Forumsmitglieder interessiert mich nun, wie seht ihr das? Was haltet ihr von dieser These von einem "Organisationsprinzips".
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Organisationsprinzipien bzw. Seinsmuster - von Holmes - 21-05-2020, 11:33
RE: Organisationsprinzipien bzw. Seinsmuster - von Davut - 24-07-2020, 20:38
RE: Organisationsprinzipien bzw. Seinsmuster - von Davut - 25-07-2020, 11:43
RE: Organisationsprinzipien bzw. Seinsmuster - von Davut - 23-07-2020, 17:36
RE: Organisationsprinzipien bzw. Seinsmuster - von Davut - 23-07-2020, 20:14

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