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Christus als Lehrer
#16
Lieben zu können ist immer Gottes Gnade. Im Alten Testament ist die Liebe zum Nächsten angelegt, aber genauso ausgeprägt ist die Unterscheidung zwischen Israel und den fremden Völkern. Jesus hat etwas aufgegriffen, was grundsätzlich angelegt war, durch ihn aber vervollständigt wurde. Es geht gerade darum, der menschlichen Neigung zu widersprechen und sich bewusst einem ethischen Maßstab der Nächstenliebe zu verpflichten, der anderen tut, was einem selbst getan werden soll (Mt 7,12). In einer Hinwendung zu Anderen lernen wir oft, Vorannahmen und Urteile über denjenigen als solche zu erkennen und ihn als Nächsten, als geliebtes Kind Gottes, zu lieben (Joh 15,12).
#17
(09-12-2021, 05:58)Schmiede schrieb: Es geht gerade darum, der menschlichen Neigung zu widersprechen und sich bewusst einem ethischen Maßstab der Nächstenliebe zu verpflichten, der anderen tut, was einem selbst getan werden soll (Mt 7,12). In einer Hinwendung zu Anderen lernen wir oft, Vorannahmen und Urteile über denjenigen als solche zu erkennen und ihn als Nächsten, als geliebtes Kind Gottes, zu lieben (Joh 15,12).

Das "lehrte" Jesus nicht nur, er lebte es auch mit jeder Faser seines Lebens vor. Das hat damit eine noch viel größere Wirkung als es damit zum lebendigen Vorbild wird und nicht nur eine Predigt von der Kanzel. Allerdings sind nicht alle Menschen Kinder Gottes.

Nächstenliebe gilt allen Menschen, uneingeschränkt, das lehrte Jesus nicht nur, sondern praktiziert er auch, soweit schon gesagt. Aber er zeigte auch deutliche Unterschiede im Umgang zwischen den Kindern Gottes bzw. denen, die es werden wollten und solchen, die es nicht mitnichten werden wollten und ihm dabei nicht nur im Wege standen, sondern auch bekämpften.

Diese Lehre im Umgang mit seinen Feinden ist ebenso wichtig, denn ich soll und werde also meinen Nächsten lieben, egal wer das ist und was immer er getan hatte, und das so gut ich es halt kann, mehr geht eh net, aber das bedeutet nicht, ich muss mich dabei von jedem Widerling alles gefallen lassen.

Dem soll und werde ich nichts antun, soweit wieder meine Zusage, aber ich werde mich von einem solchen auch distanzieren und in weiterer Folge kann ich ihm keine Liebe mehr erweisen. Anders gesagt ist er dann nicht länger mein Nächster. Theologisch ausgedrückt ist das eine Scheidung der Geister.
#18
(09-12-2021, 05:58)Schmiede schrieb: Im Alten Testament ist die Liebe zum Nächsten angelegt, aber genauso ausgeprägt ist die Unterscheidung zwischen Israel und den fremden Völkern.

Hmm... Lev 19 (EU): "33 Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken. 34 Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen. Ich bin der HERR, euer Gott."

Die Priesterschrift ist da schon ganz auf der Linie Jesu. Als das geschrieben wurde, waren die Zeiten der Vernichtungsweihe schon lange vorbei.

Zumindest fuer Katholiken ist auch das relevant:
Sir 31 (LUT): "15 Schließe von dir darauf, was dein Nächster gern oder ungern hat, und bedenke alles, was du tust."

Jesus hat also mehr oder weniger die etwas "moderneren" ethischen Bestimmungen des AT gelehrt.
#19
Wenn ich die letzten Beiträge richtig verstehe, ist das Verb "lieben" ein Synonym von "respektieren" und "fair behandeln". Wenn ich jemanden respektiere und fair behandle, dann bedeutet das, dass ich ihn liebe. Wenn ich zu allen gerecht und respektvoll bin, dann liebe ich die ganze Welt. Für mich ist dieser - offenbar typisch christliche - Sprachgebrauch gewöhnungsbedürftig. Nichtchristen verstehen unter "lieben" etwas völlig anderes als "anständig und gerecht sein". Das ergibt dann Verständigungsschwierigkeiten. Christen reden sehr viel von Liebe. Sie sollten im Umgang mit Nichtchristen erst darauf hinweisen, dass sie eine spezielle Terminologie haben und mit "Liebe" nicht das meinen, was der normale Nichtchrist darunter versteht. Viele Missverständnisse zwischen Christen und Nichtchristen beruhen darauf, dass man nicht dieselbe Terminologie hat und dass das nicht geklärt wird. Man bemüht sich nicht einmal darum. Am Ende einer Begegnung bleiben die Christen unter sich und die Nichtchristen auch, jede Seite hat ihren eigenen Sprachgebrauch und hält daran fest und kann mit dem Sprachgebrauch der anderen Seite nichts anfangen oder versteht ihn nicht einmal. Man erkennt einander schon am Sprachgebrauch, an bestimmten Schlüsselbegriffen, und weiß dann: Dieser gehört zu uns und jener nicht. Diskussion findet dann nur intern statt.
#20
(09-12-2021, 01:04)Apollonios schrieb: Antwort: Weil die Bibel als Gottes Wort gilt und Christi Aussprüche ganz besonders. Von Gottes Wort erwarte ich, dass es nicht nur inhaltlich stimmt, sondern auch formal, in der Begriffsverwendung, sauber und korrekt formuliert ist. Gott sollte ordentlich formulieren können

ist dein gott also deutscher?

sorry, aber bis auf ein paar fundamentalistische spinner glaubt doch nun wirklich kein mensch, daß gott luther die bibel in dies schreibmaschine diktiert hat

(09-12-2021, 11:32)Apollonios schrieb: Wenn ich die letzten Beiträge richtig verstehe, ist das Verb "lieben" ein Synonym von "respektieren" und "fair behandeln"

dann hast du das zumindest in bezug auf mein posting nicht richtig verstanden. ich lese das so, als bedeutung im kontext. ein synonym ist etwas ganz anderes, z.b. weitestgehend unabhängig vom kontext
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
#21
Hallo Petronius, im konkreten Fall geht es nicht um die Frage, ob Gott sich deutsch, hebräisch oder griechisch ausdrückt. Der Satz, von dem die Rede ist, hat in allen Sprachen genau denselben Sinn. Die Übersetzungen sind korrekt und unstrittig. Der beliebte Ausweg, Unklarheiten und Unstimmigkeiten auf Übersetzungsprobleme zurückzuführen, funktioniert hier nicht.

Das "lieben" kann man als Bedeutung im Kontext auffassen. Das heißt, man muss zuerst die Bedeutung in den Kontext hineinlegen und dann kann man sie daraus herauslesen. Ein anderer sagt jedoch: "Für mich hat es nicht diese Bedeutung, ich finde diese Bedeutung in diesem Kontext nicht, sondern verstehe es ganz anders." So funktioniert das: Die Bedeutung liegt nicht in der allgemein anerkannten Definition des Begriffs, sondern muss aus dem jeweiligen Kontext erschlossen werden, und der Kontext seinerseits ergibt sich aus der Gesamtheit der verwendeten Begriffe, die aber erst aus dem Kontext verständlich werden. So elegant beißt sich die Katze in den Schwanz.  Ergebnis: Jeder bastelt sich nach seinem Geschmack "aus dem Kontext" seinen Christus zurecht, und alle sind zufrieden. Ich habe versucht, diese Idylle ein wenig zu stören. Selbstverständlich erfolglos. Warum sollten sich zufriedene Leute stören lassen, wenn ihre Welt doch in Ordnung ist?

Wenn ein Text absurd ist, lautet die Lösung: Schau auf den Kontext und ändere die Bedeutung der verwendeten Begriffe so lange, bis sich ein Sinn ergibt.

In der Tat glaube ich nicht, dass Gott einem Evangelisten oder Luther den Text diktiert hat. Ich persönlich bin der Überzeugung, dass die biblischen Texte nichts mit Gott zu tun haben, sondern ausschließlich das Werk ihrer menschlichen Autoren sind und deren Meinungen und Wünsche widerspiegeln. Aber es geht nicht um diese persönliche Meinung von mir, die ganz egal ist und niemanden interessiert. Ich diskutiere hier mit Leuten, die das Evangelium für Gottes Wort halten und Christus für Gottes Sohn. Ich diskutiere auf der Basis dieser Annahme und versuche sie auf ihren Wahrheitsgehalt abzuklopfen. Es geht nicht um eine öde Debatte im Stil von "Ich glaube das" und "Ich glaube aber das Gegenteil".

Tja, Luthers Schreibmaschine. Um das Niveau ein wenig anzuheben, sprechen wir vom Schreibrohr des Evangelisten. Wir sind uns einig, dass Gott dem Evangelisten nicht ins Schreibrohr diktiert hat. Was hat Gott dann gemacht? Hat er dem Evangelisten einen vagen Gedanken eingegeben und der hat das dann nach seinem Verständnis irgendwie ungeschickt in Worte gefasst? Oder war Gott unbeteiligt? Das bleibt wie üblich nebulös. Aber das ist hier gar nicht der Punkt: Der Satz, von dem die Rede ist, ist ein wörtliches Zitat einer mündlichen Äußerung Christi. Egal ob mit oder ohne Gott, Christus soll das wörtlich so gesagt haben. Wenn ich etwas, was Christus laut Evangelium wörtlich gesagt hat, kritisiere, gibt es zwei Reaktionen: (1) "Du bist nicht demütig genug, das zu verstehen." (2) "Geh in den Kontext und interpretiere den so lange, bis es logisch wird und einen vernünftigen Sinn ergibt." - Ergebnis: Kritik an Äußerungen Christi ist prinzipiell sinnlos. Entweder man ist nicht demütig genug oder man hat nicht lange genug heruminterpretiert.
#22
@Apollonios: Ich glaube, Du missverstehst die Reaktion. Ich versuche nicht, krampfhaft Bedeutungen in einen Text zu legen, der auch ohne Verrenkungen apologetischer Schwurbelei in einer bestimmten anderen Bedeutung gelesen werden kann. Ich (und wohl auch petronius) halte(n) die Bibel nicht fuer Gottes Wort. Woertliche Rede in antiken Texten wurde auch so gut wie immer vom Autor des Textes erfunden, so dass ich auch Einzelzitate im Normalfall nicht fuer authentisch halte. Bei meiner Interpretation des Jesuswortes bin ich davon ausgegangen, dass es sich bei Jesus um einen juedischen Reformator hauptsaechlich im Sinne der Schule von Hillel handelte, weshalb ich seine Worte auch im Sinne der Stellen des AT interpretiere, die seinen Worten zugrunde zu liegen scheinen (das gilt auch fuer andere bekannte Stellen, wie dem Aehrenraufen am Sabbat, was uebrigens auch per AT erlaubt ist). Wenn mir diese AT-Stellen also die Interpretation erlauben, die ich da oben geliefert habe, dann bin ich bereit, das so zu akzeptieren und nicht noch ein weiteres Problem aufzumachen, das ich jetzt spezifisch gar nicht sehe. Die Bibel hat schon genuegend reale Probleme, da muss man nicht noch durch gezielte Engfuehrung einer Interpretation neue Probleme schaffen.

Im Prinzip sehe ich das Jesusbild, das wir heute haben, als von den Evangelisten erschaffen an. Wie so etwas funktioniert, sieht man ja auch schoen an Deinem "Namensvetter", Apollonios von Tyana; was eigentlich so manchem die Augen oeffnen sollte.
#23
(10-12-2021, 00:59)Ulan schrieb: @Apollonios: Ich glaube, Du missverstehst die Reaktion.


Es gibt halt leider die zwei Positionen: Gottgläubige und Atheisten
Jede "Diskussion" ist müßig

Lassen wir es hier so stehen. Wäre doch kindisch hier weiterzuzerreden  Heart  Heart
#24
(10-12-2021, 01:26)Sinai schrieb: Es gibt halt leider die zwei Positionen: Gottgläubige und Atheisten
Jede "Diskussion" ist müßig

Wie Du genau weisst, ist diese Aussage falsch. Es gibt auch viele vernuenftige Glaeubige, die sich mit Fakten arrangieren koennen. Die wenigsten Glaeubigen glauben an die woertliche Richtigkeit; der Bibel; das ist nur eine kleine Minderheit. Es gibt also viele Gottglaeubige, die Deine Position nicht teilen.

Und dann gibt's natuerlich auch noch einen Grossteil der Menschheit, die gottglaeubig sind, aber fuer die die Bibel gar keine Bedeutung hat.
#25
Warum nicht konkrete Beispiele? Das Herumreden um Jesu "Lehre" wird für mich auf diese Art eher ein Reden um die "Leere". Für mich nicht sehr sinnvoll. Etwas aus dem Lehrschatz Jesu, ich greife dazu gleich zu einem härteren Kaliber:

Lukas 12,51-53 schrieb:Meint ihr, dass ich gekommen sei, Frieden auf der Erde zu geben? Nein, sage ich euch, sondern vielmehr Entzweiung. Denn es werden von nun an fünf in einem Haus entzweit sein; drei werden mit zweien und zwei mit dreien entzweit sein: der Vater mit dem Sohn und der Sohn mit dem Vater, die Mutter mit der Tochter und die Tochter mit der Mutter, die Schwiegermutter mit ihrer Schwiegertochter und die Schwiegertochter mit der Schwiegermutter.

Also, was sagt man zu der Belehrung, dass Jesus nicht gekommen sei familiären Frieden zu stiften?
#26
(10-12-2021, 07:56)Helmuth schrieb: Warum nicht konkrete Beispiele? Das Herumreden um Jesu "Lehre" wird für mich auf diese Art eher ein Reden um die "Leere". Für mich nicht sehr sinnvoll. Etwas aus dem Lehrschatz Jesu, ich greife dazu gleich zu einem härteren Kaliber:

Lukas 12,51-53 schrieb:Meint ihr, dass ich gekommen sei, Frieden auf der Erde zu geben? Nein, sage ich euch, sondern vielmehr Entzweiung. Denn es werden von nun an fünf in einem Haus entzweit sein; drei werden mit zweien und zwei mit dreien entzweit sein: der Vater mit dem Sohn und der Sohn mit dem Vater, die Mutter mit der Tochter und die Tochter mit der Mutter, die Schwiegermutter mit ihrer Schwiegertochter und die Schwiegertochter mit der Schwiegermutter.

Also, was sagt man zu der Belehrung, dass Jesus nicht gekommen sei familiären Frieden zu stiften?


Dann darf man sich nicht wundern, dass die Löwen in der Arena gut gefüttert wurden . . .
#27
(10-12-2021, 07:56)Helmuth schrieb: Also, was sagt man zu der Belehrung, dass Jesus nicht gekommen sei familiären Frieden zu stiften?

Nun, das passt zu dem Bild, dass das fruehe Christentum eine apokalyptische Endzeitsekte war. Als die Prophezeiung Jesu dann gescheitert war, und man anfing, sich damit zu arrangieren, dass das mit dem "Reich Gottes" wohl noch etwas auf sich warten lassen wuerde, wurde die ehe- und fortpflanzungsfeindliche Haltung vieler Fruehchristen geaendert. Als spaetere roemische Staatsreligion wurde die Kirche dann "domestiziert".
#28
(09-12-2021, 07:38)Helmuth schrieb: Das "lehrte" Jesus nicht nur, er lebte es auch mit jeder Faser seines Lebens vor. Das hat damit eine noch viel größere Wirkung als es damit zum lebendigen Vorbild wird und nicht nur eine Predigt von der Kanzel. Allerdings sind nicht alle Menschen Kinder Gottes.

Guter Punkt, den ich genauso sehe. Das Geheimnis ist nicht ein Buch, sondern das Leben Jesu. Unsere Bücher dienen uns aus meiner Sicht als Zeugnis und nicht als Verbalinspiration, wie es in anderen Religionen der Fall ist.
Mit dem Leben von Jesus Christus, mit seinem Sterben und seiner Auferstehung, basiert das ganze Christentum auf einer Erfahrung, nicht auf einem offenbarten Buch.
Manchmal erlebe ich besonders in evangelikalen Kreisen, dass diese Erkenntnis nicht alle Christen teilen. Für manche scheint auch das Christentum eine Buchreligion zu sein, deren Heilsweg auf dem richtigen Verständnis von Überlieferungen basiert.
Diese Überlieferungen sollen uns aus meiner Sicht nur auf Jesus Christus weisen: sowohl das Alte Testament, das Christus vorbereitet, als auch das Neue Testament, das zurückweist auf den Anfang des christlichen Glaubens, auf das Zeugnis, das die frühen Christen uns gegeben haben, und die eigene Erfahrung die gemacht wurde.
Deswegen ist es auch für Christen heute ganz wichtig sich daran zu erinnern, was Gott großes in ihrem Leben für sie getan hat, wie er sie aus Sünde und Tod befreit und ihnen ein neues Leben geschenkt hat.
#29
(10-12-2021, 09:23)Ulan schrieb: Als die Prophezeiung Jesu dann gescheitert war, und man anfing, sich damit zu arrangieren, dass das mit dem "Reich Gottes" wohl noch etwas auf sich warten lassen wuerde, wurde die ehe- und fortpflanzungsfeindliche Haltung vieler Fruehchristen geaendert.

Was immer du hier ausdrückt, auf die Untertöne kann ich gar nicht eingehen, aber Fakt ist, dass die ersten Christen tatsächlich eine sog. Naheerwartung Jesu hatten. D.h. viele glaubten, er kehre noch zu ihren Lebzeiten wieder.

Allerdings schließen Jesu Endzeitreden das schon vom Ansatz her aus, nur gab es das NT ja noch nicht. Es kursierte also herum, Jesus kehre bald wieder. Tendenz zu dieser Haltung zeigte auch Paulus in seinem allerersten Brief, was er aber bereits im Folgebrief korrigiert hatte. Desgleichen mahnte später Petrus in seinen Briefen, indem er zur Geduld aufruft.

Was zeigt das: Jesu Lehre musste auch erst aufgearbeitet werden. Sie stand ja nicht sofort da. Seine grundsätzliche Sendung stand nicht zur Debatte, Mitläufer und Pseudochristen ausgenommen, unter denen Johannes später auch etlche als Antichristen erkannt hatte. Diese hat es wie heute auch schon gegeben und werden den Sohn Gottes wohl oder übel immer anders sehen und seine Lehre verdrehen.

Aber ehe man Stellung zu seiner Lehre nimmt, sprich sie annimmt, ihr kritisch gegenübersteht oder sie verwirft, muss man sie zuerst auch kennnen. Gemeint ist objektiv kennen, was er wirklich gelehrt hatte und nicht was der Kritiker denkt. Und hier stelle ich fest, viele verstehen nicht einmal seine Grundlagen.

Das ist auch der Haken, denn Jesus sagt dazu auch, seine Lehre kann nur der verstehen, der ein offenes Herz hat. Vorurteile und Verschlossenheit ihm gegenüber sind daher Killer seiner Wahrheit näherzukommen.

(10-12-2021, 09:23)Ulan schrieb: Als spaetere roemische Staatsreligion wurde die Kirche dann "domestiziert".

Dem kann und möchte ich gar nicht widersprechen, weshalb ich der Lehre der RKK in nahezu allen Belangen nicht folge. Es geht hier aber um die Lehre Jesu und nicht um die "seiner" Kirchen, egal welche. Alle Kirchen sind das ja nicht einmal. Ich nehme davon auch nicht die Lehre meiner Gemeinde aus.

Es geht um Jesus und seine Lehre. Sprich wer zur Wahrheit geführt werden möchte, der muss sich ihm anvertauen können. Das setzt keine Perfektion voraus, sonst wäre ich ja nie Christ geworden ( Icon_razz ), aber doch die Offenheit und Bereitschaft sich etwas von ihm sagen zu lassen.
#30
@Ulan: Wenn unser Jesusbild von den Evangelisten erschaffen wurde, dann ist er eine literarische Gestalt und Kritik an ihm ist sinnlos; er ist dann - so wie er beschrieben wird - eine fiktive Persönlichkeit mit all den Vorzügen und Schwächen eines fehlbaren Menschen, und dagegen ist nichts einzuwenden. Es kommt mir aber nicht plausibel vor, dass die Evangelisten bzw. der Autor ihrer gemeinsamen Quelle einfach frei drauflos fabuliert haben. Das nimmt auch die historisch-philologische Forschung nicht an. Vielmehr taucht aus der Gesamtheit der vielleicht teilweise nicht authentischen oder verzerrten Aussagen und Erzählungen das Bild einer Persönlichkeit auf, eines Charakters, das in sich geschlossen und stimmig ist und wahrscheinlich beträchtliche Ähnlichkeit mit dem historischen Jesus hat. Vergleichbares gilt übrigens ansatzweise sogar für Apollonios von Tyana, wo die Quellenlage noch viel ungünstiger ist: In der Forschung wird angenommen, dass das Fragment aus Peri thysion entweder aus einer authentischen Schrift des Apollonios stammt oder zumindest seine Auffassung korrekt wiedergibt.

Das ist aber hier nicht das Thema. Über die Historizität wird endlos und ergebnislos debattiert. Mir geht es um den Charakter der Persönlichkeit Jesus, so wie er sich aus den Schilderungen der Evangelisten ergibt. Ich will diesen Charakter einfach unbefangen anschauen, unabhängig von der unlösbaren Historizitätsfrage. Und dabei fällt mir auf, dass dieser Charakter - so wie er beschrieben wird - viel fragwürdiger ist, als Christen und auch viele Nichtchristen anzunehmen pflegen. Auch Leute, die ihn nicht für Gottes Sohn halten, sehen in ihm oft eine makellose Lichtgestalt. Dagegen richtet sich die Kritik in meinem Ausgangsbeitrag.

Das hat übrigens auch eine bedeutende historische Dimension. Alle Welt erregt sich über den Sadismus der Inquisition. Der ist aber nicht aus dem Nichts entstanden.  Es gibt Stellen in den Evangelien, die offensichtlich aus einer sadistischen Grundhaltung heraus geschrieben worden sind. Das ist der Nährboden, auf dem späterer christlicher Sadismus gegenüber Nichtgläubigen und Falschgläubigen (Häretikern) wachsen konnte.

@Helmuth: Der Text Lukas 12,51-53 ist von entwaffnender Offenherzigkeit. Eine korrekte Aussage, es war ja tatsächlich so. Jesus war eine sehr polemische, kämpferische Persönlichkeit. Zweifellos hat er die Entzweiung, die er beschreibt, in die Familien getragen. Das ging bis zum endgültigen Sieg des Christentums im 4. Jahrhundert. Familiäre Bindungen und Freundschaften zerbrachen. Viele frühe Theologen und Kirchenväter traten mit unerhörter Arroganz und Ruppigkeit auf: Sie waren ja im Besitz der absoluten Wahrheit und schimpften gehässig über die Blödheit der dummen Heiden, insbesondere der großen Philosophen, die mangels Bibelkenntnis nichts Wesentliches wirklich verstanden hätten. Die antiken Kulturleistungen hielten sie für Dreck. Entsprechend reagierten die so beschimpften und frontal angegriffenen Heiden. Keinerlei Verständigung, sondern wie Christus sagt: "Meint ihr, dass ich gekommen sei, Frieden auf der Erde zu geben? Nein, sage ich euch, sondern vielmehr Entzweiung." So war es. Unfrieden hat er gestiftet. Aus meiner Sicht war er ein religiöser Fanatiker. Wenn er heute wiederkäme und so aufträte wie damals, würden sämtliche kirchlichen Sektenexperten dringendst vor ihm warnen.


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