29-05-2009, 00:26
(27-05-2009, 15:38)helmut schrieb: Dass Empirie eine sichere Basis liefert, ist ja auch nur eine nicht bewiesene Annahme.
(28-05-2009, 19:23)melek schrieb: Was Menschen sehen, hören, etc. können. Und zwar unabhängig ihres Glaubens und vor allem auch wiederholbar.Das entspricht in der Tat einem der Prinzipien der naturwissenschaftlichen Methode, die ich hier mal zusammen gestellt hatte.
Das muss die Grundlage sein; anders kann es keine wirkliche Erkenntnis geben.
Ich muss Helmut Recht geben: Empirie ist ein Prinzip, hat sich in der Wirkungsgeschichte extrem gut bewährt, ist aber nicht das einzige Erkenntnis-Instrument. Das beste Beispiel ist die Mathematik, die nicht auf Empirie beruht, sondern auf Axiomatik, Logik und symbolischer Konstruktion.
(27-05-2009, 15:38)helmut schrieb: Der Gedanke, dass die Empirie verlässlich ist, ist auchn ne "Gedankenkonstruktion".
(28-05-2009, 19:23)melek schrieb: Nein, keineswegs. Es ist Erfahrung, die jeder Mensch ständig macht.Hm, dieser Dialog übersieht die unangemessene Verwendung des Begriffs der Empirie. Sie ist keine willkürliche „Gedankenkonstruktion“, sondern ein Postulat (Prinzip), welches darüber entscheidet, was wir erfahren werden. Deswegen ist auch Meleks Argument nicht korrekt. In der Tat schließt reine Empirie beispielsweise mathematische, juristische und religiöse Erkenntnisse aus.
Das ist unendlich mehr, als du an Argumenten ins Feld führen kannst.
Religiöse Erkenntnisse können empirisch sein, nämlich dort, wo unser Hirn Urteile bildet. Aber die meisten Wertvorstellungen ergeben sich konstruktiv durch Einführung von Regeln (oder Geschichten, die Regeln transportieren) und Beobachtung der Wirkungsgeschichte (Tradition, Auslegungstradition).
Man muss sich, genau wie im Falle der Empirie entscheiden, ob man sich, wie Helmut sagt, auf diese religiösen Regeln einlässt und der Tradition vertraut. Tut man dies, bestimmt die Lehre, welche Erkenntnisse man analog zur Mathematik oder zur Jurisprudenz gewinnt. Da es im gesellschaftlichen Kontext unglaublich viele Verhaltensregeln gibt, die uns im Einzelnen gar nicht bewusst werden, folgt man andauernd irgendwelchen (Teil-) Traditionen.
Die Bibel entspricht also weniger einer Wahrheit als einer Sammlung von Prinzipien, die ich gerne „Parallelgeschichten zum Alltag“ nenne.
Es gibt jede Menge Möglichkeiten ähnliche Parallelgeschichten (Prinzipien) zu entwickeln. Vorteil der Bibel: ihre fast 6000-jahrige Tradition zusammen mit ihrer Auslegungstradition.
(28-05-2009, 19:23)melek schrieb: Dann müsstest du halt belegen, daß die Bibel mehr ist als menschliches Zeugnis und menschliche Kulturleistung.Nein, das muss er eben nicht. Es genügt das Bekenntnis zu den Prinzipien, die in den „Parallelgeschichten“ stecken.
Man darf nur die Welten nicht vermischen, hier die objektive Welt der physikalischen Einwirkungen, dort die Welt der Ethik, der Urteile, meinetwegen auch der Poesie usw.
(27-05-2009, 15:38)helmut schrieb: Wahr ist, was Gott uns mitteilt.Nur dann, wenn man die Bibel als Prinzipienquelle für sich selbst annimmt. Diese Art der Wahrheit ergibt sich nicht, sondern wird durch den Glaubenden gesetzt. Und jene Menschen, die nicht an diese Tradition anknüpfen, also insbesondere erklärte Atheisten, suchen sich andere Prinzipienquellen für ihre Ethik.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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