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Seit wann hat der Mensch einen freien Willen ?
#1
Christentum und Theologie › Leid > Beitrag #1
(19-07-2023, 21:55)Aequitas schrieb: . . . Lebewesen mit einem freien Wille . . .

Hier im "Religionsforum" wird viel über die Evolutionstheorie gesprochen.
Nun fiel mir auf, dass Menschen als Lebewesen mit einem freien Willen umschrieben werden.

Seit wann hat der Mensch einen freien Willen? Seit der Zeit der Neandertaler? Waren das schon richtige Menschen? Oder erst seit 20.000 Jahren ? Oder erst seit 10.000 Jahren in Göbekli oder gar erst 6.000 Jahren ?

Wie kann man heute abschätzen, wann und wo Menschen einen "freien Willen" bekamen ?

Erschwerend ist:
"Für den Begriff freier Wille oder Willensfreiheit gibt es keine allgemein anerkannte Definition. Umgangssprachlich versteht man etwas anderes unter dem freien Willen als im juristischen oder psychologischen Sprachgebrauch. In der Philosophie wird der Begriff nicht einheitlich definiert."
Freier Wille - Wikipedia

Materialisten und hier insbesondere Marxisten leugnen überhaupt die Existenz des freien Willens
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#2
So wie der "freie Wille" meist beschrieben wird, haben schon Tiere den. Wenn der freie Wille nicht existiert, gilt das dort genauso.

Das "Leugnen" des freien Willens hat nichts mit Materialismus oder Marxismus zu tun (gerade letzterer beschwoert den ja geradezu), sondern ist eine gut begruendete philosophische Position.

Insofern wirst Du auf diese Frage wohl Antworten bekommen, die zwischen "seit es den Mensch gibt" und "noch nie" reichen.
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#3
(20-07-2023, 01:03)Sinai schrieb: Seit wann hat der Mensch einen freien Willen?

suchst du hierzu eine aussage der theologie im christentum?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#4
(20-07-2023, 01:35)Ulan schrieb: So wie der "freie Wille" meist beschrieben wird, haben schon Tiere den. Wenn der freie Wille nicht existiert, gilt das dort genauso.

Das "Leugnen" des freien Willens hat nichts mit Materialismus oder Marxismus zu tun (gerade letzterer beschwoert den ja geradezu), sondern ist eine gut begruendete philosophische Position.

Insofern wirst Du auf diese Frage wohl Antworten bekommen, die zwischen "seit es den Mensch gibt" und "noch nie" reichen.

Hallo Ulan, 

... Tiere haben keinen "freien Willen", sind lediglich nur instinktgesteuert. - Wenn z.B. ein Hai an der Wasseroberfläche Beine zappeln "spürt/sieht", schwimmt er erst mal darauf zu und beißt zu/rein, weil er auf dem Brett sitzende Surfer mit seiner Lieblingsspeise, den Robben, verwechselt.

Auch Löwen gehen bedenkenlos auf Menschen los - und das nicht nur in Gefangenschaft! Im Schnitt bringen Löwen weltweit 250 Menschen im Jahr um (wie zu lesen war).

Einen freien Willen könnte man z.B. einem Löwen nur zusprechen, wenn er in der Lage wäre, in diesem oder jenem Fall "Gnade" walten zu lassen, also von seiner nichttypischen Beute  - dem Menschen! - abzulassen, dabei sogar das dem Menschen eigene Mitleid zur Wirkung zu bringen!

Gruß von Reklov
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#5
Ist schon interessant, wie solche definitiven Urteile zustandekommen, obwohl nicht mal klar ist, was 'freier Wille" eigentlich ist und ob wir Menschen den ueberhaupt haben, was ja mein Punkt war. Unter Philosophen ist das jedenfalls heiss umstritten, und es werden diametral entgegengesetzte Positionen vertreten.

Loewen muessen auch nicht so handeln. Ich habe mal eine Doku gesehen ueber ein Loewenrudel, das sozusagen ein Abkommen mit einem Trupp Pavianen geschlossen hatte. Obwohl Loewen normalerweise Paviane jagen, liess dieses Rudel die Paviane in Ruhe. Die Loewen hatten dadurch den Vorteil, dass die Paviane ihre normalen Beutetiere in Sicherheit wogen, da Paviane normalerweise als die Alarmsignale fuer Antilopen etc. fungieren. Die Paviane hatten dagegen nichts zu fuerchten, auch keinen anderen Paviantrupp. Hat das was mit freiem Willen zu tun? Wer weiss; ich bin da auch bei Menschen eher skeptisch. Jedenfalls ist das auch mit den Instinkten nicht immer so einfach, wie man am Beispiel dieses gemischten Trupps sieht.
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#6
(20-07-2023, 16:57)Ulan schrieb: Ist schon interessant, wie solche definitiven Urteile zustandekommen, obwohl nicht mal klar ist, was 'freier Wille" eigentlich ist und ob wir Menschen den ueberhaupt haben, was ja mein Punkt war. Unter Philosophen ist das jedenfalls heiss umstritten, und es werden diametral entgegengesetzte Positionen vertreten.

Loewen muessen auch nicht so handeln. Ich habe mal eine Doku gesehen ueber ein Loewenrudel, das sozusagen ein Abkommen mit einem Trupp Pavianen geschlossen hatte. Obwohl Loewen normalerweise Paviane jagen, liess dieses Rudel die Paviane in Ruhe. Die Loewen hatten dadurch den Vorteil, dass die Paviane ihre normalen Beutetiere in Sicherheit wogen, da Paviane normalerweise als die Alarmsignale fuer Antilopen etc. fungieren. Die Paviane hatten dagegen nichts zu fuerchten, auch keinen anderen Paviantrupp. Hat das was mit freiem Willen zu tun? Wer weiss; ich bin da auch bei Menschen eher skeptisch. Jedenfalls ist das auch mit den Instinkten nicht immer so einfach, wie man am Beispiel dieses gemischten Trupps sieht.

Dean Schneider hat lange mit Löwen und kurzzeitig auch mit Hyänen "gelebt", übrigens auch in Zeiten als sie ordentlich Hunger hatten und auf der Jagd waren ...
Ich sag mal so, es kann Löwen egal sein welcher Mensch unter ihnen ist, sie könnten ihn jederzeit angreifen. Es hat jedoch mehrere Gründe weshalb sie das nicht tun.
Und wer seine Videos kennt, lernt viel über Kommunikation und Körpersprache, aber er schleicht sich auch an sie ran und erschreckt sie. 

Ich kann nur jedem empfehlen sich die Filme von Dean Schneider anzuschauen, man sieht Wildtiere mit ganz anderen Augen. 

Part of the Lion Pride - Dean Schneider living with lions - YouTube

Dean erschreckt einen Löwen von hinten
Scaring a Lion? #shorts - YouTube
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#7
Noch besser sind die Tiger

Wat Pa Luangta Maha Bua - Wikipedia

Dort gingen buddhistische Mönche mit erwachsenen Tigern spazieren
"Auf dem Tempelgelände wurden Tiger in großen Käfigen gehalten. Dabei handelte es sich größtenteils um in Thailand nicht heimische Königstiger . . . Ein abgetrennter Canyon auf dem Tempelgelände diente als weitläufiges Gelände für Übungen, die an jedem Nachmittag auch von Touristen beobachtet werden konnten."
Wat Pa Luangta Maha Bua - Wikipedia

2016 gab es Probleme mit der Behörde wegen des Verdachts der illegalen Aufzucht angeblich weil der Tempel längere Zeit keine Geburten von Tigern gemeldet hatte, und und die Sache wurde leider beendet

Ich habe 2010 ein Video von diesem Tempel mit den Tigern gesehen und war wirklich sehr beeindruckt wie liebevoll die Tiger zu den Menschen waren, wie Hunde und verschmuste Hauskatzen

Da hatten buddhistische Mönche in einem großen Park ein Zelt aufgestellt und ein 10-minütiges Video vorgespielt

Diese Mönche bestritten die Version der Behörde und behaupteten, der Park wurde gesperrt weil sie nicht genug Schmiergeld gezahlt haben

Anmerkung: Die Tiger wurden mit Geflügel ernährt

Im Wikipedia Artikel sieht man auch ein Foto "Mönch mit Tigern im Freigehege des Wat Pa Luangta Maha Bua"

Ob diese von der Geburt an an die Menschen gewöhnte Tiger aus freiem Willen so lieb zu den Menschen waren oder ob dies das Ergebnis einer Dressur* war, oder eine Mischung aus beidem, vermag ich nicht zu sagen



________

*) Möglicherweise auch eine sehr brutale ostasiatische Dressur, die an den Vormittagen ohne Beisein von Touristen stattfand? Wer weiß
Wir alle wissen wie schrecklich Zirkusbären misshandelt wurden und in manchen Weltgegenden noch werden (Nasenringe)
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#8
Nun, das mit den Tigern ist sicherlich kein gutes Beispiel. Wir verbinden mit freiem Willen wohl eher etwas, das uns ein Abweichen von einem Verhalten zeigt, das unsere Erwartungshaltungen widerspricht. Bei von klein auf an Menschen gewohnten Tieren ist ja eher die Erwartungshaltung, dass sie Menschen nicht unbedingt grundlos angehen. Wir werten wohl eher ein Zeichen von intelligentem Verhalten als willensabhaengig. Zeigt ein Eichhoernchen, das, wenn es bemerkt, dass es von einem Argenossen beim Futterverstecken beobachtet wird, eine Taeuschungshandlung ausfuehrt, Intelligenz? Wie ist es bei Tieren, die anderen einen Streich spielen?

Wenn wir schon beim Menschen nicht genau sagen koennen, ob wir eventuell unsere Handlungsentscheidungen nicht, wie wir denken, auf Ueberlegung gruenden, sondern einfach den Weg der Trieberfuellung gehen und diesen schlicht gedanklich rechtfertigen, so ist es hier noch schwieriger.

Wie ist es bei einem zweijaehrigen Kind? Wir schreiben ihm einen starken Willen zu, wenn es - wie oft in dem Alter - nicht das tut, was die Eltern von ihm wollen. Nur ist hier wieder die Frage, ist dieser starke Wille frei oder nicht eher ein Zeichen, dass das Kind gerade ein Beduerfnis zu erfuellen versucht, das schlicht mit dem elterlichen Erziehungswillen kollidiert? Das Kind wird sich uebrigens aktiv an keinen dieser Vorfaelle erinnern; bestenfalls ist das Ergebnis einer Lernhandlung irgendwo abgespeichert, aber nur als zusammenhangloser Datenpunkt.

Aber, ich denke, wir hatten mal einen langen Thread zu dem Thema. Die Frage hier in diesem Thread geht ja davon aus, dass wir gewisse Antworten haben, von denen ich nicht sagen kann, dass wir wir sie wirklich haben. Dass das grundsaetzliche Folgen fuer zentrale christliche Glaubensgrundsaetze hat, ist klar, aber die haben fuer mich zum Teil auch aus anderen Gruenden abgewirtschaftet. Insofern reicht das fuer mich in diesem Thread.
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#9
(20-07-2023, 22:51)Ulan schrieb: Dass das grundsaetzliche Folgen fuer zentrale christliche Glaubensgrundsaetze hat

Die Prädestinationslehre des Calvin brachte die uralte orientalische Idee des Kismet in die Christenheit

Dass der Mensch bereits bei seiner Geburt für Himmel oder Verdammnis bestimmt sei, ohne dass er dies ändern könnte, widerspricht dem was Jesus lehrte
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#10
Weil ja jeder genau weiss, was "Jesus lehrte". Natuerlich das, was der eigenen Meinung entspricht. Selbstredend.
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#11
Jesus rettete doch die Sünderin vor der Steinigung
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#12
(20-07-2023, 22:51)Ulan schrieb: Wir verbinden mit freiem Willen wohl eher etwas, das uns ein Abweichen von einem Verhalten zeigt, das unsere Erwartungshaltungen widerspricht. Bei von klein auf an Menschen gewohnten Tieren ist ja eher die Erwartungshaltung, dass sie Menschen nicht unbedingt grundlos angehen. Wir werten wohl eher ein Zeichen von intelligentem Verhalten als willensabhaengig. 

Ein Mensch der mit Rudeltieren aufwächst kennt und beachtet einfach nur die Regeln der Tiere und wird deshalb als Teil der Familie akzeptiert.
In so einer Gruppe wird es trotzdem immer um Futter und Dominanz gehen und macht der Mensch einen Fehler wird er nicht als Ausnahme behandelt.

Deshalb bleibt es für Menschen immer gefährlich, egal ob sie mit Wölfen, Gorillas oder Löwen leben.

Menschen untereinander können jedoch (frei) entscheiden ob sie ein "Entschuldigung, war nicht so gemeint" akzeptieren oder ob Fehlverhalten sofort Konsequenzen hat wie im Rudel anderer Tiere.
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#13
Klar, ich sagte "grundlos angehen". Beschwichtigungsversuche funktionieren bei sozialen Tieren durchaus auch (also nicht, dass ich das praktisch ausprobieren wollte, aber das geht aus Beobachtungen solcher Sozialgruppen hervor).

Das ist aber auch bei uns die Frage, ob die Entscheidung, eine Entschuldigung anzunehmen, immer so frei ist, wie sie scheint. Man denke an den Ausdruck "nicht aus seiner Haut koennen". Die Frage ist halt, ob unsere Verhaltensmuster nicht prinzipiell feststehen und wir diesen folgen.
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#14
(21-07-2023, 09:49)Ulan schrieb: Klar, ich sagte "grundlos angehen". Beschwichtigungsversuche funktionieren bei sozialen Tieren durchaus auch (also nicht, dass ich das praktisch ausprobieren wollte, aber das geht aus Beobachtungen solcher Sozialgruppen hervor).

Das ist aber auch bei uns die Frage, ob die Entscheidung, eine Entschuldigung anzunehmen, immer so frei ist, wie sie scheint. Man denke an den Ausdruck "nicht aus seiner Haut koennen". Die Frage ist halt, ob unsere Verhaltensmuster nicht prinzipiell feststehen und wir diesen folgen.

Unter manchen Menschen existiert die Annahme man könne sich "entschuldigen", in Wirklichkeit tut es dem Schuldigen wohl einfach nur Leid
und dieses Gefühl belastet ihn. Die Einsicht das wir an etwas Schuld haben befreit uns nicht von Schuld.

Wer "Es tut mir wirklich Leid das ich das gesagt oder getan habe" meint wird dies auch so sagen und das ist deutlich glaubwürdiger als ein "Entschuldigung".
Es ist also nicht nur eine Charakterfrage sondern es zeigt das wir fähig sind ein anderes Verhalten in Betracht zu ziehen als nur nach Mustern zu handeln.
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#15
(20-07-2023, 22:51)Ulan schrieb: Wenn wir schon beim Menschen nicht genau sagen koennen, ob wir eventuell unsere Handlungsentscheidungen nicht, wie wir denken, auf Ueberlegung gruenden, sondern einfach den Weg der Trieberfuellung gehen und diesen schlicht gedanklich rechtfertigen, so ist es hier  noch schwieriger.

Durch unsere Wahrnehmung von Schmerz und Leid lernen wir aber auch welche Folgen das eigene Verhalten haben kann.
Dadurch entstehen nicht nur neue Handlungsmuster zur Leid und Schadensbegrenzung sondern auch sowas wie Verantwortungsbewusstsein.
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