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Die Weltordnung Baha'u'llah's
#91
Ich habe jetzt Ekkards Text nicht so ganz auf die Reihe gebracht, deshalb meine Frage extra (auch wenn sie schon darin enthalten sein sollte): Eine unterdrückte Streitkultur erzeugt doch Aggressionen - wie soll dann damit umgegangen werden? In meiner Praxis sieht das so aus: Wenn meine Azubis einen Lehrstoff seitens ihrer Berufsschullehrer nicht verstanden haben, arbeite ich mit anderen Methoden, um den nicht begriffenen Lehrstoff dennoch erlernbar zu machen. Nun streiten sich die jungen Damen und Herren bzgl. einer völlig anderen Methode meinerseits. Haben sie sich ausgestritten und machen mit, haben sie u.U. keine Probleme mehr, mittels einer anderen - nämlich der für sie umstrittenen - Methode zum Ziel zu kommen. Würde das dann wegfallen, wenn ich richtig verstanden habe? - Sollte meine Annahme zutreffen, hätte ich allerdings keine Chance, meinen Job zum wohl dieser jungen Menschen in solchen Fällen wahrzunehmen!

Gruß
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#92
Wegen der Überschneidung:
Zitat:Das Problem ist, das man irgendwann mal Gefahr läuft, den eigentlich Streitpunkt zu vergessen und nur noch um des Streites willen zu streiten. Das nächste Problem ist die damit vebundene Rechthaberei - auf Deibel komm 'raus.
Ein typisch sozialer Prozess! Die da mit spielende Psyche lasse ich mal außen vor. Eine Lebensgemeinschaft ohne Streitkultur ist nach meiner Erfahrung zum Scheitern verurteilt!

Was habe ich da also falsch verstanden? :bduh:

Gruß
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#93
Lieber Alwin,

Kurz: "Das Extrem" - extrem ist es, eine Beratungskultur mit "Friede, Freude, Eierkuchen" gleichzusetzen. Ich hab's ja schon erwähnt: Auch ich "streite" mich mit meinen Freunden um den "besseren Weg". Aber in der Baha'i-Gemeinschaft ist das oberste Ziel einen gemeinsamen Weg zu finden - und wenn's Jahre dauert - ohne die durchaus vorhandenen Schwierigkeiten in "Friede, Freude, Eierkuchen" zu begraben oder dahingehend zu verdrängen.
Unsere Herangehensweise ist anders, und ehrlich gesagt mit "dürren Worten" auch schwer zu vermitteln. Wenn Du Baha'is kennst oder kenennlernst, die verschiedenen Veranstaltungen der Baha'i besuchst - wirst Du über's Jahr schnell feststellen, dass manche Baha'i sich "mehr" mögen als andere Baha'i. Trotzdem merkst Du gleichzeitig dass alle Baha'i an einem Strang ziehen - egal wie unterschiedlich sie sich im persönlichen Bereich untereinander verhalten. Wenn Du -als Beispiel- in die Baha'i-Gemeinschaft eingetreten bist und das erste Mal in einem "Geistigen Rat" tätig bist, wirst Du ganz schnell die Schwierigkeiten, auch soziologischer Art zwischen den Freunden sehen - und Du bist dann an der Stelle, gemeinsam mit den Ratskollegen/kolleginnen die prinzipielle Einheit zu wahren, ohne deswegen die berechtigten Einzelinteressen der Gemeindemitglieder zu vernachlässigen. Ich wurde in meinem Leben in einige Geistige Räte gewählt - und ich sach' Dir, "da machste Dir schon den einen oder anderen Kopp 'drum...".
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#94
Jetzt bekomme ich umgekehrt die Antworten nicht auf die Reihe:
Es ging darum, dass die Bahai Parteien abschaffen wollen. Die Ablehnung von "Streitkultur" stammt ja nicht von mir (kusiv von mir):
Zitat:Frage: In welcher Partei sind die meisten Baha'i vertreten?

Antwort: In gar keiner Partei. Für uns sind Parteien Ausdruck der Streitkultur, der „Kultur des Kampfes“. Jede Partei hat mit ihrer ganz eigenen Fixierung auf bestimmte Schwerpunkte des gesellschaftlichen Lebens fast schon automatisch eine „Gegenpartei“, gegen die sie spätestens beim „Wahlkampf“ rhetorisch ankämpft. Kampf und Streit ist aber gerade nicht der Wesenzug der Baha'i-Religion. Mit Kampf und Streit lässt sich keine Einheit mit gegenseitiger Achtung und gegenseitigem Respekt erreichen.

Frage: Geht denn der Pluralismus nicht verloren, wenn Baha'i die Parteien so ablehnen?

Antwort: Pluralismus ist die Vielfältigkeit der Meinungen – und diese sind nicht „automatisch“ an Parteien gebunden. Zwar haben Parteien durch ihre Bildungsstiftungen eine Menge zur Vielfältigkeit der Meinungen beigetragen – dass heute Perteien dadurch zum „Garant“ der Meinungsvielfalt erklärt werden, hat aber eher mit der mangelnden Allgemeinbildung als mit der Funktion einer oder mehrerer Parteien zutun.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#95
Lieber Ekkart,

Abschaffen können sich die Parteien nur selbst - wir sind als Baha'i keine Mitglieder in den Parteien, folglich können wir sie auch nicht "abschaffen".

Eigentlich sollte das nur in kurzer Form die Begründung dafür sein, warum wir der Instution "Partei" so ausserordentlich ablehnend gegenüber stehen. Die Rolle, die die verscheidenen Parteien zur Meinungsbildung und Meinungsfindung in der neueren Zeit gespielt haben, anerkennen wir Baha'is durchaus - wir halten aber die "Instution" Partei für die Weiterentwicklung von Meinungsbildung und Meinungsvielfalt für nicht mehr erforderlich, eben weil sie "Instution" Partei sich trotz der gemeinsamen demokratischen Grundlage auf den "Meinungskampf" versteift, statt auf dem Interessensausgleich bei verschiedenen Meinungen.

Man kann es durchaus positiv sehen, dass der Krieg mit Schwertern und Pistolen durch den Krieg der Meinungsbildung abgelöst wurde, man kann es positiv sehen das keine Mensc hen mehr auf Schlachtfeldern verbluten sondern die "demokratischen Schlachten" in Rededuellen im Parlament ausgetragen werden - sich, das ist ein Fortschritt. Ein noch grösserer Fortschritt wäre es aber, wenn auch die Redeschlachten auf dem Marktplatz oder im Parlament "befriedet" werden und statt Streit und Schlacht die Kultur der gleichberechtigten und von gegenseitigem Respekt getragenen Beratung aufgebaut wird.

Mit Parteien - ist dieses Ziel nicht zu verwirklichen.
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#96
(16-10-2010, 19:27)t.logemann schrieb: Ein noch grösserer Fortschritt wäre es aber, wenn auch die Redeschlachten auf dem Marktplatz oder im Parlament "befriedet" werden und statt Streit und Schlacht die Kultur der gleichberechtigten und von gegenseitigem Respekt getragenen Beratung aufgebaut wird.

Mit Parteien - ist dieses Ziel nicht zu verwirklichen.
In dieser Ansicht spiegelt sich eine tiefes Missverständnis demokratischer Spielregeln. Diese erlaubt, im Gegensatz zu historischen Regelungen, die Versammlung und die Koalition in der Erkenntnis, dass der Einzelne dem politischen Druck der Institutionen und Firmen nicht gewachsen ist. (Ansonsten siehe meine Ausführungen zur Streitkultur weiter vorne!)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#97
Lieber Ekkart,

es wäre da vielleicht besser, wenn Du das gesamte Dokument liest (schick' Deine e-mailadresse - und es kommt postwendend):

(Auszug)

Heutzutage ist selbst in den besten Demokratien der treibende Beweggrund bei Wahlen der Wunsch eines jeden Politikers, an die Macht zu kommen, um jenes Programm, das er besonders bevorzugt, in die Tat umsetzen zu können die Wahl wird zu einem Wettkampf, den die sich selbst zur Schau stellenden Kandidaten entweder gewinnen oder verlieren. Die Wählerschaft wird als eine Masse angesehen, die durch Rhetorik und verschiedene Formen der Beeinflussung dazu gebracht werden soll, den einen oder anderen Kandidaten zu unterstützen. Im Bahá’í-System jedoch sind die Wähler die aktive Kraft, und ihre Motivation besteht darin, jene zu wählen, die zum Dienst in der Institution am besten geeignet sind. Die gewählten Personen sind im Wahlprozess passiv (außer in ihrer Rolle als Wähler) und nehmen die Wahl als eine Pflicht zum Dienst an der Gemeinschaft und in Antwort auf den Wunsch der Wählerschaft an. Anders ausgedrückt unterscheiden sich die Systeme grundlegend in ihrem Geist: beim einen ist es ein Machtstreben, beim anderen eine Übernahme der Verantwortung zum Dienst.

Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass moderne Demokratien als das Ergebnis des Versuchs entstanden sind, die Macht absoluter Monarchien, Diktaturen oder bestimmter herrschender Schichten einzuschränken. Das kann schrittweise über Jahrhunderte hinweg oder umbruchartig durch Revolutionen entstanden sein. Dennoch bleiben auch nach dem Aufbau demokratischer Verfassungen und Strukturen ein Misstrauen gegenüber der Autorität als solcher und eine Spannung zwischen dem Maß an Freiheit, das dem einzelnen Bürger gewährt wird, und der Auferlegung zureichender öffentlicher Normen zum Schutz der Schwachen gegen die selbstischen Ziele der Starken in der Gesellschaft. Die Anwendung von Transparenz, Rechenschaft, Pressefreiheit und des kritischen Dialogs ist somit von einem Geist der Parteilichkeit getragen, was leicht in ein gnadenloses Eindringen in die Privatsphäre, die Verbreitung von Verleumdung, übertriebenes Misstrauen und in den Missbrauch der Nachrichtenmedien durch besondere Interessengruppen verfällt. Die Reaktion jener, die sich gegen solche Auswüchse des Systems zur Wehr setzen, führt zu Geheimnistuerei, Verdeckung unbequemer Tatsachen und entsprechend auch zu einem Missbrauch der Medien zusammengefasst zu einer andauernden Disharmonie im Geflecht der Gesellschaft.....

(Auszug aus einem Schreiben des Universalen Hauses der Gerechtigkeit an einen Baha'i aus dem Jahre 2000)
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#98
Endlich gibt es ein politisches System, das die vielfältige Realität des Menschen in seiner Gesellschaft berücksichtigt, wollen die Bahai (übrigens im Einklang mit anderen religiösen Strömungen) diese Realität einer idealen Vorstellung opfern.
Lies doch bitte nur mal den ersten Satz! Aus der Gemengelage politisch motivierten Handelns wird irgend etwas als allgemein geltend heraus gegriffen und als verwerflich angeprangert. Die Realität ist vielfältiger und komplexer!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#99
Lieber Ekkart,

ich schreibe gerade für die "Zeitenwende" Einiges zu dieser Realität - zur Verfolgung von ethnischen Minderheiten wie Roma's zum Beispiel - Verfolgung in Frankreich, in Deutschland, in Rumänien, in der Tschechei, in der Slowakei, in Bulgarien, in Bosnien.

Es wird auch noch ei Kapitel kommen das sich mit der Verfolgung der Bürgerprotestbewegungen speziell in Westdeutschland und natürlich auch unter Berücksichtigung von "Stuttgart21" im heutigen Deutschland befasst. Ich kann Dir seitenweise die Skandale der letzten 50 Jahre bezüglich Machtmissbrauch und Korruption, Verflechtung von Geld, Wirtschaft und "politischer Elite" zuschicken - wenn Du diese selbst nicht kennen solltest. Wo bitteschön ist denn die "vielfältige Realität" des Menschen in dieser Gesellschaft berücksichtigt? Schau' Dir die Hartz-IV-Debatten an, die Steuerdebatten, die eben gerade mal beschlossene Erhöhung der Strompreise weil Menschen sich mit Solarenergie vom Strommonopol abkoppeln wollen.

Die einzigste Realität die hier - in den sogenannten demokratischen Ländern - berücksichtigt wird, ist die künstliche Realität des Geldes, des "Götzen Profit", der nach Anbetung und Gefolgschaft verlangt. Oder möchtest Du bestreiten dass Politik in der Realität von globalen Konzernen und der mit diesen Konzernen verbundenen Macht bestimmt wird? Der Amtsrichter Jürgen Borchert vom Sozialgericht in Darmstadt bezeichnet Bundessozialgericht und Bundesverfassungsgericht als die einzigsten Instutionen in der Demokratie, die sich noch schützend vor die Armen und Verarmenden dieses Landes stellen können - die Realität der Politik sieht diese Armen nämlich nicht.

Die "Realität" unseres Landes debattiert über die "Zuwanderung fachlich Qualifizierter" - weil sie es erstens verpennt hat, das grundsätzlich jeder Mensch das Recht haben müsste überallhin "zuzuwandern" und zweitens nicht eingestehen kann, dass die Bildungspolitik der letzten mindestens 40 Jahre so "daneben" war und ist, das wir trotz vieler intelligenter Menschen in diesem Land eben die "fachlich qualifizierte Bildungslücke" nicht ausfüllen können. Und warum? Weil man in der Parteiendemokratie Deutschlands den Länderförderalismus mit dem machtpolitischen Hick-Hack nach Bildungskompetenz verwechselt hat....

Im Übrigen: Der vielfältige Pluralismus geht durch die Baha'i-Gesellschaftsordnung keineswegs "verloren" - wenn Du meinst, das der Pluralismus verloren oder vernachlässigt wird - begründe dies bitte.
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Lieber Alwin,

es geht nicht um Unterdrückung.

Ich mach das mal an einem ganz einfachen (für mich einfach - für Dich vielleicht schwieriger, weil Du mit dem internen Baha'i-Leben nicht so vertraut bist) Beispiel deutlich:

Ich hab vor etwa 5 Jahren in der deutschsprachigen Gesellschaft für Baha'i-Studien und im englisschprachigesn Pendant auf "Planet Baha'i" zwei mit Absicht provozierende Fragen gestellt:

Erstens: Wenn die Instutionen (Räte, Universales Haus) Baha'i-Freunde mit dem Entzug ihrer administrativen Rechte "bestrafen" können, wenn diese ihrer Meinung nach gegen Grundsätze des Glaubens verfügen - wo bleibt dann hier die "Rechtsmittelinstanz" mit der sich der einzelne Freund zur Wehr setzen kann, und was unterscheidet dann die Beratungsämter zum Schutz des Glaubens von der Kompetenz der Inquisition?

Zweitens: Wenn der Kitab-i-Aqdas Grundlage einer zukünftigen Weltordnung ist - was unterscheidet dann das Universale Haus der Gerechtigkeit von der Instution des Papsttums?

Beide Fragen - haben letztlich zu einem "Meinungssturm" quer über die halbe Welt geführt. Für mich sind die Ergebnisse, die letztlich dabei herausgekommen sind, zu 99,9% (wie im Sozialismus...:icon_cheesygrin:) positiv gewesen. Und ich denke, dass diese Fragen letztlich auch dafür verantwortlich waren, das sich viele "abnickende" Freunde ernsthaft Gedanken um ihren eigenen Beitrag innerhalb der Baha'i-Religion gemacht haben.

Es geht in der Baha'i-Beratungskultur nicht darum, Fragen "abzubügeln" und sie unter den Teppich von "Friede, Freude, Eierkuchen" zu vergraben - es geht darum gegensäztliche Positionen mit dem Ziel einer gemeinsam zu findenenden Position zu beraten. "Schwarz" und "Weiss" muss sich nicht im Kompromiss des mehr oder weniger dunklen "Grau" treffen, sondern soll -als Endziel - sich als "eigenständige Farbe" in einem gemeinsamen Ganzen wiederfinden.
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Nun Thomas, Parteien sind neben Meinungsbildner auch Interessenvertreter. Sie haben außerdem die Aufgabe über die Wahlen im Parlament die Regierungspolitik zu bestimmen. Dafür sind Parteien in unserem System geschaffen worden. Damit gebe ich kein Urteil darüber ab, wie qualifiziert sie dieser Aufgabe nachkommen. - Welchen Ersatz soll es unter Bahai geben, um eine solche Funktion oder eine Art dessen wahrnehmen zu können?

ruß
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Lieber Alwin,

nun, welche Interessen die vertreten, siehste ja bei Stuttgart 21...

Aber davon ab:

Wie gesagt: Baha'i wählen parteilos den örtlichen Geistigen Rat um hier ihre lokalen Angelegenheiten zu regeln, dann wiederum Abgeordnete die aus ihren Reihen den Nationalen Geistigen Rat wählen.

Die Interessensvertretung übernimmt jeder Baha'i selbst in dem er/sie sich nämlich an den alle 19 Tage stattfindenden Beratungen (anlässlich des 19-Tage-Festes) beteidigt und sich darüber hinaus auch direkt und unmittelbar an den Nationalen Geistigen Rat wenden kann.

Um dem Ganzen auch ein wenig Struktur zu geben, richten lokale und nationale Räte sowie das Universale Haus der Gerechtigkeit Beraterämter und Arbeitsausschüsse ein (existiert innerhalb des Glaubens schon seit einigen Jahren). Diese Ausschüsse haben innerhalb der Räte kein Stimmrecht, wohl aber Beratungs- und Vorschlagrecht. Und diese Ausschüsse sind hier auch die ersten Anlaufstellen für die Anregungen, Vorschläge und selbstverständlich auch für die Kritik. Der Weg zum Nationalen Rat oder zum Universalen Haus der Gerechtigkeit steht zusätzlich jedem Baha'i offen.
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(17-10-2010, 11:56)t.logemann schrieb: Wo bitteschön ist denn die "vielfältige Realität" des Menschen in dieser Gesellschaft berücksichtigt? Schau' Dir die Hartz-IV-Debatten an, die Steuerdebatten, die eben gerade mal beschlossene Erhöhung der Strompreise weil Menschen sich mit Solarenergie vom Strommonopol abkoppeln wollen.
Du tust, als gebe es da ein Problem! Jemand muss die Entwicklung der Photovoltaik, der Biogasproduktion, der Wind- und Wasserenergienutzung bezahlen. Wer, wenn nicht wir alle? ALG II muss genauso bezahlt werden. Deine Argumentation suggeriert, als gebe es da draußen einen Dukatenesel. Das aber ist nicht der Fall.

Im Gegenteil, wir sind Zeugen von Interessengegensätzen, die öffentlich gegeneinander stehen. Die Politik vollführt den Eiertanz zwischen Wegnehmen auf der einen und Alimentierung, Bildung und Anstoßen von Entwicklung auf der anderen. Das ist Demokratie. Diese Gegensätze spiegeln die Realität! Und die Rechte der vielen Einzelnen müssen erkämpft werden. Deine Beiträge voller Sozialpolemik sind nichts anderes.

(17-10-2010, 11:56)t.logemann schrieb: Die einzigste Realität die hier - in den sogenannten demokratischen Ländern - berücksichtigt wird, ist die künstliche Realität des Geldes, des "Götzen Profit", der nach Anbetung und Gefolgschaft verlangt.
Nö, Geld ist nur der Ausdruck unser aller Nachfrage.
Richtig ist, diese kümmert sich nicht um den Einzelnen, sondern sieht nur darauf, wie man "billig einkauft" und "teurer verkauft", und sei es die eigene Arbeitskraft. Das machst du nicht anders, wenn du die Möglichkeit dazu hast.

(17-10-2010, 11:56)t.logemann schrieb: Oder möchtest Du bestreiten dass Politik in der Realität von globalen Konzernen und der mit diesen Konzernen verbundenen Macht bestimmt wird?
Hä? Deutschland lebt ganz gut damit, und vernünftigerweise macht die Politik nichts dagegen, weil sie die riesigen Sozialausgaben anders noch weniger stemmen könnte. Es ist immer billig, die Politik der Kumpanei mit jenen Institutionen zu bezichtigen, die Geld verdienen.
Dazu die Rahmenbedingungen zu schaffen ist einfach notwendig. Eine ganz andere Frage ist, wie man die Bevölkerung gerecht am Prozess des Geldverdienens beteiligt. Das ist ein schwieriges Unterfangen in einer arbeitsteiligen, spezialisierten Welt - zugegeben. Die Armut hierzulande ist ein hausgemachtes Problem der falschen Anreize. Diejenige, die Arbeit und Geld zu vergeben hätten (Nachfrage) müssen Auflagen erfüllen, die Aufträge geradezu verhindern. Diejenigen, die Arbeitskraft zur Verfügung stellen wollen, müssen zuvor in komplexen Bildungsgängen für Zeugnisse und Diplome sorgen (nur als je ein Beispiel für viele Hemmnisse).

(17-10-2010, 11:56)t.logemann schrieb: die Realität der Politik sieht diese Armen nämlich nicht.
Diese Ansicht ist irrig. Es mag sein, dass die Politik die Marktanreize nicht durchzusetzen vermag. Das wiederum liegt an der nunmehr entstandenen Gemengelage zwischen sozialer Pflicht und Anspruch.

(17-10-2010, 11:56)t.logemann schrieb: ... nicht eingestehen kann, dass die Bildungspolitik der letzten mindestens 40 Jahre so "daneben" war und ist, das wir trotz vieler intelligenter Menschen in diesem Land eben die "fachlich qualifizierte Bildungslücke" nicht ausfüllen können.
Du spielst auf die "Bildungsreserve" an. Die mag existieren. Aber die komplexen Bildungsgänge und -Anforderungen können von Vielen gar nicht erfüllt werden bzw. schrecken sie ab. Sie geben auf. Wie Viele Schüler werden vom vernünftigen Lernen durch die Aufgeber mit dem Schlag-Wort "Streber" abgehalten (und hier weiß ich, wovon ich als Vater von drei inzwischen erwachsenen Söhnen rede).

(17-10-2010, 11:56)t.logemann schrieb: Und warum? Weil man in der Parteiendemokratie Deutschlands den Länderförderalismus mit dem machtpolitischen Hick-Hack nach Bildungskompetenz verwechselt hat ...
Diese Aussage ist zu einfach. Die, wenn du so willst, Zick-ZackAusbildung wird von den Meisten problemlos, von anderen mit einer oder zwei Wiederholungen durchlaufen. Richtig daran ist, dass unsere Schulen mit individuellen Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen schlecht umgehen können. Ohne häusliche Nacharbeit, Nachhilfe und soziale Betreuung gehen einige Schüler im Klassenverband unter. Je häufiger Schulform und Lehrpläne wechseln, um so schwieriger wird es für die Problemfälle.

(17-10-2010, 11:56)t.logemann schrieb: Im Übrigen: Der vielfältige Pluralismus geht durch die Baha'i-Gesellschaftsordnung keineswegs "verloren" - wenn Du meinst, das der Pluralismus verloren oder vernachlässigt wird - begründe dies bitte.
Das steht doch in dem Bahai-Schreiben aus 2000, das du zitiert hast. Da steht wörtlich: "Die Anwendung von Transparenz, Rechenschaft, Pressefreiheit und des kritischen Dialogs ist somit von einem Geist der Parteilichkeit getragen, was leicht in ein gnadenloses Eindringen in die Privatsphäre, die Verbreitung von Verleumdung, übertriebenes Misstrauen und in den Missbrauch der Nachrichtenmedien durch besondere Interessengruppen verfällt. Die Reaktion jener, die sich gegen solche Auswüchse des Systems zur Wehr setzen, führt zu Geheimnistuerei, Verdeckung unbequemer Tatsachen und entsprechend auch zu einem Missbrauch der Medien zusammengefasst zu einer andauernden Disharmonie im Geflecht der Gesellschaft....."Also wenn das nicht der Ruf nach Einheitlichkeit ist, dann weiß ich es nicht besser.
[Klugscheiß](Im Übrigen ist "vielfältiger Pluralismus" doppelt gemoppelt!)[/Klugscheiß]
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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Hallo Thomas, innerhalb einer Parteienlandschaft ist aber durchaus erkennbar, wer für welche Interessen eintritt. Wenn nun Einzelne andere Einzelne finden, die gleiche Interessen vertreten, entsteht da nicht auch wieder eine Interessengemeinschaft? Nur ist diese nicht transparent. Da ziehe ich ganz ehrlich das heutige System vor, solange es nicht von einem Gesellschaftsbild abgelöst werden kann, welches sich nciht schon irgendwie als das Bessere bewiesen hat!

Gruß
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Lieber Alwin,

(da ich Deine Frage am kürzesten beantworten kann, ziehe ich sie mal vor) Gegen Interessensgemeinschaften ist solange nichts einzuwenden, solange sie nicht zur Fraktionsbildung führen und in Rechthaberei münden.

Das Parteienspektrum ist ein Spektrum der Rechthaberei, nicht der Interessensvertretung. Und wenn Interessenvertrtung mal im Vordergrund steht- dann ist es das Interesse des Profits, nicht das Interesse des Menschen.

Ich kann hier in meinem "Kiez" einige lokale Politiker erleben, die - unabhängig ihrer parteipolitischen Zugehörigkeit - uniso beklagen, das Mensch je "höher" er/sie in die Gefilden der Macht aufsteigt, um so weniger den tatsächlichen Kontakt zur Basis pflegt. Es ist bezeichnend, dass beispielsweise die Basis des "Genossen Wowi" die Partymeile von Berlin ist - nicht aber die Basis in Neukölln..... und "Wowi" ist da auch nicht anders als die Landesgrosskopfeten der anderen Parteien. Das da dann bei Debatten im Abgeordnetenhaus bezüglich Bildung für alle - trotz tatsächlich gemachter Anstrengungen - letztlich ein "Schulplatzverlosungssystem für Gymnasiasten" 'rauskommt, dürfte nicht weiter verwunderlich sein... "Bildung - ein Glücksspiel in Berlin....".

Lieber Ekkard:

"jemand muss umweltverträgliche Energie bezahlen" - sicher, geb ich Dir vollkommen Recht. 1. Die Subvention hinsichtlich der Einspeisevegütung zurück schrauben, 2. die zur Kasse bitten, die mit steuerlich längst abgeschriebenen Kraftwerken Millionengewinne tagtäglich einfahren - wie wär's denn im Interesse der Gerechtigkeit damit?

Natürlich macht die derzeitige Politik einen Eiertanz zwischen Förderung und Wegnahme - sind sie doch selber daran schuld. Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Friedrich Merz hat wenigstens schon mal die Idee einer Reform eingebracht - und wurde gleich "geprügelt". Die Idee des Wegfallens von 80% aller Subventionen, die Idee der Einfachheit der Steuerberechnung "auf dem Bierdeckel"....Ich hab' für den Mann nie viel übrig gehabt - aber da hat er mal wirklich eine gute Idee gehabt... Wie wär's denn mal, statt nach Bildungssubvebntion zu verlangen, die Universitäten von staatlicher Seite gemeinsam mit der Industrie zu Forschungsprojekten zusammen zu schliessen: Der Staat stellt 30% der Forschungskosten zur Verfügung, ist aber gleichermassen auch zu 30& an den durch Entwicklung und Patent entstehenden Gewinnen beteidigt.... Da würden nach 10 Jahren manche Hochschulen im Geld schwimmen, anstatt auf "Konjunktourpaket 3" warten zu müssen, damit's in die Hörsääle nicht mehr 'reinregnet...

Die Gegensätze spiegeln Realität? Die Realität ist doch viel mehr ein gnadenloser Verteilungskampf; der Krieg mit Waffen ist abgelöst durch den Krieg mit Polemik und Demagogie!

So so, "Deutschland lebt gut mit den globalen Konzernen und deren Macht". National und im Vergleich zu Ghana, Brasilien oder Vietnam mag das durchaus zutreffen. Aber warum leben wir damit so gut? Weil das, was man uns nicht abpressen kann - kann man umsomehr den ohnehin schon Armen in den Faelas, in den Slums abpressen. Unser relativer Reichtum - und obwohl es nicht viel ist, gehört letztlich auch der Hartz IV-Satz dazu; von einem Monatssatz zum Leben in Deutschland muss in Birma eine ganze Famile ein Jahr von leben können... - unser relativer Reichtuim ist die Ursache der Armut der "Anderen". Da greif' ich mal tief in die "religiöse Mottenkiste" - und frage: War das das, was Jesus, Moses oder Muhammad lehrten?

O.K., Du siehst selbst das man die Rahmenbedingungen ändern muss. Aber glaubst Du ernsthaft, dass diese Rahmenbedingungen durch dieses in weiten Teilen korrupte System geändert werden können? Welche Alternative gibt es? Den Sozialismus klassischer Spielart - will wohl kein vernünftiger Mensch mehr; die Diktatur oder die absolutistische Monarchie kann auch kein vernünftiger Mensch fordern. Wie sehr ein theokratischen Staatswesen "in die Hose gehen kann", sehen wir nicht nur an unserer eigenen Geschichte im Mittelalter, sondern auch am Beispiel des heutigen Iran und - wenn auch subtiler - am Beispiel Saudi-Arabiens. Also - wurschteln wir halt weiter - oder kaufen uns gleich einen Strick zum erschiessen, oder wie...?

Politik kann keine "Marktanreize" durchsetzen - das ist nicht ihre Aufgabe. Aufgabe der Politik ist es, das Gemeinwesen vor Bedrohung zu schützen und das Gemeinwesen dazu zu befähigen, frei und selbstbestimmt zum Wohle des ganzen Planeten zu arbeiten. Die notwendige Voraussetzung dafür ist, dem Gemeinwesen das höchstmöglicheste Maass an Bildung und Qualifikation zur Verfügung zu stellen. In ihrem Bestreben sich gegenseitig die Wahlstimmen abzujagen - kann da die gegenwärtige Politik überhaupt das leisten, was zur zivilisatorischen Weiterentwicklung aller Menschen notwendig wäre?

Genau: Die Anwendung von Transparenz, Rechenschaft, Pressefreiheit und des kritischen Dialogs ist somit von einem Geist der Parteilichkeit getragen - es geht keineswegs darum Transparenz, Meinungsvielfalt, Pressefreiheit abzuschaffen - sondern sie von der Parteilichkeit zu befreien.
Mit sozialistischer Gleichmacherei hat das absolut nichts zutun!

Das dieser Gedankengang auf den Widerstand von Parteienvertretern stösst, ist natürlich verständlich - wer schaut schon zu, wenn der Ast abgesägt werden soll, auf dem man gerade sitzt. Dabei ist der "Ruf an die Parteien" ganz einfach zu verstehen:Arbeitet endlich mal vorurteilsfrei zusammen, anstatt euch "der Wählergunst wegen" ständig gegenseitig zu bekämpfen. Die "Gunst des Wählers" - siehe ständig abnehmende Wahlbeteidigung bei demokratischen Wahlen - habt ihr eh' schon verloren...
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