Sumerischer ↗Mythos von der Zeit vor der Entstehung der Welt (1) aus Nibru (↗Nippur)
Das Textfragment ist im Besitz der Universität Yale (Yale Babylonian Collection). Der Text ist schlecht erhalten und schwer zu übersetzen. Seine erste Bearbeitung wurde von Jan van Dijk (niederländischer Orientalist, 1915-1996) vorgenommen. Das Entstehen des Textes wird zeitlich der ↗Ur-III-Zeit zugeordnet.
Als Erstes machte ↗An, der Herr, Licht. Zuvor hatte Dunkelheit geherrscht. Es gab noch keine Sterne1. In die Unterwelt konnte nicht geschaut werden.
Nichts war geschaffen. ↗Himmel und Erde waren voneinander noch nicht getrennt2. Die Götter (Annuna3) waren noch nicht geboren.
1) Im Text wörtlich: Der Himmel war nicht geschmückt.
2) Im Text wörtlich: Himmel und Erde waren noch verbunden. Sie hatten noch nicht geheiratet.
3) In sumerischen Texten die Kollektivbezeichnung eines (lokalen) Pantheons
Sumerischer Mythos von der Zeit vor der Entstehung der Welt (2) aus Girsu
Zeitliche Zuordnung: ↗Frühdynastische Zeit.
Der Text stammt aus ↗Girsu (Stadtstaat ↗Lagasch) und befindet sich im Louvre-Museum. Er handelt von der Zeit, in der Himmel und Erde noch nicht getrennt waren. Es gab noch keine Götter, keine Gestirne und auch noch keine Vegetation.
Die Deutung des Textes ist schwierig. Im Folgenden wird der zugängliche Text weitgehend wörtlich übersetzt wiedergegeben.
[…]4
Würmer(?) sollen (in der Erde) umhergehen
Die (personifizierte?) Erde soll strahlend erscheinen (soll wohl heißen: mit Licht erfüllt sein)
mit Rinnen umgebene Landflächen
Gefüllt aus einem Loch im Boden mit Wasser 5
An, der Herr, trat auf wie ein junger Mann
Himmel und Erde begannen miteinander zu sprechen
Götter gab es noch nicht
Es gab weder ↗Enlil6 noch ↗Ninlil7
Es gab nur Lehm und keine Pflanzen
Es gab weder Tag (und ↗Sonne) noch Nacht und ↗Mond
4) Der Anfang des Textes ist nicht erhalten. Vorausgesetzt wird, dass er inhaltlich etwa (auch) das abdeckte, was im Textfragment von Nibru beschrieben ist.
5) Möglicherweise ist das so zu verstehen, dass die Voraussetzungen für den Anbau von Getreide und Gemüse schon geschaffen waren.
6) Enlil - nach der theologischen Tradition Nippurs Oberhaupt des sumerischen Pantheons
7) Ninlil – Frau des Götterkönigs Enlil, Wind- und Luftgöttin, auch Göttin des Gebirges
Beide Texte beschreiben den Zustand vor der Trennung von Himmel und Erde. Erst mit der Trennung entsteht der ↗Kosmos und damit die ↗Zeit. Erst mit dem Kosmos entsteht ein sphärischer Raum mit drei Ebenen. Das Oben (Himmel, sumerisch An, akkadisch Schame), die Mitte (Erde, sumerisch Ki, akkadisch Ersetu) und das Unten (Kur, das ↗Totenreich), in das alles Lebendige nach dem Tod eingeht. Die Erde, die man sich als kreisrunde oder quadratische Platte vorgestellt hatte, ist von salzigem Wasser umgeben, begrenzt von den vier Weltgegenden (erbet kibratim), und schwimmt auf einem Süßwasserozean (sumerisch ↗Abzu, akkadisch Absu), aus dem alle Quellen, Flüsse und Süßwasserseen gespeist werden.
Zwischen den Ebenen, die den äußeren Rahmen der Welt bilden, befinden sich die beweglichen und zugleich verbindenden 'Elemente' Wasser und Luft.
Wie in der biblischen Schöpfungserzählung auch, wird zunächst das Licht und erst später die Sonne (Mond und Sterne) geschaffen.
Literatur:
Willem H. Ph. Römer, Dietz Otto Edzard in: Texte aus der Umwelt des Alten Testaments (TUAT), Hg. Otto Kaiser. 19 Bände, 1982-1997 Gütersloh. Gütersloher Verlagshaus, Band III (1993), Lieferung 3. Mythen und Epen I
Anni Caubet, Patrick Pouyssegur. Der Alte Orient. 2001 Frechen. Komet Verlagsgesellschaft.
Brigitte Groneberg. Die Götter des Zweistromlandes. 2004 Düsseldorf. Patmos-Verlag.
● Zum Inhaltsverzeichnis des Lexikons
Das Textfragment ist im Besitz der Universität Yale (Yale Babylonian Collection). Der Text ist schlecht erhalten und schwer zu übersetzen. Seine erste Bearbeitung wurde von Jan van Dijk (niederländischer Orientalist, 1915-1996) vorgenommen. Das Entstehen des Textes wird zeitlich der ↗Ur-III-Zeit zugeordnet.
Als Erstes machte ↗An, der Herr, Licht. Zuvor hatte Dunkelheit geherrscht. Es gab noch keine Sterne1. In die Unterwelt konnte nicht geschaut werden.
Nichts war geschaffen. ↗Himmel und Erde waren voneinander noch nicht getrennt2. Die Götter (Annuna3) waren noch nicht geboren.
1) Im Text wörtlich: Der Himmel war nicht geschmückt.
2) Im Text wörtlich: Himmel und Erde waren noch verbunden. Sie hatten noch nicht geheiratet.
3) In sumerischen Texten die Kollektivbezeichnung eines (lokalen) Pantheons
Sumerischer Mythos von der Zeit vor der Entstehung der Welt (2) aus Girsu
Zeitliche Zuordnung: ↗Frühdynastische Zeit.
Der Text stammt aus ↗Girsu (Stadtstaat ↗Lagasch) und befindet sich im Louvre-Museum. Er handelt von der Zeit, in der Himmel und Erde noch nicht getrennt waren. Es gab noch keine Götter, keine Gestirne und auch noch keine Vegetation.
Die Deutung des Textes ist schwierig. Im Folgenden wird der zugängliche Text weitgehend wörtlich übersetzt wiedergegeben.
[…]4
Würmer(?) sollen (in der Erde) umhergehen
Die (personifizierte?) Erde soll strahlend erscheinen (soll wohl heißen: mit Licht erfüllt sein)
mit Rinnen umgebene Landflächen
Gefüllt aus einem Loch im Boden mit Wasser 5
An, der Herr, trat auf wie ein junger Mann
Himmel und Erde begannen miteinander zu sprechen
Götter gab es noch nicht
Es gab weder ↗Enlil6 noch ↗Ninlil7
Es gab nur Lehm und keine Pflanzen
Es gab weder Tag (und ↗Sonne) noch Nacht und ↗Mond
4) Der Anfang des Textes ist nicht erhalten. Vorausgesetzt wird, dass er inhaltlich etwa (auch) das abdeckte, was im Textfragment von Nibru beschrieben ist.
5) Möglicherweise ist das so zu verstehen, dass die Voraussetzungen für den Anbau von Getreide und Gemüse schon geschaffen waren.
6) Enlil - nach der theologischen Tradition Nippurs Oberhaupt des sumerischen Pantheons
7) Ninlil – Frau des Götterkönigs Enlil, Wind- und Luftgöttin, auch Göttin des Gebirges
Beide Texte beschreiben den Zustand vor der Trennung von Himmel und Erde. Erst mit der Trennung entsteht der ↗Kosmos und damit die ↗Zeit. Erst mit dem Kosmos entsteht ein sphärischer Raum mit drei Ebenen. Das Oben (Himmel, sumerisch An, akkadisch Schame), die Mitte (Erde, sumerisch Ki, akkadisch Ersetu) und das Unten (Kur, das ↗Totenreich), in das alles Lebendige nach dem Tod eingeht. Die Erde, die man sich als kreisrunde oder quadratische Platte vorgestellt hatte, ist von salzigem Wasser umgeben, begrenzt von den vier Weltgegenden (erbet kibratim), und schwimmt auf einem Süßwasserozean (sumerisch ↗Abzu, akkadisch Absu), aus dem alle Quellen, Flüsse und Süßwasserseen gespeist werden.
Zwischen den Ebenen, die den äußeren Rahmen der Welt bilden, befinden sich die beweglichen und zugleich verbindenden 'Elemente' Wasser und Luft.
Wie in der biblischen Schöpfungserzählung auch, wird zunächst das Licht und erst später die Sonne (Mond und Sterne) geschaffen.
Literatur:
Willem H. Ph. Römer, Dietz Otto Edzard in: Texte aus der Umwelt des Alten Testaments (TUAT), Hg. Otto Kaiser. 19 Bände, 1982-1997 Gütersloh. Gütersloher Verlagshaus, Band III (1993), Lieferung 3. Mythen und Epen I
Anni Caubet, Patrick Pouyssegur. Der Alte Orient. 2001 Frechen. Komet Verlagsgesellschaft.
Brigitte Groneberg. Die Götter des Zweistromlandes. 2004 Düsseldorf. Patmos-Verlag.
● Zum Inhaltsverzeichnis des Lexikons
MfG B.