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Religionsverständnis
#1
Religion ist wie alles eine Verständnisfrage.

Das ist wohl das Hauptproblem bei Religion. Gläubige berufen sich alle auf das jeweilige "heilige" Buch. Dieses wird interpretiert und subjektiv ausgelegt. Daher wäre es wohl besser Humanismus statt Religion zu leben. Daraus stellt sich die Frage: Weshalb muß es einen Gott geben, wenn man Humanismus auch ohne ein solches "Wesen" leben kann. Wohl nur um u. a. die Frage nach dem >>wo kommen wir her und wohin werden wir gehen<< scheinbar zu beantworten.

Mich interessiert! Weshalb es aus religiöser Sicht einen nicht beweisbaren Gott geben muß?

Das dieser für Gläubige existiert, schon klar. Weshalb "muß" es ihn geben?

Gruß
Steffen
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#2
Zitat:Mich interessiert! Weshalb es aus religiöser Sicht einen nicht beweisbaren Gott geben muß
Muss es nicht! Gott ist zwar ohne Religion sinn-los, aber Religionen ohne Gott oder Götter gibt es sehr wohl. Paul Tillich definiert Religion als "das, was den Menschen unmittelbar und unbedingt an-geht". In einem solchen weiten Religionsbegriff kommt Gott nicht vor.

Gott in den monotheistischen Religionen ist Urgrund, Sinngeber und Ziel der Welt. Ohne ihn ist der Kosmos (im ursprünglichen Sinne: die Ordnung der Welt) nicht denkbar, unabhängig davon, ob die Welt aus sich heraus erklärbar ist.

Der frühe Humanismus ist aus der Religion entstanden und bildete einen Lebensentwurf in einer religiösen Welt. Er ist nicht zwingend Gott-los. Selbstverständlich kann man Humanismus ohne einen Gott leben. - Meine Frage wäre allerdings: wozu?

Die Frage nach dem woher, wohin und wozu erfährt durch Gott nur dann eine Scheinlösung, wenn ich sie eingrenze (etwa durch eine naturwissenschaftliche Perspektive). Ganzheitlich gesehen bin ich die Person, die ich bin, weil Gott ist.
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#3
Hallo

Meines Wissens kommt auch der Buddhismus ohne Gottesbegriff aus. Gleichwohl lassen sich, so der Dhalai Lama, gewisse Passagen aus buddhistischen Schriften mit der Bergpredigt austauschen, und der Sinn bleibt erhalten (genauer geht's leider nicht - habe das Buch verliehen). - 'Gott' selbst ist - bei Menschen - Bild, Vorstellung.

Auf normativer Ebene ist "besser Humanismus statt Religion" berechtigt. 'Gott' aber ist absolut - Autorität; aber auch (christlich) Liebe: ich kann also die ganze Welt gegen mich haben, Gott ist immer noch für mich. Was aber auch zur Folge hatte (und weiter haben kann), dass in 'Gottes Namen' eben diesem zuwider gehandelt, Verbrechen begangen wurden und können (werden, wenn man annimmt, dass, was geschehen kann, irgendwann auch geschiet). - "Traget nicht SEINEN deines Gottes Namen auf das Wahnhafte ..." - so übersetzen Buber/Rosenzweig dies 'Du sollst den Namen des Herrn deines Gottes nicht mißbrauchen': Eine klare Warnung eigentlich, 'Gott' nicht it eigenen Vorstellungen zu verwechseln oder vermischen ('wähnen' ist umgangssprachlich 'out', in 'erwähnen' noch vorhanden - 'Wahn' bezeichnet heute so'ne Art Irrsinn, aber so weit von 'Wahn' i.S.v. 'wähnen' wohl nicht entfernt).

Auf Religion bezogen: diese kann 'zu Gott führen' - aber auch zu Herrschaftsinstrument degenerieren.
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#4
Hallo Winfried und Dieter,

vielen Dank! Ihr gebt besser Antworten als die Pfarrer unserer Gemeinde Icon_lol Die sind allerdings missionarisch tätig, so jedenfalls mein Eindruck.

Nur eine Frage ergibt sich aufgrund der Antworten. Weshalb soll Humanismus ohne Gott sinnlos sein?

Gruß
Steffen
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#5
Steffen, denk das nächste mal doch bitte daran, dich einzuloggen.
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#6
Alejnu, ja! Icon_lol
___________

So, einfach aus dem Bauch heraus...

Ich habe Religion noch nie verstanden und werde Religion wohl niemals verstehen. Da Religion, warum auch immer, unzählige Menschen bewegt, möchte ich zumindest den Grund dafür verstehen. Religion ist für mich ein unglaublich großes Durcheinander in dem man sich gar nicht zurechtfinden kann. Auf jede Frage die man stellt gibt es 100 verschiedene Antworten und 50 weitere die sich ähnlich sind. Allein die Vorstellung etwas im Leben einen Sinn zu geben das in keinster Weise greifbar ist, grotesk!

Bei zu überprüfender Literatur beispielsweise kann ich systematisch vorgehen. Die Quellen sind greifbar und führen meist zu einem unbestreitbaren Ergebnis. Bei Religion ist dies unmöglich. Wie soll man etwas untermauern können, wenn die Quellen schon fragwürdig und auf Wahrheit nicht überprüfbar sind? Alles ist subjektiv!


Gruß
Steffen
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#7
Hallo

Zitat:Alles ist subjektiv! [Bezug: Religion]

Meine Antwort (An_Sicht) auch! :wink:

Aber erst mal ein anderes Beispiel: selbst in der Wissenschaft - besonders in Grenzbereichen - gibt es sich widersprechende Aussagen und Ergebnisse. Auch in der Naturwissenschaft heißt es WeltBild - über welches dann Konsenz besteht. Außer, eine neue Theorie wird aufgestellt, die zu einem Paradigmawechsel führt (Einsteinsche Relativitätstheorie, Heisenbergsche Unschärferelation). Dann sind die Wirrungen erheblich.

Schon eine Religion, als Lehre verstanden, kann verwirrend sein. Und es gibt mehrere Religionen! :roll: - Aber es gibt dennoch einen Weg, die Verwirrung in Grenzen zu halten: indem ich versuche, die verschiedenen (oder so scheinenden) Aussagen / Ansätze nachzuvollziehen, ohne gleich die Schlüsse zu teilen.

Zitat:Wie soll man etwas untermauern können, wenn die Quellen schon fragwürdig und auf Wahrheit nicht überprüfbar sind?
Stimmt auf der Ebene historischer Wahrheit; oder der Wahrheit einer Presseberichterstattung. Da ist die Quellenlage dürftig. Neuere Forschung hat erbracht, dass historische Schilderungen (im sog. Alten Testament) zutreffender sind als anfangs vermutet. Historie ist aber nur bedingt bis gar nicht Gegenstand von Religion und Glaube. - Verwirrend mag dann wieder sein, dass 'Bücher' im AT mehrere Autoren haben (läßt sich über Stilvergleich herausfinden).

Zur nachfolgenden subjektiven Darstellung folgende Voraussetzung: Ich gehe von der Existenz eines 'Etwas', 'Schöpfungsmacht' aus - ich nenn's 'Gott'. - In diesem Bezug ist 'Wahrheit' nicht die des Historikers / Journalisten: universell gültige Wahrheit - Begreifen von 'Gott' (soweit Menschen möglich); 'erkannt'(?) in Eigenschaften, Gesetzen (i.S.v. Gesetzmäßigkeiten). - Was dann die Geschichten und Schilderungen anbelangt: sie müssen nicht 'wahr' sein im Sinn von 'so passiert': ihre 'Wahrheit' ist die der geschilderten Zusammenhänge - in Bildern, Symbolen; auch in der Form von Märchen, Legenden.

Auf dieser Ebene finde ich ihre 'Wahrheit' auch - in Grenzen - nachprüfbar: durch Erfahrung. Beispiel: da gibt es diesen Ausspruch von Jesus: "Was ihr getan habt dem geringsten meiner Brüder, das habt ihr mir getan!" - im Zusammenhang mit 'jüngstem Gericht'. Letzteres sehe ich quasi als Bühnenbild; Hintergrund, die eigentliche Aussage zu transportieren. Diese ist: alles, was ein Mensch tut, hat Wirkung - und fällt so irgend wann auf ihn selbnst zurück. Leider sehr indirekt, was unmittelbaren Lernerfolg erschwert. - Beispiel aus dem Staßenverkahr: infolge Baustelle einspurige Verkehrsführung, bei der es gerne auch dann zum Stau kommt, wenn dieser durch das Verkehrsaufkommen an sich nicht gerechtfertigt ist. Rechtzeitiges versetzt fahren würde ein zügiges Einscheren erlauben (das Durchlaßmaximum liegt bei ca. 60 km/h).

Die Praxis sieht etwas anders aus: da gibt es immer wieder ein paar 'Schlaumeier', die an der Kolonne vorbei ziehen - um endlich im allerletzten Moment fast im Schritttempo einzuscheren (manchmal kommt's tatsächlich kurzfristig zum Stillstand; zum Rückstau immer). Der Stau, an dem sie vorher vorbei zogen, ist verursacht durch andere, die genau so 'schlau' waren wie sie selber. Der 'Gewinn' sind einige hundert Meter - bei Tempo 60 km/h macht ein Kilometer eine Minute aus - bereits ein Tankaufenthalt oder Toilettengang dauert wesentlich länger! - Ein wahrhafter Wahnsinnszeitgewinn bei einer Fahrtzeit von Stunden! - Der 'Schlaue' also leidet unter seinem eigenem Fehlverhalten, begangen von anderem - aber alle anderen 'leiden' eben auch.

Bis zu diesem Punkt braucht die Erkenntnis von Gesetzen keinen 'Gott' - ebenso wenig, wie Naturgesetze.

Eher schon, was 'Eigenschaften' anbelangt: Allmacht, Gerechtigkeit, Liebe ... Erfahrbar finde ich diese auch - aber um den Preis des sich darauf Einlassens im Vertrauen. - In der Sprache Jesu meint 'Glaube' immer 'Vertrauen'; nicht für_wahr_halten_von (Lehrmeinungen).

Noch eine Rückfrage zu
Zitat:Weshalb soll Humanismus ohne Gott sinnlos sein?
: diese Aussage finde ich nicht; jedenfalls nicht direkt. Aber zur 'Rückfrage': woraus bezieht Humanismus seine Berechtigung?
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#8
Hallo Steffen!

Schade, dass du mit deinen Ortspriestern nicht bessere Erfahrungen gemacht hast! Andererseits freue ich mich, dass wir offenbar gut miteinander reden können ...
Zitat:Nur eine Frage ergibt sich aufgrund der Antworten. Weshalb soll Humanismus ohne Gott sinnlos sein?
Das habe ich so nicht gesagt, sondern: Der frühe Humanismus war nicht Gott-los. In einem Artikel über den Humanismus fand ich:
Zitat:... Aus dieser eingehenden Beschäftigung mit der Literatur der Antike erwuchs das Bedürfnis, den Einzelmenschen (im Sinn der antiken Freiheit, Selbstverantwortlichkeit und Demokratie) aus den festen Gemeinschaftsformen des christlichen Mittelalters herauszulösen und die Persönlichkeit im Sinn der antiken humanitas (Humanität) zu bilden.

Du siehst, es geht um Lebensformen. Die dahinter stehenden Werte wie Freiheit, Verantwortung, Selbstsein, Personalität sind sehr christliche Werte.

Ich kann mir durchaus einen existentialistischen Neu-Humanismus denken. Dadurch werden aber die humanistischen Werte, die 'Humanitas', nicht angetastet. Auch wenn das merkwürdig klingt: das Wertesystem des atheistischen Existentialismus und des Christentums sind sehr ähnlich. Die Unterschiede liegen in der Sicht des Grundes und Sinnes der Welt. (Übrigens gibt es auch einen christlichen Existentialismus...)
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#9
--
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#10
Natürlich macht Humanismus ohne Gott Sinn. Ja ich würde sagen, erst recht Sinn.
Im Humanismus ist der Mensch das Maß aller Dinge, in der Religion ist das immer das jeweilige Gottesbild, zusammengesetzt aus Schrift und persönlicher Spiritualität. Mit Gottesbild meine ich nicht sein Aussehen, sondern sein Wesen, seine Vorlieben (u.a. die Gläubigen) und seine Abneigungen (u.a. die Sünder, wozu auch die Ungläubigen gehören).
Die Schriften bestimmen dann das Menschenbild.
Wer an den Schriften zweifelt, gerät lt. Schrift in die Fänge des Teufels oder erwirbt keine Erleuchtung (Buddhismus).

Gibt es Gott ohne Religion ?
Aber selbstverständlich !

Lebe deine Spiritualität, nimm als Maß den Humanismus.
Hab Geduld - vielleicht tut sich der Himmel auf.

Lhiannon
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#11
Hallo!

Vielen Dank für eure ausführlichen Antworten!

Aufgrund vieler Unterhaltungen, eurer Sichtweisen und vielen gelesenen Seiten kam ich zu folgendem Ergebnis.

Kurzfassung:

Religion ist für viele Menschen eine Lebenshilfe. Eine Lebenshilfe die Menschen helfen kann ihr Leben zu gestalten. Religion kann Menschen helfen das Leben in die Hand zu nehmen. In schwierigen Lebenssituationen kann Religion den Halt und die Kraft die man für die Zukunft braucht geben. Viele Menschen brauchen einfach einen Gott in den sie vertrauen können. Brauchen einen Gott in dem sie einen Sinn für das Leben sehen und erkennen können. Um der Einsamkeit ein Ende zu bereiten oder um den Verlust der Familienangehörigen und Freunde überwinden zu können. Indem sie auf ein Wiedersehen an einem durch und durch harmonischen Ort glauben, usw.

Diese Art der Lebensgestaltung würde mich fesseln und mir den Freiraum den ich für meine Lebensgestaltung brauche wie die Luft zum atmen nehmen. Ich brauche die Vergänglichkeit des Lebens und die Sicherheit eines endgültigen Endes um mir der Besonderheit des individuellen Lebens bewusst zu sein. Wonach soll der Mensch ewig streben?

Viele Grüße
Steffen
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#12
Wonach soll der Mensch streben ?

Er soll sich im Rahmen seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten (jenseits dieses Rahmens geht es logischerweise nicht) entwickeln. Und das Leben genießen.

Wie mir eine befreundete Atheistin sagte: Ich habe, wenn alles gut geht, 80 Jahre. Ich will es genießen. Ich baue mir etwas auf - nur für mich und meine Familie. Geht es mir gut, lasse ich andere daran teilhaben. Wenn nicht, brauche ich ihre Hilfe. Heute zählt, nicht gestern und nicht morgen.

Wer zum Leben Gott oder das Göttliche braucht. OK.
Wenn nicht, auch OK.

Lhiannon
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#13
...ewig streben!


Gruß
Steffen
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#14
Was meinst du mit EWIG.

Das "Streben", das nach dem Tod weitergeht ?
Oder das "Streben" nach einem Übergeordnetem, ewigem Ziel ?

Lhiannon
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#15
Meinetwegen beides :?

Gruß
Steffen
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