Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
weihnachten in den tropen
#1
aus dem lexikon (danke, bion!):

Schon in vorchristlicher Zeit waren die Nächte um die ↗Wintersonnenwende mit der Symbolik des Absterbens und Wiedergeborenwerdens verbunden. Die Nächte der Wende von der Dunkelheit zum Licht waren offenbar geeignet, das Unbehagen, das mit der Erwartung des Todes einhergeht, rituell zu bewältigen. Das Vergehen und Wiedererblühen der Natur wurde auf Götterwesen übertragen und deren Versterben und Wiederentstehen gebührend gefeiert. Bei den Griechen war das ↗Dionysos gewesen, bei den Römern ↗Sol Invictus. Alle Jahre wurden sie wiedergeboren, am 25.12. oder am 6.1. Die langen Nächte, in denen das Ereignis stattfand, waren "heilige Nächte" gewesen

das ist so einleuchend wie nachvollziehbar. mir stellst sich da allerdings die frage:

wie siehts denn damit aus, wenn jahreszeiten/unterschiedliche tageslängen fehlen?

also ganz praktisch: gab/gibt es in den tropen traditionelle jahresendrituale? ich meine natürlich, bevor missionare dort ihr wesen trieben

mir ist da nichts bekannt, aber ich habe mich damit auch noch nie wirklich beschäftigt
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#2
Interessante Anmerkung.

Ich habe meine Bibliothek auf die Schnelle auf Sonnenwendfeste in tropischen Breiten abgeklopft und nichts gefunden.

Bemerkenswert ist: In den heißen Breiten sterben Vegetationsgötter den Hitzetod. Beispielsweise Dumuzi-Tammuz in der Zeit um die Sommersonnenwende. Wenn das Grün verdorrt, Schafe und Ziegen keine Milch mehr geben, stirbt der Gott.
MfG B.
Zitieren
#3
Ich hatte den Eindruck, in den Tropen ist mehr der Wechsel von Trocken- und Regenzeit(en), was das Jahr bestimmt, der Rhythmus von Monsun, Passat, etc., das Ziehen der Herden in Ostafrika. So etwas.
Zitieren
#4
Soweit mir bekannt (bin da aber kein Experte) war beispielsweise bei den Inka am und nahe am Äquator die Wintersonnenwende das bedeutendste religiöse Fest. Da betete man um gute Ernten.
Zitieren
#5
Stimmt, in den Amerikas waren Sonne (und Mond) wichtig. Details sind mir jetzt aber entfallen und muesste ich nachschauen.
Zitieren
#6
(21-12-2023, 23:29)Rex schrieb: ...war beispielsweise bei den Inka am und nahe am Äquator die Wintersonnenwende das bedeutendste religiöse Fest.

Ja, in der Nähe des Äquators, allerdings nicht in den Tropen.

Das Inkareich erstreckte sich vom Hochland Ecuadors im Norden bis Mittelchile im Süden. Mythen und Religion entstanden im Andenhochland, das Zentrum war Cuzco (3400m Seehöhe). Der religiöse Mittelpunkt lag im Tal von Cuzco und hieß ursprünglich Quechua (Sonnenhof), später Spanisch Coricancha (goldene Umfriedung).

Den Mittelpunkt des Inka-Götterhimmels nahm der Sonnengott (inti, tayja inti = Sonne, Vater Sonne) ein. Der Titel der Inka-Herrscher war intip churin (Sohn der Sonne). Die vier großen Kultfeiern fanden zu den Zeiten der Tag- und Nachtgleichen und Sonnenwenden statt. Die Feste hießen inti raymi (22.6.), bei dem die Verbundenheit des Inkavolkes mit dem Sonnengott gefeiert wurde, und capac raymi (22.12.), bei dem die Initiation der jungen Männer stattfand. Am 22.9. wurde situa (ursprünglich ein Fest zur Verehrung des Mondes; später ein großes Reinigungsfest, zu dem Bilder von Schutzgöttern verschiedener Stammesgruppen, die alle ihre "heiligen Plätze", huacas, in der Umgebung von Cuzco hatten, in die Stadt gebracht werden mussten) und am 22.3. hatun cuzqui aymoray (Maisfest, Verehrung der Göttin des Muttermaises) gefeiert.

Der Sonnengott (die Sonne) hatte in der heiligen Stadt Cuzco Besitz. Er besaß mehrere Häuser im Zentrum der Stadt, in denen sein Schatz aufbewahrt (und von den jeweiligen Herrschern vermehrt) wurde. Frauen wurden ihm zum Dienst zugewiesen. Zudem hatte er Personal, das yanacona genannt wurde. Dieses bestellte das der Gottheit zugeeignete Land und hütete sein Vieh. Aus dem Ertrag seines Besitzes wurde er rituell ernährt. Wenn man es für nötig empfand, erhielt die Gottheit auch Menschenopfer.

Alle verfügbaren Informationen stammen von spanischen Historikern, die angaben, sie von Angehörigen der Inka-Elite bezogen zu haben.
MfG B.
Zitieren
#7
(22-12-2023, 14:54)Bion schrieb:
(21-12-2023, 23:29)Rex schrieb: ...war beispielsweise bei den Inka am und nahe am Äquator die Wintersonnenwende das bedeutendste religiöse Fest.

Ja, in der Nähe des Äquators, allerdings nicht in den Tropen.

Weshalb spricht man dann von den tropischen Anden?
Zitieren
#8
(22-12-2023, 14:54)Bion schrieb: Ja, in der Nähe des Äquators, allerdings nicht in den Tropen

ich muß zugeben, mich wohl irreführend ausgedrückt zu haben

tatsächlich habe ich die äquatorregion gemeint, wo grosso modo ständig gleiche wetter-/jahreszeitlichen bedingungen herrschen und der helle tag immer 12 stunden hat
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#9
Klar! Geographisch sind "die Tropen" das Gebiet, das durch die 23. Breitengrade Süd und Nord definiert ist. Meteorologisch sind "Tropen und Subtropen" Gebiete, die eine Durchschnittstemperatur auf das Jahr gemessen von über 18° aufweisen.

Sonnenwendefeste sind dort (also in Breiten) entstanden, wo das Phänomen wahrzunehmen ist und wo "Jahreszeiten" land- und viehwirtschaftlich von Bedeutung waren.
MfG B.
Zitieren
#10
Kleine Bemerkung am Rande: Unser "noerdlicher Wendekreis" heisst auf Englisch "Tropic of Cancer". Die Tropen sind dann zwischen diesem und dem "Tropic of Capricorn" gelegen.

Ich hatte "die Amerikas" erwaehnt, weil auch in Mesoamerika die Sonnentempel eine grosse Rolle spielten, wenn auch in der Mythologie der Maisgott wichtiger war. Ich weiss aber nicht mehr, ob da irgendein relevantes Fest bekannt ist.
Zitieren
#11
(22-12-2023, 19:59)Bion schrieb: Klar! Geographisch sind "die Tropen" das Gebiet, das durch die 23. Breitengrade Süd und Nord definiert ist. Meteorologisch sind "Tropen und Subtropen" Gebiete, die eine Durchschnittstemperatur auf das Jahr gemessen von über 18° aufweisen.

Also doch in den Tropen  Icon_cheesygrin Geographisch gesehen.
Zitieren
#12
Ja. So betrachtet gibt es in den Tropen auch Gletscher. Dort entstehen aber keine Vegetationsmythen und am Äquator keine Sonnenwendefeste.
MfG B.
Zitieren
#13
(23-12-2023, 03:24)Bion schrieb: Ja. So betrachtet gibt es in den Tropen auch Gletscher. Dort entstehen aber keine Vegetationsmythen und am Äquator keine Sonnenwendefeste.

Du warst noch nie in Peru, oder? An den Hängen der Anden beginnt bereits der tropische Regenwald und dort ist auch eines der ersten Gebiete in dem man Landwirtschaft entwickelte. Im übrigen ist in Peru auch das sogenannte Heilige Tal eine wichtige Sehenswürdigkeit. Dort erfährt man, dass es ein Spiegelbild der Milchstraße sein soll, die mit Schnee bedeckten Berge "Apus" eine Art Gottheit sind und die Flüsse, die aus ihnen entspringen, die "Muttererde"-Göttin formen. Genau habe ich das nicht mehr im Kopf, aber lässt sich bestimmt wo nachlesen.
Zitieren
#14
In diesem Thread geht's ja nicht um Gletscher oder Regenwald, sondern darum, ob mit der unterschiedlichen Position der Sonne und der scheinbaren Bewegung derselben in noerdliche und suedliche Richtung in den Tropen irgendwelche Traditionen verbunden sind. Hier wurden Jahreszeiten genannt, und die gibt's in vielen tropischen Gebieten auch, nur dass halt weniger der Temperaturwechsel bestimmend wird, sondern eher der des Regenfalls, der als Nebeneffekt kuehlere Tage und waereme Naechte bringt. In den Tropen gibt es viele Gebiete mit ein oder zwei Regenzeiten pro Jahr, unterbrochen von trockenen oder trockeneren Perioden, je nach Region.

Nur, wie gesagt, weiss ich ueber eventuelle, damit verbundene Traditionen zu wenig.
Zitieren
#15
(23-12-2023, 11:24)Rex schrieb: Du warst noch nie in Peru, oder?

Doch. Aber das ist hier nicht das Thema.

Also nochmals:

Tropen: (astronomisch) Bereich zwischen den Wendekreisen mit (klimatisch) charakteristischem Tageszeitenklima und untergeordneten jahreszeitlichen Schwankungen mit Monatsmitteln generell über 18°C (Michael Szönyi. Studienlexikon Geowissenschaften. 2006 Zürich. vdf Hochschulverlag Zürich).

In diesem Sinne habe ich den Begriff verwendet. Dass unter Geophysikern auch Begriffe wie Kalttropen, Tropengletscher, etc. in Verwendung stehen, habe ich inzwischen rezipiert.
MfG B.
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste