Der Widerspruch ist mir schon klar - der ist systembedingt:
In Deutschland (ich denke in Österreich ist das ähnlich) gibt's neben den Gesetzen und den Auslegungskommentierungen nämlich noch die "Verwaltungsanordnungen". Im weitesten Sinne sind solche Anordnungen und Durchführungsbestimmungen Interna's der Beamtenschaft. Allerdings ist der Bürger spätestens dann davon betroffen, wenn eine x-beliebige Behörde dem Bürger sagt: "Sorry, ich halte mich bei der Bescheidung nur an die Verwaltungsanordnung oder die Durchführungsbestimmung". Dann sagt der Bürger: "Was geht mich Dein interner Sch### an, ich poche auf's Gesetz" - und schon lkandet die Sache vorm Verwaltungsgericht (Sozialgericht, Zivilgericht, je nach Sachlage).
Obwohl das jetzt ein bischen den Rahmen sprengt (ist nur als Beispiel gedacht): Die deutschen Kommunen sind fast alle "blank" - und sehr "erfinderisch"was das Eintreiben neuer Gelder angeht: "Blaulichtabgabe" (wer ein Polizeieinsatz "bestellt", zahlt grundsätzlich 40.- "Abgabe" (Hamburg)..., "Rotlichtabgabe" (pro Puffbett und Nutzung 15.- € (Hamburg, Düsseldorf), "Hotelbettenabgabe" (Berlin, noch nicht eingeführt, aber angedacht) - da gibt's einen ganzen Haufen Skurrilitäten. Die ganze Sache begründet sich auf dem Föderalismus, und hier hat in Grenzen jede Kommune das Recht ihre Finanzen selbst zu "sanieren". Und da kommen dann "Abgaben" bei heraus, die spezifisch durch kein Gesetz begründet sind. Obwohl ich gräösstes Verständnis für die -hausgemachte- Finanznot der Städte und Kommunen habe - sowas ist nix anderes als Raubrittertum.
Sowas kann man übrigends auch gesetzlich fassen: "Ich, Finanzamt, beschlagnahme erstmal Deine Konten - wovon Du dann Deine Miete und Dein Essen bezahlst interessiert mich nicht; kannst ja Widerspruch einlegen...". Wovon man aber die 4 Wochen, die so ein Widerspruch im Eilverfahren bedingt leben soll..... Das ist ein gesetzlich legitimiertes Raubrittertum!....
Oder die Geschichte mit den durch Dienstahl "erworbenen Steuersünder-CD's" - der Staat begünstigt Diebstahl und Hehlerei, wird gar selbst zum Hehler weil er sonst den Steuerbetrug nicht nachweisen kann... Und hier schliesst sich langsam der Kreis zu Stuttgart und zum "Agent provokateur": Der Staat bedient sich der illegalen Mittel um seinen Herrschaftsanspruch durchzusetzen..... und sowas nennt sich dann demokratischer Rechtsstaat.... :bduh:
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(08-11-2010, 03:10)Franziskus schrieb: Deine sachlichen Darlegungen sind allesamt formal richtig. Herr Logemanns Verständnis von Demokratie scheint zudem in einer Weise positiv verklärt zu sein, die er so in keinem Land der Welt - am ehesten aber vielleicht noch in der Schweiz - bestätigt sehen wird. Andererseits zeigt Dein Beitrag, Ekkard, m.E. auch wiederum deutliche Schwachstellen dieses Systems, aber auch der Demokratie insgesamt. Aber das ist ja nicht das Thema. Eben! Und deshalb hatte ich mich aus diesen ganzen Unsinnigkeiten auch nach einiger Zeit zurück gezogen.
Allmählich treten die wahren Ausmaße des "am Thema vorbei" so deutlich zu Tage, dass ich geneigt bin, das Thema zu schließen mit der Bitte die großen Änderungswünsche an unserem "freiheitlich-rechtsstaatlichen und (repräsentativ-) demokratischen System anderswo zu diskutieren.
(08-11-2010, 03:10)Franziskus schrieb: Woran ich mich stoße, ist folgende Äußerung, die m.E. eine verklärende Übertreibung ist:
Ekkard schrieb:Wie gesagt: Meinungsbildung ja, Meinungsdiktat nein! Wer redet hier von einem Diktat? Und wie sollte das wohl aussehen? Wir brauchen hier gar nicht mal in juristischen Kategorien zu reden - bezeichnest Du wirklich heftige Demonstrationen, die mit ein paar Rentnern und Schulkindern nichts gemein haben, wie bsplw. den Bloody Sunday von 1887, den Bloody Sunday von 1972, die Demonstrationen auf dem Platz des himmlischen Friedens von 1989 als "Meinungsdiktat"? Ich muss wohl "chinesisch" schreiben, oder meine Beiträge werden nicht wirklich gelesen oder bleiben unverstanden: Nein, natürlich nicht! Gleichwohl versucht eine Minderheit - und wenn es flugs 100 000 sind - gemessen an Millionen von Reisenden und weiteren Interessenten am deutschen Verkehrsgeschehn, die zuständigen Behörden zu zwingen, das einmal gesetzte Recht zu revidieren. Mittel wie Blockade, Sit-in und andere Behinderungen, sowie Widerstand gegen Vollstreckung sind illegale und unlautere Mittel. Es gibt ja andere!
Im demokratischen System setzt die Mehrheit Recht. Und der demokratische Konsens verlangt, dass die unterlegene Minderheit dieses Recht akzeptiert. Und wenn nicht, dass sie sich der vom GG vorgesehenen Rechtsmittel bedient.
Die restliche Macht- und Staatsphilosophie ist am Thema vorbei. Wir bewegen uns auf ganz normalem bundesrepublikanischem Rechtsterrain, das eben keinen wie immer gearteten physischen Widerstand zulässt - vor allem nicht in dieser speziellen Situation in Stuttgart.
@Karla
Es ist richtig, dass der Widerstand gegen staatliches Handeln nicht erlahmen darf. Aber wir befinden uns hier in keiner Weise jenseits der normalen Gesetze und Rechtsmittel (also staatlicher Willkür). Hier haben Gremien Interessen abgewogen und schon vor Jahren das Recht gesetzt, Bauen zu dürfen.
Zeitpunkt und Heftigkeit der Proteste sind sauber terminiert und eskaliert worden. Hier sind politische Kräfte am Werk, die selbst Verletzte in Kauf genommen haben. Für solchen Machtspielchen einer Minderheit habe ich so wenig Verständnis, wie für Staatsterror.
(08-11-2010, 03:10)Franziskus schrieb: Auch was Stuttgart 21 angeht, läßt sich dieser Zynismus erkennen. Denn auch hier ist das Gegenteil der Fall. Die herrschende Klasse versucht verzweifelt, ein Projekt durchzudrücken, das sich staatlicher Legitimation entzieht - denn das Projekt ist ein anderes, als das, welches 2006 zur Abstimmung stand. Du meine Güte, geht es vielleicht noch ein Bisschen dramatischer? Hier soll ein Bahnhof gebaut und kein Ghetto errichtet werden. Wer etwas dagegen hat, kann ja klagen oder eine Petition in den zuständigen Parlamenten einbringen, kann in Berlin oder anderswo in Stuttgart demonstrieren. Es geht allein um die Illegalität, wie ein aufgebrachter Mob versucht hat die zugelassenen Bauarbeiten zu behindern, und damit durchaus eine politische Meinung anderen aufzuzwingen versucht hat.
Auf wie fruchtbaren - und furchterregenden Boden - die in dem Zusammenhang herbei geführte Eskalation gefallen ist, zeigt auch die ganze hiesige Diskussion! Nochmal: In Stuttgart soll lediglich ein Tiefbahnhof gebaut werden. Dabei über die "herrschende Klasse", ihre Machtgelüste, von "Waffengewalt" und der "Notwendigkeit zu nicht friedlichen Protesten" zu philosophieren ist geradezu abwegig.
Halte dich einfach an die Möglichkeiten nach Grundgesetz - und zwar am Besten schon in der Planungsphase. Aber dann ist das Ganze ja nicht so schön spektakulär!!!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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(08-11-2010, 09:12)Theodora schrieb: Wer schützt den Bürger vor korrupten Vorgängen (allgemeine Frage)? Warum stellt sich die Polizei nicht neben den/die Bürger, schließlich sind Polizisten genauso betroffene Bürger? Solidarität ist ein heilender Prozess. Das ist in dem Zusammenhang eine ideologisch verbrämte Sichtweise, die gezielt am Thema Stuttgart21 und der dortigen Behinderung vorbei geht.
An keiner Stelle ist es von Belang, wie die Baugenehmigung zustande gekommen ist, solange die Behörden und zuständigen Parlamente abgestimmt haben. Haltet euch auch mental an die demokratischen und rechtsstaatlichen Spielregeln.
Mag sein, dass es bei dem Verfahren zu Erlangung der Baugenehmigung Rechtsfehler gegeben hat. Dann aber ist es Sache eines Gerichtes, dies zu klären und nicht einer aufgebrachten Menschenmenge, die buchstäblich diese Rechtsfehler nicht durchschauen können, wo Juristen Wochen bis Monate brauchen!
Hier wurde bewusst dem Unwissen um Vorgänge des Genehmigungsverfahrens eine gezielte, staatsbürgerliche Desinformtion entgegen gesetzt, was letztlich dazu führt, dass sich Menschen im guten Glauben zu illegalen Handlungsweisen aufstacheln lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Der-Einsiedler
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(08-11-2010, 12:21)Ekkard schrieb: Haltet euch auch mental an die demokratischen und rechtsstaatlichen Spielregeln.
Die nur Du kennst, Ekkard??? Und wenn User das anders sehen, werden sie abgewertet, verhöhnt ("Stimmung!") oder Du drohst Du mit Schliessung des Threads??? Das kann es doch nicht sein...
DE
Lieber Ekkhard,
man könnte natürlich diesen Thread schliessen und stattdessen sich grundsätzlich mal über Rechtsstaat und Rechtsstaatlichkeit, bestimmende Kräfte in einer Parteiendemokratie, Bürgerwillen und Mehrheitsmeinung sowie dem Zustandekommen von Gutachten und Meinungen unterhalten....
Letztlich würde das aus zwei wesentlichen Gründen - die übrigend auch mit dem Thema hier verknüpft sind - nicht viel bringen:
1. Man müsste voraussetzen können dass die hier schreiben User und Mod's wenigstens ein rudimäres Vertsändis von Recht, genauer von der Verknüpfung von Recht und (un)Gerechtigkeit haben. Dazu muss man kein Anwalt sein, kein Richter, kein StA - alle notwendigen Informationen hält das Internet bereit.
2. Solange die Argumentation nach folgenden Schemata ablaüft: "....ist ja alles durch Beschluss und Gericht legitimiert, kann man ja klagen wenn's einem nicht passt, hat man halt Pech gehabt wenn der Klagegrund durch Bauvollzug hinfällig wird, die Minderheit - und wenn's sogar 100.000 Bürger sind - hat grundsätzlich Pech gehabt, ist ja Minderheit - und überhaupt, mit den Wölfen muss man heulen damit man nicht von ihnen gefressen wird...." - solange ist es hier völlig unsinnig einen Thread im Bereich "Gesellschaft und Politik" zu eröffnen. Wer so argumentiert - wie Du das teilweise machst - hat den Bezug zur Wirklichkeit verloren. Die Wirklichkeit in Stuttgart orientiert sich nämlich nicht an Beschlüssen und Planfeststellungsverfahren aus den Jahren 2001, 2003 und 2006, sondern an den Tatsachen die heute existieren. Und wer diese Tatsachen in Beurteilung von Situationen ausblendet - hat den Bezug verloren.
Deine Argumentation erinnert stellenweise an den "Pommesfett-Fahrer"... Kennste nicht? Das ist ein Pommebudenbesitzer aus Braunschweig, der in seinen alten "/8er" Mercedes gefiltertes, altes Pommesfett eingefüllt hat und damit fröhlich durch die Gegend gefahren ist - bis dann das Finanzamt gesagt hat: "Junge, dat geht aba nich - ist kein mineralölhaltiger Treibstoff. Ist Steuerhinterziehung.." und zur Bekräftigung lag auch noch ein amtliches Gutachten bei, wobei es absolut unmöglich ist mit gefiltertem Pommesfett einen alten Mercedes zu fahren - das Auto fuhr trotzdem... "Es kann nicht sein, was nicht sein darf" - schon mal gehört? So eine Argumentation ist eine "Totschlagsargumentation" - am Beispiel Stuttgarts genauso wie woanders!
Ich stelle Dir eine rein hypothetische Frage: Wie würdest Du reagieren, wenn Deine Familie bedroht wird - sei es durch einen ICE der mit 350km/h am Gartengrundstück vorbei rauscht (bei Kleingärten gibt's keine gesetzlichen Lärmschutzauflagen) oder sei es durch eine Tunnelbohrung unter Deinem Wohnhaus mit der nicht absehbaren Gefahr von Bergschäden - und alle rechtsstaatlichen Mittel scheinen für's erste ausgeschöpft zu sein? Würdest Du Frau und Kinder am Händchen nehmen und "auswandern" - oder würdest Du sagen: "Aber Hallo, unsere Familien leben hier seit Generationen - wir lassen uns doch von euch nicht unsere Heimat kaputt machen und bezahlen dass dann auch noch...."?
Es ist ziemlich einfach "mit den Wölfen zu heulen" weil man glaubt es gäbe keine andere Möglöichkeit mehr (gut, manchmal gibt's tatsächlich keine Möglichkeit mehr - da muss man auswandern...). Aber wie weit geht das? Heute Stuttgart, morgen Gorleben, übermorgen dürfen unsere Enkel und Urenkel den Sch### ausbaden, gegen den wir uns heute nicht mit allen menschenfreundlichen Mitteln gewehrt haben - sieht so Dein Verständnis von "Bürgerwillen und Bürgerprotest" aus? Nix von Mahatma Ghandi gelernt? Oder von dem Mann aus Nazareth - der hat auch nicht nach den Torahauslegungen der Pharisäer gefragt, der ist losgezogen und hat "einfach so" die Botschaft Gottes verkündigt. Wenn der vor 2.000 Jahren erstmal das Votum der Gelehrten und der Römer abgewartet hätte - gäb's heut kein Christentum...
Erst die Solidarisierung vieler Menschen, die eine Verbesserung der Lebensumstände anstreben und dafür auch etwas tun wollen - was die politische Kultur immer mit sich zieht -, hat zum Beispiel in Polen zu einem "Wind of Change" geführt, dank Solidarnosc, der Arbeiterbewegung in Danzig. Auch die Mauer in Berlin würde noch stehen, wenn sich Menschen mit den Zuständen begnügt hätten. Es reicht nicht aus, an Gedenktagen Reden vorzutragen, in der das bürgerliche Engagement gelobt und hochgehalten wird. Die Spielregeln sind immer gleich. Dort wo Unrecht droht oder Zweifel bestehen, wird es Bewegung geben. Hat denn der Zweifel im konkreten Leben keinen Platz und Berechtigung mehr? Wenn alles gut gelaufen wäre im vorliegenden Fall, gäbe es dieses Aufbegehren sich nicht.
Kürzlich gab es in Schmalkalden einen Erdeinbruch; ein riesiger Krater, ein Erdloch war die Folge. Geologisch betrachtet, handelt es sich um eine ähnliche Gipsschicht, wie sie auch in Stuttgart unter dem Bahnhof vorzufinden ist. In Schmalkalden war die Ausschwemmung natürlichen Ursprungs. Aber auch in Stuttgart besteht die potenzielle Gefahr einer Ausschwemmung der Gipsschicht. Der Bahnhof ist wie eine Blase unter der Erde konzipiert. Das ist nichts Ungewöhnliches und durchaus technisch lösbar, wenn die Voraussetzungen stimmen. Und hier gab und gibt es u.a. Bedenken, es gibt Zweifel und Erklärungsbedarf.
Vielleicht ist der neue geplante Bahnhof ein gutes Projekt. Dennoch braucht es gerade jetzt Klärung und das Gespräch, wenn derart viele Zweifel im Raum stehen.
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08-11-2010, 14:20
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08-11-2010, 14:22 von Franziskus.)
Guten Tag, Ekkard,
die Emotionen scheinen bei Dir ja geradezu überzukochen. Es ist nicht mein Ansinnen, mit Dir irgendwelche ideologischen Diskussionen zu führen - Ideologien sind mir egal, Deine miteingeschlossen. Es ging mir bei meiner Bemerkung vor allem um polemische Unterstellungen Deinerseits, die Du jetzt offensichtlich bereit bist, fortzusetzen.
Zitat: Ich muss wohl "chinesisch" schreiben, oder meine Beiträge werden nicht wirklich gelesen oder bleiben unverstanden: Nein, natürlich nicht! Gleichwohl versucht eine Minderheit - und wenn es flugs 100 000 sind - gemessen an Millionen von Reisenden und weiteren Interessenten am deutschen Verkehrsgeschehn, die zuständigen Behörden zu zwingen, das einmal gesetzte Recht zu revidieren. Mittel wie Blockade, Sit-in und andere Behinderungen, sowie Widerstand gegen Vollstreckung sind illegale und unlautere Mittel. Es gibt ja andere!
Nein, Du schreibst kein Chinesisch, sondern Du verwendest Begrifflichkeiten aus polemischen Gründen, die de facto fehlgeleitet sind. Du regst Dich über Nazivergleiche auf, und bemühst eine Variation derselben ebenfalls.
Ganz davon abgesehen, dass Sit-ins nicht pauschal illegal sind; Protest und der Versuch, eigene Interessen durchzusetzen, sind mit dem Vorwurf "diktatorisch" zu sein falsch belegt. Sie sind de facto der beste Beweis des Pluralismus. Der Protest gegen ein Thema, das Deines Erachtens (was ja auch nicht geklärt, sondern eine Behauptung ist) ein massenkonformes darstellt, mag gewalttätig vorangehen, aber selten bis nie diktatorisch. In einer Diktatur versucht ein herrschender Apparat Kritiker mit paramilitärischer Gewalt zu unterdrücken; hier äußern Protestierende ihre Ansicht. Außerdem habe ich - aufgrund einiger Statements der Organisatoren - ganz und gar nicht den Eindruck, als seien diese Leute ideologisch monistisch; vielmehr suchen sie den Dialog mit Befürwortern. Dein Vergleich hat auf allen Fronten einen Gehfehler. Es geht nicht darum, ob Du "Chinesisch" sprichst - ich glaube bei Dir weiß man, ähnlich wie bei Herrn Logemann, schon nach drei, vier Sätzen wo's langgeht, aber Du bemühst griffige Polemik in unangebrachten Zusammenhängen, unterstellst dies aber auf der anderen Seite den Mitdiskutanten.
Zitat:
Im demokratischen System setzt die Mehrheit Recht. Und der demokratische Konsens verlangt, dass die unterlegene Minderheit dieses Recht akzeptiert. Und wenn nicht, dass sie sich der vom GG vorgesehenen Rechtsmittel bedient.
Dies ist eine der Fehleinschätzungen, die Du eigentlich in anderen Zusammenhängen Herrn Logemann vorwirfst: Die Mehrheit bestimmt in einer repräsentativen Demokratie den Vertreter, der das Recht setzt. Die Mehrheit setzt damit nicht das Recht. Die Mehrheit hat auch keinen Einfluß darauf, was in Stuttgart passiert. Insofern können wir hier nicht von einem bürgerlichen Konsens sprechen.
Zitat: Du meine Güte, geht es vielleicht noch ein Bisschen dramatischer? Hier soll ein Bahnhof gebaut und kein Ghetto errichtet werden.
Die Frage der Dramatik ist irrelevant; Du wirst nicht müde zu betonen, dass dieser Bau durch staatliche Organe legitimiert sei. Und selbst das stimmt nur halb; dieser konkrete Bau ist durch gar nichts legitimiert, er wurde nach der Kostenverdopplung keinem Parlament zur Entscheidung vorgelegt. Das Ganze hat ein bißchen was davon, dass Du Dir ein Haus kaufst, das Dir für 300.000 Euro angeboten wird, einen Vertrag unterzeichnest und der Verkäufer danach 600.000 Euro verlangt. Wenn Du einen Einspruch geltend machen willst, sagt Dir der Verkäufer: "Ja, was soll das denn jetzt? Sie haben doch den Vertrag unterschrieben, und damit dem Kauf zugestimmt."
De facto reden wir hier über Kosten, die die Abgeordneten des Landtages damals nicht auf dem Schirm hatten, über die sie folglich nicht entscheiden konnten. Also ist von einer "Legitimation" - selbst im Maßstabe dieses Staates - nicht mehr zu sprechen - vollkommen unabhängig davon, ob ein 4 Milliarden teures Ghetto errichtet werden soll, das vorher angeblich ca. 2 Milliarden hätte kosten sollen, oder ein Bahnhof.
Zitat:
Dabei über die "herrschende Klasse", ihre Machtgelüste, von "Waffengewalt" und der "Notwendigkeit zu nicht friedlichen Protesten" zu philosophieren ist geradezu abwegig.
1.) "Herrschende Klasse" - Deine Terminologie bedingt meine Terminologie. Herrschaftlichkeit ist ein zwingendes Merkmal diktatorischer Elemente, die Du ja nun unterstellt hast. Die Abwegigkeit die Du kritisierst, hast Du hereingebracht.
2.) Die Notwendigkeit zu nicht friedlichen Demonstrationen war eine allgemeine Aussage - es gibt, und das wissen wir beide, Situationen, in denen friedliche Proteste strategisch zu gar nichts führen. Erinnerst Du Dich an das Massaker auf dem Tian'anmen Platz? Hätte es hier einen Organisator gegeben, der eine nichtfriedliche Demonstration organisiert hätte, wäre hier vielleicht etwas erreicht worden - aber es endete nur damit, dass die "herrschende Klasse" (die für diktatorische Elemente unabdingbar ist) die Leute einem nach den anderen abknallen ließ.
3.) Die von mir gewählten drastischen Beispiele, die u.a. auch solche beinhalteten, die beispiellosen diktatorischen Kampfgeist der "herrschenden Klasse" offenbarten, dienten ursprünglich auch dazu, Dir zu zeigen, wie verfehlt Deine "Diktatur"-Argumentation ist. Da Du jetzt wiederum die von mir vor allem in diesem Zusammenhange verwendeten Begriffe benutzt, um irgendeinen Wahn meinerseits bezüglich dieser kleinen Scharmützel um das Stuttgarter Bahnhöfele zu unterstellen, bedeutet hier nur folgendes für meine Intention: Mission failed.
Zitat:
Halte dich einfach an die Möglichkeiten nach Grundgesetz - und zwar am Besten schon in der Planungsphase. Aber dann ist das Ganze ja nicht so schön spektakulär!!!
Man könnte jetzt lange Zeit darüber diskutieren, inwieweit Versuche, den Bau nach der Kostenexplosion wieder zur Entscheidung vorzulegen, durch die CDU mit Durchhaltementalität abgeblockt und verhindert wurde, aber das führt zu nichts.
Was das vermeintliche Spektakel betrifft: Dir scheint es als ebensolches auch nicht gerade zu mißfallen, bist Du ja mit munteren Totalitarismusvorwürfen auch dabei. Ich habe den Eindruck, dass hier nicht nur ein Feindbildklischee bedient wird.
“I love to play with kids; they’re easy to cheat and fun to beat.” –Fran Lebowitz
(08-11-2010, 10:10)petronius schrieb: ich rede auch nicht von widerständlern
sondern im fall aa von "willigen vollstreckern", die sich nachträglich als widerständler gerierten
Ich nicht - darüber kann ich nicht diskutieren, weil ich nichts darüber weiß.
Ich rede nur von dem, was ich selbst seit ca 1942 bewusst miterlebt habe bei dem Teil der Leute, die das "ganz gewöhnliche Volk" ausmachten - also jene, die in jedem Volk so 80% der Bevölkerung ausmachen.
(08-11-2010, 10:10)petronius schrieb: und ich widerspreche der these, es sei "spätestens seit 1968 Doktrin" gewesen, daß "alle Deutschen oder zumindest der weit größte Teil Nazis oder "willige Helfer" waren". sie scheint mir nur geeignet zur rechtfertigung tatsächlicher nazis, die sich dann eben damit rausreden, sie würden nicht wegen individuellen verhaltens kritisiert, sondern als opfer einer "kollektivschuld"
Genau dieser letzte Satz wurde jedem entgegnet, der der "doktrin" widersprach. Auch das aus eigenem Erleben.
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@Franziskus: Ich bin ideologieresistent. Ich war immerhin 1968 noch auf der Uni und habe den ganzen Mist damals mitbekommen.
Unser Staat heute - und nur darum geht es - ist eine repräsentative Demokratie und zugleich Rechtsstaat. Einmal gesetztes Recht gilt solange, bis ein dazu authorisiertes Gremium das Gegenteil feststellt.
Und bis das der Fall ist, gibt es legale, grundgesetzkonforme Möglichkeiten, die Gegenmeinung mitzuteilen. Ich habe sie schon x-mal aufgelistet, man möge sich daran halten! Dann lasse ich mich auch überzeugen.
Aber alle basisdemokratische Gefühlsduselei ist vollkommen fehl am Platz und führt zu nichts weiter als fruchtlosen Grabenkämpfen - bester Anschauungsunterricht sind inzwischen 24 Forumsseiten hanebüchener Ideologie.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Da ich das Ganze in der Nähe und auch live mitbekomme, halte ich mich aus Eurer theoretischen Diskussion zurück. Als Abschluß sage ich nur: hier gehen Theorie und Praxis im Forum und im praktischen Leben reichlich aneinander vorbei!
Viel Spaß bei den weiteren Spekulationen!
Gruß
Der-Einsiedler
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(08-11-2010, 19:58)Ekkard schrieb: @Franziskus: Ich bin ideologieresistent. Ich war immerhin 1968 noch auf der Uni und habe den ganzen Mist damals mitbekommen.
Was meinst Du mit "Mist"? Die 68er-Bewegung oder die unsäglichen Zustände, die damals an Honoratioren-Universitäten noch herrschten?
DE
@Ekkehard,
zu Zeiten Helmut Schmidt's und Holger Baum's hätt' ich Dir noch jederzeit zugestimmt - in Sachen Rechtsstaat. Heute - muss ich leider feststellen, das uns nicht mehr viel von einer Bananenrepublik unterscheidet...
@Thomas
Du solltest Dich updaten... Die CDU läßt sich etwas neues einfallen! Offensichtlich "wollen" die die Wahlen wirklich verlieren. Ich versuche mal den Bericht per PDF zu ergattern und schick ihn Dir dann!
Gruß
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(08-11-2010, 10:25)t.logemann schrieb: ich unterstelle nicht, ich frage!
und mit dieser frage (so sie denn ernst gemeint ist) unterstellst du die möglichkeit
(08-11-2010, 10:25)t.logemann schrieb: sondern ich frage nach dem Selbstverständnis eines Polizeibeamten - das unterscheidet sich nämlich in Deutschland wie in Österreich
das hätte ich gern sprachlich sauber formuliert
unterscheidet sich, in d wie in a, das selbstverständnis eines jeden polizisten von dem des anderen (nennt man individualität)
oder untersheidet sich das selbstverständnis eines deutschen von dem eines österreichischen polizisten?
indem sich z.b. einer von beiden als brutaler schläger versteht, der auf befehl schon auch "mal schön in der Gegend 'rumschiesst"?
ohne dir etwas unterstellen zu wollen...
Zitat:Und das ist auch genau der Punkt an dem beim Bürger der Eindruck nahezu zwangsläufig entsteht, dass "der Beamte" sozusagen "sich selbst" beim Eintritt in's Dienstgebäude abgibt
das ist eine zwar überspitzte, im grunde aber korrekte beschreibung des beamtentums. privatmann kann der beamte zu hause sein, aber nicht im dienst
Zitat:Im Übrigen muss heutzutage das Gewaltmonopol hinterfragt werden - wenn nämlich sämtliche Ordnungkriterien, die ein Missbrauch dieses Gewaltmonopols verhindern und nötigenfalls auch ahnden, nahezu ausser Kraft gesetzt sind - durch die Art und Weise der Rechtsfindung, der Rechtssprechung, der Gesetzgebung
daß dem so sei, halte ich für eine weitere unterstellung. und was das zugeständnis des rechts auf gewaltanwendung auch an andere da verbessern sollte, weiß ich nicht
Zitat:Wo kommen wir denn bitteschön in einem demokratischen Rechtssaat hin, wenn der "Träger des Gewaltmonopols" ein recht hohen "Spielraum" dafür hat, Recht und Gesetz aus eigenem Gutdünken heraus zu interpretieren?
und wo kommen wir hin, wenn das jeder privatkrawallo für sich in anspruch nimmt?
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09-11-2010, 00:07 von petronius.)
(08-11-2010, 12:07)Ekkard schrieb: Es geht allein um die Illegalität, wie ein aufgebrachter Mob versucht hat
Du meine Güte, geht es vielleicht noch ein Bisschen dramatischer?
:icon_cheesygrin::icon_cheesygrin::icon_cheesygrin:
(08-11-2010, 12:21)Ekkard schrieb: An keiner Stelle ist es von Belang, wie die Baugenehmigung zustande gekommen ist, solange die Behörden und zuständigen Parlamente abgestimmt haben
oh-oh...
angenommen, die sache mit der baugenehmigung wäre durch betrug und korruption zustandegekommen - solange behörden und parlament mitspielen, ist doch alles in ordnung. meinst du das so?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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