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Suizid - Offizielle und inoffizielle Einstellungen der Kirchen dazu
#16
(25-11-2010, 11:47)Der-Einsiedler schrieb: Ich denke, bezugnehmend auf die Stoiker, spielt da gerade bei monotheistischen Religionen das Thema FREIHEIT eine grosse Rolle. Den Menschen als "frei" zu sehen, und damit meine ich, frei in seinen Entscheidungen und "potentiell frei von Gott" zu betrachten, ist für Monotheisten ja nicht nur unakzeptabel, sondern geradezu nicht denkbar.

So ist es wohl!

In der epikureischen und stoischen Ethik spielt "die Gottheit" keine Rolle. Darin liegt wohl auch die mangelnde Wertschätzung begründet, die ihr christliches Denken entgegenbringt.

Bei den Konsequenzen, die damit verbunden sind, ist es für Gläubige eine doch sehr zweifelhafte Freiheit, das Unrechte (bzw. was die Kirche dafür hält) wählen zu dürfen.
MfG B.
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#17
Wie es theoretisch in den verschiedenen christlichen Kirchen aussieht, das heißt wie der heutige (2014) Letztstand der offiziellen Lehre ist, weiß ich nicht, ist aber auch nicht so interessant. Wichtiger dürfte die Praxis sein.

Ein Bekannter von mir ist Jäger, er hat sich im Winter mit seinem Jagdgewehr erschossen. Um die ganze Diskussion um die Erlaubtheit eines katholischen Begräbnisses zu umgehen, wurde einfach gesagt, er habe sich "in geistiger Umnachtung" erschossen. Das Gegenteil war nicht zu beweisen. Und es hätte auch niemand Interesse daran gehabt, dies zu beweisen. Auch der Pfarrer nicht. Wenn man sich das recht überlegt, wäre so ein Beweis auch unmöglich. Der Verstorbene erhielt sein kirchliches Begräbnis.

Es heißt doch immer: in dubio pro reo
Wie sollte es denn überhaupt zweifelsfrei möglich sein, den Nachweis zu erbringen, daß der Selbstmörder zum Todeszeitpunkt nicht geistig umnachtet gewesen ist ? Da müßte er sich während einer psychiatrischen Sitzung erschießen und der Psychiater müßte garantieren können, daß der Mann der bei ihm auf der Couch lag, psychisch gesund war. Das wird er aber wohl nicht tun, denn damit würde er einerseits zugeben, daß er gesunde Leute auf der Couch liegen hätte (es würde sofort heißen, er zöge gesunden Leuten das Geld aus der Tasche) und außerdem würden ihm das seine Kollegen übel nehmen, er wäre in Fachkreisen erledigt. Und dann würde er als Idiot hergestellt werden, weil ein Mensch mit schwersten Sorgen bei ihm auf der Couch lag und er das nicht bemerkt hat. Kein Mensch würde mehr zu ihm gehen, er könnte den Beruf wechseln

Mich würde interessieren, ob es in den letzten 10 Jahren in Deutschland irgend einen Fall gegeben hat, wo die Kirche der Familie eines Selbstmörders das antat, daß dem Verstorbenen ein kirchliches Begräbnis verweigert wurde.

Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, wo die Kirche bei ganz anderen Sachen sehr kooperativ geworden ist

Selbst wenn ein Abschiedsbrief vorhanden ist, in dem der Suizid angekündigt wird, gilt die Vermutung der "geistigen Umnachtung"
Das Gegenteil kann niemand beweisen und will auch niemand beweisen . . . außer ein Erbe ! Kann ja sein, daß der Selbstmörder kurz vor dem Tod ein neues Testament geschrieben hat, in dem er den bisher als Erben geführten Menschen plötzlich enterbt hat. Weil er ihn in seiner schweren Krankheit im Stich gelassen hat. Der wird dann alles daransetzen, den Selbstmörder als verwirrt und unzurechnungsfähig darzustellen. Das ist ja klar.

Aber der neue Erbe, der jetzt alles bekommen soll, wird dies bestreiten. Er wird sagen, daß der Selbstmörder nicht geistig umnachtet war, und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gehandelt hat. Eigentlich eine Tragödie. Gerade der Liebling des Verstorbenen bringt ihn um sein kirchliches Begräbnis. Weil es ums liebe Geld geht.

Sind da konkrete Fälle bekannt ? Eigentlich wäre dieses Thema besser für ein Anwaltsforum geeignet (wo Anwälte untereinander diskutieren), aber dieses Thema unterliegt der anwaltlichen Schweigepflicht

Sinnvoll wären allenfalls anonymisierte Gerichtsentscheidungen, aber da sind nur die formaljuristischen Begründungen zu sehen, aber selbstverständlich nicht die zugrundeliegenden psychiatrischen Gutachten. Und gerade die wären interessant, um zu sehen was sich da zugetragen hat.
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#18
Die Kirche steht doch dem Selbstmord als notwendig gegenüber.

Es war zwingend notwendig, das Jesus sich stellt obwohl er wusste was ihn erwartete,
um die Sündensache durchzuziehen.

Ganz klar ein Suizidaler.
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#19
(03-06-2014, 22:45)Harpya schrieb: Die Kirche steht doch dem Selbstmord als notwendig gegenüber.

Bitte nicht OT
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#20
Was heisst OT, hat Jesus selbstmörderische Handlungen begangen oder nicht.
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#21
Also streng betrachtet muß man sein Verhalten ja wirklich mit dem heutigen "Suicide by Cops" gleichsetzen,..
Aut viam inveniam aut faciam
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#22
(03-06-2014, 22:51)Harpya schrieb: Was heisst OT, hat Jesus selbstmörderische Handlungen begangen oder nicht.

Hat er selbtverständlich nicht.
Jesus betete im Garten Gethsemane: "Lass diesen Kelch an mir vorübergehen!" (Markus 14:36 und Matthäus 26:39)
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#23
Mag er gebetet haben, gehandelt hat er anders.
Worte sind billig, an den Taten wird man gemessen.

Warum sollte er überhaupt beten , ist doch Teil Gottes.
Eine telepatische Vbindung wäre doch das Mindeste.
Zumal ein allwissender Gott doch sowieso wüsste
was er irgendwann mal sagen will.
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#24
@Harpya: Bitte solche Diskussionen neben dem eigentlichen Thema unterlassen. Wir diskutieren hier nicht die "Opfertheologie"!

Zum Thema: Leider ist mir die offizielle (katholisch-) kirchenrechtliche Lage nicht bekannt. Aus protestantischer Sicht wird ein Suizid als tragisches Geschehen gesehen, wie jeder andere Sterbefall. Im Gegenteil, den betroffenen wird Trauerarbeit angeboten, die auch häufig angenommen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#25
Augustinus war der Meinung, dass das Gebot Du sollst nicht töten! auch auf sich selbst anzuwenden sei. Später übernahm die Kirche die jüdische Tradition und verurteilte den Suizid als Sünde und weigerte sich – analog zum Judentum – bis ins frühe 20. Jahrhundert, Suizidopfern die Bestattung auf Friedhöfen zu gewähren und ein kirchliches Begräbnis zuzulassen. Stattdessen wurde die Leiche in ungeweihter Erde beerdigt, siehe Eselsbegräbnis.

"Ein wichtiges Argument des Katholizismus gegen Suizid ist, dass das Leben an sich Gott gehöre und so die Herrschaft Gottes verletzt werde. Eng verwandt damit ist die Ansicht, dass menschliches Leben heilig und einzigartig sei und alle Anstrengungen unternommen werden müssen, es zu schützen. Diesen Standpunkt hatte bereits Cicero vertreten.
Suizidenten-Friedhof mit anonymen Holzkreuzen in Berlin-Grunewald, Aufnahme aus dem Jahr 1931

Noch im römischen Codex Iuris Canonici (CIC) von 1917 war die überlegte Selbsttötung ein Grund zum Ausschluss von einem kirchlichen Begräbnis.[62] Das galt indes nicht im Falle von Anzeichen der Reue. Im Zweifelsfall war ein kirchliches Begräbnis zu gewähren.[63] Der nachfolgende CIC von 1983 erwähnt unter den Ausschlussgründen von einem kirchlichem Begräbnis (Can. 1184) den Suizid nicht mehr." wiki

Märtyrer haben eine Sonderstellung nehme ich an.

Im Islam ist Suizid streng verboten,oft als Glaubenszeugnis für Märtyrer unter wechselnden Regeln
gestattet. Mal nur Männer, mal nur unverheiratet, mal müssen Eltern zustimmen, meist reicht
das abnicken eines religiösen Führers....

Bhuddisten mal wieder wachsweich wie es aussieht.

In den buddhistischen Schriften wird die Selbsttötung differenziert betrachtet. Der Buddhismus selbst schwankt zwischen klarer Ablehnung und bedingter Zustimmung zur Selbsttötung. Keinesfalls ist die Selbsttötung mit der Tötung eines anderen Wesens zu vergleichen, und Formen der Selbsttötung, die andere Leben gefährden, werden vor allem aufgrund dieser Tatsache geächtet.
Die Selbsttötung mit dem Ziel, die eigene Erleuchtung vor einem Rückfall (z. B. bei schwerer Krankheit) zu schützen oder um nach der Wiedergeburt zu einer höheren Daseinsform aufzusteigen, wird in den Schriften da und dort positiv gewertet.
Voraussetzung für eine positive Wertung der Selbsttötung ist ein „klarer, konzentrierter und ruhiger Gemütszustand“ und das „Vertrauen in einen Buddha“. Unter diesen Voraussetzungen wird die Selbsttötung als nicht verwerflich oder karmisch schädlich bezeichnet" wiki

Wenn ich nicht als Mikrobe wiedergeboren werden will, scheint Selbstmord manchmal zu helfen aufzusteigen.
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#26
(04-06-2014, 22:41)Ekkard schrieb: @Harpya: Bitte solche Diskussionen neben dem eigentlichen Thema unterlassen. Wir diskutieren hier nicht die "Opfertheologie"!

Zum Thema: Leider ist mir die offizielle (katholisch-) kirchenrechtliche Lage nicht bekannt. Aus protestantischer Sicht wird ein Suizid als tragisches Geschehen gesehen, wie jeder andere Sterbefall. Im Gegenteil, den betroffenen wird Trauerarbeit angeboten, die auch häufig angenommen wird.

Danke, daß wir wieder zum eigentlichen Thema zurückgekommen sind

Die aktuelle katholische Lage ist mir auch nicht bekannt, da hat sich wohl manches geändert in den letzten Jahren. Aber noch wichtiger als die theoretische (juristische) Stellungnahme der kath Kirche zum Suizid im Rahmen des Kirchenrechts dürfte ohnehin die Praxis sein. Kann ja sein, wie ich vermute – Selbstmord wird offiziell verurteilt (geht gar nicht anders aus katholischer Sicht) – aber es wird eben eine 'Rutsche gelegt' und im konkreten Einzelfall das vorliegen von "geistiger Umnachtung" das heißt Unmündigkeit gelten gelassen.
Ich könnte mir vorstellen – um den Schein zu wahren wird Selbstmord nach wie vor verurteilt – aber das ist 'totes Recht' geworden, wird nicht mehr in der Praxis vollzogen. Außerdem kann ich mir vorstellen, daß auch bei den Katholiken Trauerarbeit mit den Hinterbliebenen gemacht wird – warum denn nicht – die Kinder des Selbstmörders sind ja formal nicht schuldig, sie haben die Pistole nicht abgedrückt.

Aber man hört von katholischer Seite sehr wenig zu diesem Thema. Wahrscheinlich meidet man es von kirchlicher Seite und die ganze Sache ist einzelfallbezogen

Was sollen die denn auch sagen ? "Erschießt euch ruhig, ihr bekommt ohnedies ein christliches Begräbnis . . . ?"
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#27
Gibt doch genug Ausnahmen, das ist Kirche extrem flexibel.
Wie ich schrieb, Anzeichen von Reue reicht schon.

Wenn da nichts festzustellen ist wird weitergetrickst.

Beim einmaligen Fall des katholischen Kronprinzen Rudolph wurde 1889
durch einen Kompromiss – Attestierung einer geistigen Verwirrung –
ein Begräbnis mit allen kirchlichen Zeremonien möglich gemacht.

Man kann ja einen Kronprinzen nicht im Armengrab verrotten lassen.
Das hätte in der Folge sicherlich Zuwendungen an die Kirche einbrechen lassen.
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#28
Es gibt Indizien, daß er liquidiert wurde. Wegen seiner für einen Thronfolger untragbaren politischen Ansichten.

Falls es Selbstmord war, dann war er wohl in der Panik- und Streßsituation in der er abdrückte, in enormem Streß, damaliges Wort "geistig umnachtet"

Das, was man heute jedem ordinären Mörder aus der Gosse zugesteht, muß man auch ihm zugestehen
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#29
(04-06-2014, 23:18)Sinai schrieb: Es gibt Indizien, daß er liquidiert wurde. Wegen seiner für einen Thronfolger untragbaren politischen Ansichten.

Falls es Selbstmord war, dann war er wohl in der Panik- und Streßsituation in der er abdrückte, in enormem Streß, damaliges Wort "geistig umnachtet"

Das, was man heute jedem ordinären Mörder aus der Gosse zugesteht, muß man auch ihm zugestehen

Ist jedenfalls ein flexibles Werkzeug die Umnachtung.
Gibt ja durchaus auch Fälle, wo starker Glaube zu UNrechnungsfähigkeit führt, da handelt man auch schon mal nicht nachvollziehbar.

Scheidet hier wohl aus.
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#30
(23-11-2010, 14:21)Bion schrieb: Die kath. Kirche hat dazu in einem dogmatischen Dokument Stellung genommen:
.........
Delikat ist, was da in einem Halbsatz mit dem Selbstmord zusammengepackt ist: Abtreibung und Völkermord

Bin hier zufällig gelandet und kann anhand der erwähnten dramatischen Schilderungen und der kirchlichen Beurteilung starken Brechreiz nur mühsam unterdruecken:

Wie kann die katholische Kirche sich zum Sittenrichter über die verzweifelte Situation von Suizid-Opfern aufschwingen?  Mit welcher moralischen Berechtigung? Diese Organisation, die mehr unschuldiges Blut an den Fingern hat als jede andere, dieser Verein, der juengst noch Kindesmissbrauch vielfältig verschleiert hat, diese Macht, die jahrhundertelang die Menschen dumm gehalten hat, Widerspenstigen das Kreuz vorgehalten und sie bei lebendigem Leib auf Scheiterhaufen hat verbrennen lassen,  ihnen Himmelsglueck fuer Geld versprochen hat usw. usw.

Nein, mir fehlen auch nach 10 Jahren noch die Worte. Sie sitzt auf ihrem grossen Vermoegen und zeigt sich aeussert kleinlich, wenn es um die Entschädigung unschuldiger Opfer geht. 

Wieso zahlt unser Staat mit unserem Steuergeld auch heute noch das Gehalt aller Fuerst- Erz- und sonstigen Bischöfe und ihrer Entourage? Den ganzen Klimbim in Deutschlands Domen -  bis hin zum Weihrauch? Militaerpfarrer und kath. Religions - Lehrer?  Usw. Usw. 

Und dieser Verein will Menschen in aussichtslosen Lage vorschreiben, ob sie ihr erbaermliches Leben, wie in den Beispielen geschildert, beenden dürfen?
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