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Johanna (Päpstin)
#1
Der ↗Legende nach war Johanna in Mainz geboren worden, ihre Eltern, wurde erzählt, stammten aus England. In jungen Jahren soll sie mit Hilfe eines ↗Mönchs, ihres Liebhabers, nach ↗Athen gekommen sein und dort eine hervorragende Ausbildung genossen haben. Schon damals trat sie in Männerkleidung auf. Später kam sie nach ↗Rom und nahm in männlicher Rolle unter dem Namen Johannes Angelicus ihre Lehrtätigkeit auf. Wegen ihrer außerordentlichen Gelehrsamkeit soll sie nach dem Tod ↗Leos IV. zum Papst erhoben worden sein und das Amt über 2 Jahre und sieben Monate ausgeübt haben. Sie wurde geschwängert, kam während einer Prozession zum Lateran nieder und verstarb.

Erstmals wurde die Existenz einer Päpstin von Jean de Mailly (Metzer Weltchronik, 1250) behauptet, ohne dieser einen Namen zu geben bzw. ihr eine genauere Herrschaftszeit zuzuordnen (vor 1100 heißt es).

Martin von Troppau ( 1278), ↗Dominikaner, Universalhistoriker und Verfasser einer Papst-Kaiser-Chronik (entstanden 1272-1277), vermerkte in dieser eine Päpstin Johanna und reihte sie nach Leo IV. (10.4.847-17.7.855) und vor ↗Benedikt  III. (29.9.855-17.4.858) ein.

Von Martin von Troppau wurde der Beginn des Pontifikats der Johanna (als Johannes Angelicus aus Mainz) für das Jahr 855 vermerkt. Die Dauer des Pontifikats soll 2 Jahre, 7 Monate und 4 Tage betragen haben. Da zwischen den Pontifikaten von Leo IV. und Benedikt III. eine Sedisvakanz von lediglich 73 Tagen bestanden hatte, ist ein Pontifikat im berichteten Zeitausmaß für Johanna nicht möglich.

Die Geschichte, die bis in die ↗Neuzeit für historisch gehalten wurde, ist im 19. Jh (Ignaz v. Döllinger, Die Papstfabeln des ↗Mittelalters) widerlegt worden.

Der Stoff wurde vielfach aufgegriffen. Der erste, der die Päpstin-Johanna-Geschichte literarisch bearbeitet hatte, war wohl ↗Boccaccio gewesen (in: De mulieribus claris: De Iohanna anglica papa).

Eine frühe dramatische Verarbeitung des Stoffs stammt von Dietrich Schernberg: Er schrieb 1480 als geistliches Versdrama, Spiel von Frau Jutten, ein religiöses Lehrstück vom Mädchen Jutta, das mit Hilfe des ↗Teufels den Doktorgrad erwirbt und zur Papstwürde aufsteigt. Als der Teufel Weiblichkeit und Schwangerschaft der Päpstin verrät und die Schandtat durch die Geburt des Kindes offenbar wird und Jutta stirbt, wird sie durch Fürbitte ↗Marias und die göttliche Gnade von der Höllenstrafe bewahrt und gerettet.

Weitere berühmte Bearbeiter des Stoffes waren u.a. Hans Sachs, Johann Christoph Gottsched und Achim von Arnim.

Ein Roman über die Päpstin Johanna erschien 1866 von Emmanuil Roidis, einem Griechen. Von diesem Roman gibt eine deutsche Übersetzung aus dem Jahr 1985.

Die jüngsten Bearbeitungen des Stoffs stammen von Sara Maitland (Die Träume der Päpstin Johanna, 1985) und von Donna Woolfolk Cross (Die Päpstin, 1996).


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MfG B.
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