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Gott und die Zeit
#1
Apollonios schrieb: …wie du dabei mit dem äußerst schweren Brocken "Zeit" zurechtkommst, musst du noch viel gründlicher überlegen.

Augustin war sich des Problems bewusst. Er meinte: die Zeit konnte nur mit der Schöpfung in die Welt gekommen sein. Gott selbst war und ist ewig und außerhalb der Zeit.

Zu erklären, was Gott denn in dieser zeitlosen Ewigkeit vor der Schöpfung gemacht habe (Conf. XI 13ff.), damit hatte er seine liebe Mühe.

Husserl merkte dazu an:

Die Analyse des Zeitbewusstseins ist ein uraltes Kreuz…
[…]
Der erste, der die gewaltigen Schwierigkeiten, die hier liegen, tief empfunden und sich daran fast bis zur Verzweiflung abgemüht hat, war Augustinus.


Edmund Husserl. Vorlesungen zur Phänomenologie des inneren Zeitbewusstseins, 1966 Den Haag. S. 3 (Husserliana, Bd. 10).
MfG B.
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#2
Das Problem der Zeit ist erst mit der Einführung der Thermodynamik klar geworden, Stichwort "Entropie". Die Entropie beschreibt die Zunahme des Informationsgehaltes eines Vielteilchen-Systems (= unsere Welt) durch Veränderungen. Dies betrifft sowohl die äußere Welt also auch unsere innere Welt. Auf der Skala einzelner Beobachtungen vergeht die Zeit (die Entropiezunahme) auch völlig ungleichmäßig. Dass die Zeit als so gleichmäßig vergehend empfunden wird, liegt an der enormen Menge von Veränderungen praktisch an allen Orten.

Religionsphilosophisch gesehen hebelt die Entropiezunahme jede Prädestination aus. Denn mit einem vorgezeichneten Verhalten wäre die Entropie kleiner als sie es tatsächlich ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
Vom 'thermodynamischen Zeitpfeil' konnte Augustin natürlich nichts wissen. Er hatte aber wohl erkannt, dass in einer Welt, wie wir sie vorfinden, für Gott kein Platz ist. Also hat er diesen außerhalb der Welt (außerhalb der Zeit) verortet und ihn mit komplizierten philosophischen Denkbrücken mit Zeit und Welt verbunden.

So kunstvoll diese Konstrukte auch sein mögen, ein Gott, der außerhalb der Zeit sein soll, kann uns nichts angehen. Er existiert einfach nicht. Das sollte für die fromme Annahme des Verlaufs des Zeitpfeils von der Schöpfung weg bis zum apokalyptischen Ende ebenso Geltung haben wie für das Modell Urknall bis zum Wärmetod größtmöglicher Unordnung, in dem teileinsichtige Fundamentalisten mit viel Krampf einen 'Intelligent Designer' ausmachen wollen.
MfG B.
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#4
(02-02-2022, 00:31)Ekkard schrieb: Das Problem der Zeit ist erst mit der Einführung der Thermodynamik klar geworden, Stichwort "Entropie". Die Entropie beschreibt die Zunahme des Informationsgehaltes eines Vielteilchen-Systems (= unsere Welt) durch Veränderungen. Dies betrifft sowohl die äußere Welt also auch unsere innere Welt. Auf der Skala einzelner Beobachtungen vergeht die Zeit (die Entropiezunahme) auch völlig ungleichmäßig. Dass die Zeit als so gleichmäßig vergehend empfunden wird, liegt an der enormen Menge von Veränderungen praktisch an allen Orten.

Religionsphilosophisch gesehen hebelt die Entropiezunahme jede Prädestination aus. Denn mit einem vorgezeichneten Verhalten wäre die Entropie kleiner als sie es tatsächlich ist.

... A. Einstein meinte dazu, es müsse, außer unserem Zeitbegriff, noch eine gleichmäßig fließende kosmische Zeit geben, ansonsten seien keine zuverlässigen Berechnungen möglich.

Warum aber "Gott" (eine Wesenheit), der außerhalb der Zeit ist, uns nichts "angehen" soll, ist unzureichend durchdacht, denn - niemand kann sagen, wie sich dieser "Gott" innerhalb von Zeit und Raum verhält und welchen Einfluss/Zugriff ER/ES auf das hat, was die Naturwissenschaftler so eifrig beobachten und berechnen? Icon_rolleyes

Gruß von Reklov
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#5
(02-02-2022, 13:09)Bion schrieb: So kunstvoll diese Konstrukte auch sein mögen, ein Gott, der außerhalb der Zeit sein soll, kann uns nichts angehen. Er existiert einfach nicht. Das sollte für die fromme Annahme des Verlaufs des Zeitpfeils von der Schöpfung weg bis zum apokalyptischen Ende ebenso Geltung haben wie für das Modell Urknall bis zum Wärmetod größtmöglicher Unordnung, in dem teileinsichtige Fundamentalisten mit viel Krampf einen 'Intelligent Designer' ausmachen wollen.

Hallo Bion,

... so kunstvoll auch die bemühten wissenschaftlichen "Erklärungen der Welt" sein mögen, können sie dennoch nur "leere Richtigkeiten " auflisten.
Was würdest Du sagen, beurteilte jemand Deine Zeilen als mit viel Krampf ausgefüllt ? Icon_rolleyes

Schon seltsam, dass Du Dich bei so schwierigen Fragen so weit aus Deinem kleinen Fenster rauslehnst, obwohl Du die "ganze Landschaft" in keinem Fall überblicken kannst! 

Die Fragen, welche von der Naturwissenschaft aufgeworfen wurden, weisen tatsächlich unweigerlich über die Naturwissenschaften hinaus!
Nicht ohne Grund vermekte S. Hawking: >> Es ist schwierig, über den Beginn des Universums zu diskutieren, ohne den Gottesbegriff hinzuzuziehen. <<

Und Fred Hoyle vermerkte: >> Ich habe es immer kurios gefunden, dass viele Naturwissenschaftler zwar behaupten, sie hätten mit der Religion nichts im Sinn, diese aber ihr Denken mehr beherrscht als das eines Geistlichen. <<

Der Begriff vom "Intelligenten Designer" ist ja nicht grundlos in der Moderne "aufgetaucht", sondern verdankt diese Wortwahl dem Umstand, dass menschliche Intelligenz in der Lage ist, kosmische Intelligenz zu erkennen und mit Hilfe der Mathematik auch zu berechnen.

Ist es nun Weisheit oder Naivität oder soziale Bedingung, welche diese Wortformel hervorruft? Ist es ein gottgegebener Instinkt, der uns fragen lässt >Wer?<, wenn uns aufgeht, dass hier ein Geist wie unser eigener, diesem jedoch weit überlegener, am Werk war? Oder sollen wir nur eine "kluge Struktur" als erste Ursache zulassen - anstatt eines klugen Wesens?
Wer z.B. spontan fragt: "Wer hat sich das alles ausgedacht?", stellt damit nicht die einzige Frage, die über die Naturwissenschaft hinausweist. Icon_rolleyes

Gruß von Reklov
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#6
(02-02-2022, 14:23)Reklov schrieb: Der Begriff vom "Intelligenten Designer" ist ja nicht grundlos in der Moderne "aufgetaucht", sondern verdankt diese Wortwahl dem Umstand, dass menschliche Intelligenz in der Lage ist, kosmische Intelligenz zu erkennen und mit Hilfe der Mathematik auch zu berechnen

das ist natürlich nicht richtig

der "intelligente designer" ist der hilflose versuch, den "schöpfer" doch noch zu retten, nachdem der primitive vulgärkreationismus ("der schöpfer hat die welt vor 6000 jahren so erschaffen, wie wir sie heute vorfinden") bei auch nur ansatzweise naturwissenschaftlich gebildeten endgültig unhaltbar geworden war

"dass menschliche Intelligenz in der Lage ist, kosmische Intelligenz zu erkennen und mit Hilfe der Mathematik auch zu berechnen", ist zwar deine fixe idee, aber eben nur stinkende heiße luft und nicht die realität
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#7
@Reklov: Ich frage dich, ob es ein Argument gibt, das deine Aussagen und Überzeugungen hinsichtlich eines intelligenten Weltentwurfes widerlegt. Ich würde es allen Ernstes vortragen und untermauern.

Wenn es das nicht gibt, und du nur in Endlosschleife (deiner Meinung nach) Hinweise darauf rezitierst, ist die These zwar nicht widerlegt aber inhaltsleer, irrelevant, ignorabel. Denn immunisierte Thesen, die unwiderlegbar richtig zu sein scheinen, sind ohne Belang, weil sie ihre Wirksamkeit nur durch Vorstellungen ganzer gesellschaftlicher Gruppen entfalten. Aber Ausgedachtes, gleichgültig von wie vielen Vertretern, bewirkt in der tatsächlichen Welt von selbst gar nichts. Alles hängt von Art und Umfang der Umsetzung in Handlungen ab. Daher haben wir es mit Beeinflussung und nicht mit Tatsachen zu tun!
Und das ist genau der Eindruck, der deine Argumentation bei mir (und soweit ich das gelesen habe auch bei anderen) hervor ruft.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#8
(02-02-2022, 14:23)Reklov schrieb: Der Begriff vom "Intelligenten Designer" ist ja nicht grundlos in der Moderne "aufgetaucht"...

In der Tat war das nicht grundlos. Der Begriff "Intelligent Design" wurde erfunden, nachdem Gerichte festgestellt haben, dass Kreationismus keine wissenschaftliche Grundlage hat und im Wissenschaftsunterricht nichts zu suchen hat. Aus dem Grund wurde dann versucht, dem Kreationismus ein pseudo-wissenschaftliches Maentelchen umzuhaengen, weil man es so halt nochmal beim Kampf, in die Wissenschaft einzudringen, versuchen kann.

(02-02-2022, 14:23)Reklov schrieb: ..., sondern verdankt diese Wortwahl dem Umstand, dass menschliche Intelligenz in der Lage ist, kosmische Intelligenz zu erkennen und mit Hilfe der Mathematik auch zu berechnen.

Nein, dass man so etwas berechnen koennte, war schon immer eine Falschaussage. Der Begriff wurde vom "Discovery Institute" im Jahre 1989 lanciert, um Laienpersonen und Gerichte ueber die Absichten hinter ihrer Organisation zu taeuschen, als direkte Folge eines Gerichtsurteils von 1987.

Was aelter ist, ist das teleologische Argument dahinter. Das kennt man schon seit Sokrates und wurde schon oft als nicht schluessig widerlegt, zum Beispiel von Kant.

Was hat das alles aber mit dem Thema des Threads zu tun? Zum Argument von der Entropie kommt wohl nichts? Und Deine - wie immer unbelegten - Zitate sind aus dem Zusammenhang gerissen. Dass die zitierten Personen oft etwas ganz anderes meinten, als was Du aus den Zitaten herausliest, kommt noch dazu.
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#9
(02-02-2022, 14:23)Reklov schrieb: ….dass Du Dich bei so schwierigen Fragen so weit aus Deinem kleinen Fenster rauslehnst,…

Soll wohl heißen, dass dir meine Anmerkungen nicht gefallen. Könntest du versuchen, etwas in der Sache beizutragen?

(02-02-2022, 13:21)Reklov schrieb: ... A. Einstein meinte dazu, es müsse, außer unserem Zeitbegriff, noch eine gleichmäßig fließende kosmische Zeit geben,…

Was genau möchtest du mit diesem Einwand beeinspruchen?

Wo hätte Einstein das, wie du es vorträgst, gesagt? Vielleicht gewöhnst du dir an, die Belegstelle zu nennen, wenn du mit Hilfe großer Namen inhaltsschwache Aussagen machst?

Der kosmologische Zeitpfeil zeigt in die gleiche Richtung wie der thermodynamische. Die Zeit hat mit dem Urknall begonnen und wird mit Zunahme der Entropie im Zustand größtmöglicher Unordnung enden (2. Thermodynamischer Hauptsatz, siehe Ekkards Beitrag).

(02-02-2022, 13:21)Reklov schrieb: Fred Hoyle vermerkte:…

Die Mühe, aufzuzählen, was F. Hoyle alles an Blödsinn vorgetragen hat, insbesondere wenn er sich zu Fragen der Biologie äußerte, erspar ich mir. Selbst in seinem Fach hat er manches Skurrile von sich gegeben. Es gehört auch nicht hier her.

Vielleicht bemühst du dich, das Thema im Auge zu behalten? 

Frage:

Was veranlasst dich zu meinen, dass ein Gott, der außerhalb der Zeit – zeitlos also - existiert, innerhalb derselben wirkungsmächtig ist? Vielleicht versuchst du, die Frage zu beantworten, einfach und sachlich, ohne in durch unpassende  Zitate verbrämtes Geschwafel zu verfallen?
MfG B.
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#10
(01-02-2022, 13:00)Bion schrieb: Zu erklären, was Gott denn in dieser zeitlosen Ewigkeit vor der Schöpfung gemacht habe (Conf. XI 13ff.), damit hatte er seine liebe Mühe.
(02-02-2022, 00:31)Ekkard schrieb: Das Problem der Zeit ist erst mit der Einführung der Thermodynamik klar geworden, Stichwort "Entropie". Die Entropie beschreibt die Zunahme des Informationsgehaltes eines Vielteilchen-Systems (= unsere Welt) durch Veränderungen. Dies betrifft sowohl die äußere Welt also auch unsere innere Welt. Auf der Skala einzelner Beobachtungen vergeht die Zeit (die Entropiezunahme) auch völlig ungleichmäßig. Dass die Zeit als so gleichmäßig vergehend empfunden wird, liegt an der enormen Menge von Veränderungen praktisch an allen Orten.

Religionsphilosophisch gesehen hebelt die Entropiezunahme jede Prädestination aus. Denn mit einem vorgezeichneten Verhalten wäre die Entropie kleiner als sie es tatsächlich ist.

Interessanter Faden. Unsere Ratio und auch die Logik selbst ist untrennbar mit einem "wenn => dann" verknüpft. Untrennbar mit der Zeit verknüpft. Ohne Zeit gibt es auch keine logischen Aussagen. Fragestellung, was Gott "vor" der Zeit gemacht hat, ist unsinnig, da dieses "vor" zeitlich vor dem Anfang der Zeit "hüpft", wo es sie noch gar nicht gab. Und auch das "was Gott gemacht hat" ist ein Vorgang, den wir uns ohne Zeit nicht vorstellen können, das Machen ist ein Vorgang, der nur in der Zeit sinnvoll ist.

Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik ist für den Physiker inhärent mit der Zeit verknüpft. Dass die Entropie S (Definition: S = k ln(Ohm), mit k Boltzmann Kontante, Ohm Anzahl der Zustände)) mit der Zeit zunimmt, ist zwar nur eine Frage der Wahrscheinlichkeit. Aber das Gegenereignis ist so extrem unwahrscheinlich, das es unmöglich ist. Wenn bei dem Apfel, der mit Raumtemperatur bei mir auf dem Tisch liegt, alle seine 10 hoch 24 Moleküle zufällig nach oben schwingen würden, würde er in die Luft schießen wie eine Rakete, und die Entropie würde abnehmen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist unvorstellbar nahe bei Null, nämlich 1 durch (2 hoch 10 hoch 24). Deswegen gibt es kein "Apfel-Raketen-Wunder" obwohl es rein theoretisch möglich wäre.

Und interessant sind auch Überlegungen, was der "Wärmetod größtmöglicher Unordung" ist. Ist das eine völlig homogene Ursuppe (oder "Endsuppe")  aus Neutrinos, wenn das letzte Proton zerfallen ist, in "10 hoch 500 Jahren"? (Zeit wäre genug da, ich spendiere im Zweifelsfalle 10 hoch 10000 Jahre, um das Süppchen durch kräftiges Rühren schön homogen zu machen) Bei einer völlig homogenen Endsuppe wäre ja auch das gesamte Universum ein Zustrand, der von unendlicher Entropie (S = unendlich) zu einem Sustand S = 1 einen "Phasenwechsel" macht, also einen neuen Urknall?! Und dann geht die Gaudi von vorne los?  Das nur als Gedankenexperiment.
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#11
(02-02-2022, 17:52)Bion schrieb: Frage:

Was veranlasst dich zu meinen, dass ein Gott, der außerhalb der Zeit – zeitlos also - existiert, innerhalb derselben wirkungsmächtig ist? Vielleicht versuchst du, die Frage zu beantworten, einfach und sachlich, ohne in durch unpassende  Zitate verbrämtes Geschwafel zu verfallen?


Ich darf hier vielleicht eine Antwort versuchen: die alte Erzählung des Zweistromlands, die die Sippe Abraham ins Niltal mitschleppte und dort von Moses aufgegriffen und in diejenige Fassung verschriftet wurde, die heute bei den Juden Tanach heißt (Hauptteil Thora mit seiner Schöpfungsgeschichte), bei den Christen Altes Testament, bei Mohammed Koran

Man kann trotz des Umstands, daß Hebräisch und Arabisch semitische Sprachen sind, nicht sagen, daß die Schöpfungsgeschichte eine "altsemitische" Tradition wäre

Die Sippe Abraham (ursprünglicher Name Abram) war ja eine aus der Hochkultur der keinesfalls der semitischen Welt angehörenden Sumerer vertriebene Zauberersippe unbekannter Ethnie
Das Reich der Sumerer war ja ein Vielvölkerstaat

Das Gilgamesch Epos gibt der Fachwelt ja seit hundert Jahren Rätsel auf !
Auch die garstige Sindhfluterzählung stammt von dort.

Als die Kultur der Sumerer längst untergegangen war (die Ursache ist noch unklar, warum dieses fortschrittliche Großreich zugrunde ging), wurde Schöpfungsgeschichte und Fluterzählung von semitischen Nomadenstämmen (Hyksos die dann im Niltal zu Israeliten gemacht wurden und außerhalb des Niltals Araber) dankbar aufgenommen, aber leider etwas verfälscht und verdorben im Laufe der vielen Jahrhunderte

Aber dennoch schimmert etwas durch: daß Gott der Anfang war, der alles schuf

Materialisten, die die Materie verehren, verwerfen das freilich

Aber ich nehme Karl Marx nicht ab, daß er ein makelloses Materialist war, er stammt ja aus einer uralten Rabbinerfamilie
Eher tippe ich auf eine innerjüdische Sekte. Sadduzäer ?
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#12
Hallo 'pagus',
ein paar Anmerkungen und Hinweise ...

(08-05-2022, 10:18)pagus schrieb: Unsere Ratio und auch die Logik selbst ist untrennbar mit einem "wenn => dann" verknüpft. Untrennbar mit der Zeit verknüpft. Ohne Zeit gibt es auch keine logischen Aussagen.
Öhm, das sind so "hingerotzte" (sorry!) Behauptungen, die man erst einmal sorgfältig auf ihre Gültigkeit abklopfen müsste. Die mathematische Logik gilt beispielsweise zeitlos. Und Wenn-Dann-Beziehungen gelten nur makroskopisch. Im Mikrokosmos vertauschen Ursache und Wirkung schon mal ihre Reihenfolge. Und was im Urknall passiert ist, hat eher den Charakter eines (zunächst) mikroskopischen Ereignisses, bis sich im entstehenden Universum die Quantenvorgänge entkoppeln konnten (und damit dem Zeitpfeil folgen).

(08-05-2022, 10:18)pagus schrieb: Fragestellung, was Gott "vor" der Zeit gemacht hat, ist unsinnig, da dieses "vor" zeitlich vor dem Anfang der Zeit "hüpft", wo es sie noch gar nicht gab. Und auch das "was Gott gemacht hat" ist ein Vorgang, den wir uns ohne Zeit nicht vorstellen können, das Machen ist ein Vorgang, der nur in der Zeit sinnvoll ist.
Wenn man einen "machenden Gott" unterstellt, der über das gerade entstehende Universum geherrscht hat im Sinne, dass ER etwas erschaffen hat, dann ist dieser Gott heute nach rund 15 Milliarden Jahren entweder 15 Milliarden Lichtjahre weit weg oder auf das Volumen des heutigen Universums gleichmäßig verteilt (verdünnt). Wie immer man das denkt, es kommt Unsinn heraus.

Im übrigen ist die Entropie ein stochastischer Zustand so ähnlich wie auch die Temperatur. Die Zunahme der Entropie ist ausschließlich statistisch zu verstehen (also bereits ein Mittelwert ohne Beachtung von Einzelereignissen). Deine "Gegenereignisse" sind daher irrelevant, aber nett zu lesen.

(08-05-2022, 10:18)pagus schrieb: Und interessant sind auch Überlegungen, was der "Wärmetod größtmöglicher Unordung" ist. Ist das eine völlig homogene Ursuppe (oder "Endsuppe")  aus Neutrinos, wenn das letzte Proton zerfallen ist, in "10 hoch 500 Jahren"? (Zeit wäre genug da, ich spendiere im Zweifelsfalle 10 hoch 10000 Jahre, um das Süppchen durch kräftiges Rühren schön homogen zu machen)
Der "Wärmetod" ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts als man sich noch nichts anderes als die Thermodynamik denken konnte. Man darf vermuten, dass vorher der Massenhintergrund soweit verdünnt ist, dass Massen nicht mehr als Teilchen existieren, sondern sich in ein Strahlungsfeld verwandeln. Dessen Physik kennen wir um Augenblick überhaupt nicht.

Du hast zwar Recht: Zeit ist genug da. Aber wir können Phasensprünge der vorgenannten Art über derart große Zeiträume nicht vorhersehen. Sollte die Entropie im finalen Strahlungsfeld einen konstanten Wert annehmen, würde die Zeit einfach aufhören.
Darüber hinaus würden sich alle Galaxien hinter den Ereignishorizont der Rotverschiebung zurücksziehen, sich also mit mehr als Lichtgeschwindigkeit von uns weg bewegen, was bedeutet, dass die Materie noch viel früher aufhörte zu existieren.

Natürlich sind das alles "kosmologische Hypothesen" - im Grunde: besseres Nichtwissen!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#13
(02-02-2022, 13:09)Bion schrieb: . . . Ein Gott, der außerhalb der Zeit sein soll, kann uns nichts angehen. Er existiert einfach nicht.


Ja, da hast Du recht. Gott existiert für uns nicht. Er ist sozusagen - und sehr ratlos ausgedrückt - in einer anderen Dimension.

In unserem Leben ist er nicht existent! Das war nicht immer so - Adam und Eva redeten noch mit ihm, sagt zumindest der Tanach
Aber für uns heute ist er nicht da - zumindest nicht so wie ein Vater. Angeblich kann man Wellen zu ihm schicken - man nennt das Gebet
Eine Art Telepathie ? Wer will das schon wissen

Wir Menschen heute müssen jedenfalls ohne Gott zurecht kommen. Er macht uns keine Kleider (wie dem Adam und der Eva)
Er schützt uns nicht - ohne Waffen wären wir aufgeschmissen. Wir müssen Häuser bauen, diese sogar einheizen, wir müssen Versicherungen aufbauen, Ärzte ausbilden, Spitäler errichten, schmerzstillende Drogen anbauen (Opium) und Narkosemittel erzeugen, Röntgen und andere bildgebende Verfahren organisieren, nützliche Tierrassen züchten, schädliche oder aggressive Tierrassen ausrotten, nützliche Pflanzenarten entwickeln, Unkraut vernichten, Penicillin erzeugen, Impfungen durchführen, nach Öl bohren, eben unser Leben, unseren Alltag organisieren

Zu sagen "ich brauche keine Krankenversicherung, der liebe Gott wird mich schon schützen" wäre ebenso verrückt, wie wenn man dem Papst nahelegen würde, seine Papstwache mit Schreckschußpistolen auszurüsten und das Vertrauen auf den Schutz durch Gott überhaupt am besten gleich dadurch zu demonstrieren, daß er das gepanzerte Papamobil weggibt und stattdessen mit einer gewöhnlichen Limousine durch die Menschenmassen fährt
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#14
(08-05-2022, 21:28)Ekkard schrieb:
(08-05-2022, 10:18)pagus schrieb: Unsere Ratio und auch die Logik selbst ist untrennbar mit einem "wenn => dann" verknüpft. Untrennbar mit der Zeit verknüpft. Ohne Zeit gibt es auch keine logischen Aussagen.
Öhm, das sind so "hingerotzte" (sorry!) Behauptungen, die man erst einmal sorgfältig auf ihre Gültigkeit abklopfen müsste. Die mathematische Logik gilt beispielsweise zeitlos.

Da hat Pagus schon recht! Das Wort "dann" ist ein Begriff das einen Zeitablauf beschreibt. Es bedeutet "später"


(08-05-2022, 21:28)Ekkard schrieb: Wenn man einen "machenden Gott" unterstellt, der über das gerade entstehende Universum geherrscht hat im Sinne, dass ER etwas erschaffen hat, dann ist dieser Gott heute nach rund 15 Milliarden Jahren entweder 15 Milliarden Lichtjahre weit weg . . .

Ich sehe das nicht so. Wenn Gott Deiner Ansicht nach 15 Milliarden Jahre alt ist, dann ist er aber nicht 15 Milliarden Lichtjahre weit weg.
Ein banales Beispiel: Rexi der Schäferhund ist drei Jahre Alt. Ist er deshalb drei Lichtjahre weit weg ??


(08-05-2022, 21:28)Ekkard schrieb: Der "Wärmetod" ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts als man sich noch nichts anderes als die Thermodynamik denken konnte.

Der "Kältetod" ist viel wahrscheinlicher - wenn nämlich die Zivilisation verkümmert (Deindustrialisierung) und die AKW aufgelassen werden, die Kohlekraftwerke auch geschlossen, keine Flußkraftwerke wegen der Augebiete gebaut werden, kein Erdöl und kein Erdgas gefördert und verbrannt werden, dann haben wir saubere Luft wie vor 8000 Jahren in der Eiszeit und in Kairo wo jetzt 24 Millionen Ägypter leben (eh zu viel) werden dann Pinguine leben und von aggressiven Eisbären zerfleischt werden

Und die menschenleere Welt wird dann in ein paar Millionen Jahren in den Bannkreis der Sonne kommen, ihr immer näher kommen, schließlich kommt dann der "Wärmetod" der Pinguine und Eisbären und Wale, aber was schert uns das ??
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#15
Sinai, der Einwand von Ekkart, das Logik nicht untrennbar mit Zeit verknüpf sein muss, ist schon bedenkenswert.
Beim wenn => dann ist die Zeit dabei das ist klar. 
Aber muss bei Mathematik die Zeit immer dabei sein?

So wie ich Mathe kenne, muss die Zeit bei Mathe schon dabei sein, z.B. folgende mathematischer Gleichung:

wenn a=b und a=c dann b=c

D.h. das mathematische "wenn" ist eine Bedingung, und das mathematische "dann" ist dann eine Folge. Die Folge muss immer zeitlich hinter der Bedingung sein.
Benötigt also jeder mathematische Beweis die Zeit? das berühmte q.e.d. der Lateiner heisst ja, dass jemand was gezeigt hat. Das beweisen und zeigen ist auch etwas, wo die Zeit benötigt wird. Ekkart müsste uns also zumindest ein Beispiel aus der mathematischen Logik nennen, das keine zeit benötigt, wenn er widerlegen will, dass diese untrennbar mit der Zeit verknüpft ist. Und ich muss zugeben, das ich Mathe nicht so gut kenne wie ein Mathekmatiker.

Was den "machenden Gott" anbelangt, dann beziehe ich mich nur auf das Eingangsstatement, wo auf Augustinus referenziert wird.
Mit selbst ist ein machender Gott jenseits von Zeit und Raum auch nicht plausibel.

Ekkarts Einwand mit der Quantenmechanik ist schon ganz nett. Aber: wir reden hier nicht über Quantenmechanik, sondern über die makroskopische Welt. Wenn wir über die Quantenmechanik reden würden, dann müssten wir viele unserer Worte, das wir in dieser Debatte benutzen, auf dem Prüfstand stellen. Denn unsere Worte (und ja, auch unsere Logik) ist unserem "makroskopischen" Erfahrungshintergrund entstanden, wo ein Teilchen eindeutig ein Teilchen und eine Welle eine Welle ist. Der Hinweis auf die Quantenmechanik vernebelt (hier!) die Debatte eher, als das es zur Klärung beiträgt. Im Makroskopischen haben wir unsere Worte, die Zeit und die Logik.

Aber Quantenmechanik und Weltallanfang sind bezüglich Erkenntnistheorie analog, von daher ist der Hinweis wieder interessant (Vermutlich wollte Ekkart auf diese Analogie auch hinweisen, ohne es explizit zu tun):
Im Grunde stehen wir Menschlein hier im makroskopischen, geprägt durch Sprache, die im Makroskopischen entstand, bei uns als wir als Baby mit dem Ball spielten und mit der Babyhand im Wasser Wellen erzeugt hatten. Und wir denken mit einer Logik, die auch an unsere kleine Zeit gekettet ist  (behaupte ich mal als Hypothese, bis mir Ekkart das Gegenteil beweist).

Und mit diesen Werkzeugen Sprache und Logik versuchen wir dann in Bereiche vorzustoßen, die ganz jenseits unserer Erfahrungswelt sind, die uns unsere Werkzeuge Sprache, Denken und Logik erst erschaffen und gegeben haben. Analog zur Quantenmechanik, bei der es offensichtlich und durch Experimente beweisbar ist das unsere Sprache die Wirklichkeit nicht beschreiben kann, und auch das Ursachen Wirkungsprinzip ausser Kraft gesetzt sein kann, müssen wir Sprache und Logik auch in Frage stellen bei den Vorgängen, die am Anfang und am Ende eines Weltalls passieren. 

Da wir aber nichts anderes haben, sind wir an Logik und Sprache gekettet.
Das ist das Dilemma.
Und ob uns hier die Mathematik aus der Patsche hilft, ist fraglich.

Zum Wärmetod:
Wenn wir über den zweiten Hauptsatz reden, sind wir im 19. Jahrhundert, da brauchen wir zunächst keine Quantenmechanik. Ob alle Materie zerfallen wird, dafür gibt es (meines Wissens) noch keinen Beweis, wobei viele Physiker davon ausgehen. im Kopf habe ich, dass die Halbwertzeit des Protons größer als 10 hoch 35 Jahre ist, ob es aber zerfallen wird, weiss man nicht. Für meine "Endsuppe" habe ich einfach angenommen, dass das Proton und alle Materie zerfallen wird (dazu bräuchten wir die Quantenmechanik natürlich schon). Analog wenn ich einen Tintenkleks ins Wasser schütte und umrühre, dann sorgt der zweite Hauptsatz dafür, das er sich homogen vermischt. Nun ist das Weltall kein Wassertopf, ich weiss. Aber ich spreche eben auch von einem Gedankenexperiment, ohne das durchrechnen zu können. 

Wenn also das letzte Proton zerfallen sein sollte, haben wir nur noch Elektronen, Positronen und Neutrinos, die Anfangs natürlich unhomogen verteilt sind, weil in einer Galaxie zerfallen viel mehr Protonen als im Interstellaren Raum. Wenn alle Teilchen zerfallen sind: Wie der Tintenklecks (=Elektronen, Positronen und Neutrions) im Wasser (=Weltall), haben wir genügend Zeit, dass diese Teilchensuppe auch bei schwacher Wechselswirkung sich im Laufe der "Jahrmyriarden" komplett homogen verteilt. 

Und dann ist, wie Ekkart ganz richtig schreibt, die Zeit buchstäblich zu Ende.

Und meine Vorstellung ist nun die (gesetzt den Fall, wir bekämen ein vollständig homogenes Univerum), dass wir hier einen Phasenübergang von (fast) unendlich vielen Zuständen des Elektron/Positron/Neutrino-Sees hin zu EINEM Zustand. Ein vollständig homogenes Univerum wäre dann Ohm = 1 und die Entropie S = ln (Ohm) = 0. Die Entropie wäre schlagartig wieder Null.

Ist nur so ein Gedankengang...
Aber ob der olle Gott da mitspielt, ist auch wieder unklar.
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