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Der Amazonen-Mythos: Was ist daran historisch?
#1
Da eine Diskussion über den Amazonen-Mythos weder ins Forum "Bibeltexte" noch zum Thema "Kain und sein Weib" passt, eröffne ich dazu ein neues Thema im Forum "Religions- und Kulturgeschichte":

Exmo, Thema: Kain und sein Weib, Beitrag 22, schrieb:Beides halte ich für patriarchalische Unterstellungen, um die eigene Gewalttaten gegen Amazonenstämme (die es nachweißlich gab)zu rechtfertigen. übrigens, die Skythen stammen von Amazonen teilweise ab.

Stand der Forschung ist folgender:

Dass diese Stämme der Sarmaten und Skythen mit den mythischen Amazonen identisch sind oder auch nur die Amazonenerzählungen und -darstellungen stärker beeinflusst haben, wie Davis-Kimball meint, ist jedoch äußerst zweifelhaft. Ebenso ihre – mittlerweile auch im Deutschen Fernsehen verbreitete – ethnologischen und genetischen Untersuchungen, die darin gipfeln, dass sich Spuren der "Amazonen" bis in die Mongolei nachweisen lassen, wo Davis-Kimball ein kleines Mädchen getroffen hat, das genetisch Nachfahrin dieses Volks ist. Wenn sich Spuren skythischer, sarmatischer oder sonstiger Stämme, bei denen Frauen hochgestellt waren, bis heute verfolgen lassen, hat das kaum etwas mit den Amazonen zu tun. Denn das Bindeglied zwischen diesen Völkern und den Amazonen der griechischen Sagen fehlt. Davis-Kimballs Argument, auf griechischer Vasenmalerei begegneten Amazonen als Motiv ab dem 6. Jh. v. Chr. – als die Griechen von diesen Völkern angeblich erfuhren – in stark zunehmendem Maße, ist schwach: Erst im Laufe des 5. Jh. hört Herodot von den Sauromaten. Zudem ist es in der griechischen Kunst üblich, alte oder mythische Völker so darzustellen, wie zeitgenössische Völker aus ungefähr derselben Gegend bekleidet und bewaffnet waren. Dass daher Amazonen ähnlich den Skythen (oder auch Parthern) dargestellt werden, ist als normal anzusehen.

Quelle: Wikipedia, *http://de.wikipedia.org/wiki/Amazonen, Zugriff v. 25.6.11, 22:20
MfG B.
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#2
Die Schwierigkeit ist, dass wir als Quellen nur das haben, was die Eroberer schrieben, und das ist nunmal einseitig. Jedoch gab es in der Menschheitsgeschichte viele Gegenden, wo Frauen oder/und Frauenstämme auch kriegerisch waren. Hier zwei Beispiele:

Zitat:Die verschiedenen Stämme bekriegten sich auch gegenseitig; die in matriarchalen Kulturen selbstverständliche Solidarität unter Frauen galt ihnen nur mehr für die Frauen des eigenen Volkes. Die gorgonischen Amazonen wurden von der libyschen besiegt, erholten sich davon
und kämpften später unter ihrer Königin Meduse gegen Perseus, der sie besiegte.
Die libyschen Amazonen, die Panzer aus den Häuten von Riesenschlangen trugen, zogen unter ihrer Königin Myrine ostwärts quer durch Nordafrika, "durchschritten nach entsprechenden Vereinbarungen friedlich das nördliche Ägypten und begannen mit einer ´alexandergleichen´ (ein Jahrtausend vor Alexander dem Großen) Eroberung riesiger Gebiete des vorderen Orients und Kleinasiens" (Richard Fester). Sie unterwarfen Syrien und Groß-Phrygien und gründeten viele Städte, die heute noch berühmt sind, wie Smyrna, Paphos und Magnesia. Beim Fluß Kaikos vermischte sich ihre Machtsphäre mit der der Amazonen vom Thermodon.
Myrine gründete das Heiligtum auf der Insel Samothrake ("heilige Insel"), eroberte die Insel Lesbos und gründete die Stadt Mytilene, die sie nach ihrer Schwester benannte. Sie eroberte weitere ägäische Inseln, gelangte nahe an den Machtbereich der Thraker heran und fiel in einer Schlacht gegen die vereinigten Skythen und Thraker, worauf ihrer
Reiterinnen nach Nordafrika zurückkehrten.
Es gibt Hinweise darauf, dass dies mehr als Geschichten sind:

Die Bedscha, ein hamitischer Amazonenstamm zwischen Nil und Rotem Meer, werden vom arabischen Schriftsteller Magrizi beschrieben. Es wird berichtet, dass die Frauen der Bedscha herrliche Lanzen herstellten und jede männliche Geburt töteten (Bertha Eckstein-Diener). Letzteres wird auch über die Gager berichtet.
Die libyschen Amazonen hinterließen vom Sinai bis zu den Kanarischen Inseln an der Westküste Afrikas kulturelle Zeugnisse "in einer besonderen Schrift, welche neben der erstaunlichen Ausbreitung der Amazonen auch die Höhe ihrer geistigen Bildung verrät" (Richard Fester). Bei den berberischen und den Tuareg-Stämmen konnten bis in die Gegenwart nur die Frauen lesen und schreiben und waren sie stets die Bewahrerinnen der
Kultur. Sowohl die Tuareg, die sich selbst "Amazigh" nennen, als auch die BewohnerInnen der Kanarischen Inseln - wo sich die Tradition kämpferischer Frauen bis in die Zeit der spanischen Konquistatoren erhalten hat - werden von einigen AutorInnen als NachfahrInnen der Amazonenstämme angesehen.
Der griechische Historiker Diodor, der im 1. Jahrhundert v.u.Z. lebte, schilderte die weithin bekannten, prachtvollen Amazonengräber in dieser Gegend. Freilich gilt Diodor als nicht sehr zuverlässiger Berichterstatter, doch andere Amazonenvölker sind schon besser belegt. (*http://www.frauenwissen.at/amazonen.php)


Der Dichter Diodor berichtet im 1. Jh. v. Chr. über den Ursprung der Amazonen:

Zitat:„...am Fluss Thermodon lebte ein Volk, das von Frauen regiert wurde und in dem Männer und Frauen in gleicher Weise in kriegerischer Betätigung aufgingen. Unter Ihnen zeichnete sich eine der Frauen von königlicher Macht besonders durch Energie und Mut aus. Sie stellte ein Heer nur
aus Frauen auf, drillte dieses und besiegte dann mit ihm einige seiner Nachbarn. Da auf diese Weise mit dem kriegerischen Ruhm auch die militärische Tüchtigkeit wuchs, zog man allmählich ununterbrochen gegen Nachbarn zu Felde. ...[..].. Sie nannte sich eine Tochter des Ares, wies den Männern ...[...]... häusliche Arbeiten zu und verkündete ein Gesetz, nach dem die Frauen zum kriegführenden Teil des Volkes befördert wurden, den Männern hingegen Erniedrigung und eine dienende Rolle zugedacht war. Neugeborenen männlichen Geschlechts waren Schenkel und Arme zu verstümmeln, so dass sie für den Kriegsdienst untauglich waren..."
(*http://www.museum.speyer.de/dyndata/Handreichung_Amazonen.pdf)

Ich denke, die Existenz der Amazonen, kann als gesichert angesehen werden, jedoch nicht, wie sie lebten und Krieg führten, da diese Berichte von ihren Feinden, den Siegern, stammten.

Mod. Anm.: Bion
Links unanklickbar gemacht.
Letztmals (!) der moderative Hinweis, dass es unerwünscht ist, anklickbare Links zu setzen.
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#3
Faszinierend, wie manche Feministinnen die angebliche Brutalität und Kriegstreiberei von patriarchalischen Gesellschaften verurteilen und gleichzeitig von einem kriegerischen, "schäumende Stutenmilch, stürzendes Blut, blutig gebratenes Wildbret, Schilfmark und Honig" verzehrenden Amazonenvolk träumen, das es den Patriarchen so richtig zeigt Icon_cheesygrin

Wie dem auch sei, ich halte frauenwissen.at nicht für eine historisch wertvolle Quelle für jedwede Art von geschichtsorientierter Forschung. o.O Amazonen werden gerne als letzte Vertreterinnen matriarchalischer Gesellschaftsstrukturen dargestellt, die sich verzweifelt gegen Horden plündernder und vergewaltigender Männer einer patriarchalischen Kriegergesellschaft zur wehr setzen. Mythen über in Länder einfallende Amazonenhorden werden dabei gerne als "verfälschte Geschichtsschreibung der Sieger" abgetan. Eusa_hand
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#4
(26-06-2011, 19:17)Exmo schrieb: Ich denke, die Existenz der Amazonen, kann als gesichert angesehen werden,...

Für Dich kannst Du es natürlich halten, wie Du willst. Unter Historikern ist das eine ausgesprochene Minderheitenmeinung.

Nicht nur Diodor, auch Herodot, Plutarch, Strabo (und noch ein paar mehr) berichten von einem Amazonenvolk. Einer kritischen Befragung halten alle diese Quellen nicht stand.

Diodor ist nicht nur in dieser Frage, sondern in vielen anderen seiner Berichte auch, eine unsichere Quelle.

Das Amazonen-Volk wurde mit den Hetitern, den Skythen und den Sarmaten in Verbindung gebracht, in Libyen, dann wieder im asiatischen Zentralland vermutet, J. Davis-Kimball hat manche Thesen weitergesponnen und medienwirksam aufbereitet. Es wurden ihnen Stadtgründungen (Smyrna, Ephesus) zugeschrieben, sie wurden in griechische Sagenkreise eingebunden, ohne dass daraus historisch Faktisches herauszulösen wäre.

Auch archäologische Befunde, die die These von einem "Amazonen-Volk" stützten könnten, liegen nicht vor. Es wurden zwar vereinzelt Frauengräber mit Waffen als Grabbeigaben (im ehem. Siedlungsgebiet der Skythen und Sarmaten) freigelegt, doch bestätigen die anthropologischen Befunde der Skelette die Annahme, dass es sich um Kriegerinnen gehandelt haben könnte, nicht.
MfG B.
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