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Kaiserkult
#1
Römische Variante des für hellenistische Könige üblichen ↗Herrscherkults.

Die Praxis, politische Machtträger nach Vorbild hellenistischer Herrscher kultisch zu ehren, war bei den Römern bereits in republikanischer Zeit anzutreffen. In der Regel waren es ↗Imperiumsträger gewesen, denen solche Ehrungen zuteilwurden. An deren Anfang stand Titus Quinctius Flamininus1, nachdem er 197 vC Philipp V. von Makedonien in der Schlacht von Kynoskephala besiegt hatte (DNP Bd 6, 143). Der Letzte, dem man eine Ehrung nach diesem Muster zugestanden hatte, war ↗Julius Caesar (kultisch verehrt ab 48 vC) gewesen. 46 vC wurde eine Statue Caesars im Tempel des ↗Quirinus (als dessen Kultgenosse) aufgestellt. Nach seinem Tod wurde Caesar am Ort seiner Verbrennung ein Altar geweiht. Zu seinen Ehren wurden Spiele gestiftet. Der Ort, an dem Caesar geopfert wurde, war zunächst der Tempel der ↗Venus Genetrix 2 gewesen. Durch Senatsbeschluss konsekriert wurde er 42 vC. ↗Marcus Antonius war sein erster Opferpriester (↗flamen) gewesen. 29 vC wurde ihm auf dem ↗Forum Romanum ein eigener Tempel errichtet.

Der Erste, bei dem die Bezeichnung 'Kaiserkult' für die kultische Verehrung der Person zutrifft, war Octavian (↗Augustus) gewesen. Seine Zustimmung auf ein Ansuchen der ↗Provinz Asia, ihm Kultstätten (die erste in ↗Pergamon) errichten zu dürfen, erfolgte 29 vC, also schon zwei Jahre bevor der ↗Prinzipat eingerichtet war. ↗Sueton (Aug. 52), berichtet, Augustus habe die Verehrung seiner Person nur für den Fall gestattet, dass kultische Handlungen gleichzeitig ihm und der ↗Roma (Dea Roma) galten.

Damit ↗Vergöttlichungen amtlich wurden, waren Senatsbeschlüsse nötig, die in der Regel in zeitlicher Nähe zum Ableben des Kaisers erfolgten, bei manchen (zB für ↗Tiberius, ↗Caligula) aber auch unterblieben. Danach wurden für die vergöttlichten Kaiser Priesterkollegien (↗Augustales) geschaffen, die in ↗Rom senatorisch verwaltet wurden, in den Provinzen aber auch weniger hochgestellten Persönlichkeiten und ↗Freigelassenen die Möglichkeit eröffneten, Ehrenämter (für Freigelassene insbesondere im Rahmen der Kultdienerschaft = seviri Augustales) zu bekleiden.

Für Augustus erfolgte die Konsekration am 17. Sept. 14 nC. Auch Mitgliedern der kaiserlichen Familie, insbesondere den Ehefrauen der Kaiser, wurde die Ehre der Vergöttlichung zuteil. Livia, die Frau des Augustus wurde seine erste Opferpriesterin (Cass. Dio 56, 46, 1f.) . Damit die Öffentlichkeit von der Vergöttlichung erfährt, wurden Konsekrationsmünzen geprägt und in Umlauf gebracht. Die Geschehnisse um die Begräbnisfeierlichkeiten für Augustus wurden von ↗Cassius Dio (56,34ff.) ausführlich festgehalten.

Bis zu ↗Diocletian wurde das Begäbnisritual in der Form, wie es für Augustus berichtet wird, weitgehend beibehalten. Erst für ↗Konstantin d. Gr. wurden Totenfeierlichkeiten in der beschriebenen Art nicht mehr vollzogen. Konstantins Aufnahme unter die Götter aber wurde durch seine Söhne betrieben, vom Senat bestätigt und durch Münzprägungen verkündet.

Auch verstorbenen christlichen Kaisern wurde noch bis ins 6. Jh der Titel 'Divus' zugestanden. Förmliche Beschlüsse dafür gab es nicht mehr.

Die kultische Verehrung der Kaiser war vornehmlich politisch begündet. Tiefe religiöse Bedürfnisse konnte der Kultbetrieb nicht zufriedenstellen. Dergleichen war aber auch nicht beabsichtigt.  Zweck des Kults war es, Verhaltensweisen zu fördern und zu pflegen, die auf Loyalität zur Staatsmacht ausgerichtet waren (vgl. Alföldy 130).

Wie Kulthandlungen und Feste im Rahmen des Kaiserkults zu begehen waren, dafür gab es keine geregelten Vorgaben. Sie waren nach lokalen Bräuchen und ↗Festkalendern ausgerichtet.



1) Titus Quinctius Flamininus (230-174 vC), römischer Politiker, Feldherr und Konsul

2) Den Tempel der Venus Genetrix hatte Caesar zu Ehren der göttlichen Stamm-Mutter des Geschlechts der Iulier erbauen lassen. Im September 46 vC wurde der Tempel nach nur zweijähriger Bauzeit geweiht.


Literatur:
Geza Alföldy. Römische Sozialgeschichte 31984 Wiesbaden. Franz Steiner Verlag GmbH.
Jürgen Süß. Kaiserkult und Stadt. Diss. Ludwig-Maximilians-Universität, München 1999.
Thomas Witulski. Kaiserkult in Kleinasien. 22010 Göttingen. Verl. Vandenhoeck & Ruprecht GmbH.
Jörg Rüpke. Von Jupiter zu Christus. 22015 Darmstadt. Verlag Wissenschaftliche Buchgesellschaft



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MfG B.
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