Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
eine sackgasse namens "synodaler weg"
#1
wie der zufall es so will, lese ich gerade jetzt, wo der "synodale weg" sein ende gefunden hat, hubert wolfs biographie von pius IX - sinnigerweise untertitelt mit "die erfindung des katholizismus im 19. jhdt"

wolf arbeitet in bemerkenswerter klarheit heraus, daß es vor gut anderthalb jahrhunderten tatsächlich um nichts geringeres ging als den katholizismus, wie wir ihn heute kennen (papsttreu und -hörig), "zu erfinden", also eben nicht aus der kirchentradition herzuleiten, sondern bewußt zu konstruieren. zusammengefaßt in pius des IX erbostem ausruf "die kirche bin ich!"

dazu wurden eben "traditionen" konstruiert und behauptet, welche keinerlei historische grundlage haben. insbesondere das tridentinum (bzw. seine beschlüsse) wurde dazu mißbraucht und verfälscht, dem papst alleinige autorität und zuständigkeit für die gesamtheit der gläubigen zuzusprechen - obwohl text und sinn das gar nicht hergeben. der ultramontanismus als reaktion auf die napoleonischen umwälzungen, welche ja in der tat in den europäischen kirchenstrukturen keinen stein auf dem anderen ließen, hat nun mal keine uralte tradition, ist natürlich erst recht nicht auf die bibel oder gar jesus zurückzuführen

die vornapoleonischen landes-, gar staatskirchen, standen nicht unter dem kuratel roms. was hätte sich auch ein absolut regierender fürsterzbischof vom "kollegen" in rom sagen lassen, und warum? gut, die kirchenfürsten wurden gestürzt, ihre gebiete säkularisiert - und dieses auch ekklesiastische vakuum mußte neu gefüllt werden

was die ultramontanen taten - auf ihre weise, zu ihrem vorteil. seitdem haben wir dogmen und unfehlbare päpste, die sich zumindest in allen kirchendingen das letzte wort vorbehalten


nun zum eigentlichen thema: der deutsche "synodale weg" konnte so von papst und kurie, und zeigten diese auch nach außen das verbindliche gesicht des immer freundlichen "liebenswerten papsts" franziskus, nur als affront verstanden werden. was erlauben deutschland - noch dazu (auch, wenn nicht gar initiativ) laien! selbst die (formal) federführende rolle der bischöfe und ihr feiges lavieren könnten natürlich die "ultramontane beleidigtheit", wie ich das nennen möchte, nicht besänftigen

zwar hat papst bergoglio nicht mit seinem roten schuh (ach, den trägt er ja gar nicht mehr - oh, wie bescheiden und modern!) auf den tisch gehauen, aber sein "njet!" ist doch unüberhörbar. es mögen sich ja noch manche gutwillige an der trügerischen hoffnung laben, es würde doch möglich sein, an rom vorbei in der nachsynodalen tischlerwerkstatt des deutschen katholizismus in extrem dicken brettern herumzubohren - allein: fakt ist, man hat sie auflaufen lassen und wird das immer wieder und weiter tun

man müßte schon noch einmal "den katholizismus neu erfinden" - aber wo ist der neue napoleon, der das alte von außen her kaputt haut? die paar mit etwas zu viel priesterlicher liebe bedachten ministranten, internatszöglinge, nonnen usw. sollten sich nicht ernsthaft einbilden, von innen heraus hier irgendetwas zu bewirken, gar verändern zu können

man wird auch päpstlicherseits die putzigen deutschen laien und - zum beklagenswert kleinen teil - auch bischöfe ihre stuhlkreise abhalten lassen. tut ja nicht wirklich weh und sieht gut aus, wenn man die kinder auch mal machen läßt

aber zum schluß gilt doch nur eines:

roma locuta - causa finita!

ich habe fertig
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#2
Viele Katholiken sehen ja, dass die Idee, die RKK sei reformierbar, eine Illusion ist. Sie tun das Naheliegende: sie treten aus der RKK aus.

Ich habe diesen Schritt schon vor vielen Jahrzehnten getan.
Zitieren
#3
(28-03-2023, 18:40)Ulan schrieb: Viele Katholiken sehen ja, dass die Idee, die RKK sei reformierbar, eine Illusion ist. Sie tun das Naheliegende: sie treten aus der RKK aus

und genau das wird auch dieser "synodale weg" bzw. dessen scheitern beschleunigen

allerdings wundere ich mich doch immer wieder, mit welcher leidensfähigkeit und engelsgeduld gerade die, denen seitens ihrer kirche ständig vor die schienbeine getreten wird, weiterhin bei all dem enspringen, was genau diese kirche (schon lang) nicht mehr auf die reihe bekommt

und eben auch, wie die legende von der "kirchentradition" unhinterfragt als tatsache angenommen wird
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#4
(29-03-2023, 17:32)petronius schrieb: allerdings wundere ich mich doch immer wieder, mit welcher leidensfähigkeit und engelsgeduld gerade die, denen seitens ihrer kirche ständig vor die schienbeine getreten wird, weiterhin bei all dem enspringen, was genau diese kirche (schon lang) nicht mehr auf die reihe bekommt

und eben auch, wie die legende von der "kirchentradition" unhinterfragt als tatsache angenommen wird

vielleicht geht es da nur darum, sich über diese Kirchentradition gegenüber anderen die einem nicht so bequem sind, bequemer zu rechtfertigen. Beispiel: Was sagt die Kirchentradition zu den Voraussetzungen die mein Nächster erst mal zu erfüllen hat, bevor er meiner Christenliebe würdig ist. Das würde auch erklären, warum keiner will, dass gleich die ganze Kirchentradition in Frage stellt werden muss. Aber irgendwie muss man sich halt doch dem Zeitgeist anpassen. Also versucht man es halt mal mit einem synodalen Weg.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
Zitieren
#5
"Augenwischerei"
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
Zitieren
#6
(29-03-2023, 22:05)Geobacter schrieb: vielleicht geht es da nur darum, sich über diese Kirchentradition gegenüber anderen die einem nicht so bequem sind, bequemer zu rechtfertigen. Beispiel: Was sagt die Kirchentradition zu den Voraussetzungen die mein Nächster erst mal zu erfüllen hat, bevor er meiner Christenliebe würdig ist. Das würde auch erklären, warum keiner will, dass gleich die ganze Kirchentradition in Frage stellt werden muss

naja, die protagonisten des synodalen wegs wollen ja durchaus die konstruierten "kirchentraditionen" wie papstprimat über landeskirchen, zölibat, ausschluß von frauen vom weiheamt usw. in frage stellen. das schließt ein eventuelles selbst angemaßtes bessermenschentum qua "rechtem glauben" ja nicht aus

aber ja: zumindest im endeffekt erscheint der synodale weg (synoden abseits päpstlicher konzilien haben bzw. hatten bis zum 19. jhdt ja durchaus auch katholische tradition) als augenauswischerei. und wird imho auch folgen in bezug auf innere bis äußere kündigung der schäfchen zur folge haben
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#7
Off-topic nach Feedback verschoben.
Zitieren
#8
(30-03-2023, 14:25)petronius schrieb: aber ja: zumindest im endeffekt erscheint der synodale weg (synoden abseits päpstlicher konzilien haben bzw. hatten bis zum 19. jhdt ja durchaus auch katholische tradition) als augenauswischerei. und wird imho auch folgen in bezug auf innere bis äußere kündigung der schäfchen zur folge haben

Hab da jetzt persönlich keine abgeschlossene Meinung dazu. Es ist natürlich nachvollziehbar, dass sich heutzutage kaum noch jemand freiwillig zum amtlichen Prediger der katholischen Traditionen segnen lassen will, um dafür ein Leben lang seinen Sexualtrieb zu verleugnen. Schwule brauchen auch nicht mehr ins Kloster gehen, um vor Strafverfolgung geschützt zu sein, wenn sie es mal mit ihrem Hang zur bedingungslosen Nächstenliebe etwas übertreiben.
Es ist auch nur all zu verständlich, wenn sich nun die fanatischen Schäflein der katholischen Hirten-Gemeinde um ihr Seelenheil sorgen, wenn  ihnen doch zusehend  immer mehr die amtlichen Aufseher ausgehen.

Viele Möglichkeiten hat man da ja nicht....
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
Zitieren
#9
Und der Papst ist halt auch nur Mensch und damit ein Opportunist. Die neue Italienische Regierung will ja alle Schwulen-Ehen für ungültig erklären und die traditionell katholische Frauenrolle wieder mehr fördern. Vielleicht springt da auch etwas für ihn heraus.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
Zitieren
#10
Verweise, wonach vieles an "Tradition" erfunden bzw. konstruiert ist, waren der Kirche immer ein Ärgernis.

Päpste, die derlei hingenommen haben, waren die Ausnahme.

1976 wurde Haslers kritische Arbeit über Pius IX. und das 1. Vatikanum in München als Dissertation angenommen. Als Küng für die für interessierte Laien aufbereitete Fassung der Dissertation Haslers (Bernhard August Hasler. Pius IX., 1846-1878, Päpstliche Unfehlbarkeit und 1. Vatikanisches Konzil. Dogmatisierung und Durchsetzung einer Ideologie, Reihe: Päpste und Papsttum, Bd. 12 I u. II, 1977 Stuttgart, Verl. Anton Hiersemann) ein Vorwort verfasste, verlor er kurz nach Veröffentlichung des Werks (unter Johannes Paul II.) seine Lehrbefugnis. Ein anlassbezogenes Vorgehen gegen Hasler,  der in weiten Teilen der katholischen Kirche ohnehin schon geächtet war, erübrigte sich. Der verstarb 1980 an Krebs.

Johannes Paul II. begann sofort nach Antritt seines Pontifikats, alles, was das 2. Vatikanum auf den Weg gebracht hat, im Rahmen der Möglichkeiten zurückzufahren. Bei beiden Päpsten, die längst dienenden der katholischen Kirche, hatte es der Heilige Geist verschlafen, sie beizeiten abzuberufen.
MfG B.
Zitieren
#11
(31-03-2023, 11:44)Bion schrieb: Haslers kritische Arbeit über Pius IX. und das 1. Vatikanum

interessant - das ist an mir vorbeigegangen (gut, ich war damals 19 und hatte andere interessen, auch war mein interesse für religiöses nach meiner soeben erfolgten trennung vom evangelischen jesusglauben durchaus enden wollend). ja, daß küng kaltgetellt wurde, habe ich mitbekommen und mich auch pflichtgemäß darüber entrüstet, aber ohne die hintergründe wirklich zu beleuchten

wolfs biographie ist dann wohl so was wie die populärwissenschaftliche aufbereitung - ich muß mal in den quellenverweisen graben. ehrlich gesagt, war mir das mit der erfundenen tradition bisher nicht geläufig (war halt auch nie katholisch)
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#12
Interessant: https://de.wikipedia.org/wiki/Zweites_Va...hes_Konzil
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
Zitieren
#13
(30-03-2023, 23:19)Geobacter schrieb: Und der Papst ist halt auch nur Mensch und damit ein Opportunist. Die neue Italienische Regierung will ja alle Schwulen-Ehen für ungültig erklären und die traditionell katholische Frauenrolle wieder mehr fördern. Vielleicht springt da auch etwas  für ihn heraus.

... nicht jeder Mensch ist automatisch ein Opportunist. Viele Talente lassen z.B. ihre Gaben völlig ungenutzt und gleichmütig liegen, anstatt sich damit günstige Gelegenheiten zu eröffnen, die ihnen evtl. weltliche Vorteile bringen könnten.

Der Sohn eines Freundes hatte z.B. vor vielen Jahrzehnten die Möglichkeit, in die Jugend-Auswahl des DFB zu kommen - nur, es fehlte ihm der rechte Antrieb und die Lust, sich regelmäßig im Training zu schinden. So ließ er damals den Termin zum Sichtungslehrgang einfach verstreichen, spielte aber noch weiter "just for fun" die erste Geige im Fußball-Team seiner Dorfmannschaft ... und begann später eine Ausbildung in einer Bank.

Leider waren Päpste in der Weltgeschichte nicht nur Opportunisten, sondern auch allergrößte Antreiber und Geldgeber bei Kriegszügen und anderer Verbrechen.  Icon_twisted 

Übrigens: ein deutscher Geistlicher sagte im TV, dass dem Vatikan bekannt sei, dass ca. 20% der weltweit amtierenden Priester schwul seien. Da aber auch hier allergrößte Personal-Not bestehe, sehe man stillschweigend darüber hinweg.

Gruß von Reklov
Zitieren
#14
(03-04-2023, 20:38)Reklov schrieb: ein deutscher Geistlicher sagte im TV, dass dem Vatikan bekannt sei, dass ca. 20% der weltweit amtierenden Priester schwul seien. Da aber auch hier allergrößte Personal-Not bestehe, sehe man stillschweigend darüber hinweg

andererseits dürften 80% der priester sein wollenden frauen sein
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#15
(03-04-2023, 22:02)petronius schrieb:
(03-04-2023, 20:38)Reklov schrieb: ein deutscher Geistlicher sagte im TV, dass dem Vatikan bekannt sei, dass ca. 20% der weltweit amtierenden Priester schwul seien. Da aber auch hier allergrößte Personal-Not bestehe, sehe man stillschweigend darüber hinweg

andererseits dürften 80% der priester sein wollenden frauen sein

... nun - in jedem Mann stecken ja auch "weibliche", in jeder Frau wiederum männliche Anteile!  Icon_rolleyes  Alles also eine Frage der Prozente!  Icon_razz

Gruß von Reklov
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Katholizismus, eine respektable Religion? exkath 31 335 Gestern, 11:47
Letzter Beitrag: Sinai
  Ist die Erde eine Scheibe ? Sinai 100 7854 07-01-2024, 18:12
Letzter Beitrag: Ulan
  Konstantin : eine historische Persönlichkeit mit viel Schatten und Licht Kreutzberg 13 11447 17-01-2018, 19:32
Letzter Beitrag: Ulan

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste