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Gottesliebe, Nächstenliebe, Selbstliebe
#46
OT von Sinai entfernt.
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#47
(29-04-2022, 14:38)Reklov schrieb: ... Beschimpfungen sind keine gute Hilfe bei der Selbsterkenntnis, sondern Freunde sollten einen stets in sachlicher Art und Weise auf Fehler aufmerksam machen (können)!

Den von dir angesprochenen "blinden Fleck" empfinde ich nicht so, da ja eine Bibelstelle Jesus damit zitiert: >> Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht? <<

Ob aber "liebevolle Selbstakzeptanz" schon mit Nächstenliebe in Verbindung gebracht werden soll/kann, bleibt fraglich - denn - wer sich und seine Fehler "liebevoll" akzeptiert (und pflegt), kann auch unbelehrbar und sehr störrisch auf Kritik zu seinen Fehlern reagieren. Warum sollte er sich denn ändern, schließlich ging es ihm ja mit seinen "Macken" bisher recht gut.

Es gibt nicht nur Freude im Leben, mit denen ich kommuniziere, und auch zwischen Freunden oder Ehepartnern oder Kindern kann es Streit geben. Dein "sollte" ist richtig, aber es sind ja gerade  unsere inneren baustellen, die uns hindern, das "sollte" zu erfüllen.

Das mit der Bibelstelle ist richtig, Reklov, an diese Bibelstelle hatte ich gar nicht gedacht. Das ist eine Aufforderung von Jesus, auch seine eigenen Fehler zu reflektieren. Diese Selbstreflexion ist ein wichtiger Bestandteil der "liebevollen Selbstakzeptanz". Kennst du noch weitere Beispiele im neuen Testament?

Deine Begründung, warum liebevolle Selbstakzeptanz nicht mit Nächstenliebe in Verbindung gebracht wird, überzeugt mich nicht. Was hinter deinem - denn - kommt, ist genau das Gegenteil dessen, was ich in meinem letzten Posting geschrieben habe. Liebevoll meint nicht, dass man seine Schwäche hätscheln soll. Nimm das Bild einer Mutter mit ihrem ungezogenen Kind: wenn das Kind Unfug macht, wird die Mutter dem Kind Grenzen setzen, obwohl (oder weil) es ihr Kind liebt. Genauso ist es mit der liebevollen Selbstakzeptanz: dort, wo sich mein Unterbewusstsein wie ein ungezogenes Kind verhält, kann meine Ratio diesen "Unfug" erst einmal: 
  1. im ersten Schritt erkennen (ähnlich wie die Jesus-Metapher mit dem Balken in meinem Auge)
  2. im zweiten Schritt liebevoll annehmen als Teil einer Realität über mich (wie eine Mutter ihr Kind akzeptiert und liebt)
  3. um dann erst die Voraussetzung zu haben, um im dritten Schritt diesen Unfug ändern zu können.
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#48
Warum eröffnet ihr nicht einen eigenen Faden zum Helfersyndrom? Hier hat das Thema gar nichts verloren. Ich finde es sehr schade, dass diese Diskussion hier parallel läuft, eine fruchtbare Diskussion wird dadurch fast unmöglich. ?
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#49
Da bei einigen Leuten gutes Zureden nicht hilft, wurde die Diskussion zum Helfersyndrom nach hier verschoben.
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#50
Ich durchforste die Bibel gerade zum Thema Selbstliebe. Ich finde nicht viel. 
Z.B. hier Epheser 5, 28 ff:
Wer seine Frau liebt, der liebt sich selbst. 29 Denn niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst; sondern er nährt und pflegt es wie auch Christus die Gemeinde. 30 Denn wir sind Glieder seines Leibes.

Hier wird die Selbstliebe als gegeben vorausgesetzt: 
Denn niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst; sondern... 
D.h. all diejenigen, die sich selbst hassen, die gibt es (per Definition!) nicht.
Im Grunde wird jeder Selbstzweifel, Selbsthass, eigene Unsicherheit, Depression, etc. ausgeblendet bzw. negiert, nach dem Motto: das gibt es nicht. Im Grunde ist das jenseits jeder Lebenserfahrung, und überhaupt nicht dran an Diakonie und Caritas. Wenn jemand, der von Selbstzweifeln, Unsicherheit, Selbsthass, Suizidgedanken geplagt wird, und der Rat bei seinem christlichen Seelsorger sucht, und der muss ihm dann erklären: niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst

Dieser arme Wicht muss sich doch total veräppelt vorkommen, oder?
Das heisst, er bekommt als Ratschlag gesagt, dass es seine Probleme gar nicht gibt.

Es ist durchaus ein "blinder Fleck des Evangeliums". Es ist schon verwunderlich, das ich hier keine innerchristliche Debatte zu diesem Thema wahrnehme.

Oder sehe ich das falsch?
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#51
(02-05-2022, 12:29)pagus schrieb: Es ist durchaus ein "blinder Fleck des Evangeliums". Es ist schon verwunderlich, das ich hier keine innerchristliche Debatte zu diesem Thema wahrnehme.

Oder sehe ich das falsch?

Hallo pagus,

... das ist nicht verwunderlich - denn - die Psychoanalyse ist ein sehr junge Wissenschaft.

In früheren Zeiten wurden seelische "Probleme" von nicht dazu ausgebildeten Personen bearbeitet  -  z.B. vom Geistlichen, der sich im Beichtstuhl die Nöte seiner Schäfchen "anhörte".

Erst S. Freud begann damit, das Seelenleben der Menschen "wissenschaftlich" zu erforschen.

Irgendwie scheint er aber mit sich selbst (aus mancherlei Gründen) auch nicht so recht im Reinen gewesen zu sein, denn er war dem Nikotin-Genuss verfallen. Wegen seines hohen Zigarrenkonsums litt er an Gaumenkrebs. Er starb in London an einer Überdosis Morphium, um die er seinen Arzt gebeten hatte.
Ob die verheerenden Folgen des Rauchens schon damals mit der seit 1895 entwickelten Röntgentechnik allen Rauchern als Warnung hätten dienen können, oder einfach verdrängt/verschwiegen wurden, vermag ich nicht zu sagen.

Gruß von Reklov
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#52
Nun ja, so jung ist die Psychoanalyse nicht. Seit Siegmund Freud sind mehr als 100 Jahre vergangen, bei der eine innerchristliche Debatte hätte erfolgen können...

Ausserdem braucht man dazu keine Psychoanalyse.
Etwas Logik und Lebenserfahrung reicht schon, um festzustellen, dass es sowohl in mir als auch in jedem meiner Mitmenschen seelische Baustellen gibt, die Probleme bereiten und mit-verursachen, dass die Gebote nicht eingehalten werden. Und dass es besser wird, wenn ich selbst diese Baustellen (1) erkenne, (2) akzeptiere und (3) daran arbeite.
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#53
(02-05-2022, 12:29)pagus schrieb: Dieser arme Wicht muss sich doch total veräppelt vorkommen, oder?
Das heisst, er bekommt als Ratschlag gesagt, dass es seine Probleme gar nicht gibt.

Es ist durchaus ein "blinder Fleck des Evangeliums". Es ist schon verwunderlich, das ich hier keine innerchristliche Debatte zu diesem Thema wahrnehme.

Oder sehe ich das falsch?

Nun, die Bibel ist halt ein vormodernes Buch. "Psychologie" als Wissenschaft gab es damals noch nicht. Krankheit war Ausdruck von Suende, also selbstverschuldet, auch wenn einige Buecher der Weisheitsliteratur daran schon ruettelten (Ijob, Kohelet).

Im Prinzip muss man da moderne christliche Literatur nehmen. Bei einem seit fast 2000 Jahren eingefrorenen Schriftenkanon laesst es sich halt schwer modernisieren.
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#54
(02-05-2022, 12:29)pagus schrieb: Wer seine Frau liebt, der liebt sich selbst. 29 Denn niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst

seine Frau - sein eigenes Fleisch???

oh-oh...

wenn man unbedingt den antipatriarchalen shitstorm abbekommen will, bitte sehr...

im ernst: es hat doch keinen sinn, sich am text der bibel (die ja auch nur als übersetzung gelesen wird) aufzuhängen und damit wort zu klauben

die texte wurden in einem bestimmten historischen kontext geschrieben, mit bestimmter absicht verfaßt, und gleiches gilt für die übersetzungen

worauf es ankommt, ist doch, welchen sinn man selbst und heute diesen texten entnimmt - was eigentlich bedeutet: in sie hinein interpretiert
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#55
(02-05-2022, 13:01)Reklov schrieb: Irgendwie scheint er aber mit sich selbst (aus mancherlei Gründen) auch nicht so recht im Reinen gewesen zu sein, denn er war dem Nikotin-Genuss verfallen. Wegen seines hohen Zigarrenkonsums litt er an Gaumenkrebs. Er starb in London an einer Überdosis Morphium, um die er seinen Arzt gebeten hatte.
Ob die verheerenden Folgen des Rauchens schon damals mit der seit 1895 entwickelten Röntgentechnik allen Rauchern als Warnung hätten dienen können, oder einfach verdrängt/verschwiegen wurden, vermag ich nicht zu sagen

von der selbstliebe als gebot jesu zu freuds gaumenkrebs...

das schafft auch nur reklov, chapeau!
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#56
(02-05-2022, 17:45)petronius schrieb: seine Frau - sein eigenes Fleisch???

oh-oh...

wenn man unbedingt den antipatriarchalen shitstorm abbekommen will, bitte sehr...

Wir haben das mal in einem anderen Thread angesprochen; mit Patriarchat hat das gar nichts zu tun, sondern war ein Versuch der juedischen Schriftauslegung, die beiden Schoepfungsgeschichten unter einen Hut zu bekommen. Der Mensch wurde im ersten Akt als Zwitter geschaffen, im zweiten Akt dann in zwei Haelften geteilt (was wir normalerweise als das mit der Rippe uebersetzt lesen). Die Ehe fuegt die zwei zusammengehoerenden Haelften dann wieder zusammen.

Im Prinzip waren unverheiratete Maenner aus dem Grund fuer gewisse Aemter nicht geeignet - sie waren nicht "ganz".
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#57
Um beim Thema zu belieben. Selbstliebe ohne ein Fünkchen Selbstironie dazu, ist ebenso schrecklich wie erbärmlich.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#58
(02-05-2022, 17:48)petronius schrieb:
(02-05-2022, 13:01)Reklov schrieb: Irgendwie scheint er aber mit sich selbst (aus mancherlei Gründen) auch nicht so recht im Reinen gewesen zu sein, denn er war dem Nikotin-Genuss verfallen. Wegen seines hohen Zigarrenkonsums litt er an Gaumenkrebs. Er starb in London an einer Überdosis Morphium, um die er seinen Arzt gebeten hatte.
Ob die verheerenden Folgen des Rauchens schon damals mit der seit 1895 entwickelten Röntgentechnik allen Rauchern als Warnung hätten dienen können, oder einfach verdrängt/verschwiegen wurden, vermag ich nicht zu sagen

von der selbstliebe als gebot jesu zu freuds gaumenkrebs...

das schafft auch nur reklov, chapeau!

... dieser Sprung erscheint nur Dir sehr weit! Für mich ist es vollkommen klar, dass jemand, der sich selbst achtet/liebt, seinen Körper nicht mit Nikotin, Alkohol od. anderen Drogen systematisch ruiniert! 

Die Folgen sind ja bestens bekannt und in meinem Freundeskreis konnte ich 2 Personen daran leiden und elend sterben sehen.

Über viele Jahre wurden beide Personen immer wieder vor entsprechenden Folgen gewarnt und obwohl sie meine und die Worte ihrer Familienangehörigen verständig und ernst aufnahmen, folgte danach leider kein Sinneswandel. Icon_frown

Bei seinem langen Krankenhausaufenthalt war dem einen der beiden Personen (starker Raucher!) auch jeder Sinn für Selbstironie (wie sie Geobacter erwähnt) verständlicherweise vergangen, denn die Realität auf der Intensivstation war "erbärmlich und schrecklich" genug! Icon_frown
Die andere Person (rauchte außer Zigaretten mit Vorliebe auch dicke Zigarren und leerte ziemlich schnell eine ganze Weinflasche) verstarb plötzlich, ohne lange Leidenszeit. Beide Freunde mussten sich bereits im Alter von etwas über 50 Jahren vom Leben verabschieden.

(Und ich, mit meinen über 70 Jahren, habe am Wochenende gegen weit jüngere Partner über 1,5 Stunden flott und ohne Probleme den Tennisschläger geschwungen, auch die hierbei nötige Laufarbeit verkraftet. Ob das nun daran liegt, dass ich Alkohol und Nikotin gemieden habe, mag dabei vermutlich auch eine Rolle spielen. (??)

Gruß von Reklov
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#59
Nun, um mal das Thema anzusprechen, dass es Dir an Selbstliebe fehlt, hat hier wohl keiner postuliert. Nur wie man die bewerten soll, duerfte individuell unterschiedlich beurteilt werden.
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#60
(02-05-2022, 17:45)petronius schrieb: im ernst: es hat doch keinen sinn, sich am text der bibel (die ja auch nur als übersetzung gelesen wird) aufzuhängen und damit wort zu klauben

die texte wurden in einem bestimmten historischen kontext geschrieben, mit bestimmter absicht verfaßt, und gleiches gilt für die übersetzungen

worauf es ankommt, ist doch, welchen sinn man selbst und heute diesen texten entnimmt - was eigentlich bedeutet: in sie hinein interpretiert

Natürlich hast du Recht mit dem Kontext und dem Wortklauben.
Nur: wir klauben hier zusammen am Kern des Christentums.
Einem Kern, de einerseits Nächstenliebe gebietet, andererseits Selbstliebe (aus dem historischen Kontext, und auch der wirklich sehr dürren Quellenlage bezüglich Selbstliebe oder liebevollen Selbstakeptanz) als a priori gegeben voraussetzt.

Selbstakzeptanz oder Selbstliebe per Axiom als gegeben vorauszusetzen, wider spricht der täglichen Erfahrung, man kann dies fast bei jedem Menschen erkennen, auf alle Fälle bei sich selbst.

Wenn (was heute wohl Konsens ist) liebevolle Selbstakzeptanz (nach unserer Definition) der Schlüssel ist für ein besseres Leben, und auch um das Gebot der Nächstenliebe besser zu erfüllen, wurde von Jesus nicht gelehrt, oder (wenn er es gelehrt haben sollte) von seinen Nachfolgern nicht dokumentiert. Im Gegensatz zur Buddhistischen Lehre (der mehrere Jahrhunderte VOR Jesus lebte), bei der dieser Aspekt Teil der Lehre ist.
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