(12-05-2012, 09:15)petronius schrieb: (29-04-2012, 18:30)Noumenon schrieb: (28-04-2012, 09:05)petronius schrieb: sinnvoll für wen? (gemeint ist der Kosmos, die Natur; Anm. von mir)
Lebewesen?
auch dies ist eher tautologisch als sinnvoll
Ja, natürlich - mit Verweis auf den ebenso tautologischen Charakter des AP, und ferner das Münchhausen-Trilemma...
(12-05-2012, 09:15)petronius schrieb: lebewesen gibt es ohnehin nur, wenn die bedingungen passen. auch hier kann man vielleicht von "zweckmäßigkeit" sprechen, aber wo ist der "sinn"? worin besteht er? daß ist, was ist, und wenn es ist?
Das war ja gerade noch einmal meine Frage gewesen...
Meine Privatmeinung nach dem "Sinn und Zweck" hatte ich ja halbwegs versucht darzulegen, bzw. tue es weiter unten noch, wie ich nachträglich anmerken kann.
(12-05-2012, 09:15)petronius schrieb: (29-04-2012, 18:30)Noumenon schrieb: (28-04-2012, 09:05)petronius schrieb: ist etwas schon deshalb "sinnvoll", weil es ist, wie es ist?
Sicherlich nicht, zumindest nicht ohne Bezug zu einem Subjekt
na also. und welches subjekt soll das sein, in bezug auf das etwas sinn erhält, wenn es ist, wie es ist?
Sagte ich doch oben eigentlich schon (Lebewesen...). Man könnte vielleicht noch eingrenzen auf den Geist/das Bewusstsein (manifestiert im einzelnen Subjekt), welches überhaupt erst ein solches Urteil treffen kann. Aber um das treffender zu konkretisieren, bin ich nicht Philosoph genug...
(der Philosoph würde vielleicht sagen,
"sinnvoll" für das "Erkennende", das "Sinn-Gebende" im bewussten Geiste... )
(12-05-2012, 09:15)petronius schrieb: (29-04-2012, 18:30)Noumenon schrieb: Tja, gute Frage... warum spricht man allgemein wohl von "Objektivität"...
mir würde es ja fürs erste reichen, wenn du mal erklärst, warum du davon sprichst
Ich kann mich hier aber nun einmal schlicht nur der gängigen Lehrmeinung anschließen und nutze den Gebrauch des Begriffes "Objektivität" eher
intuitiv. Kurz ist "Objektivität" ja letztendlich im Rahmen einer intersubjektiv geteilten Auffassung mehr oder weniger nur eine vereinbarte Konvention. Jede Aussage ist letztendlich subjektiv, insofern als dass sie schließlich von einem Subjekt getroffen wurde. Der Beobachter und seine subjektive Interpretation lassen sich nicht endgültig eliminieren, was aber ein notwendiges Kriterium für Objektivität wäre. Das ist ja letztendlich meines Wissens auch eine Konsequenz aus einer philosophischen Betrachtung der Quantenphysik, wo die Messapparatur (der "Beobachter") zu einem Teil des Experimentes selbst wird.
Wenn es also um einen "objektiven" Sinn geht, dann gibt es den genauso wenig, wie es "objektiv" den Mond gibt. Beim Mond ist es lediglich so, dass nahezu 100% aller Menschen seine Existenz bestätigen würden, weshalb man faktisch von "Objektivität" sprechen kann und der Mond auch "objektiv" gesehen existiert. Blinde Menschen, Maulwürfe, Fledermäuse... hätten hier allerdings vielleicht erst einmal so ihre Zweifel...
(12-05-2012, 09:17)petronius schrieb: verwechselst du schon wieder mal die privatmeinung eines menschen mit "der (natur)wissenschaft"?
Tut mir Leid, aber bei einer populären Dokumentation unter Leitung eines renommierten Kosmologen, sperre ich mich einfach gegen das Prädikat "Privatmeinung". Zumal ich auch ziemlich sicher bin, über ähnliche Aussagen schon desöfteren gestolpert zu sein - natürlich nur in populärwissenschaftlichen Werken, nicht in der Fachliteratur. "Sinn und Zweck" sind ja kein Aufgabengebiet der Naturwissenschaft im wissenschaftstheoretischen Sinne, sondern eher das was den Naturwissenschaftler letztendlich häufig antreibt.
(12-05-2012, 15:41)petronius schrieb: bist du noch einer von denen, die das anthropische prinzip nicht verstanden haben?
Das AP darf aber nicht zum Dogma werden. Es ist ja keine naturwissenschaftliche Erklärung in dem Sinne, und hat auch einen stark tautologischen Charakter... Weitere Kritik folgt unten.
(12-05-2012, 15:41)petronius schrieb: nichts kann leben, ohne mit seiner umwelt "systematisch verknüpft zu sein" (wie denn auch anders?). aber was soll daraus folgen?
Die Frage möglicher Folgerungen sind Gegenstand der Logik. 'Sinnvolle' Aussagen ergeben sich erst im Zusammenhang mit anderen Aussagen und logischen Schlussregeln, ansonsten bliebe es bei Tautologien (A->A o.ä.).
(12-05-2012, 16:33)paradox schrieb: ich fragte ja oben Noumenon selbst, wie kann man nur glauben, dass das alles einen zwecke haben soll. völlig absurd, nicht wahr?
Vom naturwissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen sind Begriffe wie "Sinn" oder "Zweck" schlicht zu grob. Naturwissenschaftlich kann man auch nicht beweisen, dass die Erde "rund" ist, und einige Geophysiker würden hier wohl auch zu Recht dezidierte Einwände erheben. Selbst mathematisch ist der Begriff "rund" nur scheinbar ein korrektes und objektives Urteil - "sphärisch" oder "kugelförmig" wäre exakter, aber nicht mehr das gleiche. Der Kreis ist ebenfalls "rund" ("kreisförmig"), aber nicht "kugelförmig" oder "sphärisch". Insofern ist die Aussage
"alles ist in der Natur irgendwie sinnvoll" in etwa vergleichbar mit der Aussage
"alles (Himmelskörper, Elementarteilchen, Seifenblasen, Früchte...) ist in der Natur irgendwie rund". Da ist viel Wahres dran - falsch ist beides jedenfalls nicht - aber es ist eher vage formuliert.
Was "Sinn" und "Zweck" betrifft, wäre vielleicht der Begriff "Funktionalität" etwas exakter und auch den Naturwissenschaften näher. Alles im Universum hat eine Funktion und existiert nicht nur so vor sich hin - quasi als "Dekoration".
Eine solche Begründung, dass die Welt "sinnvoll" sei, kann in einem Forum natürlich auch immer nur auszugsweise stattfinden, vor dem Hintergrund einer weitaus umfassenderen inneren Bibliothek.
Und derartige Darstellungen sind natürlich auch keine naturwissenschaftliche Abhandlungen, die irgendwie den Anspruch hätten, in Science, Nature und Co. veröffentlicht zu werden. Ich sehe mich da also auch nicht so in "wissenschaftlicher Erklärungsnot", auch wenn Petronius stets in diese Bresche zu springen versucht (was ich aber auch irgendwo schätze, wenn es letztendlich konstruktiv ist...).
(12-05-2012, 15:41)Ekkard schrieb: "per se" (an oder durch sich selbst) haben die Begriffe "Sinn" und "Zweck" keine Bedeutung. Diese erfolgt allein durch den Menschen oder seine soziale Umwelt. Das ist zunächst einmal eine semantisch richtige Darstellung bzw. Folgerung. Überhaupt kann man sich in der Beziehung auf die Auskunft des englischen Philosophen David Hume halten, der zeigt, wie unser Bewusstsein nahezu alle Beurteilungen (von Lebenssituationen und Vorgängen) in unsere Natur hinein trägt.
In deiner Ablehnung anthropozentrischer Aussagen verfällst du leider selbst in einen gewissen Anthropozentrismus, insofern als dass du unterstellst, dass "Sinn" und "Zweck" auf Interpretationen lediglich des Menschen beruhen würden.
Wie kommst du denn darauf? Wer sagt, dass dies erstens für
alle Menschen gilt, und zweitens
nur für Menschen? Manch primitive Kulturen können mit diesen Begriffen möglicherweise nichts anfangen, und umgekehrt wäre es auch möglich um nicht zu sagen sehr wahrscheinlich, dass manch andere höher entwickelte Tiere ebenfalls in der Lage sind, Dingen und Beziehungen eine Bedeutung, einen Sinn oder Zweck beizumessen.
Die Interpretation erfolgt letztendlich durch einen bewusst empfindenden Geist, egal welcher Nationalität, Spezies, Rasse, oder was weiß ich... Jedenfalls wüsste ich nicht, wo und warum hier ein Abgrenzungskriterium vorliegen sollte.
(12-05-2012, 22:42)Ekkard schrieb: (12-05-2012, 20:20)schmalhans schrieb: Was ist der Sinn des Sonnensystems? Oder: wass ist der Sinn des ÖPNV in Berlin?
"Sinn" ist das Gefühl für Werthaltigkeit für mich. [...]
Hm...
"Funktionalität" allein füllt den Begriff des "Sinn und Zwecks" offenbar nicht aus. "Werthaltigkeit" sprichst du an... Im gewissen Sinne ist es ja auch eine Form von "Effizienz", also bspw. Zeitersparnis. Mit dem ÖPNV komme ich möglichst effizient von A nach B, und finde ihn insofern sinnvoll. Hier viel mir nun spontan ein grundlegendes Prinzip der Natur wieder ein, das sog. Hamiltonsche Prinzip:
"Physikalische Felder und Teilchen nehmen danach für eine bestimmte Größe den kleinsten der möglichen Werte an."
*http://de.wikipedia.org/wiki/Hamiltonsches_Prinzip
Die Natur arbeitet nach einem gewissen Sparsamkeitsprinzip, was sich auch in vielen anderen Bereichen zeigt (Stichwort 'Minimalflächen'...) was zumindest ein notwendiges Kriterium für "sinnvoll" zu sein scheint. Was nicht 'sparsam' ist, erscheint uns 'unsinnig'.
(12-05-2012, 22:42)Ekkard schrieb: Da man nicht annehmen muss, dass Gott für den Straßenverkehr in Berlin verantwortlich ist, besteht auch kein Grund, nach einem weltanschaulich erweiterten (absoluten) Sinn zu suchen.
Nö, aber als Christ - der ich eigentlich nicht bin - könnte man antworten, dass Gott immerhin dem Menschen die Möglichkeiten und Fähigkeiten gegeben hat, sich
seine (Gottes) Welt nach
seinen (des Menschen) Maßstäben einzurichten. Zusammen mit der Freiheit, sich auch selbst diese Maßstäbe erst zu definieren, könnte man das alles in allem nebenbei als ziemlich großzügiges "Geschenk Gottes" auffassen. Wenn man Christ ist.
(12-05-2012, 22:42)Ekkard schrieb: ...Bühne...
"Die ganze Welt ist Bühne,
Und alle Frau'n und Männer bloße Spieler.
Sie treten auf und gehen wieder ab,
Sein Leben lang spielt einer manche Rollen." -- W. Shakespeare
Ich kann da auch nur auf die aufschlussreichen Debatten unter dem Stichwort "Simlulationsthese" verweisen. Mit etwas Recherche könnte ich eine Menge Gründe dafür anführen, anzunehmen, dass wir möglicherweise bereits in einer simulierten Realität leben.
Petronius hakt vielleicht wieder nach. Da kann ich das immer noch nachholen.
(12-05-2012, 23:45)schmalhans schrieb: "Sinn" ist nun wirklich kein Gefühl. Ich schlage vor, wir halten uns an die üblich Definition (ich habe sie oben genannt), um eine gemeinsame Basis zu haben, sonst werden wir wohl immer aneinander vorbei reden.
Ich hadere ein wenig mit einer "Definition"...
Aber mit Blick auf Naturwissenschaft hatte ich ja die Begriffe "Funktionalität" und "Sparsamkeit" eingeworfen...
Das Hamilton-Prinzip findet im Rahmen der theoretischen Physik eine exaktere, mathematische Formulierung. "Minimalflächen" sind Gegenstand der Differentialgeometrie und beschreiben beispielsweise die Geometrie von vielen Oberflächen in der Natur, wie Seifenblasenhäute oder andere Mannigfaltigkeiten. Letztendlich geht das ja auch tief in die Kosmologie rein, bspw. im Hinblick auf die Metrik des Raumes...
Der Begriff "Funktionalität" wäre wohl aber auch noch zu erörtern...
Also ich meine... so gut wie alle Elemente des Periodensystems - manche mehr, manche weniger - scheinen ja ein recht reichhaltiges Repertoire an Möglichkeiten zu bieten, auf der nächsthöheren Stufe (der Moleküle) die mannigfachsten Verbindungen einzugehen und Vielfalt zu erzeugen. Eine gute Metapher wäre vielleicht der Vergleich der Zeichensprache des ostasiatischen Raumes mit der Wörtersprache des westlichen Kulturraumes. Für jeden Begriff ein extra Zeichen einzuführen, scheint nicht allzu sinnvoll zu sein. Gleichwohl wäre es nicht sinnvoll, sämtliche bestehenden Moleküle mit einer ähnlich großen Anzahl von Elementen zu realisieren.
Und auch Moleküle können wiederum durch verschiedenste Anordnungen (flüssig, fest, kristallin, amorph...) auf der nächsthöheren Stufe die verschiedensten Eigenschaften aufweisen - ein Phänomen, was man allgemein auch als 'Emergenz' bezeichnet. Je näher man dem Mesokosmos, also unserer "Welt" kommt, desto vielfältiger und differenzierter werden die Erscheinungen der Natur. Warum das so ist, das haben wir noch nicht so ganz genau verstanden und ist Teil der Chaos- und Komplexitätstheorie. In jedem Fall scheint mir diese Tatsache in Bezug auf das Leben, welches sich nun einmal im Meso-, und nicht im Mikro- oder Makrokosmos abspielt, äußerst 'sinnvoll' zu sein.
Bei den Naturgesetzen, oder Natur
kräften, könnte man ähnlich argumentieren. Jedes klassische Lehrbuch der Physik ist voll von Beispielen für die verschiedensten Naturphänomene und irgendwelcher "Effekte" (Hawking-Effekt, Seebeck-Effekt, Compton-Effekt...) und anderer Gesetzmäßigkeiten, welche sich aber letztendlich alle auf gerade mal eine handvoll von Naturgesetzen reduzieren lassen.
(13-05-2012, 14:47)petronius schrieb: nun - wäre es anders oder nicht, dann wärst auch du nicht da und könntest dir darüber gedanken machen. es ist so, weils anders nicht sein kann - nicht irgendjemand hat da alles ganz fin aufeinenader abgestimmt, sondern es hat sich alles nur so und gar nicht anders entwickeln können
Nö, eben nicht!
Du verwechselt da irgendwo 'notwendig' mit 'hinreichend'. Es gibt keinen plausiblen Grund, warum wir nicht beispielsweise in einem Universum leben, welches
weit über die notwendigen Kriterien für Leben hinausgehen.
Das AP besagt nur,
"dass das beobachtbare Universum nur deshalb beobachtbar ist, weil es alle Eigenschaften hat, die dem Beobachter ein Leben ermöglichen." (Wiki, AP)
Es zeigt also lediglich auf, dass die vorliegenden Bedingungen offenbar hinreichend für Leben sind - sonst gäbe es uns schließlich nicht. Es begründet hingegen
nicht, weshalb wir - im Falle einer etwaigen Annahme von Paralleluniversen mit verschiedenen Konfigurationen bspw. - nicht in einem statistisch zu erwartenden Universum leben, welches
weit über das Maß der
notwendigen Kriterien hinausreicht, und bspw. gleich mit 300 oder 1000 Elementen im Periodensystem und mit einem ganzen Satz anderen redundantem Schick-Schnacks aufwartet.
In der Doku mit Martin Rees wurde das auch ein wenig angedeutet. Jedes Mal wenn wir glauben, irgendetwas im Universum erfülle keinen 'Zweck' in Bezug auf unser Dasein, müssen wir früher oder später erkennen, dass es schlicht notwendig für unsere Existenz war. Prominentes Beispiel wäre eine Supernova, ohne die es nicht die ganzen Elemente gäbe, welche alle in irgendeiner Art und Weise für das Leben und seine Entwicklung notwendig waren, die aber dennoch die einzig möglichen und stabilen Elemente im Universum überhaupt sind, d.h. es gibt nicht noch irgendwo ein paar "überflüssige" Elementarteilchen die wir nur noch nicht gefunden haben.
Es bleibt letztendlich bei der Frage, ob und inwieweit sämtliche Bedingungen im Kosmos für unsere Existenz tatsächlich
notwendig und hinreichend zugleich sind. Letzteres zeigt das AP, ersteres ist eine Frage der Naturwissenschaft.
(13-05-2012, 16:18)Keksdose schrieb: Es gibt in der Natur durchaus Dinge, die ziemlich sinnlos sind [...]
Ja, aber das ist nicht die Frage, sondern ob der
Kosmos als Gesamtheit sinnvoll ist. Das Gequatsche von Petronius ist ja auch gänzlich sinnlos (nur Spaß
). Aber dies ist nun einmal als Konsequenz der Sprachfähigkeit ein notwendiges Übel. Die Frage ist, ob sich sinnloses Gefasel von Menschen vermeiden ließe,
ohne gleichzeitig andere Voraussetzungen (Sprache, freier Wille etc.) aufzugeben, die ja gerade erst das Leben ausmachen.
Lässt sich also deinen Giraffen-Nerv vermeiden,
ohne andere für die Entwicklung von Leben notwendigen physikalischen Gesetze oder ähnliches zu brechen? Oder ohne, dass ständig ein Gott eingreifen und die "Fehler" der Evolution nachjustieren müsste?
Insofern bliebst du den Beweis schuldig, dass eine "bessere" oder "effizientere" Welt überhaupt möglich wäre. Bin gespannt auf das Alternativmodell und die theoretische Ausarbeitung...