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Kündigung des Konkordats ?
#1
Ich hatte am Freitag ein interessantes Gespräch mit einem katholischen Kollegen, der sich - wie so oft - über die Kirchensteuer ärgerte, die 1933 in Deutschland eingeführt wurde. Dies führe zu Kirchenaustritten, er sei auch nahe daran. Im katholischen Spanien gibt es keine Kirchensteuer. 
Dieses Thema haben wir hier schon oft diskutiert.

Aber er sagte auch, dass durch das Konkordat die Gemeinschaft der Gläubigen finanziell zu Denkmalschutz verpflichtet wird. Viele alte Kirchen aus dem 12. Jahrhundert sind baufällig und aufgrund der aufwändigen Architektur extrem teuer in der Erhaltung. Im Mittelalter taten das billige Handwerker, heute sind es akademische Restauratoren. Die vielen Wasserspeier aus Sandstein werden durch Autoabgase angegriffen. Im Mittelalter gab es keine Autos. Die Kirche dürfe nicht einmal baufällige Kirchen niederreißen, wenn diese unter Denkmalschutz stehen, selbst wenn sie es will, und mittelalterliche Kirchen stehen nun mal unter Denkmalschutz. Wie kämen die Gläubigen dazu, diese horrenden Aufwendungen zu zahlen? Die alten Kirchengebäude dienen doch primär dem Tourismus (München, Köln, . . . ) und da solle die Tourismuswirtschaft zahlen, und auch ein Teil des Benzinpreises solle zur Erhaltung der denkmalgeschützten Kirchen verwendet werden

Ihm sei es übrigens egal, ob er in einer gotischen, barocken oder modern gebauten Kirche sitze, "modern" müsse ja nicht zwangsläufig hässlich sein, wenn man wollte, könnte man auch schöne Kirchen aus Beton errichten

Er meint, das Konkordat von Deutschland mit dem Heiligen Stuhl aus 1933 gehöre gekündigt, und dann könne sich Staat und Kirche zusammensetzen und ein neues Konkordat verhandeln, das zeitgemäß ist

Interessant wäre zu wissen, welche Vorteile und Nachteile das alte Konkordat der heutigen Kirche bringt.
Die Kirchensteuer verärgert immer mehr Katholiken, und das eingenommene Geld wird für Dinge verwendet, die oft als sinnlos angesehen werden

Die Zahl der Zahler schrumpfte in letzter Zeit dramatisch (in den letzten Jahrzehnten viel mehr Todesfälle als Geburten, Kirchenaustritte) und die
kath Kirche in Deutschland muss da ohnehin bald handeln, er meint sie soll nicht warten bis die Stimmung völlig kippt und solle jetzt handeln und rechtzeitig aus dem "Dreiecksvertrag" flüchten

Er meint, es sei ein für die Katholiken Deutschlands schädlicher Dreiecksvertrag zwischen dem deutschen Staat und dem Vatikan, unterm Strich zulasten der Katholiken Deutschlands

Die Katholiken Spaniens leben ja auch ohne die Kirchensteuer gut

Er meint, die Katholiken wurden erstens 1933 nicht demokratisch gefragt, ob sie der Kirchensteuer zustimmen oder nicht, und zweitens hätte die demographische Entwicklung in Deutschland der letzten Jahrzehnte einen neuen Vertrag, der dem Rechnung trägt, erforderlich gemacht

Es könne doch nicht sein, wo sich seit 1933 alle Verfassungen und Gesetze und Staatsverträge laufend geändert haben, dass das Reichskonkordat wie ein "Saurier" bestehen bleibe

Der Vatikan bringt als Schreckgespenst gerne Artikel 9 (Beichtgeheimnis gegenüber Gerichten) vor, aber auch in Staaten wo das Konkordat nicht gilt, wird das Beichtgeheimnis respektiert
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#2
Wie waer's mit ersatzloser Aufkuendigung des Konkordats wie in Oesterreich? Die Kirche soll endlich selbst fuer ihren Krempel zahlen, also die Gehaelter der Bischoefe, ihre Ausbildungsstaetten, etc.
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#3
(09-09-2024, 18:28)Ulan schrieb: Wie waer's mit ersatzloser Aufkuendigung des Konkordats wie in Oesterreich?

Wäre ein guter erster Schritt!
Aber in Österreich haben sie den sogenannten "Kirchenbeitrag", der rechtlich zwar keine "Steuer" ist, aber gnadenlos per Exekution eingetrieben wird
Österreich ist auch kein Vorbild

Wie gesagt ist die Lösung in Spanien sehr gut
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#4
Und in Österreich müssen die Gläubigen eben mit dem "Kirchenbeitrag" die alten Gotteshäuser renovieren
Es ist den Menschen egal, ob sie wegen ihrer Religion "Kirchensteuer" oder "Kirchenbeitrag" zahlen müssen

Darum treten so viele in Deutschland und in Österreich aus

In Spanien ist das meines Wissens so, dass der Staat einen Teil seiner Steuereinnahmen für die Renovierung von denkmalgeschützten Gebäuden aufwendet, wenn er Gebäude als denkmalgeschützt wertet, soll er auch zahlen dafür, wie kommen irgendwelche Gläubige des Jahres 2024 dazu, Bauwerke erhalten zu müssen, die im Mittelalter errichtet wurden?

Damit bringt man ja jede alte Religion um. Möglicherweise ist das beabsichtigt.

Der Tadsch Mahal in Indien ist UNESCO Weltkulturerbe und ein Magnet des zahlungskräftigen Tourismus und wird vom Staat erhalten und da werden nicht die Gläubigen der zum Tadsch Mahal gehörigen Religionsgemeinschaft zur Kassa gebeten

Wenn ein Großmogul vor 400 Jahren diesen religiösen Prachtbau mit seiner gewaltigen Kuppel und seinen vielen Minaretten für seine verstorbene Frau errichten ließ, ist das zwar schön für den heutigen Tourismus, die Hotellerie und die Airlines, und den Staat der auf all das Steuern erhebt, aber die betreffenden Gläubigen werden in Ruhe gelassen

Und in Spanien gilt folgende Regelung:
"In Spanien kann der Steuerpflichtige in der Steuererklärung angeben, welcher Religionsgemeinschaft die Steuer oder ob sie sozialen Zwecken oder dem Staat zugutekommen soll. Der Steuerbetrag, der der katholischen Kirche oder anderen sozialen und kulturellen Zwecken zufließt, liegt bei 0,7 %"
Kirchensteuer - Wikipedia
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#5
Denkmalschutz wird auch in Deutschland aus normalen Steuermitteln bezahlt. Die Kirche ist hier Nutzniesser.
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#6
Immerhin wird dennoch ein Fünftel der laufenden Renovierungskosten des Kölner Doms aus der Kirchensteuer gezahlt
Und das ist nicht wenig

"Der Kölner Dom erhält jährlich rund 2 Millionen Euro, also rund 18% der Kosten, aus den Kirchensteuermitteln des Erzbistums."
schreibt die Kulturstiftung Kölner Dom
Zahlen und Fakten | Kulturstiftung Kölner Dom

Zwei Millionen Euro pro Jahr sind viel Geld für die Steuerzahler eines Bistums
Das ist der Wert von 80 VW Golf pro Jahr

Und zur Beachtung:
"Mit Stand 31. Dezember 2023 lag der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung von etwa 5,5 Millionen Menschen auf dem Territorium des Erzbistums bei ca. 30 % (1,6 Millionen). Zwölf Jahre zuvor waren 41 % der Gesamtbevölkerung Katholiken."
Erzbistum Köln - Wikipedia

In anderen deutschen Bistümern ist es auch nicht besser

Das ärgert halt die Menschen, denen durch die Preissteigerungen der letzten Jahre kein Geld mehr für eine Urlaubsreise überbleibt und die im Sommer sauer daheim bleiben mussten

Abgesehen davon wird es in den nächsten Jahren immer enger werden:
katholisch.de stellte vor einem halben Jahr folgenden Ariel ins Internet
Die eine Säule Kirchensteuer wird nicht mehr lange tragen
05.03.2024
"Noch fließt die Kirchensteuer – doch die stärksten Zahler sind in spätestens zehn Jahren in Rente."

Das deutsche System der Kirchensteuer wird sich nicht mehr lange halten. Deshalb ist ein Überdenken erforderlich
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#7
(09-09-2024, 18:28)Ulan schrieb: Wie waer's mit ersatzloser Aufkuendigung des Konkordats wie in Oesterreich? Die Kirche soll endlich selbst fuer ihren Krempel zahlen, also die Gehaelter der Bischoefe, ihre Ausbildungsstaetten, etc.
Noch besser wäre es alle Gesetzestexte und Verordnungen bezüglich Religion für null und nichtig zu erklären und zu entfernen. Es besteht kein Grund Betbudenbetreiberei besser als andere Gewerbe zu stellen. Bei der Präambel des GG sollte man beginnen.
Wenn Fundamentalisten ein Problem sind, dann ist das Fundament ein Problem. Irgendein Weiser
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#8
Der Beitrag mit den "Buden" ist kein konstruktiver Beitrag
Eine solche Verächtlichmachung religiöser Gefühle interessiert keinen Menschen

Ein verantwortungsvoller Gesetzgeber will ja nicht Katholiken gegen sich aufbringen, sondern im Gegenteil - diesen eine Erleichterung verschaffen
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#9
Das Erzbistum Koeln ist unwahrscheinlich reich. Die zahlen so etwas mit links, auch ohne Kirchensteuer.
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#10
Erstens hat die Kulturstiftung Kölner Dom bereits gestanden, dass die jährlichen 2 Millionen Euro aus den Kirchensteuermitteln des Erzbistums stammen, und zweitens täte es den hart arbeitenden Menschen weh, an Reiche Steuern zahlen zu müssen
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#11
Interessant, was katholisch.de am 13.05.2015 veröffentlichte:
Schuld war eigentlich Napoleon
"Warum Kirchensteuer? Anders als in den meisten anderen Ländern darf die Kirche in Deutschland Steuern erheben. Schuld daran ist ein bekannter Franzose: Napoléon Bonaparte."

Diese Version habe ich noch nie gehört, aber Katholisch.de ist laut Wikipedia immerhin das Internetportal der römisch-katholischen Kirche in Deutschland und arbeitet im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz

Möglicherweise will die römisch-katholischen Kirche in Deutschland sagen, dass das unbeliebte Konkordat aus 1933 viel ältere Wurzeln hat



________


Weiter im Text:
"wer als Mitglied der Kirche Lohn- oder Einkommenssteuer abführt, der zahlt neun Prozent Kirchensteuer
(acht Prozent in Bayern und Baden-Württemberg)"

Das ist ja viel zu hoch !

Verglichen mit den  0,7 % in Spanien (Vgl. Beitrag #4)

Das ist der Faktor 13



________


Interessant jedenfalls andere Aussagen oder Standpunkte in katholisch.de
Kirchensteuer: Der Skandal der automatischen Exkommunikation
08.11.2021
"Wer die Diskussionen in und um den Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland verfolgt, kann sich des Eindrucks einer gewissen Monothematisierung nicht erwehren. . .
"Die Kirchensteuer, so, wie sie in Deutschland erhoben wird, ist weltweit ziemlich einzigartig." . . . 
Sie könne durch ein "Steuerzuwendungsmodell" ersetzt werden, in dem zum Beispiel in Italien und Teilen Spaniens jeder einen Prozentsatz seines Einkommens einer bestimmten Einrichtung zukommen lassen kann, etwa der Kirche.
Wohl wahr und eben dies wäre dann auch eine Lösung für einen seit Jahr und Tag weitgehend im Verborgenen gebliebenen Skandal: die automatische Exkommunikation derer, die die Kirchensteuer nicht bezahlen wollen.
( . . . )
Schon 2016 kritisierte Papst Benedikt XVI. diese Tatsache. "Die automatische Exkommunikation derer, die sie nicht zahlen, ist meiner Meinung nach nicht haltbar", sagte er in einem Interview mit dem Publizisten Peter Seewald."

Das steht so in katholisch.de in der Rubrik STANDPUNKT

Es tut sich was in der katholische Kirche in Deutschland zum Thema Abschaffung der Kirchensteuer, da sind bereits ernsthafte Diskussionen im Gange

Und man kann nicht sagen, dass diese Stimmen von Seiten der katholischen Kirche Deutschlands geknebelt werden, denn immerhin wurde all das von katholisch.de veröffentlicht
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#12
Zitat:Anfang 1985 stand ein Student vor Gericht wegen Verbreitung der Aussage, die Kirche sei die „größte Verbrecher-Organisation aller Zeiten“. Dank eines Gutachtens, das Karl-Heinz Deschner dem Angeklagten (§166) zur Seite stellte, musste er freigesprochen werden.
Q.:+https://www.unsere-zeit.de/kirchenkritik-ist-angebracht-55000/

(09-09-2024, 20:35)Sinai schrieb: Ein verantwortungsvoller Gesetzgeber will ja nicht Katholiken gegen sich aufbringen, sondern im Gegenteil - diesen eine Erleichterung verschaffen
Ein verantwortungsvoller Gesetzgeber sollte Verbrecherorganisationen bekämpfen.
Wenn Fundamentalisten ein Problem sind, dann ist das Fundament ein Problem. Irgendein Weiser
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#13
Nicht frech werden und nicht hetzen !
So wie du schreibst ist das keine konstruktive Diskussion, das geht das in Richtung Volksverhetzung und das wäre strafbar

Der Artikel, den du als Link zitiert hast, stammt von der DKP
"Seit ihrer Gründung 1968 wird die DKP vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Sie wird als linksextremistisch und verfassungsfeindlich eingestuft"
Deutsche Kommunistische Partei - Wikipedia

Und eine Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus in Deutschland als "Verbrecherorganisation" zu bezeichnen, kann strafrechtliche Folgen für dich und zivilrechtliche Folgen für das Forum haben

Das "Religionsforum.de" ist öffentlich und viele lesen hier mit
Beispiel: der Thread (ebenfalls im Bereich Christentum und Theologie) > Wie kann die Kirche in der heutigen Zeit erfolgreich sein? wurde am
20-01-2024 begonnen und wurde bereits von 27.749 Menschen gelesen

Der erwähnte angebliche Student hatte sich offenbar auf Anraten seines Anwalts herausgeredet, dass auf einmal nur von angeblichen Verbrechen (es gilt die Unschuldsvermutung) in der Antike bla bla die Rede gewesen sein soll

Aber eine heutige Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus in Deutschland anzuflegeln (egal welche) ist etwas anderes
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#14
Deschners "Kriminalgeschichte des Christentums" ist ein anerkanntes Buch, und Deschner hat fuer sein Werk viele Preise und Ehrungen erhalten. Das mag man im Einzelfall differenzierter sehen, aber das aendert nichts daran, dass seine "Kriminalgeschichte" auf Fakten beruht. Als Glaeubiger muss man das aushalten, oder besser noch, sich konstruktiv damit auseinandersetzen.
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#15
Er hat aber nicht - wie der Autor Deschner oder dieser erwähnte "Student" - die Geschichte angegriffen, sondern die gegenwärtige Kirche in die Nähe einer "Verbrecherorganisation" gestellt oder zu stellen versucht

Ich habe gewarnt und mich davon distanziert, das Weitere ist mir egal, ich bin kein Richter
Hasspredigten im Internet sind neuerdings verboten

Wenn du es darauf ankommen lassen willst, ob irgend jemand der tausenden Mitleser das einer Stelle weiterleitet, ist das deine Sache

Die Ausrede eines Zitats aus der DKP (laut Wikipedia vom Bundesamt für Verfassungsschutz als linksextremistisch und verfassungsfeindlich eingestuft) wird wenig bringen, sondern eher belasten
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