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Roms Gründungsmythos
#1
Wer die Stadt ↗Rom gegründet hat und wie diese zu ihren Namen gekommen war, dazu gibt es in der alten Literatur viele voneinander abweichende Berichte. Die bekanntesten von ihnen hat ↗Plutarch zusammengefasst und sie seiner Biographie des ↗Romulus vorangestellt.

Einige sagen, dass ↗Pelasger nach ↗Italien gekommen seien und Rom gegründet hätten. Andere meinen, es seien Flüchtlinge aus ↗Troia gewesen, die sich an der Tibermündung niedergelassen und Rom geschaffen haben. Eine vornehme Troierin namens Rome habe die Frauen dieser Fluchtgemeinschaft dazu gebracht, die Schiffe zu verbrennen und die Männer auf diese Weise zum Bleiben gezwungen. Da sich das Verbleiben später als Segen herausgestellt hatte, wurde die Stadt nach ihr, der Rome, benannt.

Auch von weiteren sagenhaften Romgründern wird berichtet. Eine Tochter des Italus1 und der Leucaria, Rome, habe den ↗Aeneas geheiratet. Aeneas habe Rom gegründet und die Stadt nach seiner Frau benannt. Andere sagen Romanus, ein Sohn des ↗Odysseus und der ↗Kirke, sei der Gründer und Namensgeber der Stadt gewesen. Wieder andere behaupten, Romis, ein Latinerkönig, habe die aus ↗Lydien zugewanderten ↗Etrusker vertrieben und Rom gegründet (Plut. Rom. 1f.).

Der prominenteste von all diesen sagehaften Berichten, ist der von der Gründung Roms durch Romulus. Diese ↗Sage wurde von Livius aufgenommen und in seine Gründungserzählung eingebunden.

Der König von ↗Alba Longa, Numitor, hatte eine Tochter namens ↗Rhea Silvia. Der König wurde von seinem Bruder Amulius gestürzt. Danach hat er dessen Sohn, Egestus, während einer Jagd ermorden lassen und die Tocher des Königs, auch Ilia genannt2, zu einer der Keuschheit und Ehelosigkeit verpflichtenden ↗Vestalin gemacht. Somit schien für Amulius gesichert zu sein, dass niemand mehr rechtmäßigen Anspruch auf die Herrschaft erheben könne (Liv. 1,3,11).

Rhea Silvia wurde von ↗Mars im Schlaf (oder von Amulius selbst, der sie mit Gewalt genommen hat) geschwängert und gebar die Zwillinge Romulus und Remus. Daraufhin befahl Amulius, Rhea Silvia mitsamt ihren Kindern in den Tiber3 zu werfen.

Rhea Silvia wurde vom Flussgott (Pater Tiberinus) zu seiner Gattin erhoben, die Knaben wurden an Land gespült, zunächst von einer ↗Wölfin4 gesäugt, von einem ↗Specht2 mit fester Nahrung versorgt und später vom Hirtenpaar ↗Faustulus und ↗Acca Larentia aufgezogen. Als die Brüder herangewachsen waren, stürzten und töteten sie Amulius. Ihr Großvater, Numitor, wurde wieder König von Alba Longa und teilte den Brüdern Land um den Palatin zu.

Nachdem Romulus nach einer ↗Vogelschau der Vorrang vor Remus eingeräumt wurde, ließ er auf dem Palatin die Stadt Rom erbauen. Danach ließ er eine Mauer um die Stadt errichten. Als Remus die Mauer als Zeichen der Geringschätzung des Werks des Bruders übersprang, wurde er von diesem erschlagen5. Niemand sollte von nun ab die Grenzen der Stadt ungebeten überschreiten.

Die Stadtgründung durch Romulus wurde von ↗Varro mit 21. April 753 vC (DKP 4, 1441) errechnet.



1) Italus. König der Oinotrer. Namensgeber Italiens (Verg. Aen. 3, 166).
Nach ↗Dionysios Halikarnass (ant. 1,72) Ehemann der Leucaria (Lucania) und Vater des Remus (Romus). Die Namen variieren in den Überlieferungen verschiedener Autoren.

2) Durch den Namen Ilia wird der ↗Mythos mit der Troia-Sage verknüpft. In frühen Erzählungen tritt eine Ilia als Tochter des Aeneas und der Dexithea auf (Plutarch Rom. 2). In späteren Erzählungen ist diese Ilia mit Rhea Silvia verschmolzen. Dass solche Annahmen von der Chronologie her nicht stimmig waren, hat bei älteren Autoren kaum eine Rolle gespielt. Mit der Erfindung einer Reihe von etruskischen Königen wurde das Problem später saniert. Plutarch greift einige der alten Erzählungen auf und spricht in diesem Zusammenhang "von der dunklen Herkunft des Romulus".

3) Nach einer Variante des Mythos wurde Rhea Silvia im Anio (Nebenfluss des Tiber), Grenzfluss zwischen Latium und dem Siedlungsgebiet der Sabiner, ertränkt.

4) Sowohl der Wolf als auch der Specht galten als heilige Tiere des Mars.

5) Diesen Mythos überliefert Livius auch noch in einer anderen Variante:
Romulus und Remus wurden nach einer Vogelschau, die kein eindeutiges Ergebnis brachte, von ihren jeweiligen Parteigängern zu Königen ausgerufen. In den Tumulten, die in der Folge losbrachen, soll Remus ums Leben gekommen sein (Liv. 1,7,2).



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MfG B.
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