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Wie funktioniert Vergebung durch Jesus?
#1
Question 
Hallo, ich frage mich schon seit langem, wie genau die Vergebung der Sünden durch Jesus funktioniert.

Wenn ich mich mit jemand verkrache, so war das eine schlechte Tat. Falls es sowas gäbe wie ein Sündenkonto, kann ich jetzt etwas gutes tun um wieder in den grünen Bereich zu kommen, z.B. einem Bettler 10 Euro schenken. Gäbe es ein Sündenkonto, würde die gute Tat die schlechte auf heben. Leider ist in der Praxis damit aber meiner Beziehung mit der Person mit der mich verkracht habe nicht geholfen. Ich habe zwar etwas gutes getan, aber etwas ganz anderes als das nötige und es besteht immer noch Sünde zwischen mir und der Person mit der ich mich verkracht habe.

Ein Sündenkonto allein ist praktisch nutzlos um eine Beziehung wieder heil und ganz zu machen, sofern die gute Tat nichts mit der schlechten zu tun hat. Eine passende gute Tat wäre vielleicht, der Person mit der ich mich verkracht habe einen Strauß Blumen zu schicken mit einer Versöhnungsbotschaft, von mir unterzeichnet.

Jetzt die große Frage: wie hebt das Opfer Jesus die Sünden der Welt wieder auf? Wie genau passt diese gute Tat zu den schlechten der Menschen? Wie wird damit was wieder gut gemacht? Ist das Opfer Jesus wie ein Gegengewicht auf einer Waage zu verstehen oder wie genau versöhnt es den Menschen ganz persönlich wieder mit einem anderen Menschen oder gar mit Gott?

Andreas
mobilis in mobili
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#2
(28-12-2012, 23:22)ags schrieb: Hallo, ich frage mich schon seit langem, wie genau die Vergebung der Sünden durch Jesus funktioniert

soweit ich verstanden habe: indem er das einfach tut
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#3
So, wie ich das NT verstehe, ist Sündenvergebung überwiegend eine Sache der Versöhnung zwischen Menschen. Ohne Versöhnung keine Vergebung! Hier unterscheiden sich auch römisch-katholische Christen von Protestanten. Die (r. k.) Absolution wird im Voraus erteilt mit Blick auf die zu erwartende "tätige Reue". Im Protestantismus haben der Schädiger (Beleidiger, Täter, ...) die Pflicht zur Buße, und die kann nur aufrichtig sein, wenn quasi ein Täter-Opfer-Ausgleich voraus geht. Es gilt das Jesuswort, dass demjenigen die Sünden vergeben sind, dem sie auf
Erden vergeben wurden.
Der Schacher um ein "Sündenkonto" ist m. E. eine Perversion der Vergebungslehre.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#4
Ich verstehe das nach den Evangelien so, dass Gott (oder Jesus) die Sünden vergibt, wenn der Sünder sie ehrlich bereut. Eine Vergebung durch den Geschädigten (wie in diesem Fall der Person, mit der du Streit hattest) ist dafür nicht unbedingt erforderlich. Dieses gilt wohl hauptsächlich dann, wenn eine Versöhnung mit dem Gegner nicht möglich ist.

Ansonsten soll man wohl erst versuchen, sich mit dem Gegner selbst wieder zu vertragen; dann fiele die Vergebung durch Gott weg, weil da ja nichts mehr wäre, was Gott (anstelle des Betroffenen) vergeben müsste, die Sache also mit der Versöhnung erledigt wäre. Und dass man selbst vergeben soll, wenn sich der andere entschuldigt, gehört natürlich auch dazu und wird auch ausdrücklich von Jesus so gesagt.

Also so wie ich es verstanden habe:
1. Stufe: Versuch der Versöhnung mit dem menschlichen Streitpartner.
2. Stufe: Wenn das nicht geht oder erfolglos war: Bitte um Vergebung bei Gott, wobei ehrliche Reue vorausgesetzt werden muss

Alternativ kann wohl auch die Zuneigung von nicht-betroffene Personen zum "Sünder" auch zu einer Vergebung führen, worauf zwei Stellen in den Evangelien hinweisen:
a) das Gleichnis vom untreuen Verwalter, der sich durch Streichen von Schulden die Zuneigung der Gläubiger seines Herrn sichert, was dieser (obwohl es sein Geld ist, um das es geht) positiv bemerkt
b) die Stelle, wo Jesus einem Gelähmten die Sünden vergibt, weil der Glaube von dessen Freunden (nicht sein eigener!) so groß war, dass sie sehr viele Anstrengungen auf sich nahmen, um ihn zu Jesus zur Heilung zu bringen


Was Jesu Tod mit der Sündenvergebung zu tun haben soll, konnte ich noch nie nachvollziehen. Er hat ja auch schon Sünden vergeben, als er noch nicht gekreuzigt war.
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#5
Zitat:Es gilt das Jesuswort, dass demjenigen die Sünden vergeben sind, dem sie auf Erden vergeben wurden.

Wie genau funktioniert der Part von Jesus hierbei. Wenn ich mich mit jemand versöhne und ihm vergebe, sei es durch Aussprache, eine kleine Aufmerksamkeit oder ein Zugeständnis oder sonst durch irgendetwas, ist klar, wie die schlechte Tat und die Gute Tat zusammen passen.

Anders aber bei der Vergebung der Sünden durch Jesus am Kreuz. Wie passt diese gute Tat mit der Sünde eines Menschen zusammen. Es sieht so aus als wäre diese gute Tat ein Joker, den man immer ein setzen kann. Es entzieht sich meiner Erkenntnis, wie das funktionieren soll, z.B. schon allein psychologisch ist es fragwürdig.

Ich sehe allerdings, dass ein Gebet eine Aussprache mit Gott sein kann. Doch wie habe ich mich mit Gott verkracht wenn ich einen Streit mit einem Menschen hatte? Ist es möglich mit Gott zu streiten? Jesus sagt, was ihr jemandem getan habt, das habt ihr mir getan. Ist es wirklich so einfach? Ok, das Gebet kann einen mit Gott aus söhnen. Aber wozu braucht es dann noch den Tod von Jesus am Kreuz?

Wie genau kann Gott eine zwischenmenschliche Angelegenheit wieder gut machen und welche Funktion hat der Kreuztod Jesus dabei?

Andreas
mobilis in mobili
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#6
Die Wiedergutmachung durch Gott betrifft wohl eher das Gewissen des Betreffenden. Das soll beruhigt werden. Auf die Gedanken und Gefühle des Geschädigten hat es natürlich keine Auswirkungen. Es könnte also theoretisch sein, dass dein ehemaliger Freund dich aufgrund des Konflikts hasst, obwohl Gott dir vergeben hat.

Mit Gott "verkrachst" du dich durch Streit mit einem Menschen (wenn überhaupt), weil Gott (wenn es so ist, wie ich vermute) mit einem Geschädigten mitfühlt und deshalb quasi mit-beleidigt ist. Wenn der Mitmensch sich wieder mit dir versöhnt, die Sache also für ihn erledigt ist, betrifft das dann automatisch auch Gott (mit). Würdest du dich gern versöhnen, der Streitgegner aber nicht (bzw. ist es unmöglich, zum Beispiel, weil er gestorben ist), bereust du aber deine Tat, so sorgt dein schlechtes Gewissen (ob im Gebet oder Beichte ausgesprochen oder nicht) dafür, dass der dazugehörige beleidigte Teil Gottes trotzdem ausgesöhnt wird. Demnach führt Reue also automatisch zur Vergebung durch Gott - unabhängig davon, ob der menschliche Gegenpart zur Versöhnung bereit ist.
Ich hoffe, ich habe das nicht zu kompliziert ausgedrückt, aber so ähnlich stelle ich mir das vor.

Den "Sühnetod" am Kreuz halte ich für eine Fehl-Interpretation der ersten Christen. Dass Gott irgendjemanden, und sei es einen Unschuldigen, leiden lassen müsste, um seinen Zorn über etwaige Sünden herabzukühlen, spricht weder für Weisheit, noch für Liebe. Möglicherweise war das in der Antike eine normale Vorstellung, wo ja auch Tier-Opfer gebracht wurden, um irgendwelche erbosten Götter zu besänftigen. Ein guter und weiser Gott sollte so etwas Brutales nicht nötig haben.

Deine Joker-Theorie (die ich so verstehe, dass man sich sagen könnte: Jesus ist für meine Sünden gestorben, also kann ich jetzt machen, wozu ich Lust habe) ist mit Sicherheit falsch!
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#7
(29-12-2012, 16:35)ags schrieb: Anders aber bei der Vergebung der Sünden durch Jesus am Kreuz. Wie passt diese gute Tat mit der Sünde eines Menschen zusammen. Es sieht so aus als wäre diese gute Tat ein Joker, den man immer ein setzen kann. Es entzieht sich meiner Erkenntnis, wie das funktionieren soll, z.B. schon allein psychologisch ist es fragwürdig.
Ich bin ein Gegner der "Sühnopfertheologie". Ich halte diese für eine Gemeindebildung nach der Kreuzigung, um Letztere theologisch zu verarbeiten. Es gibt bei Jesaja die so genannten Gottesknechtslieder. Der schuldlose Gottesknecht übernimmt darin stellvertretend die Grausamkeiten seiner Mitmenschen, damit diese vor Gott (und der Gemeinde) "kultisch rein" ihr Leben quasi neu beginnen können. Diese Konstruktion ist eine typisch jüdische Auffassung kultisch bedingter Beseitigung von Schuld (durch ein Opfer im Sinne von engl. "sacrifice" - nicht "victim"). Ich glaube, dass niemand versteht, wie das funktionieren soll; es sei denn man glaubt den jüdischen Opfer-Ritualen.

(29-12-2012, 16:35)ags schrieb: Ich sehe allerdings, dass ein Gebet eine Aussprache mit Gott sein kann. Doch wie habe ich mich mit Gott verkracht wenn ich einen Streit mit einem Menschen hatte?
Es muss kein Streit sein. Es kann sich um Unachtsamkeiten, Vorteilsnahme, Zurückweisung, Mobbing, natürlich auch Totschlag und Mord sein. Wenn ich der Argumentation von Hans Küng ("Jesus") folge, dann ist Gottes Wille identisch mit dem Streben zum Wohl aller Menschen. Jede Sünde ist damit zugleich ein Verstoß gegen den Willen Gottes, ja, eine Entfremdung von ihm.

(29-12-2012, 16:35)ags schrieb: Ist es möglich mit Gott zu streiten? Jesus sagt, was ihr jemandem getan habt, das habt ihr mir getan. Ist es wirklich so einfach?
Einmal ist es nach jüdischer Auffassung möglich, mit Gott zu hadern und zu streiten. Zum Anderen kann man sich durch Gedanken, Worte und Werke auch von Gott entfernen - und damit aus der Gemeinschaft der Gläubigen (was bis in die Neuzeit hinein die eigene Existenz kostete oder kosten konnte).

(29-12-2012, 16:35)ags schrieb: Wie genau kann Gott eine zwischenmenschliche Angelegenheit wieder gut machen und welche Funktion hat der Kreuztod Jesus dabei?
Hier spielt wohl der Glaube die wesentliche Rolle. Wir reden ja über individuell unüberwindbare (kultisch gefährliche) Schuld, die ein Leben in der Gemeinde unmöglich macht, oder das Gewissen derart belastet, dass ein Aufatmen nicht mehr möglich ist. Es gehört zu den römisch-kirchlichen Eigenarten, dass jedes Kinkerlitzchen als Sünde behandelt wird (ganz extrem z. Z. der Reformation). Man muss den ganzen Prozess der Schuldvergebung im Auge behalten: Meine Schuld, mein Fehlverhalten bedrückt mich und mein Leben. Es gibt Dinge, die man nicht mehr gut machen kann. In diesen Fällen gehört eine juristische wie gemeindliche Aufarbeitung zum Prozess, in dem auch eine Sühne vereinbart werden kann. Die Gemeinde kann nach Ableistung der Sühne das gestrauchelte Gemeindeglied wieder zum Kult zulassen. Damit wäre dann die Schuld vergeben.
Der Kreuzestod Jesu hat damit eher nichts zu tun (s. o.) - bestenfalls so viel, dass die grundsätzlich Möglichkeit besteht, vor dem Ewigen wieder (kultisch) rein werden zu können, wenn die Gemeinde oder ihr Vertreter zustimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#8
Lelinda, ich stimme deinen Ausführungen größtenteils zu.
(29-12-2012, 21:12)Lelinda schrieb: Das soll beruhigt werden.
Das glaube ich in dieser Einfachheit nicht. Siehe dazu meine voraus gehenden Ausführungen.

(29-12-2012, 21:12)Lelinda schrieb: Deine Joker-Theorie (die ich so verstehe, dass man sich sagen könnte: Jesus ist für meine Sünden gestorben, also kann ich jetzt machen, wozu ich Lust habe) ist mit Sicherheit falsch!
So ist's!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#9
Danke für die ausführliche Anteilnahme an meinen Fragen. Steht denn in der Bibel irgendwo, dass Jesus am Kreuz für die Sünden der Menschen gestorben ist? Wenn nicht, worauf gründet sich die Sühneopfertheologie? Ich denke mal, dass es nicht Jesaja ist.
mobilis in mobili
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#10
Zitat:Deine Joker-Theorie (die ich so verstehe, dass man sich sagen könnte: Jesus ist für meine Sünden gestorben, also kann ich jetzt machen, wozu ich Lust habe) ist mit Sicherheit falsch!

Es wird gesagt, dass wer dieses Opfer Jesus an nimmt, nicht mehr sündigt, weil er dann in Jesus neu geboren ist. Der Joker wird quasi nur einmal ausgespielt und dann ist alles in Butter und man hat das ewige Leben.

Ich verstehe nicht, wie das funktionieren kann.
mobilis in mobili
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#11
(29-12-2012, 21:49)ags schrieb: Steht denn in der Bibel irgendwo, dass Jesus am Kreuz für die Sünden der Menschen gestorben ist?
So viel ich weiß, steht dieser Passus öfters in den Briefen z. B. des Paulus an die Galater 1, 4: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus,der sich selbst für unsre Sünden dahin gegeben hat, dass er uns errette von dieser gegenwärtigen, bösen Welt nach dem Willen Gottes, unseres Vaters …
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#12
Zitat:So viel ich weiß, steht dieser Passus öfters in den Briefen z. B. des Paulus an die Galater 1, 4: ...

Und dieses ist unwahr?
mobilis in mobili
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#13
Zitat:Deine Joker-Theorie (die ich so verstehe, dass man sich sagen könnte: Jesus ist für meine Sünden gestorben, also kann ich jetzt machen, wozu ich Lust habe) ist mit Sicherheit falsch!
(29-12-2012, 21:58)ags schrieb: Es wird gesagt, dass wer dieses Opfer Jesus an nimmt, nicht mehr sündigt, weil er dann in Jesus neu geboren ist. Der Joker wird quasi nur einmal ausgespielt und dann ist alles in Butter und man hat das ewige Leben.

Ich verstehe nicht, wie das funktionieren kann.
Das ist ja auch nicht so. Der Kreuzestod eröffnet bestenfalls die Möglichkeit sich kultisch wieder in die Gemeinde einzufügen. Die konkreten Schritte (der Prozess der Versöhnung zunächst mit den Menschen) müssen zuvor gegangen werden!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#14
(29-12-2012, 22:13)ags schrieb:
Zitat:So viel ich weiß, steht dieser Passus öfters in den Briefen z. B. des Paulus an die Galater 1, 4: ...

Und dieses ist unwahr?
Da hast du mich missverstanden! Ich teile diese Auffassung nicht, nicht ohne Vorbehalte oder nur vorbehaltlich besserer Erkenntnisse. (Ich verstehe die Sühnopfertheologie wahrscheinlich genau so wenig wie du.)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#15
Zitat:Der Kreuzestod eröffnet bestenfalls die Möglichkeit sich kultisch wieder in die Gemeinde einzufügen.

Wie tut er das?
mobilis in mobili
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