24-05-2009, 00:44
(23-05-2009, 09:46)petronius schrieb: das ist nicht wahr. daß der mensch mit unveräußerlicher würde ausgestattet sei, ist weder im christentum noch im islam vorgesehen - er wird im gegenteil als objekt göttlicher gnade gesehen, das der willkür gottes ausgeliefert istGerade weil der Mensch Gott ausgeliefert ist, hat er auch die Verpflichtung, Gottes Gebote zu halten. Dazu gehört im Christentum die Pflicht, den Nächsten, ja sogar den Feind zu lieben, den Bösen nicht zu widerstehen, Untergebene menschlich zu behandeln, Arbeiter gerecht zu entlohnen etc. Also eine ganze Latte von Pflichten Gott gegenüber, die was damit zu tun haben, wie der "Nächste" behandelt wird.
Wenn das säkularisiert, also Gott aus dem Spiel gelassen wird, sind das Pflichten gegenüber den Mitmenschen. Denen dann spiegelbildlich das Recht jedes Menschen entspricht, entsprechend diesen Pflichten behandelt zu werden. Die Konkretisierung dieses Rechts sind die Menschenrechte, die eigentlich Menschenpflichten sind: jeder ist verpflichtet, sie einzuhalten.
Aber wenn von Menschenrechten gesprochen wird, dann stellt sich die Frage, woher diese Rechte kommen. Für Christen aus den Geboten Gottes, aber für Atheisten? Das Gedankenkonstrukt einer "Menschenwürde" hat den Zweck diese Frage zu beantworten.
Dabei ist diese "Menschenwürde" nicht empirisch nachweisbar. Menschen können entwürdigt werden, aber nur ein Zyniker wird auf die Idee kommen zu sagen, dass das entwürdigte Häuflein Elend, dass nach einer Folter übrig bleibt, mit seiner Würde auch seine Menschenrechte verloren hat ...
Langer Rede kurzer Sinn: die Menschenwürde ist eine gedankliche Hilfskonstruktion, um eine nicht-religiöse Begründung für das zu liefern, was früher "Christenpflicht" hieß und heute als "Menschenrechte" bezeichnet wird.
Dass es dabei Veränderungen gegeben hat, die im Großen und Ganzen als Fortschritt gewertet werden können, ist nicht zu leugnen. Auf der anderen Seite sind bei diesem Prozess alle Christenpflichten unter den Tisch gefallen, die sich auch Nicht-Menschen beziehen. Also der Tierschutz und das, was heute "Bewahrung der Schöpfung" genannt wird. Als ich jung war, galt es als Argument gegen das Christentum, dass es die Menschen daran gehindert hat, die Natur auszubeuten, heute wird diese Ausbeutung genauso kritisch gesehen wie die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen.
Helmut
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
Toleranz: "was du sagst ist falsch, aber du hast das Recht, es zu sagen"
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