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Weltethos
#1
Im Religionsunterricht haben wir leider nur kurz das Thema 'Projekt Weltethos' behandelt. Da mich das interessiert, habe ich mich mal ein wenig eingehender mit diesem Thema beschäftigt.

Kurze Def.: Den Grundforderungen aufzustellen, welche von allen akzeptiert werden. Der Initiator des Projekts ist der katholische Theologe Hans Küng.

Die Kernaussage von Herrn Küng lautet "Kein Friede zwischen den Nationen ohne Friede zwischen den Religionen".

Grundsätzlich finde ich, dass dies ist eine gute Sache. Es ist ein Schritt der Annährug, weil man gemeisam versucht einen Weltethos zu schaffen. Natürlich macht das nur Sinn, wenn der Dialog zwischen den Religionen auf Augenhöhe stattfindet. Das ist eine Frage des gegenseitigen Respekts. Durch das gemeinsam geschaffene "Regelwerk" wird Menschen verschiedenster Religionen auch gezeigt, dass es Ähnlichkeiten, also gemeisame Werte, gibt.

Wird damit nicht quasi eine Einheitsreligion gebildet, wenn sich alle nach diesen Regeln richten? Gehen traditionelle Werte einer Religion verloren? Macht es Sinn ein Weltethos zu schaffen, wenn nicht alle, sondern nur die Weltreligionen, beteiligt sind? Ist sowas respektlos gegenüber anderen Glaubensrichtungen? Ist es überhaupt möglich, gerade in der heutigen Zeit wo viele "zu ihren Kulturen zurückkehren", einen Weltethos zu schaffen?

Mich würde mal interessieren was andere zu diesem Thema sagen. Vielleicht lassen sich auch einige meiner Fragen und Gedanken beantworten. Ich würde mich freuen, wenn ihr Stellung bezieht und mir hilft das alles besser zu verstehen.

Vielen Dank!
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#2
Hallo Luckybird und willkommen im Forum,

leider kenne ich den Herrn Küng nicht.
Einen Weltethos zu begründen ist eine schwierige, wenn nicht unmögliche Sache. Du selbst sprichst hierbei schon die Vielfältigkeit der Religionen an, wobei ich denke dass sich die meisten Religionen in den grundlegensten Sachen (nicht töten, Achtung vor dem Nächsten etc.) durchaus einigen könnten. Doch dann fangen die Probleme schon an: Die eine Religion ist toleranter, die andere weniger (die eine akzeptiert vieleicht Homosexualität, die andere nicht als Beispiel).
Traditionen müssten mMn. keineswegs aufgeben werden, und sei es nur sie als Tradition und Glaubensbekenntnis zu pflegen, ohne eine Höherstellung der eigenen Religion über eine andere.

Ich sehe die Probleme eher in einer ganz anderen Richtung: Einen Weltethos zu schaffen, nach dem sich alle Menschen richten sollen, hätte auch starke wirtschaftliche Konsequenzen. Die reichen Industrienationen müssten wesentlich mehr Zugeständnisse an die ärmeren Länder machen und auf Wesentliches ihrer Lebensweise (zu mindest in diesem Ausmaß) verzichten (würde man wirklich jedem menschen diese neuen Rechte zugestehen). Theoretisch müsst nahezu jeder sein eigenes Konsumverhalten überprüfen und wohl auch ändern.
Verzicht aber ist etwas, dass die wenigstens Menschen wollen.

Gibt bestimmt noch vieles andere zu berücksichtigen.
Nur ist mir das als erstes spontan eingefallen...
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#3
(22-11-2011, 13:39)LuckyBird schrieb: Wird damit nicht quasi eine Einheitsreligion gebildet, wenn sich alle nach diesen Regeln richten?

nein. ich sehe z.b. nicht, warum nicht alle religionen sich - siehe anderer thread - den menschenrechten verpflichtet fühlen sollten oder könnten. klar müßten dann manche "traditionen" aufgegeben werden (und wären viele davon nicht berührt), aber warum nicht? eine musealisierte religion, die sich nicht entwickelt, ist tot

was ich aber nicht verstehe, ist, warum dieses "weltethos" nur zwischen religionen augehandelt werden sollte )und damit ja auch nur für religionsangehörige "verpflichtend" wäre). sollten in sachen "weltethos" nicht alle mitreden und zu einem konsens kommen dürfen, dem sich dann alle unterstellen können?

scheint mir nicht weniger utopisch als ein religionskonsens zu einem "weltethos"
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#4
Zunächst sei auf die diversen Erklärungen und Erläuterungen der Stiftung Weltethos (Link: *http://www.weltethos.org/) verwiesen. Es ist eben gerade keine Einheitsreligion angestrebt, sondern der gemeinsame, ethische Nenner vieler, möglichst aller Religionen und des atheistischen Humanismus gesucht (habe ich aus dem Vortrag eines Stiftungsmitglieds hier im Gemeindezentrum). Ich zitiere mal aus "Was ist Weltethos?"

Zitat:Dafür braucht es:
  • Dialog der Religionen und Kulturen, besonders das Wissen um Gemeinsamkeiten im Ethos.
  • Kulturübergreifende Werteerziehung. Schon Kinder müssen lernen, dass friedliches Zusammenleben auf allen Ebenen vom Einhalten elementarer Regeln abhängt. Keine Gesellschaft kann ohne ein verbindendes Wertefundament funktionieren.
  • Ethische und interkulturelle Kompetenz in Wirtschaftsunternehmen. Akteure im internationalen Wettbewerb sind mehr denn je auf kulturübergreifende Normen angewiesen.
  • In Recht und Ethos verankerte internationale Politik: statt militärischer Konfrontation, Kooperation, Integration.

Das Weltethos-Programm geht zurück auf den in Tübingen wirkenden Schweizer Theologen Prof. Hans Küng und sein Buch »Projekt Weltethos« (1990).
»Kein Friede zwischen den Nationen ohne Friede zwischen den Religionen« – dieser Satz bildet die Leitidee von Hans Küngs Arbeit.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#5
(22-11-2011, 22:36)petronius schrieb: was ich aber nicht verstehe, ist, warum dieses "weltethos" nur zwischen religionen augehandelt werden sollte )und damit ja auch nur für religionsangehörige "verpflichtend" wäre). sollten in sachen "weltethos" nicht alle mitreden und zu einem konsens kommen dürfen, dem sich dann alle unterstellen können?
Mitreden sollen "alle Kulturen"! Dabei ist seitens Hans Küng und der Stiftung auch ausdrücklich der Atheismus gemeint.

Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#6
(22-11-2011, 15:41)Gundi schrieb: Ich sehe die Probleme eher in einer ganz anderen Richtung: Einen Weltethos zu schaffen, nach dem sich alle Menschen richten sollen, hätte auch starke wirtschaftliche Konsequenzen. Die reichen Industrienationen müssten wesentlich mehr Zugeständnisse an die ärmeren Länder machen und auf Wesentliches ihrer Lebensweise (zu mindest in diesem Ausmaß) verzichten ...
Tja, wenn man mal die Denkschriften unter dem Titel "Globalisierung" der großen Kirchen lesen und ernst nehmen würde, dann wüsste man, dass das "alte Hüte" sind, Forderungen, die von religiöser Seite ständig erhoben und in Kirchengemeinden und von deren Mitgliedern auch gelebt werden. Es sind halt nur zu wenige.

Das Problem ist eine Struktur (namens Weltwirtschaft), welche sich am Profit und ausschließlich daran (!) orientiert. Der Profit ist nämlich bislang der einzige gemeinsame Nenner im Welthandel. Dass wir dabei unseren verschwenderischen Lebensstil nicht beibehalten können, ist Insidern längst bekannt. Nur stellt sich kein/e Politiker/in vors Volk und predigt offen Verzicht. Er oder sie möchte ja wiedergewählt werden. Was die Griechen jetzt erleben, ist das, was uns in wenigen Jahren erwartet.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#7
(23-11-2011, 00:17)Ekkard schrieb: Mitreden sollen "alle Kulturen"! Dabei ist seitens Hans Küng und der Stiftung auch ausdrücklich der Atheismus gemeint.

aber auch das ist doch letztlich unfug. es gibt keinen "atheismus" als kultur bzw. gottlose form der religion. warum man "weltethos" an religiösen strukturen aufhängen oder in diesen diskutieren sollte, erschließt sich mir nicht

miteinander reden und sich einig werden müßten menschen, nicht ismen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#8
Korrekt, deswegen wird ja auch nur "Kulturen" gesagt. Unser Vortragsredner hat dies lediglich so erläutert, wie ich dies auch versucht hatte.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#9
Konflikte entstehen zu einem großen Teil aus einer religiösen Hybris, sozial-gesellschaftlicher Spannungen, einseitig ökonomischen Interessen und so fort. Verschiedene Kulturen (Religionsgemeinschaften) waren durchaus imstande friedlich und in einem Miteinander zusammen zu leben. Die Frage nach der oder den Ursachen ist wichtig, sowie deren Behebung. Doch ein (friedliches) Übereinkommen ist in manchen Fällen gar nicht gewünscht, wenn die Eigeninteressen, die Ideologien und Machtansprüche dem konträr gegenüber stehen.
Wie eine Initiative wie "Weltethos" eine Grundlage für einen weitreichenden Dialog bieten könnte, erscheint vorerst eher - um es vorsichtig auszudrücken - vage. Dennoch, wer kann schon wissen, wie sich entgegen und bar jeder Aussicht auf Erfolg, nicht doch etwas zum Guten hin bewegt.
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#10
Der Weg ist hier das Ziel: Reden statt schießen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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