Ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt etwas zu diesem Thema schreibe, besonders wenn man den sich durch Mandingos Beiträge ziehenden Stil beachtet. Auch wenn seine Papst-Polemik in gewissen Kreisen populär sein mag, möchte ich doch nun versuchen mal sachlich ein paar Probleme klar zu stellen.
Mandingo schrieb:Es ist nicht zu fassen:
Endlich macht Benedikt XVI. seiner Abneigung gegenüber den Reformen des 2. Vatikanischen Konzils Luft und gibt den Erzkonservativen nach, die ihm immer schon näher standen.
Im Grunde fängt hier schon deine Kurzsichtigkeit an, Mandingo. Papst Benedikt Abneigungen gegen das II. Vaticanum vorzuwerfen, vermag wohl nur jemand, der darüber hinwegsehen will, dass dieser Mann als Konzils-Peritus einer seine geistlichen Väter war. Nicht wenige, sowohl konservative wie liberale Theologen, haben Joseph Ratzinger daher in einer Reihe mit Yves Congar, Henri de Lubac und Karl Rahner genannt. Da hilft auch der so popülar Vorwurf des nachkonziliaren Konservativismus nichts, denn der zeigt sich auch bei Congar und Lubac hinsichtlicher vieler Fehlinterpretationen und eines merkwürdigen Übereifers im "Geiste des Konzils".
Auch als Professor, Erzbischof und Präfekt der Glaubenskongregation hat er seine Treue zum XXI Ökumenischen Konzil immer wieder glaubhaft gemacht, sowohl in Schrift und Tat. Natürlich hat er im Gegensatz zum Beispiel zu Hans Küng, immer für eine Einordung des Konzils in die Gesamttradition der Kirche plädiert, wie dies eben bei jeder anderen Synode und Konzil auch der Fall war. Damit steht er aber nicht auf einer ultrarechten Position, sondern einer die zum katholischen Selbstverständnis gehört.
Mandingo schrieb:Dass die Messe in Latein wieder hoffähig wird,
ist schlimm genug für alle, die kein Latein können und diese Sprache im Gottesdienst völlig unberechtigt für etwas "Heiligeres" halten als ihre eigene Sprache.
Hättest du das motu proprio (aus eigenem Antrieb) des Papstes gelesen, dann würde sich diese Befürchtung nicht stellen. Das Schreiben
Summorum Pontificum legt den römischen Ritus nach dem Missale Johannes XXIII von 1962 als
forma extraordinaria fest. Das bedeutet, dass die ordentliche Form des lateinischen (bzw. römischen) Ritus die nach dem Missale von Paul VI. von 1969 ist. In diesem Sinne ist es sich abwegig Vorzustellen, dass es von heute auf morgen eine Konterrevolution der, du würdest sie sicher als traditionalistische Nostalgiker bezeichnen, geben wird.
Mandingot schrieb:chlimmer ist,
dass die Begeisterung, die junge und andere reformfreudige kath. Christen in ihrem christlichen Gemeinschaftserleben im Geiste Gottes verbindet und für sie das Kernstück des Gottesdienstes darstellt, nun wieder in die zweite Reihe verwiesen wird hinter das Sakral-Geschehen zwischen Gott und seinem privilegierten Priester, der der Gemeinde den Rücken zudrehen darf und sein "Mysterium der Gegenwart Jesu im Opfer" in aller unbiblischen Dogmentreue heute noch seinen Anvertrauten zumutet.
Ich umgehe jetzt bewusst das Thema des "Opfers", denn damit haben wir - Gott weiss es - in anderen Threads genug diskutiert.
In der Tat gibt es einige Elemente des alt-römischen Ritus, die auch mir heute nicht mehr sinnfällig erscheinen. Elemente die sich in den letzten Jahren der theologischen Reflexion als unverständlich, missdeutbar oder sogar als Misstand herausgestellt haben. Diese Elemente sind aber auch, wie so oft von der historischen Entwicklung abhängig und damit auch kein Ultimum. Und da der alte Ritus nun wieder, wie man bei uns Katholiken so schön sagt, in die lebendige Tradition der Kirche aufgenommen wurde, wird er sich auch zwangsläufig in bestimmten Bereichen verändern.
Der erste Schritt ist z.B. die integration neuer Heiligengedenktage und anderer liturigischer Feste.
Das Problem des Ritus scheint mir auch weniger die Sprache und das Rituell zu sein, sondern viel mehr, dass er von schismatischen, pseudotraditionalistischen Kreisen wie der Priesterbruderschaft St. Pius X immer noch als eine Waffe der Gegenreformation instrumentalisiert wird (in absoluten Zahlen gesehen natürlich erfolglos).
Kephas schrieb:3. Der Priester zelebriert nicht "mit dem Rücken zum Volk", sondern beide - Priester und Gemeinde - wenden sich - klassische Gebetsrichtung Osten - Gott zu.
Das Problem der Gebetsorientierung ist, erstaunlicher Weise eines, welches erst seit dem II. Vaticanum existiert. Man kann auch das nur verstehen, wenn man die Tradition der christlichen Gebetsrichtung kennt.
Denn es geht ja nicht darum, ob Gott im Osten ode im Westen ist, sondern darum, welche sinnfälligen Zeichen der Gemeinde einen Bild für die Gegenwart des lebendigen Gottes geben.
Natürlich hat Mandingo recht, wenn er die Gemeinde als einen zentralen Punkt genau dieser Gegenwart bezeichnet (Mt. 18,20). Die Gemeinde ist im Gottesdienst nicht nur Teil des mystischen Leibes Christi, sondern sie ist das Bild für ihn, d.h. im liturgischen Vollzug repräsentiert sie die Gesamtheit des Leibes. Aber, und das ist auch das aber, das ich stelle und mittlerweile auch viele, nicht einmal konservative Liturgiker, die Gemeinde ist und kann nicht der einzige Ort und Ausdruck dafür sein. Und so kennt die christliche Tradition auch den Altar, das Evangeliar und auch die gemeinsame Ausrichtung nach Osten (Das Licht der aufgehenden Sonne) als Ausdruck für die Gegenwart des lebendigen Gottes. Besonders die Orient-ierung nach Osten ist dabei ein wichtiges Glied um auf die Vollendung, auf die Endzeitlichkeit unseres Glaubens und unseres Kultes hinzuweisen. Jedes dieser Symbol und Bilder hat daher einen eigenen Raum in der Liturgie und dient immer nur dem einen Zweck, die Nähe des transzendenten Gottes erfahrbar zu machen.
Mir scheint es daher wenig nützlich zu sein, wenn man wie üblich einige wenige Elemente dem Zusammenhang entreißt und sie als unbrauchbar oder vorkonziliar diffamiert. Zumal gerade die Einführung der "Volksaltäre" und damit die im vielen sinnzerbechende, einseitige Ausrichtung auf die Gemeinde, keine Entscheidung des Konzils war und ist, sondern viel mehr eine bis heute geduldete Ausnahme ist. Wenn gleich sie sich natürlich rasant, im viel beschworenen "Geist des Konzils", ausbreitete.
Mein Professor für Liturgiewissenschaft hat einmal sehr zutreffend folgendes gesagt: "Das Dilemma ist nicht die Ausrichtung versus populum oder versus deum [ad orientem - nach Osten hin] sondern viel mehr die Art und Weise wie man das Problem angegangen ist. Während die tridentinische Liturgie in allem nur die Ausrichtung nach Osten kennt und somit notwendig eine Zäsur zwischen Gemeinde und Priester schafft, ist es bei der vatikanischen Liturgie die alleinige Ausrichtung auf die Gemeinde, die uns z.B. keine Möglichkeit gibt den eschatologischen [endzeitlichen] Charakter der Liturgie und des Glaubens auszudrücken."
Und ich kann in diesem Zusammenhang nur das Buch von P. Uwe Michael Lang empfehlen: "Conversi ad Dominum. Zu Geschichte und Theologie der christlichen Theologie."
Soweit Presbyter
P.S.
Was diesen Bischof angeht... ich halte seine Entscheidung für Verantwortungslos. Nicht nur, dass er sich offen als Feind der altrömischen Liturgie gebiert, meiner Meinung nach unhaltbar für einen Bischof, sondern er verweigert einem Kreis von Gläubigen die Möglichkeit des Gottesdienstes, in der Form die sie für angemessen halten (eine pastorale Katastrophe die sicher nicht im Sinne Christi ist). Gepaart mit seinen sonstigen Äusserungern, lässt dieser Bischof nur eine Schlussfolgerung zu, dass er nicht weniger ideologisch verbohrt ist als die Traditionalistien von Erzbischof Lefebvre. Denn erstaunlicher Weise haben gerade so grosse Männer wie Johannes XXIII und Paul VI ihre grundlegenden Erfahrungen mit Gott und Litrugie in der alten Form gemacht und wussten sie, trotz des Reformbedarfs, immer zu schätzen, wie aus ihren Schriften und Äusserungen immer hervorgegangen ist.