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Fundamentalistische Positionen - ein Konfliktpotenzial!
(02-08-2011, 21:02)indymaya schrieb:
(02-08-2011, 20:49)Tyko schrieb: und das glaubst du, weil?
Ich glaube, daß diese Gendefekte dadurch entstanden sind, weil Väter oder Mütter mit ihren Kindern "Verkehr" hatten. Das glaube ich könnte auch die "verbotene Frucht" im Paradies gewesen sein.

Ganz so wie Adam, Eva, Kain, Abel und Vergleichbare,..gell?? Evil5Icon_cheesygrin
Zitat:Sogar Abraham ehelichte noch eine Halbschwester und ist der Urvater
der Stämme Israels.
Gendefekte entstanden erst als die Menschheit sich selbst Gentechnisch heruntergewirtschaftet hat.

Aut viam inveniam aut faciam
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(02-08-2011, 22:06)Karla schrieb: Und diese geistige Verelendung hängt nun einmal auch mit der Verwissenschaftlichung der westlichen Welt zusammen. Der Prozess begann bereits im späten Mittelalter, wenn auch erst langsam. Deutlicher wurde es ab der Epoche der Aufklärung, wo man sich gegen die alles durchdringen wollende Rationalisierung wehrte und dagegen revoltierte: sowohl mittels der Kunst als auch mittels der Religion.

Es ist leider typisch für Gläubige, Nichtgläubigen eine "geistige Verarmung" zuzuschreiben, bzw. Aufklärung für die Ursache für eine solche geistige Verarmung zu halten. Woran erkennst du denn überhaupt, dass "die Gesellschaft" heute geistig verarmt ist, bzw. verarmter als "früher"?

Aus deinem Text kommt unweigerlich das Gefühl rüber, "früher", als die Gesellschaft noch religiös war, sei vieles "besser" gewesen als heute, wo wir doch alle so rational, so "wissenschaftlich" sind *schauder*

Aber viele vergessen, dass wir uns heute auf verdammt hohem Niveau beklagen. Auch wenn die Medien tagtäglich irgendwelche Untergangsszenarien publizieren, so ist doch festzustellen, dass Menschen heute einfach sensibler auf Katastrophen reagieren - weil es ihnen so gut geht (ich spreche hier von unseren Breitengraden, denn ich gehe davon aus, dass du unsere Gesellschaft gemeint hast.).

Nie waren Menschen in unserer Gesellschaft sicherer vor Willkür, Mord und Vergewaltigung als heute. Nie waren Menschen wohlhabender als heute - natürlich gibt es arme und mittellose Menschen, aber das war "früher" nicht unbedingt besser.

Ich sage keinesfalls, dass wir in einer perfekten Welt leben. Aber zu Zeiten "der religösen Gesellschaften" waren die Menschen keineswegs moralischer als heute!

Aufklärung und "Verwissenschaftlichung" stumpfen den Menschen gefühlsmässig keineswegs mehr ab, als religiöse Gehirnwäsche (so à la: Ungläubige sind Menschen zweiter Klasse - nichts ungewöhnliches im Zeitalter vor der Aufklärung, nur um das mal klargestellt zu haben). Die Aufklärung hat den Menschen geistig nicht beschnitten, sondern weitergebracht. Aus religiöser Sicht war (und offenbar ist) die Aufklärung natürlich eine Katastrophe, weil sie das "geistige Monopol" der Religion im voraufklärerischen Europa herausgefordert hat. Bildung und Wissen sind nunmal zum Glück die besten Waffen gegen die geistige Beinflussung jeglicher - auch religiöser - Art.

Lass dir bitte gesagt sein, dass Menschen auch ohne Religion Moral entwickeln und geistige Erfüllung finden können. Genauso wie religöse Menschen unmoralisch und geistig verarmt sein können.
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(06-08-2011, 19:21)Romero schrieb: Lass dir bitte gesagt sein, dass Menschen auch ohne Religion Moral entwickeln und geistige Erfüllung finden können. Genauso wie religöse Menschen unmoralisch und geistig verarmt sein können.


Hallo Romero,

mir musst Du es gar nicht sagen, denn ich bin ein Nichtgläubiger. Ich weiß, dass geistige Erfüllung überhaupt nichts mit Religion oder Glauben im religiösen Sinn zu tun hat.


(06-08-2011, 19:21)Romero schrieb:
(02-08-2011, 22:06)Karla schrieb: Und diese geistige Verelendung hängt nun einmal auch mit der Verwissenschaftlichung der westlichen Welt zusammen. Der Prozess begann bereits im späten Mittelalter, wenn auch erst langsam. Deutlicher wurde es ab der Epoche der Aufklärung, wo man sich gegen die alles durchdringen wollende Rationalisierung wehrte und dagegen revoltierte: sowohl mittels der Kunst als auch mittels der Religion.

Es ist leider typisch für Gläubige, Nichtgläubigen eine "geistige Verarmung" zuzuschreiben, bzw. Aufklärung für die Ursache für eine solche geistige Verarmung zu halten.


Ich habe nicht mit einem Wort explizit "Nichtgläubigen" geistige Verarmung zugeschrieben bzw. zuschreiben wollen. Diese geistige Verelendung, von der ich sprach, betrifft vor allem Beziehungen (zu anderen, zu sich selbst, zur Arbeit etc), und egal, in welchem Lager sie sich befinden.

Den Begriff "geistige Verlendung" habe ich - wenn man mein ganzes Zitat liest - dem jungen Karl Marx entnommen. Ob er es wörtlich so geschrieben hat, weiß ich im Moment nicht, aber jedenfalls nahe dran.

Und der junge Marx wiederum hat dies aus dem Werk Hegels abgeleitet, aber umgedeutet. Der gemeinsame Begiff - der bis heute noch taugliche Dienste leidet - ist "Entfremdung".

Und ich habe tatsächlch noch nie einen Philosophie- oder Kulturhistoriker gehört, der abstreiten würde, dass diese Entfremdung mit einer Überbetonung der ratio zu tun hat, und dass diese Entfremdung unsere Zeitepoche bestimmt.


(06-08-2011, 19:21)Romero schrieb: Woran erkennst du denn überhaupt, dass "die Gesellschaft" heute geistig verarmt ist, bzw. verarmter als "früher"?
Aus deinem Text kommt unweigerlich das Gefühl rüber, "früher", als die Gesellschaft noch religiös war, sei vieles "besser" gewesen als heute, wo wir doch alle so rational, so "wissenschaftlich" sind *schauder*


Nein, das wollte ich überhaupt nicht sagen. Eine verchristlichte Gesellschaft wäre für mich ein Albtraum. Allerdings eine veratheistischte auch. Und letztere mehr, weil sie mehr Machtmittel haben würde. Sie hätte "naturwissenschafltiche Möglichkeiten", um Andersdenkende umzupolen. Aber das ist ein anderes Thema.

Ich sprach auch nicht von einer Verarmung der Gesellschaft, sondern von einer geistigen Verelendung. Damit habe ich - an den frühen Marx angelehnt - gemeint, dass der heutige Mensch kaum wirklich ganzheitlich schöpferisch ist, sondern den Angelpunkt seines Menschseins meist in der ratio sieht.

Es ist keineswegs auf meinem Mist gewachsen, sondern ich habe nur in Kurzform referiert, worin bei den Kulturwissenschaftlern Konsens besteht: dass die geschlossene Form des mittelalterlichen Weltbildes einerseits die freie Entwicklung abgedrosselt hat, anderseits auch Schutz und innere Ruhe vermittelt hat.

Die Dinge in dieser Dialektik nicht zu sehen, heißt für mich: sie falsch zu sehen.

Das Gleiche gilt dann für das, was dem Zerbrechen des mittelalterlichen Weltbildes folgte:
Einerseits wurde die Autonomie des Menschen in Gang gesetzt, die Freiheit und die Würde des Menschen als Wert gesetzt und sukzessive - bis heute - zu realisieren gesucht, andererseits gab es die Vielen, die durchbrachen, keinen Halt mehr hatten und nicht in der Lage waren, die durch den Wegfall der Religon entstandene Leere mit etwas anderem zu füllen.

Vor allem die Epoche der Romantik zeigt eine Vielfalt von Dichtern und Denkern auf, die mit der Vernunftepoche der Aufklärung nicht klar kamen und geistig zerbrachen, oft irrsinnig wurden, den Alkohol zur Hilfe nahmen, um innere phantastische Bilder zu erzeugen, oder sich umbrachten.

Das ist bis heute nicht unbedingt anders:
Die Selbstmordrate der Jugendlichen ist hoch, ihre Suche nach "Wahrheit" führt nicht selten zum Drogenkomsum, wo klare Antworten "durchkommen".

Für mich selber gibt es kein Zurück zur Religion. Aber die wissenschaftliche Arbeit ist auch kein Ersatz.
Aber dass das Vakuum irgendwie gefüllt werden muss und dass der Mensch so lange sucht, bis er irgendetwas gefunden hat, was ihm Antworten gibt, ist auch klar.

Und je mehr die Welt nur noch wissenschaftliche Antworten zur Verfügung stellt, desto mehr laufen die, die andere Antworten brauchen, verzweifelt in der Gegend rum, weil sie überall abrutschen.
Darum dieser neue esoterische Boom, der Austritt aus den großen Kirchen - die für viele viel zu "rational" geworden sind - und die neue Religiosität, die sich nicht scheut, Teufel und Dämonen aus den Gräbern zu scharren und mit diesen im 21. Jahrhundert gesitig kämpft.

Die Epchen der Aufklärung waren einseitig, aber sie waren nicht überflüssig!
Es muss nur ein Weg gefunden werden - auf dem Wege der Anthropologie -, dass der Mensch nicht auf die ratio reduziert wird. Dass anerkannt wird - und nicht durch die Religion, sondern durch die Anthropologie -, dass der Mensch stets auch ein transzendierendes Wesen ist, immer wieder Grenzen versetzen muss.


(06-08-2011, 19:21)Romero schrieb: Nie waren Menschen in unserer Gesellschaft sicherer vor Willkür, Mord und Vergewaltigung als heute.


Das Ende des Faschismus ist gerade mal 65 Jahre her. Und heute wirkt er wieder faszinierend. Woran liegt denn das?
Meine Antwort: Weil die Hälfte der menschlichen Veranlagung in unserer Gesellschaft nicht anerkannt wird, verdrängt iwrd. Und Verdrängtes hat die Neigung, irgendwann unartikuliert herauszuplatzen.
Wie sagte jemand kurz nach dem Dritten Reich? Die Firnis unser Zivilisierung ist haucdünn. Sie kann jederzeit reißen. Wir sind die alten Bestien wie früher.

Ich selber glaube, dass der Mensch insofern schöpferisch ist, dass er sich und die Menschheit dahin entwickeln kann, wohin er möchte. Und die Geschichte hat gezeigt: da, wo die Vernunft "sanft" ist - also zu verstehen sucht, wo dem anderen der Schuh drückt - auch Frieden realisiert werden kann.

In dem Moment aber, wo die Vernunft Fehler macht, diktatorisch auftritt, Unartikuliertes nicht dulden will und Dogmen aufstellt statt Verständnis: da wird das Unartikulierte wieder die abstrusesten Formen annehmen.
Gegenbewegungen müssen verstanden und allmählich integriert - nicht bekämpft werden. So seh ich das.


So, Romero. Dafür, dass Du mich dermaßen missverstanden hast, bist Du aber sehr höflich geblieben. Dafür dann auf jeden Fall erst mal danke.

Karla

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Vielleicht habe ich dich wirklich missverstanden. Aber deswegen diskutieren wir hier ja, um uns zu verstehen Icon_wink
Ich gebe dir recht, dass sowohl eine "Verchristlichung" - oder allgemein eine "Verreligiösisierung" - als auch eine "Veratheistisierung" (super Wörter ^^), nicht per se erstrebenswert ist. Ganz einfach darum, weil ich in beidem nicht den möglichen Grund für ein "Besserwerden" des Menschen hinsichtlich Moral, Ethik oder geistiger Erfüllung sehe.

Natürlich ist das Ende des Faschismus gerade mal wenige Jahrzente her, und natürlich gibt es heute Subjekte, die den faszinierend finden. Ich behaupte allerdings, dass wenn die Menschen schon im Mittelalter die technischen und logistischen Möglichkeiten gehabt hätten, Gräuel zu verüben, wie sie vor und während des 2. WK zu sehen waren, wäre dies schon früher geschehen. Ich glaube das ist es, was ich unter der "Hälfte der menschlichen Veranlagung" verstehe, die du angesprochen hast - die leider vorhandene "dunkle Seite" in jedem, die unter gegebenen Umständen und Einflüssen jederzeit hervorbrechen kann.
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