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Krieg ist Vater von allen,...
#1
.

Der Krieg ist die Mutter aller Dinge.

Sagte ein griechischer Filosof, angeblich der blöde Heraklith

.
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#2
Diese Wortspende ist wohl das Produkt von Halbbildung bzw. Bildungsferne.

Hier das überlieferte Zitat:

Πόλεμος πάντων μὲν πατήρ ἐστί, πάντων δὲ βασιλεύς, καὶ τοὺς μὲν θεοὺς ἔδειξε τοὺς δὲ ἀνθρώπους, τοὺς μὲν δούλους ἐποίησε τοὺς δὲ ἐλευθέρους.

Hier eine mögliche Übersetzung (Diels/Kranz):

"Krieg ist Vater von allen, König von allen. Die einen macht er zu Göttern, die anderen zu Menschen, die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien."

Was mag damit gemeint sein?
MfG B.
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#3
(30-11-2021, 22:54)Bion schrieb: Diese Wortspende ist wohl das Produkt von Halbbildung bzw. Bildungsferne.

Hier das überlieferte Zitat:

Πόλεμος πάντων μὲν πατήρ ἐστί, πάντων δὲ βασιλεύς, καὶ τοὺς μὲν θεοὺς ἔδειξε τοὺς δὲ ἀνθρώπους, τοὺς μὲν δούλους ἐποίησε τοὺς δὲ ἐλευθέρους.

Hier eine mögliche Übersetzung (Diels/Kranz):

"Krieg ist Vater von allen, König von allen. Die einen macht er zu Göttern, die anderen zu Menschen, die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien."

Was mag damit gemeint sein?

Hallo Bion,

... das Wichtigste hat der Philosoph Heraklit erstaunlicherweise völlig vergessen, oder aber, er lebte in einer Zeit, in der ein Menschenleben wenig galt. (?)
Er erwähnte mit keinem Wort das Verheerende eines jeden Krieges, - nämlich, dass er Tod, Not, und Elend, sowie nicht zu ermessende Trauer über die Menschen brachte - und immer noch bringt Icon_exclaim 
Kriege aus Notsituationen (z.B. Revolutionen) sind zudem nochmal anders zu "beurteilen", wie z.B. Eroberungskriege, die lediglich auf Landgewinn, Machtausweitung und Unterdrückung von schwächeren Völkern begonnen werden.

(Ebenso ist z.B. die Tötung eines als "Schlächter" agierenden Tyrannen nicht mit einem Mord aus purem Gewinnstreben zu vergleichen.)

Gruß von Reklov
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#4
Ja, differenzieren ist immer sinnvoll !
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#5
(30-11-2021, 23:10)Reklov schrieb: ... das Wichtigste hat der Philosoph Heraklit erstaunlicherweise völlig vergessen,...

Was Heraklit gesagt bzw. geschrieben hat, weiß man aus Zitaten anderer Schriftsteller. Das gegenständliche Zitat ist beispielsweise durch Hippolyt von Rom (haer. IX, 9) überliefert. Was Heraklit in der Sache eventuell sonst noch gesagt bzw. gemeint hat, weiß man nicht.

Πολεμέω kann für Streit, Kampf oder Krieg stehen. Ich biete mal meine Übersetzung des Zitats an:

"Kampf ist Vater, König von allem, denn einige hat er zu Göttern, andere zu Menschen gemacht, die einen zu Freien, andere zu Sklaven."

Gerne bemüht Heraklit eine Rhetorik der Einheit der Gegensätze. Er erfreut sich an paradox klingenden Formulierungen und dunklen Aphorismen. Mit ein wenig Nachdenken lässt sich scheinbarer Widerspruch auflösen und verborgener Sinn erkennen.
MfG B.
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#6
(01-12-2021, 16:36)Bion schrieb: Πολεμέω kann für Streit, Kampf oder Krieg stehen. Ich biete mal meine Übersetzung des Zitats an:

"Kampf ist Vater, König von allem, denn einige hat er zu Göttern, andere zu Menschen gemacht, die einen zu Freien, andere zu Sklaven."

Sollte die von Dir vorgeschlagene Übersetzungsversion die von Heraklith gemeinte sein, dann schaut das ganz anders aus.  

Kampf im Sinne von Wettkampf ist durchaus etwas Wünschenswertes und ist der Motor für Fortschritt

Emojis entfernt/Bion
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#7
(01-12-2021, 17:50)Sinai schrieb: Sollte die von Dir vorgeschlagene Übersetzungsversion die von Heraklith gemeinte sein

"heraklith" ist der markenname für üblicherweise zementgebundene holzwolle-dämmplatten

der philosoph aus ephesos schreibt sich anders
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#8
(01-12-2021, 16:36)Bion schrieb:
(30-11-2021, 23:10)Reklov schrieb: ... das Wichtigste hat der Philosoph Heraklit erstaunlicherweise völlig vergessen,...

Was Heraklit gesagt bzw. geschrieben hat, weiß man aus Zitaten anderer Schriftsteller. Das gegenständliche Zitat ist beispielsweise durch Hippolyt von Rom (haer. IX, 9) überliefert. Was Heraklit in der Sache eventuell sonst noch gesagt bzw. gemeint hat, weiß man nicht.

Πολεμέω kann für Streit, Kampf oder Krieg stehen. Ich biete mal meine Übersetzung des Zitats an:

"Kampf ist Vater, König von allem, denn einige hat er zu Göttern, andere zu Menschen gemacht, die einen zu Freien, andere zu Sklaven."

Gerne bemüht Heraklit eine Rhetorik der Einheit der Gegensätze. Er erfreut sich an paradox klingenden Formulierungen und dunklen Aphorismen. Mit ein wenig Nachdenken lässt sich scheinbarer Widerspruch auflösen und verborgener Sinn erkennen.

Hallo Bion,

... der "Sinn" in der Ausdrucksweise von Heraklit ist mir schon "bewusst".
Dennoch wage ich die Behauptung, hätte er die moderne Waffentechnik und ihre verheerenden Auswirkungen selbst "erlebt", er eine völlig andere Wortwahl vorgezogen und ihm die Freude an dunklen Aphorismen vergangen wäre.

Wer sich mal "Bilder vom Krieg" ansieht, entdeckt nur Elend und Tod, seien es nun die unzähligen Feldschlachten mit Mann und Pferd, wie sie Historienmaler sehr detailreich darstellten, oder aber Fotos und Filme aus den beiden Weltkriegen.

Für mich ist der Kampf nicht der Vater und König von allem, sondern zeigt mir, wie weit sich der Mensch in eine tötende Bestie verwandeln kann, anstatt denjenigen, welche ihn in den Krieg hineinbefehlen, das Gewehr vor die Füße zu werfen Icon_exclaim

Albrecht Dürer hat mit seinem "Meisterstich" RITTER, TOD UND TEUFEL dieses Thema über den menschlichen Wahnsinn sehr gut dargestellt.

Gruß von Reklov
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#9
(03-12-2021, 22:39)Reklov schrieb: ...wage ich die Behauptung, hätte er die moderne Waffentechnik und ihre verheerenden Auswirkungen selbst "erlebt", er eine völlig andere Wortwahl vorgezogen und ihm die Freude an dunklen Aphorismen vergangen wäre.

Nochmals:

Von Zitaten und  Bemerkungen ihm nachfolgender Schriftsteller abgesehen, ist über Heraklits Werk nichts bekannt. Sich über das zu unterhalten, was er eventuell gesagt oder anders gesagt haben könnte, hätte er zukünftiges Wissen oder andere Einsichten gehabt, ist müßig. Beurteilt kann nur das werden, was vorliegt und wie es vorliegt.

Deine Einwände zu würdigen, bieten sich Heraklits Worte an, wonach Menschen nur bedingt einsichtig seien und nichts verstünden (Diels/Kranz 22 B 1/2). Auch die Bemerkung Karl Reinhardts sei angemerkt, man möge doch wörtliche Aussagen Heraklits und spätere Umdeutungen möglichst auseinanderhalten (erwähnt bei A. Lesky. Geschichte der griechischen Literatur. 3. Aufl. 249).
MfG B.
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#10
Sinai hat wieder einmal nicht begriffen, dass es hier um den griechischen Denker Heraklit geht und dass dieser mit dem Märchen vom Fall von Jericho, den Kriegstechniken und -praktiken des Altertums und Mord und Vertreibung jüdischer Stammesangehöriger in Medina nichts zu tun hat.

Beiträge nach
hierher abgetrennt.
MfG B.
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#11
Die wissenschaftlichen und essayistischen Auslegungen zu dem berühmten Heraklit-Zitat über den Polemos füllen Bibliotheksregale. Wie immer bei Heraklit kann man, wenn man will, schnell und oberflächlich und emotional reagieren und - im Stil der heutigen Zeit - ein "gefällt mir" oder "gefällt mir nicht" daruntersetzen, und das war's dann. Das ist nicht das Publikum, an das sich Heraklit wendet.

Ja, mit dem Polemos als Vater aller Dinge ist Kampf ganz allgemein gemeint, aber auch als Spezialfall konkret der Krieg. Heraklit verübelte es nämlich dem (durchaus kriegsbegeisterten) Homer, dass der gedichtet hatte: "Schwände doch jeglicher Zwiespalt unter Göttern und Menschen". Heraklit wendet sich im Namen der Wirklichkeit gegen eine solche weltfremde Idylle universeller Harmonie. Naturphilosophisch betrachtet hat er damit recht: Die Natur selbst ist auf Krieg aufgebaut, der unablässige Kampf zwischen Raubtieren und Beutetieren, Parasiten und ihren Wirten gehört zu den Säulen der Naturordnung, des biologischen Gleichgewichts. Auch der Kampf zwischen den Menschen und Covid ist ein Krieg. Für diesen universellen Charakter des Polemos will Heraklit seinen Lesern die Augen öffnen.

Heraklits Satz ist ein entschiedenes Nein zu kitschigen Vorstellungen von einem irdischen Paradies, wie man sie etwa beim Propheten Jesaja findet: "Wolf und Lamm sollen weiden zugleich; der Löwe wird Stroh essen wie ein Rind, und die Schlange soll Erde essen. Sie werden nicht schaden noch verderben auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der Herr." Natürlich kannte Heraklit diesen Text nicht. Er hätte sich darüber entrüstet. Der vegetarische Löwe ist eine evident schwachsinnige Vorstellung. Wenn der Löwe Stroh fräße, wäre er nicht der Löwe, sondern ein Rind. Wenn die Oma nicht zwei Beine hätte, sondern vier Räder, wäre sie nicht die Oma, sondern ein Auto. Diesen simplen Sachverhalt hat der Prophet Jesaja übersehen. Er hatte - ähnlich wie Christus - keine Ahnung von der biologischen Natur. Er lebte in seinen Traumvorstellungen. Gegen diese Sorte weltfremde Träumerei wendet sich Heraklit. Er sagt: Schaut auf die Natur, so wie sie wirklich ist, wie sie sich euren Augen darbietet! Vergesst eure Träume von der Natur, wie ihr sie gern hättet! Es gibt nur eine Wirklichkeit, und die liegt vor euren Augen! Heraklit schreibt: "Die Wachenden haben eine gemeinsame Welt, doch jeder Schlummernde wendet sich nur an seine eigene." So ist es. Leute, wacht auf!
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#12
(08-12-2021, 23:21)Apollonios schrieb: Heraklits Satz ist ein entschiedenes Nein zu kitschigen Vorstellungen von einem irdischen Paradies, wie man sie etwa beim Propheten Jesaja findet: "Wolf und Lamm sollen weiden zugleich; der Löwe wird Stroh essen wie ein Rind, und die Schlange soll Erde essen. Sie werden nicht schaden noch verderben auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der Herr." Natürlich kannte Heraklit diesen Text nicht. Er hätte sich darüber entrüstet. Der vegetarische Löwe ist eine evident schwachsinnige Vorstellung. Wenn der Löwe Stroh fräße, wäre er nicht der Löwe, sondern ein Rind. Wenn die Oma nicht zwei Beine hätte, sondern vier Räder, wäre sie nicht die Oma, sondern ein Auto. Diesen simplen Sachverhalt hat der Prophet Jesaja übersehen. Er hatte - ähnlich wie Christus - keine Ahnung von der biologischen Natur. Er lebte in seinen Traumvorstellungen. Gegen diese Sorte weltfremde Träumerei wendet sich Heraklit. Er sagt: Schaut auf die Natur, so wie sie wirklich ist, wie sie sich euren Augen darbietet! Vergesst eure Träume von der Natur, wie ihr sie gern hättet! Es gibt nur eine Wirklichkeit, und die liegt vor euren Augen! Heraklit schreibt: "Die Wachenden haben eine gemeinsame Welt, doch jeder Schlummernde wendet sich nur an seine eigene." So ist es. Leute, wacht auf!

Hallo Appolonius,

... kitschig ist die Vorstellung von einem "irdischen Paradies" auf keinen Fall!!!
Voraussetzung dazu wäre aber zunächst mal die Überwindung "böser" Gelüste und Ideen, welche viele Menschen umtreiben, damit auch andere Mitmenschen zerstören, nicht selten auch sie selber in diesen Strudel reißen!

Dann könnten sich in der Tier- und Pflanzenwelt, welcher man ja durchaus kein "menschliches" Bewusstsein zusprechen darf, die Regularien innerhalb der Natur weiterhin auf altbekannte Weise walten. Der Löwe müsste also kein Stroh essen, denn er, sowie andere Raubtiere, richten unter den sich massenhaft vermehrenden Beutetieren sowieso keinen allzu großen Schaden an. Lediglich der Mensch stört das Gleichgewicht innerhalb der Natur!

Eine "weltfremde" Natur braucht sich der Mensch also nicht "zu träumen" - es genügte schon, wenn er sich über sie erheben könnte indem er sich völlig anders verhält, als es der Kampf innerhalb der "unbewussten" Natur ihm vormacht.
Ausreichend wäre zunächst mal der unbedingte Wille, seinen Mitmenschen in keiner Weise zu schaden!

Wäre z.B. der Löwe "intelligent", würde er sich nämlich ein einfaches Gatter bauen und Viehzucht betreiben, dann bliebe ihm schon mal das kraftraubende Jagen und Reißen seiner oft weit flinkeren Beutetiere erspart.
Nicht ohne Grund sagte der Philosoph L. Wittgenstein einst: "Könnte ein Löwe sprechen, er hätte uns nichts zu sagen..."

Damit gemeint ist, dass allein die Fähigkeit zu sprechen, noch lange nicht bedeutet, man könnte etwas Förderliches denken, sagen oder gar entwickeln!

Dein Versuch, das Wesen menschlicher Intelligenz, die sich ja u.a. ein Moral- und Ethikgebäude erschaffen konnte, mit dem nach wie vor rauen Existenzkampf innerhalb einer "bewusstlosen" Natur zu vergleichen, ist also nicht angebracht.

Der Mensch hat zwar seine einstige Dschungel-Heimat schon vor langer Zeit verlassen, aber nun haben die noch in ihm wohnenden "Jagd-Instinkte" ganz andere Formen des Kampfes hervorgebracht.
Der Feind in Friedenszeiten ist heute der unliebsame Konkurrent auf dem Markt einer Wettbewerb-Gesellschaft. Solange aber dabei keine Gewehrkugeln pfeifen, ist dies hinnehmbar, denn - ein solcher Kampf spornt ja auch die Leistungen zum Nutzen aller an.

Gruß von Reklov
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#13
(08-12-2021, 23:21)Apollonios schrieb: Naturphilosophisch betrachtet hat er damit recht: Die Natur selbst ist auf Krieg aufgebaut, der unablässige Kampf zwischen Raubtieren und Beutetieren, Parasiten und ihren Wirten gehört zu den Säulen der Naturordnung, des biologischen Gleichgewichts. Auch der Kampf zwischen den Menschen und Covid ist ein Krieg. Für diesen universellen Charakter des Polemos will Heraklit seinen Lesern die Augen öffnen

wenig reflektierte anthropomorphismen sind noch keine "naturphilosophie"

"krieg" ist ein menschlicher begriff für menschliches verhalten (auf gruppenebene), nämlich systematische gewaltanwendung anderen gruppen gegenüber zum zweck der erlangung eigener vorteile auf kosten der anderen - und ist somit imho dem individuellen "fressen und gefressen werden" (kampf ums eigene überleben) in keiner weise deckungsgleich. biologisch übrigens ist das verhältnis parasit-wirt keineswegs durch kampf um sieg gekennzeichnet, sondern durch ein gewisses "leben und leben lassen" - ein parasit, der seinen wirt tötet, schadet damit auch und in erster linie sich selbst. vergleichbares gilt auch für krankheitserreger, wobei natürlich weder parasiten noch krankheitserreger über irgendeinen willen oder zielgerichtetes vorgehen verfügen - die evolution kennt und verfolgt keine absichten, das ist nur eine leider sehr oft mißverstandene metapher zur beschreibung sich herausbildender gleichgewichte
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#14
(11-12-2021, 15:06)Reklov schrieb: Wäre z.B. der Löwe "intelligent", würde er sich nämlich ein einfaches Gatter bauen und Viehzucht betreiben, dann bliebe ihm schon mal das kraftraubende Jagen und Reißen seiner oft weit flinkeren Beutetiere erspart.
Nicht ohne Grund sagte der Philosoph L. Wittgenstein einst: "Könnte ein Löwe sprechen, er hätte uns nichts zu sagen..."


Diese Fabel gefällt mir sehr gut! 

Muß sie auf mich wirken lassen. Kann man sicher sehr gut verwerten

Emojis entfernt/Bion.
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#15
@Reklov: Ich nenne die Vorstellung von einem irdischen Paradies kitschig, weil sie - genau betrachtet - auf der Idee beruht, dass der Mensch die existierende Natur (insbesondere seine eigene Natur) abschafft und durch eine nach seinen Vorstellungen maßgeschneiderte ersetzt. Hier geht es nicht mehr darum, dass er sich einen Schöpfergott vorstellt, sondern er selbst macht sich zum Schöpfergott und schafft sich eine neue Natur nach seinen Wünschen. Beginnend damit, dass er erst mal sich selbst gleich milliardenfach als quasi "neuen Menschen" neu erschafft, per Willensakt, einfach so. Ist er noch ambitiöser, so ersetzt er den real existierenden Löwen durch einen vegetarischen Löwen nach seinem Geschmack, wie es Jesaja explizit getan hat, usw. Veganer wollen die Raubtiere Hund und Katze, die sie als Haustiere halten, strikt vegan ernähren - die Natur hat sich gefälligst anzupassen. Das alles, besonders deutlich bei Jesaja, ist die kindische Weigerung, die Natur so wie sie ist zur Kenntnis zu nehmen und ernst zu nehmen. Nichts gegen süße Träume, solange man nicht vergisst, dass es Träume sind. Gegen solches Vergessen wandte sich Heraklit. Man braucht seinen sehr polemischen Geist nicht zu mögen, aber wo er Recht hat, hat er Recht.

Selbstverständlich ist es angebracht, anderen nicht schaden zu wollen. Aber du schreibst - als Voraussetzung fürs "Paradies" -  vom "unbedingten Willen, seinen Mitmenschen in keiner Weise zu schaden". Und da ist er schon, der utopische Geist, der die komplexesten Probleme mit simpelsten Formeln bewältigen will: "Leute, seid einfach gut, dann wird alles gut." Einen unbedingten Willen gibt es nicht. Alles in dieser Welt ist bedingt, und der menschliche Wille ganz besonders. Wer glaubt, unbedingt wollen und unbedingt handeln zu können, der verkennt die prinzipielle Bedingtheit allen menschlichen Tuns. Wenn der Mensch ins Unbedingte strebt, muss er erst die Augen vor der Wirklichkeit verschließen.

@Petronius: Wenn ich hier den Ausdruck Krieg verwendet habe, dann nur als verkürzende Wiedergabe von Heraklits sehr weitem Begriff Polemos, der insbesondere, aber keineswegs ausschließlich Krieg beinhaltet.
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