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Ausgegrenzt - aus einer christl. Sicht
#1
Zur Zeit ist viel in der Presse wegen HARTZ IV bzw. den Auswirkungen aus dem SGB II u. IV zu lesen. Was ist mit diesen Menschen? Ich schließe einmal den Kreis aus, denen Mißbrauch der vorliegenden Gesetze nachgesagt wird. Es ist ohnehin eine Minderheit von ca 2% - 4% der Betroffenen.
Zur Situation: Im Gegensatz zu früher rutscht heute ein Arbeitnehmer (AN) nach einer Kündigung nach einem Jahr in das Leistungsspektrum des Staates, was früher Sozialhilfe hieß. Die erneuten finanziellen Einbußen dürften bekannt sein. Gesetzlich festgelegte Existenzminimum wird gerade erreicht. Die endgültige Ausgrenzung aus vielen Bereichen unserer Gesellschaft ist damit beschlossene Sache.

Unabhängig von der Ursache des Schicksalsschlages wird von den Nichtbetroffenen auf diese Leute nicht nur mit dem Finger gezeigt: "Auch der lebt auf Staatskosten und entzieht sich eventuell vorhandenen Arbeitsmöglichkeiten". Ob es wirklich zutrifft, interessiert kaum. Einstellungsänderung treten meistens erst auf, wenn ein „normaler“ Mensch innerhalb seiner sozialen Kontakte mit einem solch Ausgegrenzten zusammen kommt. Unsicherheit im Verhalten – vergleichsweise wie gegenüber einem Behinderten (wenn keine Erfahrung vorliegt) – tritt auf.

Ansonsten wird häufig das Verhalten in einer Zweiklassengesellschaft erlebt, wobei der HARTZ IV Empfänger sicherlich nicht die Rolle der 1. Klasse einnimmt.

Welche Verhaltensvorgaben bietet das NT einem Christen, was das Verhalten angeht?

Mt 9,10 Und es begab sich, als er zu Tisch saß im Hause, siehe, da kamen viele Zöllner und Sünder und saßen zu Tisch mit Jesus und seinen Jüngern.

Jesus v.N. hat keine Hemmungen, sich mit ihnen zusammenzusetzen und einer der willkommensten gesellschaftlichen Anläße zu begehen: Gemeinsames Essen. Somit setzt er ein deutliches Zeichen, praktisch ein Akt der Sozialisierung.

Mt 9,11 Als das die Pharisäer sahen, sprachen sie zu seinen Jüngern: Warum isst euer Meister mit den Zöllnern und Sündern?

Selbst ein Anschwärzen vor seinen Anhängern hindert Jesus v.N. nicht daran, diesen Akt der Nächstenliebe zu vollziehen.
Kann sich unsere heutige, alltägliche Praxis im Umgang mit diesen Menschen auch daran messen, oder verdrücken wir uns lieber – am besten via andere Straßenseite – davor?

Mt 21,31 Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan? Sie antworteten: Der erste. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr.

Sicherlich kein Trost für den Armutszustand, aber eine Ohrfeige für unsere bürgerliche Gesellschaft, die tagtäglich die Ausgrenzung aus Scham und mangelndem sozialem Bewußtsein vollzieht.
Natürlich gehörten die Zöllner nicht zu den Ärmsten der Gesellschaft, aber sie waren wegen und Ihrer Gefolgschaft zu den Römern nicht gerade die Beliebtesten. Ebenso die Sünder. Auch sie führten kein Leben in Anerkennung. Doch Jesus v.N. Hat sich ihrer angenommen.

Wie sieht das bei uns aus?

Sind wir bereit, die inzwischen aufgebauten Mauern der Trennung zwischen diesen beiden Gesellschaftsbereichen weg zuschieben, oder stellen wir uns – sie als Schutz nehmend – dahinter, um mit dieser Problematik nicht unnötig konfrontiert zu werden?

Im öffentlichen Leben fallen besonders die auf, für die mittlerweile die ungeschützte Straße der Öffentlichkeit zum Hauptlebensraum geworden ist. Alkohol wird nicht nur zur Verdrängung der Situation und der Zeit zu sich genommen. Die Kälte zehrt am Körper. Wo will oder soll Mensch hin? Der soziale Kontakt engt sich auf seinesgleichen ein. Die Perspektivlosigkeit nimmt immer mehr Raum ein. Sind das Attribute einer Gesellschaft, die sich auf eine christl. Kultur stützt?

Inzwischen werfen auch Politiker mit populistischen Schlagwörter zwecks Eigenprofilierung durch die Gegend. Amtsträger hin oder her, der Zweck heiligt die Mittel. Ist das die neue soziale Denkweise?

Wünsche eine konstruktive Diskussion!
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#2
Gut geschriebener Text, dem ich durchaus zustimme.
Gerade das Problem der sozialen Kälte (in Großstädten leider sehr häufig) und der Ausgrenzung beißen sich eigentlich vollkommen mit einer christlichen Kultur, so wie ich sie verstehe. Das Klischeedenken ist stark verbreitet und wer nicht einem bestimmten Status in der Gesellschaft entspricht wird oftmals ausgegrenzt, abgewiesen und mit Vorurteilen überhäuft. Der Obdachlose wird zum faulen, dummen Trinker und der Manager zum über leichengehenden Profithai. Das Klischeedenken funktioniert in beide Richtungen. Das Individuelle eines Menschen zu ergründen scheint leider oftmals nicht angestrebtes Ziel zu sein (schließe mich hierbei gar nicht aus). Sehr schade.
Aber glücklicherweise gibt es auch viele, viele Ausnahmen.
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#3
Ich glaube, die Politik hat keine Lösungen. Sie mag uns aber nicht sagen, dass wir alle ärmer werden. Wir sollen's einfach selbst bemerken. Bis dahin wird weiter ein finanzielles Deckmäntelchen um die schlimmsten Folgen einer Entwicklung gehängt, die man mit Rationalisierung, Kapitalflucht, Bürokratisierung und Globalisierung umschreiben könnte.

Ich weiß nicht, von welchen "Mauern" die Rede ist. Wenn "Mauern", dann bestehen diese in inkonsequenten politischen Lösungen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#4
Erstmal muss Ich sagen. das Ich den Text sehr gut finde. Das Problem ist ja schon länger bekannt.
Ich selber habe in letzter Zeit die Erfahrung gemacht, wie tief diese Abwehr in einem selber sitzt.
Vor ein paar Tagen hatte Ich ein Erlebnis, das mich etwas wachgerüttelt hat.
Ich war morgens unterwegs um Frühstück zu besorgen. Als Ich eine Straße überqueren wollte, wurde Ich von einer behinderten Frau am Arm gepackt. Im ersten Moment habe Ich mich total erschrocken, besonders weil Sie mir nicht sagen konnte, was sie von mir wollte.
Aber dann ist mir klar geworden, das Ich ihr über die Straße helfen sollte, da diese vollkommen vereist war.
Und während wir so cm für cm über die Straße dackelten, wurde mir klar, wie tief dieser vollkommen bescheuerte Scham sitzt, anderen in der Öffentlichkeit zu helfen.
Im nachhinein habe Ich gemerkt, was es eigentlich für ein tolles Gefühl ist, mal über den eigenen Schatten zu springen. Habe mir vorgenommen, dieses nun öfter zu tun und mich nicht mehr von dieses Gesellschaftlichen "Zwängen" unterdrücken zu lassen.

Habe noch einen schönen Text, der, wie Ich finde, das Problem sehr gut erklärt.

Zitat:Das Gegensätzliche unserer Zeit

Wir haben größere Häuser, aber kleinere Familien,
mehr Annehmlichkeiten, aber weniger Zeit.
Wir haben mehr Ausbildung,
aber weniger Verstand,
mehr Wissen, aber weniger Einsicht,
mehr Experten, aber mehr Probleme,
mehr Medizin, aber weniger Gesundheit.

Wir sind zum Mond geflogen,
aber wir haben Probleme die Straße zu
überqueren, um unsere neuen Nachbarn
zu treffen.

Wir erfinden immer größere Computer
und erhalten immer mehr Informationen,
die mehr Papier verbrauchen als je zuvor,
aber leben weniger Kommunikation.

Wir erhalten immer mehr Quantität, aber weniger Qualität.
Es ist die Zeit des Fast Food und schlechter Verdauung,
große Leute, aber kleiner Charakter,
hohe Gewinne, aber oberflächliche Freundschaften.

Es ist die Zeit, wo viel gezeigt wird,
aber wenig dahinter steht.


14. Dalai Lama
"Die meisten Götter würfeln, aber das Schicksal spielt Schach, und zwar mit zwei Damen."

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#5
Hartz IV und zeitarbeit tragen dazu bei das die gesellschaft immer mehr gespalten wird. mit der christlichen lehre, auf die man sich ja gern mal beruft, hat das meiner meinung nach nicht mehr viel zu tun.

mfg
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#6
Ich weise auf die Paralleldiskussion um Hartz IV hin: Link
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#7
Ekkard schrieb:Ich weiß nicht, von welchen "Mauern" die Rede ist. Wenn "Mauern", dann bestehen diese in inkonsequenten politischen Lösungen.
Gemeint ist die Mauer in unserem Kopf, die den Einzelnen darin hindert oder auch "schützt", über diesen Horizont/Grenze des Denkens oder auch des Empfindens hinweg zu gehen.

Dein Hinweis zu dem anderen Thread ist in meiner Sicht eine ganz andere Betrachtungsweise. Mir ging es mehr darum, wie gehe ich als gläubiger Christ einmal mit dem Thema aber ganz besonders mit den betroffenen Menschen um.

Gruß
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#8
(14-02-2010, 18:18)alwin schrieb: Unabhängig von der Ursache des Schicksalsschlages wird von den Nichtbetroffenen auf diese Leute nicht nur mit dem Finger gezeigt: "Auch der lebt auf Staatskosten und entzieht sich eventuell vorhandenen Arbeitsmöglichkeiten". Ob es wirklich zutrifft, interessiert kaum.
Es gibt Medien auf die das zutrifft, und Politiker (v.a. von der FDP), aber einfache Leute? Vielleicht liegt es ja an meinem Umfeld, aber ich hab nicht den Eindruck dass die Mehrheit in meinem Bekanntenkreis so denkt.

Zitat:Welche Verhaltensvorgaben bietet das NT einem Christen, was das Verhalten angeht?
Arme und Reiche gleich behandeln, ohne "Ansehen der Person". Steht beispielsweise in Jak 2, und sinngemäß an vielen anderen Stellen in der Bibel.

Zitat:Mt 9,10 Und es begab sich, als er zu Tisch saß im Hause, siehe, da kamen viele Zöllner und Sünder und saßen zu Tisch mit Jesus und seinen Jüngern.
Das Problem das ich mit dem Text habe: Zöllner waren (wie du selber sagst) nicht arm. Zachäus war beispielsweise Oberzöllner für den reichsten Steuerbezirk Judäas (Jericho), der im Jahr mehrere Hundert Talente (1 Talent = 6000 Drachmen bzw. Denare), durch dessen Hände gingen Millionen. Matthäus/Levi war demgegenüber sicher nur ein kleiner Fisch, aber arm war der bestimmt nicht.

Der Text auf heutige Verhältnisse übertragen: Jesus zu Gast bei nem Finanzhai, und dessen Freunde, und fromme "Pharisäer" regen sich darüber auf, dass er nicht politisch korrekt handelt. - Damit will ich nicht sagen, dass das Leben von Finanzhaien in Ordnung ist (vgl. z.B. Lk 19: Zachäus, der sein Leben ändert).

Zitat:Natürlich gehörten die Zöllner nicht zu den Ärmsten der Gesellschaft, aber sie waren wegen und Ihrer Gefolgschaft zu den Römern nicht gerade die Beliebtesten. Ebenso die Sünder. Auch sie führten kein Leben in Anerkennung. Doch Jesus v.N. Hat sich ihrer angenommen.
Ich finde, Lk 21,1-4 passt besser zu deinem Thema.

Zitat:Im öffentlichen Leben fallen besonders die auf, für die mittlerweile die ungeschützte Straße der Öffentlichkeit zum Hauptlebensraum geworden ist. Alkohol wird nicht nur zur Verdrängung der Situation und der Zeit zu sich genommen. Die Kälte zehrt am Körper. Wo will oder soll Mensch hin? Der soziale Kontakt engt sich auf seinesgleichen ein. Die Perspektivlosigkeit nimmt immer mehr Raum ein. Sind das Attribute einer Gesellschaft, die sich auf eine christl. Kultur stützt?
Die Ungerechtigkeit nimmt überhand, die Liebe erkaltet.

Zitat:Inzwischen werfen auch Politiker mit populistischen Schlagwörter zwecks Eigenprofilierung durch die Gegend. Amtsträger hin oder her, der Zweck heiligt die Mittel. Ist das die neue soziale Denkweise?
Solche Politiker sollten für Christen nicht wählbar sein.
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
Toleranz: "was du sagst ist falsch, aber du hast das Recht, es zu sagen"
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#9
Auch wenn ich ungern tote Kühe verprügle, viel los ist hier ja sonst nicht.

Einerseits, helmut, Du wirst kaum Antwort bekommen, zumindest nicht von der Person dessen Beitrag Du zitiert hast. Was weniger mit dem älteren Datum des Beitrages zu tun hat als mit Forendrama und so...
Schaden kanns aber wohl nicht, und ich möchte das auch nicht als Kritik verstanden wissen. Nur damit Du Dich nicht wunderst falls Du keine Antwort bekommen solltest aber eine erwartest.
Andererseits, durchaus möglich daß Du doch Antwort bekommst, manchmal sind Rücktritte ja Rudeltiere.


In der Zwischenzeit gebe ich einfach mal meine Betrachtungen zum Thema ab, allerdings eher allgemeiner Art, da mir die Kompetenz für Bibelzitate und auch der Sinn für Relevanz bezüglich reellen Dingen als Atheist naturgemäß eher abgeht.

Die Arbeitslosen können einem schon leid tun, nicht genug daß sie in so fast jeder Hinsicht, mal abgesehen von der zur Verfügung stehenden Freizeit, erhebliche Nachteile haben.
Sie werden auch noch gern als Knüppel bemüht wenn sich eine politische Partei oder sonstwer einen Vorteil davon verspricht sie rauszuholen und draufloszudreschen, auf was auch immer einem gerade nicht passt.

Seien es egozentrische und radikale Verfechter eines mehr u.s-amerikanischen Verhältnissen orientiertem Sozial- und Wirtschaftsmodells, die die angeblich zu einem Gutteil(wenns kein Gutteil ist, wieso sollte man es sonst erwähnen und langatmige Reden darüber schwingen?) arbeitsunwilligen Almosenempfänger als Munition für ihre Polemikkanone gerade mal gut genug sind, um für ihren hauptsächlich auf die Individuen (Geringe Bildung, Unzufriedene, Neidische, usw...) unserer Gesellschaft gerichteten Populismus, die sich leicht Sündenböcke einreden lassen, herzuhalten.
Wenn die Geschmähten einen eh nicht wählen würden umso besser.


Nicht minder schlimm sind allerdings Versuche von der Gegenseite, diese Menschengruppe als Argumenationsverstärker zu mißbrauchen, um der Regierung wieder mal von den bequemen Bänken der Opposition Versagen vorwerfen zu können, obwohl auch sie nicht viel anders machen würden, weil sie es nicht könnten. Die Realität verträgt sich eben nicht gut mit Wahlversprechen und idealistischen Träumereien. Mal ganz abgesehen davon wenn die an den Haaren herbeigezerrten Postulate(Arbeitslose werden gemeinhin verachtet) der einen Seite plötzlich, weil sie der eigenen Agenda gerade in den Kram passen, ebenfalls als Wahrheit verkauft werden.


Für mich ist dieses Thema hier in diesem Sinne kein wertvolles, ich befinde es im besten Falle für überflüssig, zumindest in direktem Bezug. Es stellt sich mir eher als Versuch dar, wenn auch sicher unbewußt und ohne böse Absicht, eine an den Rand gedrängte, mehrfach gestrafte Gruppe als Putzlappen zu benutzen an der man die eigene moralischen Werte aufpolieren kann. An der man die moralische Minderwertigkeit der "anderen" und die eigene Überlegenheit wieder einmal exemplarisch darlegen kann, ohne wirklich über die vorgebrachten Argumente nachzudenken zu müssen, ohne auf Fallstricke zu achten, ohne auch nur in Versuchung zu kommen "andere" definieren oder Gedankensprünge erklären zu müssen.
Man meint es ja gut, will ja eigentlich nur daß [Kakophemismus einfügen] in unserer Gesellschaft zurückgedrängt wird.




Sehen wir mal wie weit es mit unbelegten Behauptungen, Scheinargumenten und anderen polemischen Grundzutaten hier her ist:




Es wird behauptet daß viele Menschen Arbeitslosen gegenüber ähnliche Berührungsängste haben würden wie gegenüber Behinderten, daß erst der Kontakt mit Betroffenen oftmals ein Umdenken initiieren würde.
Es wird weiterhin ein gewisses Vorschußmitleid angemahnt, eine "armes Opfer"-Perspektive als guter/optimaler Gegenpol zur bösen Verachtung oder Geringschätzung empfohlen.

Ich persönlich habe keine Berührungsängste gegenüber Arbeitslosen, und auch kein besonderes Mitleid. Ich kenne einige, und Mitleid ist das letzte daß diese Menschen wollen. Was sie hingegen wollen, aber oft einfach nicht auftreiben können, ist ein halbwegs gut bezahlter Job von dem es sich auch Leben läßt. Auf selbstbeweihräuchernde oder gar bemühte weil ja "richtige" wenn auch nicht wirklich mit Empfindungen hinterlegte Mitleidsbekundungen können sie ebenso verzichten wie auf Abscheu. Von Letzterem empfinden sie sich selbst gegenüber oftmals eh genug.


Daß vorher der Impuls mit dem Finger auf den Aussätzigen zu zeigen vorherrschen würde. Daß nur Sozialhilfe oder eben Hartz 4 Betrüger unter diese Ächtung fallen beziehungsweise zurecht oder zumindest mit gewissem Recht würden.
Ein Gutteil der "bürgerlichen" Gesellschaft unter christlich-moralischen Generalverdacht gestellt.

Ich bezweifle ernsthaft daß unsere Gesellschaft durch und durch oder auch nur zu einem signifikanten Anteil derart verkommen ist. Ich sehe dafür keine Anzeichen. Was ich und sicherlich die allermeisten der Menschen die ich kenne sehr wohl sehen ist der Mensch, und viele haben in ihrem Leben schon jemanden kennengelernt der einfach keine Lust hat zu arbeiten. Und viele andere die gerne würden aber nicht können. Keiner kann mir erzählen daß einen Arbeitslosen zu kennen eine ähnlich seltene Begebenheit sei wie einen querschnittsgelähmten Menschen. Nicht bei 4 Millionen. Zudem ist, vor allem in Hinsicht auf die Wirtschaftskrise den meisten Arbeitenden die Gefahr hinsichtlich der eigenen Arbeitslosigkeit nur zu bewußt. Da stellt sich schwerlich ein Gefühl der Überlegenheit ein.



Und zuguterletzt wird der Bibel eine moralische Kompaßfunktion zugeschrieben, anhand von Zitaten und gesellschaftlichen Zuständen von vor 2000 Jahren, als heutige Demokratie und Sozialstaatlichkeit wie Phantastereien von einem fernen Utopia geklungen haben müssen.
Dem ganzen wird dann noch, unterstützt durch eben jene Bibelzitate, auch noch eine "die bösen gierigen Reichen"-Mentalität wie frisch aus der DDR oder den radikaleren der Linken übergestülpt.

Nicht ernsthaft, da kann man ruminterpretieren wie man möchte. Klar kann ich mir die Bibel als Handlungsleitfaden zurechtlegen. Oder ich schreibe ein humanistisches Manifest. Oder ich nehme das Parteiprogramm der Linken. Oder aber ich benutze einfach meinen eigenen moralischen Kompaß, den gabs mit der Geburt gratis dazu und die Erziehung hat ihr übriges dazu getan. Hier noch andere Legitimationen oder Anweisungen einzuholen hat für mich entweder den Ruch einer Einstellung die nur soweit Gesetze, ob weltlich oder religiös, einhält wie nötig. Salopp: Wenns nicht in der Bibel steht hast Du Pech gehabt. Oder ich frage mich ob ein Mensch, ob Christ oder nicht wirklich noch einen Zaunpfahl braucht um zu wissen was richtig wäre und was falsch.
Ich denke die allermeisten Menschen wissen das so oder so, und weder brauchen sie die Bibel als Handlungsleitfaden, noch taugt sie dazu heutzutage besonders gut.

Das ausgewogen wirken wollende sozialkritische Pamphlet im christlichen Gewand könnte aus der Feder irgendeines CSU-Politikers stammen der sich bei seiner christlichen Wählerschaft lieb Kind machen möchte. Aber es gibt sicherlich schlechtere Themenbereiche um allgemein über Moral zu philosophieren, oder etwas schwülstige Metaphern unterzubringen.
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#10
Ich denke, Arbeitslosigkeit ist keine Frage von Moral oder Ausgrenzung, sondern von Wirtschaft - oder dem Pradigma, das dahinter steckt. Ein Lehrsatz darin lautet: "Personal ist zu teuer".

Also wird jede wirtschaftliche Tätigkeit auf die angeblich billigere Maschine verlagert, wo dies nur eben denkbar und möglich ist. Douglas Adams hat dies am Beispiel des "elektronischen Mönchs" sehr schön auf die Schippe genommen!

Selbstredend ist dies alles ein Trugschluss. Denn die Maschine ist nur dort sinnvoll, wo die Arbeit für menschliche Kräfte zu schwer oder zu schwierig ist, sonst nicht.

Im Übrigen halten sich diejenigen, die es könnten, keine oder weniger Mitarbeiter, um das Ersparte in Reisen, anderen Luxus oder gar wieder in Maschinen zu investieren.

"Bloß keine Mitarbeiter!" lautet die unausgesprochene Devise; denn die bedeuten nur Verpflichtungen.

Das wahre Problem unserer Wirtschaft wird verdeckt durch hohe Exporterlöse. Wäre da keine Außenwirtschaft, müssten wir sehr schnell einsehen, dass wir Menschen mit Arbeit belasten und mit Geld ausstatten müssen. Anderenfalls würde die Produktion mangels Käufern absterben.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#11
(03-07-2010, 02:38)Hikikomori schrieb: Einerseits, helmut, Du wirst kaum Antwort bekommen, zumindest nicht von der Person dessen Beitrag Du zitiert hast. Was weniger mit dem älteren Datum des Beitrages zu tun hat als mit Forendrama und so...
Ich interpretiere die Andeutung dahingehend, dass diese Person das Forum verlassen hat, warum auch immer ...

Zitat:Es wird behauptet daß viele Menschen Arbeitslosen gegenüber ähnliche Berührungsängste haben würden wie gegenüber Behinderten, daß erst der Kontakt mit Betroffenen oftmals ein Umdenken initiieren würde.
Na, das hab ich ja auch schon bezweifelt, dass dem so ist. Das gehört offensichtlich zu den allgemeinen, nicht auf mich bezogenen Überlegungen.

Zitat:Es wird weiterhin ein gewisses Vorschußmitleid angemahnt, eine "armes Opfer"-Perspektive als guter/optimaler Gegenpol zur bösen Verachtung oder Geringschätzung empfohlen.
Also Mitleid (das Wort hat ja längst die Bedeutung von "mit-leiden" verloren), ist nicht das, was mir vorschwebt.

Zitat:Nicht ernsthaft, da kann man ruminterpretieren wie man möchte. Klar kann ich mir die Bibel als Handlungsleitfaden zurechtlegen. Oder ich schreibe ein humanistisches Manifest. Oder ich nehme das Parteiprogramm der Linken. Oder aber ich benutze einfach meinen eigenen moralischen Kompaß, den gabs mit der Geburt gratis dazu und die Erziehung hat ihr übriges dazu getan. Hier noch andere Legitimationen oder Anweisungen einzuholen hat für mich entweder den Ruch einer Einstellung die nur soweit Gesetze, ob weltlich oder religiös, einhält wie nötig. Salopp: Wenns nicht in der Bibel steht hast Du Pech gehabt.
In der Beschreibung finde ich mich nicht wieder. Ein Kompass ist dazu da, sich zu orientieren. Wer sich schon so orientieren kann, der braucht ihn nicht. Nur gibt es auch den Fall, dass jemand meint, er wüsste wo er ist und wo es lang geht, aber schon längst in die falsche Richtung läuft.

Bei der Frage, wie gut die Bibel als Kompass taugt, werden wir wohl da auseinander gehen, wo du die Anweisungen der Bibel am Zeitgeist misst und sie deshalb für falsch hältst, und ich den Zeitgeist an den Aussagen der Bibel messe.
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
Toleranz: "was du sagst ist falsch, aber du hast das Recht, es zu sagen"
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#12
Zitat:Es wird behauptet daß viele Menschen Arbeitslosen gegenüber ähnliche Berührungsängste haben würden wie gegenüber Behinderten, daß erst der Kontakt mit Betroffenen oftmals ein Umdenken initiieren würde.
Den Vergleich mit den Behinderten zweifele ich für eine allgemeine Geltung an. Ansonsten kann ich nur zustimmen. Hier tritt unzweifelhaft die Problematik der Zweiklassengesellschaft ein. Besser gesagt der 3-Klassen-Gesellschaft innerhalb der BRD. Nur arbeitslos zu sein ist schon sehr stark toleriert, wenn es um Grenzbereiche geht. Aber als Langzeitarbeitsloser, also Leistungsgruppe ALG II (Hartz IV Empfänger) ist bei vielen "Mit"bürgern schon hart an der Grenze der Toleranz. Die meisten Änderungen in der Einstellungen kommen erst mit Berührungspunkten in der eigenen Familie, oder wenn selber betroffen.

Gruß
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