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04-08-2013, 12:36
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04-08-2013, 12:38 von petronius.)
(03-08-2013, 23:51)Mustafa schrieb: Aber die Frage, die sich stellt ist doch eher die "was nun?, wir haben Gott getötet, und jetzt?".
die antwort lautet:
"und siehe, es war gut"
wir brauchen "gott" so notwendig wie fische fahrräder
(03-08-2013, 23:51)Mustafa schrieb: Ich finde z.B. die Idee des humanistischen Atheismus im Grunde auch ganz gut, und kann den meisten ihrer Ideen zustimmen.
Nur leider scheinen sich (aus meiner persönlichen Sicht) die wenigsten ihrer aktuellen Vertreter wirklich mit der Philosophie-und Theologiegeschichte beschäftigt zu haben
und wenn - sind ihre argumente dann und/oder deshalb weniger stichhaltig?
(03-08-2013, 23:51)Mustafa schrieb: Ich meine, wenn ein Dawkins mit so einem Buch wie Gotteswahn als intellektuelle Speerspitze dieser Bewegung der "neuen Atheisten" gilt, kann ich das weit weniger ernst nehmen, als etwa die Radikalkritik eines Nietzsche.
das ist ein geschmacksurteil und steht dir natürlich zu
beauty lies in the eye of the beholder
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
(04-08-2013, 00:46)Mustafa schrieb: An den grundlegenden Fragestellungen "wie man zer welte solte leben"* hat sich weit weniger geändert, als dies naturwissenschaftlicher Fortschritt suggerieren mag.
*aus Vogelweides "Ich saz ûf eime steine" Shakespears MacBeth hat schon gelehrt
"Life's nothing but a walking shadow that struts and frets his hour
upon the stage and than is heard no more"
@mustafa
Ich wage mal den Versuch einer Zusammenfassung: Gott ist für dich ähnlich einer Idee wie Freiheit, Menschenwürde, Gerechtigkeit etc.
Und der Mensch benötigt diese Ideen, die er quasi als Ideale setzt, um sich daran zu orientieren und einen Fixpunkt zu haben.
Transzendenz schreibst du all diesen Ideen daher zu, da sie eben als Ideal nur in der Theorie sind, praktisch aber unerreichbar.
Stimmt das so halbwegs?
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Im Großen und Ganzen ja.
Wobei ich aber "Transzendenz" bereits in der kulturellen Person sehe,
als die wir uns selbst wahrnehmen, oder von Anderen wahrgenommen werden.
Auch wir selbst als namentliche Person sind quasi eine Idee.
Man kann unseren Körper noch so genau analysieren, auf die "Person" kommt man nicht ohne Zuschreibungen von Außen.
(05-08-2013, 20:46)Mustafa schrieb: Auch wir selbst als namentliche Person sind quasi eine Idee.
Man kann unseren Körper noch so genau analysieren, auf die "Person" kommt man nicht ohne Zuschreibungen von Außen.
Eine Person in ihrer Vollständigkeit ist auch das, wie sie durch andere wahrgenommen wird?
Diesen Gedanken teile ich.
Nur die Beziehung zur "Idee" will mir nicht einleuchten.
Und noch eine Frage: Wenn du sagst Freiheit ist ebenso eine Idee wie Gott, siehst du dann keinerlei Unterschied zwischen diesen Ideen? Ich meine "Freiheit" hat eine direkte Verbindung bzw. Konsequenz für unsere Gesellschaft. Das Setzen eines Gottes hat das doch per se nicht, sondern auch erst, wenn andere Ideen (wie zb. Freiheit) durch diesen begründet werden. Dann jedoch frage ich mich, wozu wir diesen Extrabegriff "Gott" benötigen sollen, wenn wir die Ideen auch ohne ihn entwickeln können?
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(05-08-2013, 21:57)Gundi schrieb: siehst du dann keinerlei Unterschied zwischen diesen Ideen? Ich meine "Freiheit" hat eine direkte Verbindung bzw. Konsequenz für unsere Gesellschaft.
Die Verbindung zur Gesellschaft liegt in der "Leitung" und den Assoziationen, die Menschen zu einem Idealbegriff haben.
Freiheit oder Gerechtigkeit gibt es immer nur als Erscheinung, die von Menschen mit dem Begriff in Verbindung gebracht wird.
Ähnlich bringen Menschen Ereignisse und Erfahrungen mit dem Begriff Gott zusammen als z.B. "Gottes Hilfe" usw.
(05-08-2013, 21:57)Gundi schrieb: Dann jedoch frage ich mich, wozu wir diesen Extrabegriff "Gott" benötigen sollen, wenn wir die Ideen auch ohne ihn entwickeln können?
Hm, ich empfinde "Gott" ganz und garnicht als "Extrabegriff".
Vielmehr ist es der etablierteste Begriff für eben dieses "Absolute", dem "Ende allen gedachten Regresses in der Ursache-Wirkungskette".
Es ist nicht so, dass hier ein Gott postuliert wird, und dann behauptet wird, dieser Gott sei dies und das, sondern es wird versucht, dieses "Absolute" zu fassen, und der Begriff Gott ist einfach der Passendste.
So wird der Gedanke an "absolute Gerechtigkeit" zu etwas, was nur bei eben diesem "Absoluten" liegen kann, welches Gott genannt wird, und dem man dann salopp diese Gerechtigeit als "Eigenschaft" zuweist.
Freilich ist so ein Gott kein Superhominide, der Bücher oder Söhne vom Himmel runterschickt.
Das ist nur eine Assoziation, ein mythisches Bild zu eben der Idee Gott.
(06-08-2013, 20:44)Mustafa schrieb: (05-08-2013, 21:57)Gundi schrieb: siehst du dann keinerlei Unterschied zwischen diesen Ideen? Ich meine "Freiheit" hat eine direkte Verbindung bzw. Konsequenz für unsere Gesellschaft.
Die Verbindung zur Gesellschaft liegt in der "Leitung" und den Assoziationen, die Menschen zu einem Idealbegriff haben.
Freiheit oder Gerechtigkeit gibt es immer nur als Erscheinung, die von Menschen mit dem Begriff in Verbindung gebracht wird.
Ähnlich bringen Menschen Ereignisse und Erfahrungen mit dem Begriff Gott zusammen als z.B. "Gottes Hilfe" usw.
(05-08-2013, 21:57)Gundi schrieb: Dann jedoch frage ich mich, wozu wir diesen Extrabegriff "Gott" benötigen sollen, wenn wir die Ideen auch ohne ihn entwickeln können?
Hm, ich empfinde "Gott" ganz und garnicht als "Extrabegriff".
Vielmehr ist es der etablierteste Begriff für eben dieses "Absolute", dem "Ende allen gedachten Regresses in der Ursache-Wirkungskette".
Es ist nicht so, dass hier ein Gott postuliert wird, und dann behauptet wird, dieser Gott sei dies und das, sondern es wird versucht, dieses "Absolute" zu fassen, und der Begriff Gott ist einfach der Passendste.
So wird der Gedanke an "absolute Gerechtigkeit" zu etwas, was nur bei eben diesem "Absoluten" liegen kann, welches Gott genannt wird, und dem man dann salopp diese Gerechtigeit als "Eigenschaft" zuweist.
Freilich ist so ein Gott kein Superhominide, der Bücher oder Söhne vom Himmel runterschickt.
Das ist nur eine Assoziation, ein mythisches Bild zu eben der Idee Gott.
@gundi/Mustafa
Verständnishalber, ist das so eine Diskussion Kreis rund ist oder
ein Vieleck mit unendlich vielen Ecken.
Praktisch so die Diskussion ob PI eine irrationale Zahl ist oder nicht ?
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(06-08-2013, 21:31)Harpya schrieb: Praktisch so die Diskussion ob PI eine irrationale Zahl ist oder nicht ?
Die Gemeinsamkeit zwischen der Mathematik und Ideen wie Gott sind die Urteile a priori.
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(06-08-2013, 20:44)Mustafa schrieb: Freiheit oder Gerechtigkeit gibt es immer nur als Erscheinung, die von Menschen mit dem Begriff in Verbindung gebracht wird.
Ähnlich bringen Menschen Ereignisse und Erfahrungen mit dem Begriff Gott zusammen als z.B. "Gottes Hilfe" usw.
nur lassen sich "Freiheit oder Gerechtigkeit" klar definieren und dann anhand dieser definition eindeutig auf vorhandensein oder nicht prüfen
was für z.B. "Gottes Hilfe" usw. nicht möglich ist, insofern fällt das eben nicht unter dieselbe kategorie wie "Freiheit oder Gerechtigkeit"
(06-08-2013, 20:44)Mustafa schrieb: Hm, ich empfinde "Gott" ganz und garnicht als "Extrabegriff".
Vielmehr ist es der etablierteste Begriff für eben dieses "Absolute", dem "Ende allen gedachten Regresses in der Ursache-Wirkungskette"
für die beschreibung/erklärung der welt oder menschlicher befindlichkeiten ist "Gott" selbstverständlich ein "Extrabegriff", nämlich insofern redundant, als er keinen erklärerischen mehrwert hat
(06-08-2013, 20:44)Mustafa schrieb: Es ist nicht so, dass hier ein Gott postuliert wird, und dann behauptet wird, dieser Gott sei dies und das, sondern es wird versucht, dieses "Absolute" zu fassen, und der Begriff Gott ist einfach der Passendste
warum?
ich finde "wrdrlbrmpft" mindestens so passend und genauso aussagekräftig
oder hängst du nicht eben doch deshalb so an "gott", weil eben "behauptet wird, dieser Gott sei dies und das"?
(06-08-2013, 20:44)Mustafa schrieb: So wird der Gedanke an "absolute Gerechtigkeit" zu etwas, was nur bei eben diesem "Absoluten" liegen kann, welches Gott genannt wird, und dem man dann salopp diese Gerechtigeit als "Eigenschaft" zuweist
oder der gedanke an das "absolut böse", die "absolute dummheit" uswusf. ...
seltsamerweise tut das aber keiner
ist deine argumentation also nicht doch vielleicht eher völlig an den haaren herbeigezogen bzw. aus dem finger gesaugt als rational stichhaltig?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
(06-08-2013, 21:56)Mustafa schrieb: (06-08-2013, 21:31)Harpya schrieb: Praktisch so die Diskussion ob PI eine irrationale Zahl ist oder nicht ?
Die Gemeinsamkeit zwischen der Mathematik und Ideen wie Gott sind die Urteile a priori.
Mathematik ist aber praktisch wesentlich besser strukturiert aufgebaut als
alte Schriften aus den sich man jederzeit was gegensätzliches rausziehen kann.
Gott war nicht inder Lage sich so klar auszudrücken
wie Menschen die Mathematik.
Probiert hat er es ja in Allah mit neuen Regeln, hat aber auch nicht viel geholfen,
hätte vielleicht mal die Menschen fragen sollen.
Und wenn Gott nur eine Idee zum Transport irgendwelches Gedankenfluges dient hätte ich ohne Substanzverlust auch was geeigneteres erfinden könne,
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07-08-2013, 09:03 von Mustafa.)
(06-08-2013, 22:12)Harpya schrieb: Gott war nicht inder Lage sich so klar auszudrücken
wie Menschen die Mathematik.
Die "alten Schriften" stammen ja auch von Menschen und nicht von Gott.
Meine Aussage über die Urteile a priori war anders gemeint.
(06-08-2013, 22:12)Harpya schrieb: Und wenn Gott nur eine Idee zum Transport irgendwelches Gedankenfluges dient hätte ich ohne Substanzverlust auch was geeigneteres erfinden könne
Na dann mach doch.
Mir ist kein Begriff bekannt, der das, wofür "Gott" steht, besser ausdrücken könnte.
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(03-08-2013, 23:51)Mustafa schrieb: Ich finde z.B. die Idee des humanistischen Atheismus im Grunde auch ganz gut, und kann den meisten ihrer Ideen zustimmen.
Nur leider scheinen sich (aus meiner persönlichen Sicht) die wenigsten ihrer aktuellen Vertreter wirklich mit der Philosophie-und Theologiegeschichte beschäftigt zu haben. Ich meine, wenn ein Dawkins mit so einem Buch wie Gotteswahn als intellektuelle Speerspitze dieser Bewegung der "neuen Atheisten" gilt, kann ich das weit weniger ernst nehmen, als etwa die Radikalkritik eines Nietzsche.
Da gibt's ja auch noch:
Bertrand Russel, Robert Ingersol (O.K. keine "neuen Atheisten"), Sam Harris, Christopher Hitchens, Dan Dennet, Michael Shermer etc. etc. oder als deutsches Beispiel Michael Schmidt-Salomon.
Dawkins ist ja kein Philosoph, sondern Evolutionsbiologe, der eben mal seine Sicht der Dinge zu Gott & Co. aufgeschrieben hat.
Abgesehen davon ist das "Phänomen" der "neuen Atheisten" eh eines das die Medien (vor allem die angelsächsischen) erfunden haben.
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(08-08-2013, 07:43)Glaurung40 schrieb: (03-08-2013, 23:51)Mustafa schrieb: Ich meine, wenn ein Dawkins mit so einem Buch wie Gotteswahn als intellektuelle Speerspitze dieser Bewegung der "neuen Atheisten" gilt,... Dawkins ist ja kein Philosoph, sondern Evolutionsbiologe, der eben mal seine Sicht der Dinge zu Gott & Co. aufgeschrieben hat.
Abgesehen davon ist das "Phänomen" der "neuen Atheisten" eh eines das die Medien (vor allem die angelsächsischen) erfunden haben.
Dawkins Texte sind vor allem Gegenschriften zu absurden, die Erd- und Menschheitsgeschichte betreffenden Behauptungen evangelikaler Prediger von Klein- und Großkirchen in den USA. Diesen Zweck erfüllen sie.
MfG B.
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(08-08-2013, 10:20)Bion schrieb: Dawkins Texte sind vor allem Gegenschriften zu absurden, die Erd- und Menschheitsgeschichte betreffenden Behauptungen evangelikaler Prediger von Klein- und Großkirchen in den USA. Diesen Zweck erfüllen sie.
Liegt bei Dawkins natürlich auch nahe, da dies ja unmittelbar sein Fachgebiet betrifft. Allerdings befasst sich "Der Gotteswahn" nur marginal mit diesem Thema.
In dem Buch widmet er sich überwiegend der Frage, wie sinnvoll es ist an einen Gott zu glauben, wobei er ja hauptsächlich die Gedanken anderer Religionskritiker wiedergibt.
Sein persönlicher Hauptgrund nicht an einen Gott zu glauben ist sicher die Evolutionstheorie. Kann das absolut nachvollziehen. Als ich gläubig war, hatte ich selbst die größten Schwierigkeiten, diesen Fakt mit einem Schöpfergott unter einen Hut zu bringen. Man muß sich intellektuell schon sehr verbiegen und einiges an Fakten ignorieren, um das wieder passend zu machen.
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Als bissige Antwort auf unsinnigen Krationistenkram sind Dawkins Aussagen ok,
aber ein ernsthafter Beitrag zur Religions-/Theologiediskussion ist das nicht.
Allein die Meinung, dass Evolutionstheorie irgendetwas über die "Wahrscheinlichkeit" Gottes aussagen würde, beweist fachliche Unkenntnis.
Seine Forderung, religiöse Aussagen als naturwissenschaftliche Hypothesen zu sehen, ist lächerlich, und macht aus seinem Buch eine einzige Themaverfehlung.
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