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Juden beim Beten
#1
Ich hatte mir letztens ein Video über orthodoxe Juden beim Beten an der Klagemauer angesehen. Bei mir kam ein großes Fragezeichen auf, als ich sah, wie die komische Gestikulationen während des Betens gemacht haben. Dieses Nicken mit dem ganzen Kopf, das Wippen mit den Beinen usw.
Kann mir jemand erklären, welcher Sinn dahinter steckt und ob diese Gestikulationen nur an der Klagemauer gemacht werden?
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#2
Hallo, ndt :)
Es gibt einen Weisheitsrat in diesem Sinne: "der ganze Mensch betet an", also auch der Leib beteiligt sich im Gebet.
Die Katholiken knien sich frueher immer wieder hin, an bestimmten Stellen der Liturgie - damit "verkleinert man sich aus Respekt, um den Verehrten noch mehr optisch Groesse einzuraeumen", andere tun das nicht, auch nicht beim Anbeten G0TTES
- auch ist es verbreitet, zu stehen, die Arme dabei zu erheben - vor sich oder ausgebreitet oder nicht besonders
- Franzosen hatten es - zumindest in Mitte 20.Jhd. dass man fast leger dastand, die Arme verschraenkt, aber diese Koerpersprach-Gebaerde besagt "Sprich mich nicht an" fuer andere Menschen soll sie abschotten, weil derjenige gerade innerlich intensiv mit G0TT spricht
- dies fortsetzend kommt es auch vor, dass man mit beiden Haenden das eigne Gesicht verdeckt, um in tiefster Andacht "nicht gesehen zu werden" - also scheu ist, es heisst ja auch in der Hl.Schrift, dass Moses, nachdem ihn G=TT gesprochen hatte, so aufgeregt strahlte, dass er sich schliesslich verschleierte - bei einer gewissen Gebets-Intensitaet wird man scheu, andere sollen einen nicht anstarren
- oder man verbeugt sich betend, tief, tiefer, bis hin zum Niederwerfen auf Knie und Haende, wie stellenweise im islamischen Ritus
- dahinter steckt oft, dass im sozialen Alltag einer, der geehrt wurde, zu sitzen pflegte - je tiefer der Lehrende sich befindet, z.B.im Auditorium, desto mehr Sitzreihen um ihn herum koennen ihn sehen,
- und eine andere Situation ist auch mal Alltag gewesen, sich zu bild-deutlich dem Ueberlegenen zu "unterwerfen", sodass der z.B.seinen Fuss auf den Nacken stellen und ausruhen koennte - wenn jemandem, dann steht das doch G0TT zu, soll das bedeuten, und das Wort Islam kann man ausser auf die Wortwurzel "quitt mit jemand sein" auf die Worte "sich ergeben" zurueckfuehren
- aus juedischer Sicht verlangt G0TT das so nicht, also knien wir nicht hin und werfen uns nicht nieder wie Unterworfene es taten -

- oder es ist Brauch, die Haende auf unterschiedliche Art zu "falten"
- indische Begruessung ist das Zusammenlegen der flachen Haende vor sich
- germanische Gefolgs-Gebaerde war das Verschraenken der Finger, sodass die Haende sich selber "fesseln"
- sumerische Art war es, beim Sitzen im eigenen Schoss eine Art Wuerfel aus beiden Haenden zu formen
- auch legte man damals mitunter zum Beten oder zum Reden mit einem Koenig die Hand an die Nase und bog sie zur Seite, "appu labanu", als Ausdruck dafuer, bestimmt nicht "naseweis" sein zu wollen, und man schaute auch dem nicht direkt ins Gesicht oder die Augen, wenn man ihn wirklich demuetig (=dienstwillig) verehrte
- darum schliessen auch manche die Augen oder senken zum Beten den Blick

Man sieht auch Beter, die mit dem Gesicht zur Erde ganz flach liegen, das ist die Haltung voelligen Verzichtes auf Abwehr - also begeistertes Vertrauen.

Gebetshaltungen sind also kulturell daher entstanden, dass man im Alltag bestimmten Raengen der Gemeinschaft bestimmte Gebaerden zueignete.

Das "Wippen und Nicken" im Judentum gibt es einmal von rechts nach links, was der Schreib-und-Lese-Richtung entspricht und das Gelesene vielleicht besser einpraegt - oder es den Augen erleichtert - frueher gab es nicht so gute Beleuchtungen, und wenn, dann flackerten sie - im Orient ist es aber um 18 Uhr schon dunkel, grad wenn man nach des Tages Arbeiten zum ebnensunterhalt anfangen konnte, zu Lesen und Lernen - da hat es sich einfach eingebuergert - ich meine, ich sah auch buddhistische Kinderklassen sich beim lesenden Lernen hin-und-her wiegen, dabei wird der Text zugleich hoerbar abgelesen, in einem bestimmten Singsang, der je zu seinem typischen Text gehoert

- das Schaukeln in vertikaler Richtung koennte aus Aegypten her stammen, wo man sich religioes sehr bemuehte, es im Meditieren zu bildhaften "Inneren Reisen" zu bringen, also "nach Jenseits auf Besuch zu schauen" - dazu geht man dicht vor eine Wand, um nichts Anderes zu sehn, das ablenken koennte. Es ist eine Natur-Bewegung, die es bei Menschen und Tieren gibt, dass sie, wenn Null zu sehen ist (was an Ermuedung von Augenmuskulatur liegen koennte) zu Nicken beginnen
- das sieht man auch an Kleinkindern, die achtlos in einem weissgetuenchten Raum allein gelassen werden - die Sehnsucht etwas zu sehen, ist koerper-innerlich, und ehe man denkt, da sei auch nichts zu sehen, wuerde der Organismus vermuten, dass die Augen bewegt werden muessen und die vorhandene bunte Umgebung wird dann erscheinen.
Eine Stufe intensiver, dann geht der Organismus dazu ueber, zu entwerden, was er mal gesehen hatt, um z.B.zu sehen geglaubte Spuren zu ergaenzen, und sowie man etwas "passend" verstaerkt sieht, setzt das Tagtraum-Oneiroid ein, also etwas Aehnliches wie eine Vision, eine lebhafte bildhafte Vorstellung, die sich intensivieren kann zu richtigen "Filmen" eigenstaendigen "Drehbuchs".

An der Mauer des Westwalls von Jerusalem ist Letzteres sicher nicht mehr die Regel, aber was an Gebaerden schon einmal ueblich war, setzt sich in den Familien-und-Schul-Traditionen fort.
Wir beten nicht nur hier so, sondern auch zuhause in den Gemeinden und taeglich jeder alleine, ein "18-Gebet", welches auch "Amidah" (Stehen) heisst. Es ist nicht ganz kurz, aber man moechte es halt ohne Unterbrechung beten, und da ist es praktisch, dass es von aussen zu sehn ist, was man da grade betet: das "18-Gebet". Eigentlich hat man dazu immer auch den Text vor sich, also "schaukelt" man im Steh-Gebet.
Weil es nun jeder nach eigenem privat-Tempo macht und nach eignem Temperament waehrend des fast immer gleichen Normtextes im "Hinterkopf" Gebet-Gespraeche zu G0TT laufen lassen kann und laesst (das funktioniert beim Text-Genormten "Rosenkranz-Gebet" auch so), sieht es fuer Fremde verwirrend aus, an der Mauer, geradezu etwas "wimmelig", weil es sich so vielfaeltiig mischt, wie es die Beter jeder fuer sich machen - es wird traditionell nie zum Chor gleichgeschaltet, sondern jeder nach seiner Art ist dafuer ja auch selber zustaendig, sein "18-Gebet" zu erbringen.
Als ich erstmals an der Mauer war, war ich innerlich so aufgeregt, ein bisschen, dass mir zu Beten auch erstmal gar nichts Anderes einfiel als einmal das "18-Gebet" hier zu erbringen - kuenftig wuerde ich dann, wo immer ich bin, etwas von hier mit dabei spueren. Darueber hinaus ist es jedem frei, ob er nur stumm hier steht, sich die 3000 Jahre vergegenwaertigend, in denen kontinuierlich hier einer von uns gebetet hat, auch in boesen Zeiten ist der Ort immer aufgesucht worden.
- Manchmal stand es unter Todesstrafe, als Jude hier den Ort auch nur zu betreten - dann versuchten es immer noch welche, notfalls verkleidet, und wenn sich dabei 2-3 zusammengruppieren, sieht es nur aus wie Diskutierende
- manchmal musste man irre viel Eintritt zahlen, um einmal bis an die Mauer fuer 20 Minuten heranzukommen. Dann schuftete man eben und wenn man das Geld beisammen hatte, bezahlte man eben.
Die Steine, die man heute sieht, sind aus dem Herodesbau die aeusserste Wand westseitig, das war der 3.Tempelbau der Judenschaft an dieser Staette, sseit Salomo - nicht der 2., wie man oft liest, denn bei der Verbannung durch Babylon wurde ja alles hier abgerissen und ausgebrannt, die Heimkehr unter pers.Regierung ermoeglichte uns den 2.Bau des Heiligtums - in der Roemerzeit war das Gebaeude aber schon auch wieder an die 450 Jahre alt, teils baufaellig, und mit einem Gewirr von Nebengebaeuden zusammengehaeuft nicht mehr direkt stattlich, daher baute Herodes als Koenig von Roms Gnaden ein 3.Gebaeude, wofuer er alles, was da stand, abriss und aus dem Schutt eine Aufschuettung machte, die den Platz zuoberst erweiterte - etwa dahin wo heute die Al-Aqsa-Moschee steht, die ist direkt oberhalb der heutigen Gebetsmauer. Religioes gelehrte fromme Juden wuerden nicht auf die obere Ebene des Tempelbergs gehen, weil niemand heute mehr weiss, wo da oben genau das Allerheiligste stand, dass nur einal im Jahr der Hohepriester zu betreten ein Recht und die Pflicht hatte.
Die Roemer rissen nach der Besiegung Judaias im Jahr 70 ndZ das Gebaeude des Herodes ab, ein oder zwei Versuche, hier etwas fuer Jupiter hinzustellen, scheiterten, aber nachher die Christen erstellten eine schoene Kirche da oben, wo heute der schoene Felsendom steht, der ist die umgebaute Kirche.
Juedischerseits ist es nicht unser Problem, wer da oben etwas baut, denn denen waren nicht unsere Gebote geboten, die koennten also nach Belieben auch am Ort des einstigen Allerheiligsten etwas hinbauen, so gesehn ist es noch ok, dass es wenigstens Gebaeude zur Anbetung DIESES EINEN G0TTES wurden und blieben.
Ende 1999 kamen einige sektiererische Verrueckte (man mag sich nichtmal "Christen" nennen), die wollten zu Silvester 2000 den Messias zwingen, das 3.Millenium durch sein Kommen einzuleiten, also die brachten heimlich Sprengstoff mit, um den Hl.Tempelberg insgesamt zu sprengen, wodurch die den "Endkrieg" zu starten gedachten - und dann, meinten sie, muesste der Messias aktiviert werden, oder so - jedoch ein paar von ihnen waren etwas eher angereist und fielen auf durch ihr freudige Erwartung, und wie sie sich alles schonmal daraufhin ansahen und natuerlich zu diesem Thema redeten und beteten
- sie konnten noch rechtzeitig verhaftet und das "pseudo-messianische Sprengkommando" abgefangen werden und wieder nachhause exportiert werden, unter Bewachung

Sieht man es auch mal unter diesem Sicherheits-Aspekt, so ist es auch ein klein bisschen zu verstehen, dass jede Beter-Gemeinschaft eigene Traditionen pflegt, wie sie sich dabei koerperlich verhalten, und das geht bis zur Fingerhaltung von Priestern, denen man auf Bildern und Ikonen jeweils die Konfession direkt zuordnen kann.

Bei allen betet also der ganze Leib mit.
mfG WiTaimre :.)
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#3
WiTaimre,
schön, dass du einen Querschnitt und Einblick eröffnet hast, was das Leib-Seele-Beten betrifft. Der ganze Mensch betet. Auch in der kath. Tradition gibt es diese Leib-Gebete. Die rhythmischen Bewegungen stimmen den Beter in eine innere (wie äussere) Haltung ein. Wir könnten an dieser Stelle in den unterschiedlichsten Traditionen fündig werden.
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#4
Hallo, Marlene :)
Zitat:Auch in der kath. Tradition gibt es diese Leib-Gebete. Die rhythmischen Bewegungen stimmen den Beter in eine innere (wie äussere) Haltung ein.
- stimmt, ausser dem Stehen, Knien und Sitzen sind nach dem 2.Vat.Konzil aus der 3.Welt Impulse nach Europa gebracht worden, sich mehr zu trauen.
Da war so etwa 1967 in Muenster im Dom einmal eine indische Liturgie mit den Gebaerden der indischen Tradition zu Gast, die Gestaltung mit Haenden und Stellungen ist fast wie Worte exakt und kann daher in jeder Konfession das Ihre an Glaubensinhalten erzaehlen. Hierzulande fehlt uns solche Tradition leider, daher konnte die Gemeinde es nicht so wuerdigen wie bei denen zuhause
- auch waren einmal Philippinerinnen Hl.Messe-begleitend aktiv mit ihrem 2-Bambus-Stock-Tanz zur Liturgie, zwischen den langen Staeben bewegten sie sich sehr liebreizend zum Gebet. - Damals fehlten Stock-Klopfer, wo ich als Student mal gerne ausgeholfen hab (*g* derselbe Rhythmus, den grad diese eine singende Reklame vom so einem Baumarkt zweckentfremdet hat... - war ich echt drueber verbluefft)
- am hinreissendsten bringen es die Afrikaner, mit den Drums - die von Aethiopien, die ich bei einer Hochzeit kennenlernte, stellen sich je 2 vor einander auf, als schauten sie einander in die Augen und vergessen beide das Hier. Wenn es nur zwei sind, gehen sie halb tanzend einen kleinen Kreis um eine Mitte, man spuert es gradezu, dass man so nach innen hin zur EINEN Mitte schauen kann.
In Lalibela, dem alten Wallfahrtsort, deren KIrchen-Ensemble der letzte der juedischen Kaiser (Negus) namens Lalibela seinen orthodox-christl. Aebessinier-Untertanen durch Steinmetzen aus einem Monolith (die sind alle zusammen aus 1 Bergkuppe gemeisselt worden) heraushauen liess, in "40" Jahren friedlicher Regierungszeit - es liegt bei Gondar - da ist im Sept.das Grosse Fest, dann tanzen die betenden Depteras (Leviten) in ihren schwarzen Maenteln in zwei langen Reihen einander gegenueber, so ein bisschen wie stehende Voegel aussehend - und dann geht es wie eine Woge immer hin und zurueck statt im Kreis - die Priester sind praechtig und bunt in ihren Gewaendern - das war in Jerusalem auch so, Buch Leviticus erklaert ja, was zu einem Priestergewand an Farben gehoert -
- die Musikwissenschaftler nehmen an, weil diese Gesaenge musikalisch niemand sonst in der Welt hat, dass sie diese Gebets-Liturgie noch wirklich aus dem Hl.Haus in Jerusalem beibehalten haben, denn der 1.Negus leitet sich ab aus der Koenigin v.Saba in dem nahen Sued-Arabien und Koenig Salomo, zugleich sei eine ihren Hofdamen durch ihn an auch einen Sohn gekommen. Beide wurden zur Erziehung als jjunge Maenner von ihrer Mutter nach Jerusalem geschickt worden um eine gute Ausbildung zu erlngen, auch um unbedingt das Gesetz der Thorah fuer ihre Untertanen zu erlernen, denn die Lehren aus Noahs und Abrahams Zeit seien damals doch schon etwas verwildert gewesen und reichten nicht aus.
Von dem Knaben der Hofdame sei die spaetere juedische Negus-Dynastie abstammend. Diese regierte ab der Zeit Mohammeds, der einmal an alle ihm bekannten Koenige ein Schreiben richtete, sie auffordernd, sich dem Islam zuzuwenden. Niemand ausser dem Negus antwortete darauf. Der Negus antwortete freundlich, aber bestimmt, dass Mohammed doch bitte wohl nicht von getreuen Verehrern DES EINZIGEN G0TTES die Treue brechen (und wechseln, als gebe es 2) - und es wurde respektiert. Die fruehen Muslime liessen Aethiopia bei ihrer Religion ca 400 Jahre in Ruhe. In dieser Zeit amtierte der Stamm der Hofdame, ein Jude, und sein Volk, bis auf die eigenen Leute, war christlich, was nicht ohne Probleme durchzuziehn war, denn der oberste Patriarch ist immer einer aus der Griech.orth.Kirche zur Seite eines eingeboren abessinischen Patriarchen. Brauchte man einen neuen, hatte der das Anreise-Problem, heil von Alexandria her zu Fuss oder wie auch immer bis zum aethiop.Kaiserhof zu kommen - etliche schafften das nicht lebend. Dennoch, die ganze Zeit hindurch wallfahrteten immer Aethiopier auch jaehrlich zu den 3 Wallfahrtsdaten nach Jerusalem, wie es in der Bibel geboten ist, Ein bemerkenswert treues Volk. :)
Nachher sei ein Priester Natham mit den ersten zwei Prinzen aus Jerusalem nach Saba gekommen und habe die 'Tabot (die 2-Tafeln des Thorah-Gesetzes) mitgebracht, auf dem Kopf (um das Gebot zu erfuellen, die Hl.Worte immer vor Augen zu haben, und das hier gesagte "vor" ist in Moses-Hebraeisch bejn ="zwischen".
So tragen sie in Lalibela auch die Hl.Texte als Tafeln auf dem Kopf. Das Wort 'Tabot erinnert an Tho´Taphot - und so heisst die Gebetskapsel ueber der Stirn der Juden, die "ThePhillin legen", wer es zu erbringen auf sich nimmt, macht das anlaesslich des taeglichen Gebets.
Achte mal im Anfang Sept. im Fernsehn drauf, manchmal zeigen sie es dann kuerzer oder laenger. Es muss sehr beruehrend sein, da dabei zu sein, zumal wenn man diese Ueberlieferung kennt.
Als Negus Lalibela sein Amt antrat, waren die Zeiten ja anders, und es ganb auch muslimische Heerfuehrer, denen der Gedanke gefiel, vielleicht doch Aethiopien anzugreifen und in die Umma hineinzuzwingen - nicht alle waren so gelehrt, um von jenem Briefwechsel des Negus mit Mohammed zu wissen oder sich zu erinnern, dass kein Zwang im Glauben vom Qur'an her erlaubt ist. Da liess er Lalibelas Kirchen meisseln, die wurden zur Einweihung alle von aussen vergoldet und innen waren sie auch sehr praechtig, aber so gemacht, dass ein Fachmann sah, dass dazu kein Stein gebaut wurde, sondern Raum, Altar, Baenke, alles aus dem Urfels geshlagen war (die groesste, St.Georg, ist 25m im Quadrat!) - zur Einweihung lud man auch muslimische Diplomaten ein, nehme ich als sicher an. Der gewuenschte Effekt mag in Worten so verdeutlicht worden sein: Der Blaue Nil hat 50 Quellen aus den abessinischen Hohen Gebirgen, und die bringen jaehrlich die segensreiche Nilflut heran, ohne welche Aegypten eine Sandwueste bliebe - eine Quelle ist nicht sehr gross, es ist ein leichtes, die mit guten Steinmetzen umzuleiten. Also die Abessinier empfehlen sehr, sie in Ruhe ihren Glauben behalten zu lassen, wie sie ihn vom Hofe Salomos selber erlernten. - Naemlich danach gab es weitere 400 Jahre keine Angriffe seitens der Muslime ins Hochland von Abessinien hinein, erst 1518-1548.

Mir gefaellt der Gedanke ganz gut, dass zu Koenig Davids und Salomos Zeiten die Leviten so aehnlich getanzt und gesungen haben. Aethiopisch ist auch dem Hebraeischen noch recht nahe verwand, schreibt sich allerdings wie Deutsch von links nach rechts. Jedenfalls, es gibt historisch mehrere Male Beziehungen zwischen Juden und Abessiniern, in Israel leben jetzt ja auch die unter der Diktatur bei Nacht und Nebel komplett aus Aethiopien gekommenen schwarzen Juden, welche die ganze Zeit hindurch ihr Judentum aus der Koenigszeit bewahrt haben. Sie hatten nur noch nicht den Talmud. Auch die traditionelle Kueche ist, soweit ich das kenne, koscher geblieben.
Aethiopier wollen es fast nicht glauben, dass Juden auch mal Weisse sind. *g* - Aber schliesslich gibt es ja eine Szene, in der Hl.Schrift, die berichtet, dass Mosche Rabenu's Gattin Tsipporah (Schwalbe) eine Schwarze war. Man muss das nicht so eng sehn, aber auch nicht denken, dass wir uns nie anpassen. Eben.

Damit zum Musik-Thema zurueck. Wir tanzen auch in Juedisch.
Es gibt als Fest hinter dem Laubhuettenfest den Tag der Freude an der Lehre, da wird auch in den Synagogen liturgisch getanzt. Weil wir sie, die Worte unserer Lehre, als "Prinzessin" behandeln, und sie in Schriftrollen geschrieben ist, welche zur Aufbewahrung zusammengerollt an 2 Staeben einen Wickelverband ("Thorah-Wimpel") umgebunden bekommt, darueber einen schoenen Samt-Mantel, Silberschmuck, ein Titelschild, ein Lesestab und Krone, stehen sie wie Puppen im Schrein, alle Rollen der Gemeinde. An diesem Fest nehmen wir sie heraus, die Maenner, soviele wie noetig, nehmen sich je eine auf den Arm und tanzen damit eine kleine Prozession, wozu wir alle singen und in die Haende klatschen. Man kann auch Suessigkeiten dazu verteilen und froehlich naschen. Man ist vor G0TT ja schliesslich zuhause und weiss, vor WEM wir stehen. :)
Am Laubhuettenfest gibt es den Feststrauss und eine aehnliche Prozession.
- Bezueglich der Anpassung - die lange Verweilzeit in Europa brachte es mit sich, dass die hiesigen Melodien teilweise denen gleichen, die man hier auch singt, profanen und kirchlichen, bei einem Fesst wuerdest Du vermeinen zu hoeren "Tochter Zion, freue Dich!" der hebr.Text ist aber sehr viel aelter - da sind noch einige aus dem deutschen Bestand an Volksmelodien.
- Die Gesaenge unserer "Spaniolen", Sepharden-Juden, die lange in Spanien heimisch waren - bis ca 1500 - nehmen die Melodien auch aus dem Schoenheits-Gefuehl spanischer Kompositionen - z.B.die zu unserem herbstlichen Neujahrsfest "Rosch haSchanah" die sind hinreissend schoen, sehr viele sind davon auch im Gebetsschatz der von Spanien in die Tuerkei ausgewichenen jued.Gemeinden tradiert geblieben.
- Wundervoll sind auch die Gesaenge unserer Ost-Europaeer, angesteckt von den Gesaengen der Orthodoxen wetteifernd mit schoenen Stimmen, um wenigstens einen erstklassigen Vorsaenger zu bekommen, nehmen Gemeinden oft viel Muehe (sprich Unkosten) auf sich. An sich wird ja schon jeder Text gesungen gebetet, je Textart nach eigenen Regeln, dann weiss jeder Hinzukommende gleich, woraus der Text stammt. Der Vorsaenger vom Hohen Versoehnungstag muss aber auch Hochleistung bieten, sofern er gesund ist, stehend und fastend am Vorabend schon Stunden und am Tag dann von morgens bis zum Dunkelwerden anzusingen, mitzusingen und auch mal allein zu singen. 25 Std. Vollfasten. Da ist uns nicht zum Tanzen, es sind auch erste Themen, an unserem Heiligsten Anlass. - Wenn es aber um ist, und wir sind noch alle munter, dann wird erstmal schoen "angebissen", es gibt Kuchen oder Essen, normal vergnuegt und ohne Liturgie wird dann auch mitunter doch gesungen und Beliebiges getanzt, je nach Gemeinde. Hier kommt es daher, dass wir uns mal alle treffen, maximal alle, das ist zu schoen! - Wir sind zu wenige im Ausland, jeweils, die sich oft so treffen koennten.
- Am Pessachfest, wo die Hl.Handlung ein komplettes Festessen mit umschliesst, sind zum Vergnuegen am Schluss noch eine Serie Spass-Lieder Brauch. Da wird auch nicht getanzt. In dem Part der lustig zu singenden - teils dennoch ur-alten Lieder waer es vielleicht machbar, auch noch ein bisschen zu tanzen
- unsere ost-eurpaeischen Chassidim verstehn sich besonders darauf, zugleich dabei bis zur Entrueckung zu beten
"Und wenn der Rebbe tanzt, tanzen alle Chassidim..." Icon_cheesygrin - da nehmen wir uns auch mal selbst "auf den Arm" - es gibt eigentlich keine wesentliche Scheidung zwischen "profan" und "religioes", G0TT schuf doch alles, ER ist dabei wie immer - IHM dient alles, was wir tun und lassen koennen, IHN dabei miteinbeziehend
- 1906 entdeckte ein jued.Reporter einen Sioux-Stamm Indianer, der die Thorah am Schabath verlas, in einem sehr schmuck gestalteten Gebets-Wigwam, an dem ihm ein eingestickter Davidstern aufgefallen war - und, das, wo sonst nicht anders als bei anderen Indianern wirkte - und als er deren Alte nach ihrer Tradition fragte, kam heraus, dass sie von Juden aus der Zeit Christoph Columbus abstammten, deren Melodien hatten auch was vom Schoenheitssinn der Sioux aufgenommen, aber das Hebraeisch der Worte war immer noch noch intakt.

- Wenn Du mal nach Tel Aviv kaemest, da ist ein Museum HaTfutsoth den Gemeinden in aller Welt gewidmet, kleine Modelle zeigen, wie verschieden Synagogen gebaut werden. Es gibt bei uns ja nur das Eine Heiligtums-Haus, und seit es das nicht mehr gibt, seit 70ndZ, griffen wir zurueck auf das "Schul-System", die Synagogen, die unserer Ueberlieferung nach Daniel in Babel zuerst einfuehrte, also lauter Gemeindehaeuser, da lernt man, da trifft man sich, da kuemmert man sich um Arme, um Braeute-Ausstattungen und Beerdigungen, um die Verwaltung, um gemeinsame Feste und eben auch Spass, wenn Spass dran ist
- z.B.am Estherfest, Purim, im Fruehling - ich meine, der Name Osterfest kann ganz gut damit zusammenhaengen, es liegt 1 Monat eher. Das soll man sich eigentlich sogar einmal "beschickern", also einen Schwips antrinken, falls man es gesundheitlich darf, da wird sich verkleidet, Kinder sind Koenige und laermen mit Ratschen herum (so Dreh-Rasseln), Frauen verlesen den Hl.Text des Tages (den hebr.ueberlieferten Teil des Buchs Esther) in jeder beliebigen Sprache (uebersetzt) und man macht auch Parties, wenn sich genug Leute finden. Heiligkeit selbst ist zu wichtig als dass man sie ueber alles ausdruecklich religioese Tun und Sein breiten muesste, denn auch dass wir uns freuen ist G0TT heilig, es ist ein Gebot, sich wieder zu freuen und anderen es auch wieder zu erleichtern, sich zu freuen, wenn denen das Herz mal schwer ist.

Eine kleine Pagode aus China als Modell ist auch da, im Museum HaTfutsoth - diese Gemeinde in Nord-West-China trafen die Araber an, als sie etwa im 9.Jhd bis nach China gelangt waren, Haendler, welche dachten, dass auf dem schweren Landweg noch nie jemand so weit gekommen war - diese juedische Stadt hatte - soweit ich mich erinnere, ca.10'000 Einwohner, die nicht viel anders als ein Volk Chinesen zu sein schienen. Und, als diese den Arabern sagen sollten, seit wann sie denn da sind, und ihre Tradition nachrechneten, wann die ersten hier anfingen, kam man auf etwa die Zeit der Assyrer, glaube ich, nachdem fast ganz Israel deportiert worden war, ausser Jerusalem-Judaia. Haette mich ja sehr interessiert, wie deren Musik und Tanz-Profil damals gewesen sein mag. Die arabischen Haendler erkannten trotzdem direkt, dass es Juden waren.
Diese haetten aber den Talmud vielleicht auch erst von jued.Fernhaendlern der Seidenstrasse kennengelernt. Die in Aethiopia ja nicht, da kam keine grosse Strasse hin, ausser nach Jemen und nach Medina, das frueher Jathrib hiess. Medina ist der Markt von Jathrib. Da gab es persisch-jued.Kaufmanns-Familien, Kontore wegen des Seehandels, und juedische Wuesten-Nomaden-Staemme seit der Vernichtung des Staats Judaia durch Rom 136 ndZ.
- Die persischen waren aus der babylonischen Verbannung her dort wohnhaft gebliebene, aber stets in Kontakt geblieben mit den Lehrern in Babel und in den Hochschulen des Hl.Landes, Alexandrias in Aegypten und ganz Nordafrika und Europa. Erst 1967 - als die arab.Staaten den Krieg wieder verloren hatten, wurden dort wie in den arabishen anderen Staaten der Umgebung auch die meisten uralten Gemeinden vertrieben.
- Die beduinischen kann es auch schon lange vor 136 ndZ gegeben haben, fing doch unser Vater Abraham auch mal so ein Leben an, als herumziehender Zuechter. Angeblich ritt Isaak als erster ein Pferd. Der Legende nach. Auch schickte - was wiederum bibelkundig ist - Salomo Schiffe an ferne Kuesten hinaus, schoene Dinge kaufend oder nach Bodenschaetzen graben lassend. Bei so etwas pflegte man an der Strecke und am Ziel eine "Wiek" eigener Leute anzulegen, die das Vorbearbeiten uebernehmen und Tauschmarkt mit der Umgebung pflegen. Innerhalb diese Wiek ist das Gesetz der Bewohner gueltig, ausserhalb das Gesetz des umgebenden Landesfuersten, sofern es sowas da schon gibt. Assyrer hatten so eine "Bernstein-Strasse" von der Krim oder so bis zur Ostsee. Eine eigentliche Stadt ist sowas wie eine gemeinsame Organisation verschiedener Wieken, jeweils in Quartieren von einander getrennt lebend, falls die Heimat der einen mal mit der Heimat der anderen Konflikte hat, so ein Modell war Babel, auch spaeter Koeln, wo das juedische Quartier um 300 ndZ bezeugt ist. Die Stadt-Regierung ist dann fuer alle "Umgebung", jedes Quartier lebt ansonsten nach den Geboten der Heimat-Nation. Die Andersglaeubigen sind daher nicht Gojim "Heiden", sondern Nachrim, "Noachiten", weil sie einem Gesetz folgen und Richterspruch anerkennen.
Ein frommer Jude darf den G0ttesdiensten der Nachrim teilnehmen, im Rahmen der geselligen Hoeflichkeit und der G0ttesfuerchtigkeit, kann mit singen und sich an etlichen Gemeinschaftsgebeten beteiligen, z.B.unter islamischer Hoheit, wenn die drauf bestanden, mit in die Moschee kommen, am Freitagsgebet teilnehmen. Die Texte sind ja nicht unmachbar, nur sich nicht niederwerfen (ausser es steht einer mit einer Waffe hinter einem und wuerde einem was antun, wenn nicht *g*), oder Braeuche mitmachen, die irgendwie Statuen als Lebewesen behandeln oder im Alltag nicht als Hoeflichkeit bei jedermann angesehen wuerden (es gab /gibt ja auch solche Kulte).
G0TT schuf ja die Menschen als soziale Lebewesen.
- In Jerusalem Koenig Davids gab es eben auch solche Quartiere und am Heiligtum Salomos die Gelegenheit, in einem eigenen Vorhof als Nachri mitzubeten - aber hier ohne deren Statuen, klar. Einige Psalmen, und auch ganze Buecher der Hl.Schrift - wenn der Ausdruck fuer Leute, die Ruecksicht-nehmen auf G0tt, uebersetzt ist mit die "G0ttesfuerchtigen", das handelt sich um solche Nachrim, die auch beten, nicht nur um Juden. - Den meisten Menschen scheint das gar nicht klar zu sein. Ich hab mal aus Spass ein "Saras Gebetbuch" (von Sara und Abraham) aus der Keilschrift-Literatur nachuebersetzt. Steht im Internet rum. Es ist ja so, dass die Uebersetzer im 19.Jhd. um jeden Preis die Uebersetzung so auswaehlten, dass man immer mehr "G*tter" reinliest. Aber in genau diesen Sprachen ist es nicht zu unterscheiden, ob man "G*tt Sonne" sagt und schreibt oder "G0TT der Sonne" meint, den Schoepfer.
In Jerusalem sollten die befreundeten Frommen anderer Konfession nur nicht ihre Schlachtopfer abhalten wollen - dafuer konnten sie sich eigne Tempel hinstellen (Herodes d.Gr.baute seinen heidn.Untertanen selbst verschiedene schicke kleine Heiligtum im Land Judaea, nur das in Jerusalem wurde am stattlichsten - Arxchaeologen fanden beim Ausbuddeln eines alastes von diesem Herodes, dass er wohl darin strikt nach jued.Vorschrift eingerichtet war.)
- Die Gebets-Gefaehrten anderer Nation sollten sich allerdings auf 1 G0tt ihrer Art einig bleiben, 1 mindestens - maximal 1, was im gesetzlich geregelten Heidentum auch der Griechen und Roemer gar kein Problem war, ihren Hoechsten zu nehmen - auch fuer den Fall, dass einer mal einen Eid ablegen oder schwoeren wollte oder musste.

Seit den tanzenden Indern ist auch im dt.kath.Rituale einiges an Varianten zur Verschoenerung und Freude der Gemeinden mehr geworden, um auf den Anfang dieses Beitrags wieder einzumuenden. Wie gesagt, aus hoeflicher Freundschaft kann auch mal ein Jude dabei sein, und kleine Kreise in Einkehrtagen hab ich auch schon sanft sich wiegend um den Altarraum tanzen gesehen, zur Anbetung sich wiegend.
- Da weiss ich nicht genau, ob mir das selbst zusagen wuerde, denn es geht da ja nicht um meine Wellness - scusi - manchmal hab ich den Eindruck bekommen, dass es im Gefuehl des ganzen Volkes eigentlich ja nicht so verankert ist wie in Afrika, Indien, Philippinen, oder bei Indianern.
Vielleicht liegt's an meinem Alter, dass ich die Zeremonien von vor dem Konzil besser fand, fuer hier, weil da war nicht soviel "action" noetig, im Gesangbuch blaettern zu muessen, dies und das ploetzlich tun zu sollen, wie mitten drin den Nachbarn begruessen, der doch schon eine halbe Stunde der Banknachbar ist - oder fuer die Kinder komplett andere Buecher und Lieder zu benoetigen, ihnen den Gebets-G0TTESDIENST in einem Separee huebsch zu machen und sie nachher wenn der Kanon kommt, um den Altar zu stellen oder so. Natuerlich beisst der nicht. Es trifft nur nicht mehr den Kern des Anlasses. HEILIG HEILIG HEILIG bedeutet etwas Abstand. Wenn einem das eigne Tagebuch heilig ist, oder das eigene Briefgeheimnis - da weiss man doch, was "Heilig" fuer ein Ausruf ist. Selbst die alten Nachrim hielten einen inneren Teil ihrer G*ttesdienste separat, und noch lange Zeit schickte auch die kath.Kirche ab der Opferung alle Gaeste, Buesser und Kleinkinder hinaus, weil nun das Heiligste kam, das Gedenken an die Toten, Heilige, Martyrer, die den Versammelten vorausgegangen sind in Hoffnung und Vertrauen - und die "Allerheiligste Handlung" (der Wandlung) besondere Umstaende und grosse An_dacht daran erforderte, was hier vor G0TT steht. Warum sonst heisst es das Allerheiligste Geheimnis?
- es steht fuer diese Kinder als kuenftig Erwachsenen zu befuerchten, dass sie nicht so wie wir einfach in die Gemeinde gehoeren und alles ablernen, das zu verstehen, hat man ja ein Leben lang Zeit, wen zu fragen, aber es "im Blut" zu haben braucht einen fruehen Anfang.
- Unser Lernen beginnt mit dem 3.Lebensjahr - das wird es auch sein, was dem 90-Jaehrigen dereinst am lebhaftesten erinnerbar ist und geleitet ihn nach Drueben, so G0TT will, uns "120 Jahre alt" werden zu lassen.
Der 90-Jaehrige von 1967 haette ungehindert "wieder 5-jaehrig werden koennen und sich auswendig ausgekannt, ob zwischendurch gelehrt im "Schott" mitlesend, was die Priester beten, oder einfacher im Gesangbuch ueber manchen Teil ein Lied ummanteln koennend - mit diesen Liedern waren dt.Katholiken in Frankreich, Italien, und sogar die vom Zionsberg in Jerusalem beruehmt - da konnten sie auch noch singen *g*
- da sah ich hinten um mich herum eintraechtig Palis und Israelis dicht gedraengt einer Christmette lauschen, einige in Motorradkluft hockten sogar auf den Schultern von andern, weil der Sicherheit wegen ein laengerer Anmarsch zu Fuss noetig war. Als dann der Lesungs-Predigtteil kam, waren sie allerdings alle weg *g*
mfG
WiTaimre :)
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#5
Deine Bedenken und Anmerkungen (bezüglich der modernen Wellness-Gottesdienst-Gestaltung), teile ich mit dir. Mir ist aber auch klar und kann durchaus nachvollziehen, dass/wie die Kirchen um ihre Mitglieder bemüht sind, Kinder und Jugendliche, Familien usw... wieder verstärkt für den Gottesdienst zu begeistern. Doch warum bewegen sich die Menschen nicht von selbst? Braucht es denn wirklich diese Lockmittel, genügt nicht das Einfache, Beständige, jenseits von Moden und Zeiten 'Durchdringende'?
WiTaimre, beobachtest du in deiner Tradition (reli. Weg bzw. Gemeinschaft) ähnliche Bewegungen oder zumindest Ansätze davon, was in Richtung Wellness-Religion ect...gehen könnte? Ich vermute, eher nicht (?).
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#6
Hi, Marlene
- njain, es ist so, ich wohne etwas abseits und komm nnicht allzuweit rum - einigs ist durchaus auch etwas trendiger - z.B.haben wir auch seit einiger Zeit Rabbinerinnen und je nach Ausrichtung gehen die Varianten bei "liberalen" oder "Reform-Gemeinden" in einigen Richtungen Ideen nach - der eigentliche Ablauf der Liturgie gibt aber nicht so starb Abweichbares her - weil der Kern-Ablauf textfixiert ist, Synagogen lesen einmal im Jahr einander die 5 Buecher Moses vor, 7 Leser je Sabbath, der Zweck war, die Ausprache zu kontrollieren, damit die Gebots-Wortlaute getreu erhalten bleiben, oft war es Brauch, wie auch schon, als das Heiligtum noch stand, einen solchen Text alternierend Satz um Satz zu lesen, je gleich danach uebersetzt in die Voelkersprache, der die meisten folgen koennen, damals Griechisch, ich hab ein wunderschoenes Exemplar mit Jiddisch - zum Allein-Studieren oder zuhanden des Lehrers sind dazu auch eine Menge von Gelehrten-Kommentaren aussen herum abgedruckt, je was man da liest betreffend (es erspart, mehrere Buecherr zu schleppen) - das hab ich nicht ueberall noch praktiziert gesehn
- andere meinen mehr, es gehe nur um den Inhalt und nehmen Uebersetzungen in der Landessprache - gesungen wird auch ueberwiegend ein gemeinsamer Text - manche Gemeinden haben auchh mal schon eine Orgel - muss ja nicht am Sabbath gespielt werden, ist trotzdem was Angenehmes fuer z.B.Tagen vor und nach Feiertagen - oder Chanuuka, das bevorsteht, da ist kein Arbeits-Ruhetag.

Also da muesste ich mal rumfragen, ob es aufregendere Neuigkeiten gibt. Gemeinden sind ja ziemlich autonom, eine kann sich sogar an einen auswaertigen Landesrabbiner anschliessen, wie etwa Giessen sich 1984 ungefaehr an Hannover anschloss.
Dazu kommt, dass aus den damals noch 30'000 in Deutschland enthaltenen Juden kaum je konstant immer 10 Mann aus derselben Derivation zusammenholbar waren - hab ich sogar in Frankfurt erlebt, da aber die Eignung bei einander anerkannt wird, richtet sich das Ergebnis eher nach den konservativeren, denn die brauchen es staerker so "wie es immer war und zwischen Madrid, Kopenhagen, Jerusalem und Wilna bleiben konnte.

Aber doch
- denkwuerdige Kuriosa passieren uns auch in diesen modernen Zeiten:
in Berlin gibt es meistens auch Gaeste, die einem schoenen Judentum die Reverenz erweisen moechten, hohe Feiertage mitzubeten - kein direktes Problem. Nun hatte eine Synagoge mangels eigner guter Saengerchoere das Angebot eines christlichen Kirchenchors akzeptiert, die herrlichen Gesaenge zum Vorabend des Versoehnungtags mit zu gestalten - ein Nachri koennte ja sogar dann eine Orgel spielen und etwas von Mendelssohn-Bartholdy in eine liturgische Umrahmung spielen. Wie auch immer, die Leute waren riesig nett, begabt und eifrig, sie singen von einer Galerie herab - und ein Mitglied aus Bayern kam etwas spaeter an, Verkehrsstau oder so - stellt sich flink auf ihren Platz im Chor, schnppt sich die Noten, schaut bei der Nebensaengerin ab, wo man grad ist - erschreckt sich, weil sie doch ziemlich spaet gekommen ist und ruft in eine zufaellige Gesangspause schallend "Jessas-Maria - wir sind ja schon im Ne'ila !"
Gemeinde, ob Jud oder Nachri, stutzte nun doch und mancher kicherte wohl etwas schadenfroh in sich hinein - es sollte doch nicht derart offensichtlich werden, woher der rundfunkwuerdig schoen gesungen habende "synagogale" Chor geliehen war *g*

- Es zu wissen ist eigentlich auch kein religioeses Problem, ebensowenig wie das Annehmen eines solchen Angebotes - es waere nur eins, wenn sie andere Lieder zwecks anderer Konfession oder Deutung des Tages singen moechteten. *g*

- Aber es ist halt so, auch unser Nachwuchs wird teils stark weltlich abgezogen, und ob wir das Haus voller kriegen wuerden mit einer Band und "On the rivers of Babylon - yeah yeah!", da muss man sicher am ehesten in Amerika nachfragen, da sind sie a) mehr Juden zur Auswahl, wer etwas macht, und b) sehr viel staerker unterschiedlich im Einzelnen.
Es gibt allerdings auch neue anmutige religioese Kompositionen. Wir waeren nicht unbedingt auf Gospels Rueck-Anleihen angewiesen.

Das Radikalste Verwunderliche, was ich mal gelesen hab, war so etwa um 1840 herum, als "Liberale deutsche" Juden sich dem Preussenstaat und seinem pietistischen Protestantiismus sympathischer halten wollten, und die gaben die Order heraus: wer hier Buerger sein will, nimmt a) die Deutsche Sprache immer, b) gewoehnt sich Disziplin an "ordentlich" zu singen - ich kann das hier nicht erklaeren, aber wir haben da reizende Eigenheiten, die uns nicht normalerweise "ordentlich singend" erscheinen lassen, die ich meinesteils ueberaus liebe - c) das Radikale: lasst uns den Sabbath doch auf den Sonntagen feiern ! es wird doch weiterhin der jeweils 7.Tag sein koennen (das hatte praktische Hintergruende, weil durchgehend noch die 6-Werktage-Woche war, kein Unternehmen oder Handwerksmeister haette dann so einfach ablehnen koennen, Juden einzustellen resp.zuenftig auszubilden)
- wie auch immer, sie waren stellenweise derartig besorgt, die neuen Buergerrechte koennten andernfalls gestrichen werden, wenn unser Judentum nicht ganz parallel erhaben, deutsch-preussisch und aesthetisch wie die Liturgie bei Protestantens ja gerade auch reformiert wurde, im Geiste der Romantik und Schleiermacher's "Innerlichkeit" - dass sie am Sabbath andere Juden kontrollieren gingen, ob die nicht etwa Sabbath noch am Sabbath halten wuerden - und natuerlich - 10 Juden, 3-4 feste Ueberzeugungen, es soll sogar zu Handgreiflichkeiten hekommen sein und brachte ein paar Polizei-Strafmeldungen ein, ueber das "weiterhin un-sittliche Verhalten hier ansdaessiger Juden"
(gemeint ist, sie haben Sitten, die noch nicht den unseren drumherum gleichen, es gehoerte dazu, etwa nach der spaerlichen preussischen Schule, die zeitweise nur enthielt: Deutsch Lesen u.Schreiben, 4 Gerundrechnungs-Arten, Geschichte - der preussischen Siege, Singen, Erdkunde Deutschland-Preussens - und Apfelbaeume im Schulgarten ziehen - "also alles, was ein kuenftiger Soldat zu wissen benoetigt" hat der Koenig es 1827 in einer Berliner Waisenhausrede erlaeutert - also un-sittlich war es, wenn juedische Kinder am Nachmittag noch etwas Englisch, Franzoesisch, je nachdem auch Griechisch oder Latein einen spaeteren Beruf oder ein Studium vorbereitend, Prozent-und Dreisatz-Rechnen etc von einem Hauslehrer lernten, "das erschoepfe die zarten Kinder zu sehr" - es war auch zeitweise nicht geplant, dass Maedchen mehr als Stricken, Weben, Singen und Baeumchenpflanzen zu lernen brauchen, die juedischen Dameninternate fuer Hoehere Toechter waren zuerst ein richtiger Skandal - nachher schickten viele "Preussen" auch ihre Toechter in "Derartiges" *g*)
tja - nix Ganztagsschule, die ist un-sittlich laut einem Landratsamt in Paderborn.

- Unter diesen Streitereien bildete sich die deutsch-juedische Orthodoxie in die genau andere Richtung zu den biederen Liberalen - das grosse Mittellfeld, das die Kinder noch Liebe, Guete, Perle oder Pfanne, Füllebiene und Schanett benannte - je nach Amtsschreiber, war nur einfach noch-deutsch-juedisch und mochte nicht alles weggeaendert kriegen. Jedoch einige deutschprachige "Andachtsbuecher" mussten sie sich auch angewoehnen, wegen der Erhabenheit, verstehst Du?
Vermutlich empfanden viele diese Texte als merkwuerdig unjuedisch, auch wenn jede andersreligioese Aussage darin strikte vermieden wurde - selbst uebersetzt ist das voellig anders, Gedankengaenge, Aufbau, G0TTES-Bild dahinter - alles ist gut gemeint aber nicht unser.

Bei andern ging es aber richtig hoch her. Da hatte in Hessen ein ABC-Buch seit Menschengedenken gelehrt: "A - wie Adam, B - wie Balthasar - C - wie ...unser Herr, ..." also jedes Wort spaeter zum Katechismus ueberleitend,
unter Napoleon und preussischer Aufklaerung gab es ein neues ABC-Buch *o Grusel*, ein saekularisiertes: "A - wie Apfel, B - wie Birne, C - wie Caesar, ..." in einer Region erregte dies die Landbevoelkerung so sehr, dass sie ihre Kinder das nicht lernen lassen wollten, und Polizei wollte die lieben Kleinen mit Gewalt dem Unterrichte "zufuehren", es kam zur offenen Feldschlacht, ich meine mit ca.1000 bewaffneten Bauern - naja, hat's geholfen? - unter Preussen und auch andern Fuersten jedenfalls nicht lange.
- Eine andere Region war empoert ueber das neue ev.Gesangbuch nach der Zwangsunion von Lutheranern und Protestanten, die haben es ca 25 Jahre lang konsequent nicht angeruehrt. Ich hab ein ruehrendes Dokument kopieren duerfen, dass ein Handwerker sich fortan ein eigenes und selbst liebevoll illustriertes "altes" Gebetbuch schrieb, um kein neues zu nehmen.

mfG WiTaimre :)
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#7
Es gibt verschiedenste Gebetshaltungen beim Beten der Juden. Einige stehen ganz ruhig, andere drehen sich hin und her, andere wippen, andere headbangen regelrecht. Dafür gibt es auch unterschiedlichste Herleitungen und Begründungen. Letztlich bleibt es aber jedem Einzelnen überlassen, wie er es schafft in völliger Andacht zu Beten.

Auf die Frage nach dem Wackeln antwortete der Bescht (Baal schem Tov, Gründer des heutigen Chassidismus) einmal:

Wenn sie in einen See fallen und nicht schwimmen können, was werden sie machen? Sie werden anfangen zu schreien und zu wackeln, auf das sie jemand sieht und sie rettet.
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#8
LOL
- Danke, Jaakow - klasse Beispiel :)
gute Chanukka-Tage wuensch ich allen, die es betrifft
mfG WiT
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