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Neuer Studiengang: Islamwissenschaft
#46
(25-12-2010, 12:53)Franziskus schrieb: Ich bin gespannt wie diese stille Legitimation einer (noch nicht ganz bestimmten, da offensichtlich sowohl von Seiten Ministern als auch Wissenschaftlern unbekannten, vom Zufall des finanziell und intellektuell zur Hilfe eilenden ausländischen Gläubigen bestimmten) Koraninterpretation auf andere Gemeinden wirkt

versteh ich jetzt nicht

es ist noch gar nichts bestimmt,aber was du schon ganz bestimmt wissen willst, ist, daß da einer "vom Zufall des finanziell und intellektuell zur Hilfe eilenden ausländischen Gläubigen bestimmten Koraninterpretation" der weg bereitet werden soll?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#47
@petronius:
Zitat:es ist noch gar nichts bestimmt,

Genau darin liegt das Problem. Wie willst Du eine weltanschauliche ideologische Schule für eine dermaßen pluralistische Religion hinbekommen, die "one-size-fits-all"-mäßig von Statten gehen soll?
“I love to play with kids; they’re easy to cheat and fun to beat.” –Fran Lebowitz
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#48
(25-12-2010, 16:33)Franziskus schrieb: @petronius:
Zitat:es ist noch gar nichts bestimmt,

Genau darin liegt das Problem. Wie willst Du eine weltanschauliche ideologische Schule für eine dermaßen pluralistische Religion hinbekommen, die "one-size-fits-all"-mäßig von Statten gehen soll?


Selbstverständlich kann man nicht alle gleichermaßen bedienen, wohl aber die Mehrheit. Die Mehrheit der hier lebenden Muslime besteht aus Sunniten, und die im Sunnitentum angesehenste Lehrinstitution ist die Azhar in Kairo. Deren Vorgaben dürften sunnitische Imame ohne großes Wenn und Aber akzeptieren. (Ob die aber auch für Staat und Gesellschaft hier immer so akzeptabel sind, wage ich zu bezweifeln.)

Gruß
Vitoria
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#49
Der Mufti der Al-Azhar-Universität wurde in anderen Staaten (vielleicht auch in Ägypten, das vermag ich nicht zu beurteilen, da ich leider dort nie gewesen bin) schon sehr häufig aufgrund seiner pro-westlichen, anti-terroristischen Haltung verleumdet und als Schwein bezeichnet. Hier besteht auch teils, bsplw. innerhalb der Bevölkerung Saudi-Arabiens, ein enormer ideologischer Unterschied zu dem, was der Mufti der Al-Azhar-Universität kommuniziert hat. Ein mir flüchtig bekanntes Mitglied einer Ablegerorganisation von Millî Görüş hat vor Jahren einmal sogar den Mufti der Al-Azhar-Universität als "gottlos" bezeichnet.
Meiner Erinnerung nach entfallen die Anhänger der Sunna in mindestens vier unterschiedliche Strömungen, die sich untereinander mehr oder minder spinnefeind sind. Das große Problem ist, dass wir Zuwanderung aus sehr vielen unterschiedlichen muslimischen Staaten, aber am Ende - wenn ich den Ansatz richtig verstehe - einen offiziellen "Katechismus" haben, der generell gelten soll. Mich würde es wundern, wenn dies nicht für einige Muslime so wirken würde, als wolle man dadurch Äußerungen tätigen, die fast schon einem neuen Kalifat gleichkämen; wie das allerdings aus islamischer Sicht tatsächlich auszulegen wäre, vermag ich nicht zu sagen - obschon ich einige arabische Länder bereist habe, habe ich bis dato nie die Zeit gefunden, diese Religion mit angemessenem Aufwand zu studieren, was ich allerdings nachholen werde.
Ich empfinde es generell als sehr befremdlich, dass man über eine derart pluralistische Religion einen eigenen staatlichen "Katechismus" verhängen möchte, der an Schulen gelehrt werden soll. Die Intentionen dahinter sind mir klar, aber aufgrund meiner Erfahrungen in der arabischen Welt zweifle ich stark an der praktischen Ausführung; irgendwem wird man auf den Schlips treten, und naturgemäß trifft es jene, die man auf den Schlips trägt (kleinere Gruppen) am härtesten; die Geschichte vor einigen Jahren mit dem Schmähtatort war höchst unschön.
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#50
(25-12-2010, 21:19)Franziskus schrieb: Der Mufti der Al-Azhar-Universität wurde in anderen Staaten (vielleicht auch in Ägypten, das vermag ich nicht zu beurteilen, da ich leider dort nie gewesen bin) schon sehr häufig aufgrund seiner pro-westlichen, anti-terroristischen Haltung verleumdet und als Schwein bezeichnet.

Du meinst offenbar den Großmufti von Ägypten und Scheich der Azhar Tantawi, der im März diesen Jahres verstorben ist. Seine sogenannte antiterroristische Haltung hat ihn übrigens nicht daran gehindert, Selbstmordattentate doch noch gutzuheißen, nachdem er sie zuvor verurteilt hatte. Er galt als liberal, worüber sich von westlicher Seite aus streiten lässt. Die Totalverschleierung lehnte er als nicht koranisch ab, was die Fundamentalisten auf den Plan gerufen hat. So wie der Islam kein monolithischer Block ist, so wenig ist es auch der Lehrkörper der Azhar. Ich nehme an, dass das bei unseren theologischen Fakultäten nicht anders ist.

Zitat:Hier besteht auch teils, bsplw. innerhalb der Bevölkerung Saudi-Arabiens, ein enormer ideologischer Unterschied zu dem, was der Mufti der Al-Azhar-Universität kommuniziert hat.

Was die saudischen erzkonservativen bis extremistischen Wahhabiten für falsch oder richtig halten, spielt in der außersaudischen Welt nicht die geringste Rolle (außer dort, wo sie ihre missionierenden Leute und Institutionen einschleusen), am allerwenigsten an der hochangesehenen Azhar.

Zitat:Ein mir flüchtig bekanntes Mitglied einer Ablegerorganisation von Millî Görüş hat vor Jahren einmal sogar den Mufti der Al-Azhar-Universität als "gottlos" bezeichnet.

Eine besonders geschätzte Freizeitbeschäftigung von Fundamentalisten scheint das Schmähen und Takfirieren von andersdenkenden Muslimen zu sein und ist nicht besonders ernst zu nehmen (außer von den Betroffenen selbst).
"Takfir machen" bedeutet, jemanden zum kafir, zum Ungläubigen zu erklären, womit sich selbiger u.U. in Lebensgefahr befindet.

Zitat:Meiner Erinnerung nach entfallen die Anhänger der Sunna in mindestens vier unterschiedliche Strömungen, die sich untereinander mehr oder minder spinnefeind sind.

Du meinst die vier sunnitischen Rechtsschulen, die madhahib. Sie unterscheiden sich nur geringfügig (von konservativ bis "liberal"), und zwar in der Auslegung bestimmter Koranverse und der Sunna. Sie bilden daher kein Hindernis für eine Einigung über den Lehrstoff. Von Spinnefeindschaft kann keine Rede sein. Die besteht vor allem zwischen Sunniten und Schiiten.

Zitat:Das große Problem ist, dass wir Zuwanderung aus sehr vielen unterschiedlichen muslimischen Staaten, aber am Ende - wenn ich den Ansatz richtig verstehe - einen offiziellen "Katechismus" haben, der generell gelten soll.

Wie gesagt, die allermeisten sind Sunniten. Die übrigen müssten sich eben so organisieren, wie es Freikirchen auch tun. Die haben doch wohl auch ihre eigenen Ausbildungsstätten und Religionsunterricht, oder nicht?

Zitat:Mich würde es wundern, wenn dies nicht für einige Muslime so wirken würde, als wolle man dadurch Äußerungen tätigen, die fast schon einem neuen Kalifat gleichkämen; wie das allerdings aus islamischer Sicht tatsächlich auszulegen wäre, vermag ich nicht zu sagen

Ich auch nicht. Ich verstehe nämlich nicht, was Du meinst. Was hat hiesiger islamischer Religionsunterricht mit einem Kalifat zu tun?

Zitat:Ich empfinde es generell als sehr befremdlich, dass man über eine derart pluralistische Religion einen eigenen staatlichen "Katechismus" verhängen möchte, der an Schulen gelehrt werden soll.

Will man einen solchen Religionsunterricht haben, muss man da eben zu Potte kommen. Und zwar die muslimischen Verbände, nicht der Staat. Der verhängt nichts, sondern kann letztlich nur seinen Segen dazu geben oder sein Veto einlegen. Und wie gesagt, wer nicht will, macht eben nicht mit und gründet seinen eigenen Verein KdöR.

Zitat:Die Intentionen dahinter sind mir klar, aber aufgrund meiner Erfahrungen in der arabischen Welt zweifle ich stark an der praktischen Ausführung; irgendwem wird man auf den Schlips treten, und naturgemäß trifft es jene, die man auf den Schlips trägt (kleinere Gruppen) am härtesten; die Geschichte vor einigen Jahren mit dem Schmähtatort war höchst unschön.

Solche Sachen werden uns auch erhalten bleiben, haben aber m.E. nichts mit einem islamischen Religionsunterricht zu tun.

Gruß
Vitoria
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#51
(25-12-2010, 16:33)Franziskus schrieb: Genau darin liegt das Problem. Wie willst Du eine weltanschauliche ideologische Schule für eine dermaßen pluralistische Religion hinbekommen, die "one-size-fits-all"-mäßig von Statten gehen soll?

muß es das denn?

ist doch z.b.in der philosophie,der soziologie oder den wirtschaftswissenschaften auch nicht der fall -da gibts ja auch verschiedene schulen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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