Hallo :)
Zitat:Romero: Wieso wiederauferstehen, hat's nicht mal geheissen, dass die Juden gar nicht genau wüssten, was nach dem Tod sei sondern im hier und jetzt leben?
- das Beispiel mit der Frau sagte doch ausdruecklich, dass sie in ihrer Not, dass der Kapitaen ihr Gewalt antut oder die ganze Familie ersaeuft (was es ja damals wohl leider oefter gab), ihren eigenen Mann doch wohl fragte, was er meine, ob es eine Auferstehung auch aus den Tiefen des Meeres geben wird.
Was ist denn daran so schwierig, dass man einander nun so "beharkt"?
Sie konnte nicht eine erschoepfende theoretische Lehr-Anfrage stellen, in dieser Situation, und auch fragte sie nicht ausdruecklich, was man im Himmel von Selbstmoerdern halte, denn als ihr der Gedanke keimte, sah sie doch wohl - lebenspraktisch, dass - wenn ueberhaupt - es sehr ploetzlich von ihr passieren musste, sonst haette man sie doch festgehalten, aber wenn sie nicht mehr da waere, haette der Kapitaen keinen aktiven Grund mehr, ihre Familie zu bedrohen, deren Chance, die bezahlte Fahrt beenden zu koennen, war groesser, und wenigstens das erhoffte sie durch ihr Selbst-Opfer zu erreichen.
Ok, Nachdenken irgendeiner mittel-gebildeten juedischen Hausfrau unter wahrhaftigem Stress in einer Ausnahmesituation - es wurde aber von den Spitzengelehrten unserer Konfession in die Treadition uebernommen, damit es auch Spaetere wissen, dass so ein Fall vorkommen kann, eben auch zur Frage, was mit Selbstmoerdern geschieht.
Die andern hier haben es schon beantwortet, dass generell nicht im Gebot erlaubt wird, sich koerperlich oder gesundheitlich zu ramponnieren, und darunter ist die Selbsttoetung wohl die gruendlichste Beschaedigung seiner selbst.
Wenn uns hier einer nach dem fragt, was unsere Konfession zu etwas lehrt, versuchen wir, nicht unsere willkuerlich privateste Antwort zu geben, sondern das, was davon unser Wissensstand ist, der das Thema erhellt.
Ihr seht ja, dass ich noch weitere Aspekte dazu lernte und beitragen kann, und ich nehme solche Angaben meistens so, dass man die genaue Stelle in der Bibel oder im Talmud / Mischna-Werk bei einem gelernten Fachmann erfragen koennte, z.B.einem Rabbi - ein solcher bin ich nicht und zum Verse-um-sich-werfen im Gespraech bin ich wenig zu begeistern.
Wir haben im rabbinischen Schrifttum eine Menge Beispiele aus dem Alltag einfacher Normalos, die "mit-juedisch" sind, obwohl wir zugleich zugeben, dass es in unserer Religion weder verbindliche Dogmen noch einen Zwang untereinander gibt, einstimmig etwas zu bekennen oder gar zu glauben (als zuinnerst-von-etwas-ueberzeugt-Sein oder als etwas fest-fuer-wahr-Setzen, beides verlangt man im real existierenden Judentum nicht flaechendeckend und weltweit, also jedenfalls in unserem Erkenntnis-Umfeld nicht)
Vielleicht, wenn ich das hier so lese, sollte ich auch das noch erlaeutern. Aber erstmal zur Frage der Frau wegen der Auferstehung: wenn sie das in der Situation fragte, und generell Juden, die es noch gibt, aus dem Zweig "Pharisaeer" her sind, da ist es bekannt aus der Apostel-Zeit, dass wir spaetestens damals "die" Schule sind, die im Grossen Ganzen durchaus an die Auferstehung und an das Rechenschaft-Geben am Ende der Zeiten glaubt, und zwar spaetestens ausformuliert in der Glaubensverfolgung der Makkabaeer-Zeit.
Es gab nie eine juedische Phase, in der man zuerst Buecher studiert, und dann diese Lebensform waehlte, sondern man wuchs drin auf und lernte Schriftliches spaeter mal kennen, Frauen wie Maenner studierten die Lehre zumindest so weit gemeinsam, auch Entscheidungen unserer Lehrhaeuser (Mischna-Inhalt) vorliegend bei und nach der Eroberung des Hl.Landes und des Heiligtums in Jerusalem, zu kennen.
Das schaffte auch nicht ganz jeder, aber es war eine Art Mindest-Bildungs-Niveau. Maenner erlernten dann noch, soweit sie das ihrerseits im Lebens-Unterhalt unterbringen konnten, das Riesen-Werk Talmud. Mal geht es unsern Leuten in einem Land besser zum Lernen, mal in einem anderen Land, daher ist der Stand des Wissens nie einheitlich hoch, aber man trifft einander ja wieder, und der Anspruch der Froemmeren oder religioeseren unter uns wird daher auch nie sinken, dass wir alle selbst lernen moechten und es sollen-duerfen.
Unsere Frauen, selbst Hausfrauen, geht das ja direkt etwas an, weil etliche Gebote sich am juedischen Haushalt auswirken, als kleine Tochter erlebt man es, und mit dem eigenen Mann wird es wieder relevant, sozusagen auszurangeln, wie man es halten kann, mal ist da die Frau mehr interessiert, mal der Mann, mitunter erst wieder die halbwuechsigen Kinder. Dass man "Juden" ist, wird einem meistens die Menschen-Umgebung kaum verheimlichen....
Das ist der praktische Grund, wie unsere juedische Hausfrau mitunter einen Rang im Lehr-System als glaubhafte Quelle zu einer bestimmten Lehre erreicht, auch wenn sie nichts Anderes an Qualifikationen dazu vorweist als das.
Noch ein Beispiel: ein roemischer Kaiser hatte mal eine juedische Delegation vorgeladen und hielt sich darueber auf, ob ihnen klar sei, welche grosse Macht er repraesentiere. In Rom lebte eine dahin zwangsversetzte grosse Judenschaft seit Pompejus (ueber hunderttausende).
Die Gelehrten konterten, ob Seine Majestaet bitte geruhen wolle, irgend eine juedische Frau vom Markt hereinzuholen und ihr aufzutragen, vor seinen Augen einen Eierkuchen zu backen. Kohlefeuerchen hatte man damals in jeder guten Stube, auch beim Kaiser. Also der war neugierig, was das soll, liess eine Frau holen und sie begann - sicher mit etwas klapprigen Knien, ein Ei zuerst in eine Extra-Schale hinein zu oeffnen, und dann in die Pfanne zu giessen, dasselbe mit jedem einzelnen Ei.
Nun erklaerten die Gelehrten dem Kaiser, wenn er wissen wolle, was in unseren (juedischen) Augen "Macht" sei, dann sei das dies: Das Gebot, kein Glied eines lebenden Wesens zu essen, sei von Moses vor langer Zeit den Juden mitgeteilt worden. Ein angebruetetes Ei enthalte das beginnende Kueken - also ein lebendes Wesen, und sei es nur ein roter Fleck, der Blut sein koennte - und daher ist das uns eben nicht zu essen erlaubt. Das kontrollierte diese Frau ganz routinemaessig, dran gewoehnt, an jedem Ei. Hinter diesem Gebot stehe nur die Macht, an die wir glauben: unser G0TT.
Da ist kein Schwert noch irgendeine Drohung mit Schmerzen oder anderen Unannehmlichkeiten noetig gewesen, und doch haelt sich immer noch irgend eine beliebige juedische Frau an dies Gebot, man koennte genau so gut eine andere holen, also: DAS sei Macht, eines Gesetzes bei Juden.
Nach unserer Meinung haette jeder Kaiser, zumal ein roemischer, die sich staendig nur unter Selbstverteidigung ihres Thrones erfreuen konnten und nur diese kurze Zeit lang Macht hatten, nur neidisch werden koennen, dass sie sowas nicht anbieten konnten.
Also die Bezeugung des Ausrufs jener Frau im Moment, als sie in ihrer Angst die Idee bekam, sich in den Tod zu fluechten, also umzubringen, ist etwas Aehnliches wie das mit dem Ei - der Frau blieb auch keine Zeit, wen zu fragen, wie man sich nun auf so einen Kaiser-Sonderwunsch hin verhalten sollte - und da war der Frau auf dem Schiff ja wohl gar nicht dran gelegen, lieber auf immer tot und verschollen im Wasser zu bleiben, oder gross zu fragen: "Duerfen einzelne, weibliche, erwachsene Juden sich eigentlich umbringen, und was wird dann aus denen?"
In der kuerzeren Frage, ob man auch aus dem Meer auferstehn koennen werde, steckt ja drin, dass sie allgemein schon an Auferstehung der Toten dachte, nur wurde der Normalmensch dann komplett in die Erde begraben, es war die Kleinigkeit, die nie bisher vorgekommen war, wie das mit dem Meer sei - verschollen waere sie ja nicht, es gab genug Zeugen - aber ihr Leib sei auch nicht zum Bestatten herausholbar, nahm sie doch zu Recht an.
- Und wenn das in dem Augenblick ihre groesste Sorge war (ich kann bestaetigen, dass so etwas einem wirklich einfallen kann, im Moment, wo man erkennt, man koennte gleich tot sein), hatte sie doch wohl auch nicht die geringste Angst, wie G0TT es finden wird, dass sie unter diesen Umstaenden "so" waehlte, zu sterben.
Generell trauen wir IHM sehr. Das hat nichts an sich von irgendeiner Hoffnung, ob ER gutmuetig sein werde, oder es koennte IHM etwas entgehen - eher schon vertraut man IHM, dass ER ja dabei ist, auch in so einer Not, und man wirft ja in so einem Moment auch einen Blick zu IHM rueber, nach innen hinein: was das Gewissen im Moment wohl dazu sagt - auch eine Routine wie das Eier-Nachpruefen. Allerdings hat Gewissen eine Beziehung zu Wissen.
Auf einem wesentlich unanschaulicheren Wege waeren unsere Rechts-Gelehrten auch zu diesen Folgerungen gekommen:
- a) dass wir die Konfession sind, die an die Auferstehung glauben
- und b) dass es Aufopferungs-Suicide geben kann, was aber derjenige ganz allein zu entscheiden habe, und die wir nicht als falsche Tat verurteilen duerfen
- und c) dass dies ein Fall war, wo "irgend-jemand" aus unserem Volk sich daran zu halten bereit war, eher den Tod als einen befohlenen Ehebruch zu waehlen - eben auch so herum.
Vorher, um das Jahr 69ndZ, als sich die juedische Lehre mitten im Krieg Roms gegen Judaeas Aufstand an der Kueste eine pharisaeische Schule neu aufzubauen beginnen durfte, unter Leitung des Alten Johhanan ben Zaqqaj, (der sich als "tot" aus der belagerten Stadt schmuggeln liess, die zu verlassen Fanatiker von innen ja auch nicht erlaubten), beschlossen diese, das Judentum als Lehre so komplett wie moeglich in die Zukunft zu retten. Dazu reicht es nicht, dass man eine Art Handbuch herausgibt, sondern es ist ein Gesamt und war ein Gesamt
- wir als Pharisaeer kannten zwar auch schon mehr als uns lieb war, hellenische Syteme, Wissen zu sammeln, zu ordnen und lehrbar zu machen, und erinnerten uns, dass das Exil zu Babel auch schon schlimm lange war - insgesamt 70 Jahre, teils aber mindestens eine Generation lange - doch man wusste nicht, was das mit Rom werden wird. Unsere Pharisaeer hatten inzwischen doch mindestens 100 Jahre lang von jeglichem Aufstand abgeraten, aber mit Volks-Missionen und ueberall wo moeglich dafuer das Volk immer wieder ueber unsere Gebote unterrichtet, sie zu halten.
Aber es hatte auch seit Herodes d.Gr. bis hinein in diesen Aufstand gegen Rom in die Reihen der Lehrer und erst recht in alles, was schon geschrieben vorlag, grosse Luecken gerissen. Wie sollte man gewisse Fragestellungen entscheiden, ob dies oder das fuer unsern Glauben "ging" (Gebot erfuellt) oder "nicht ging" (Gebot nicht erfuellt)?
Manche Dispute waren auch parallel in Zweistromland, das von Rom noch nicht besetzt war, bekannt, da konnte man sich einige Vergewisserungen herholen, aber manches, was nur das Hl.Land selbst betraf, z.B.wie wir das 7.Jahr die Agrar-Pause halten, und wie das mit dem Schuldenerlass im 50.Jahr gehandhabt wurde, oder wie das mit dem 'Omer funktionierte (ob man da am Festtag-Sabbath direkt die ersten Gersten-Aehren schneiden ginge, waehrend das Kornschneiden sonst niemals je am Sabbath ein Gebot erfuellen wuerde) - das war nicht unbedingt auch alles denen in Babels Staatsgebiet gelaeufig.
Gerade hierdurch kam man drauf, dass doch wohl die Landwirte so ziemlich konservativ sind, letztlich fragen sie: "Wat denn nu - hueh oder hott? - mach schon, ich muss hier weitermachen" - also Resultate sind in deren Leben wichtiger als der Gedankenweg, auf diese Resultate zu kommen.
Zum Denken und Lernen schickte eine juedische Gross-Familie gewoehnlich doch immer einige unter die Gelehrten, aber ansonsten ist Landwirtschaft ziemlich unberechenbar arbeits-anfaellig, zumal die damalige, da hat man mitunter mehr als genug Zeit, die "Schlaueren" auszufragen, die ohnehin zum Unterhalt der Schulen reihum bei den Bauern zu Gast lebten, dann aber wieder mal gar nicht - und das maessigt das Abstrakt-Sein schulischer Lehrgebilde wie die (spaetere), etwa 30 Jahre zum Studium der 60 Baende Talmud aufzuwenden. Es gab seit dem Exil zu Babel sowas Aehnliches auch vorher, nur muendlich. Solange man oertlich zusammen lebte, dort oder hier, war kein grosses Beduerfnis nach Aufschreiben da.
Weil nun aber eben aus den Resultaten bei den Bauern schlicht Sitten wurden - das tut man "so" und "denn muss es wohl so sein" (man wuesste ja wen, der es genauer erklaeren koennen wuerde), waren diese Ungelehrte - aber eben genau juedische Ungelehrte (Am HaArets = Landvolk), Lebende Konserven von Resultaten gelehrter Lehren. Darauf konnte man sich sogar nach Verschleppungen, Versklavungen und Gefangenschaften ziemlich verlassen: wuerden diese Leute nochmal einen Bauernhof aufmachen oder zu ihrem zurueckkehren duerfen, wuerde sie erstmal die alten Sitten auch beibehalten haben.
Wiederum, um zu wissen, wie so ein Resultat zustnde gekommen war, dazu brauchte es nur wenige Gelehrte, denn 3/4 der Strecke hatten sie noch im Griff, sich an Stellen in der Thorah erinnernd, an Streitigkeiten zweier Gerichtshoefe, all sowas.
Ausserdem war den Gelehrten die Unterscheidung klar, welche Sitten unjuedisch gewesen waeren - da hatte man doch noch bis vor kurzem dauernd gegen an gepredigt, der einzige Weg, den Pharisaeer sahen, um die ungeliebte Roemer-Besatzung loszuwerden. Nach unserer Ueberzeugung wurde man das Fremd-Regiert-Werden nur los durch Halten der Gebote vom Sinai. Es war ja Teil der Abmachung, wann man sich auf Besatzer gefasst machen musste: wenn im ganzen Volk nicht mehr hinreichend getreu das Gebot gehalten wuerde.
Nicht-Juden sehn das ja als "diese pure Aeusserlichkeit" im Judentum, was das mit dem fast kaufmaennischen Umgang mit den Geboten soll, aber ich kann es auch nicht besser beschreiben: es ist das Wesentliche in unserer Lehre. Gebote, Gesetz, Ordnung - das enhaelt in unserer Sammlung auch Hoeflichkeit, Freundlichkeit, sich zusammenreissen mit Zorn, Wut, Hass, Neid, Eifersucht, und sogar darin ein "es geht" oder "so geht es nicht, das reicht nicht".
Es ist ein so verwickelter Vorgang, den wir vor Augen haben, und warum das Aussenstehenden eben in mancher Hinsicht zu wenig erklaert, wenn man uns etwas fragt, und "warum". Wenn ich es mal ganz drastisch sagen darf: uns ist nichts darueber geboten worden, unsere Lehre in jede andere Beweis-Sprache hinein rechtfertigen odeer erklaeren koennen zu muessen.
Wir bekamen sie nicht auf die Weise - wir missionieren sie nicht - es ist einfach etwas, das wir als Gesamtvolk so bekamen und noch vorhaben, zu halten.
mfG WiT :)