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Null und das Indisch-Arabische Zahlensystem
#1
Wo der Null-Begriff seinen Ursprung hatte, ist bis heute nicht restlos geklärt. Gesichert ist, dass schon die babylonische Mathematik die Null im Inneren einer Zahl als wertgebendes Element gekannt hatte, in der Endposition wurde sie von den ↗Babyloniern noch nicht verwendet.

Bei Claudius ↗Ptolemäus, der im 2. Jh nC in Alexandrien wirkte, lässt sich die Null bereits als Teil eines Positionssystems nachweisen1. Das Wissen über den Wert der Null in einer Ziffernreihe gelangte zu den ↗Aramäern und über diese nach Indien, wo es von den dort wirkenden Mathematikern weiterentwickelt wurde.

Möglicherweise haben die Maya die Null in der Endposition schon ein paar Jahrhunderte früher erfunden und in ihrem Zwanzigersystem angewandt. Das Zeichen für Null war bei den Maya eine leere Muschelschale gewesen2.

In Folge des intensiven Kulturaustauschs, der von den ↗Arabern im 8. Jh mit den umgebenden Völkern gepflegt wurde, wurde von diesen das indische Zahlensystem samt Null-Begriff übernommen und somit zum arabischen Wissensgut. Durch den arabischen Mathematiker und Astronomen Al-Hwarizmi (780-850) wurde dieses System ausführlich beschrieben und weiterentwickelt.

Die arabische Mathematik gewann durch gesonderte Ausweisung der Null in der Dezimalposition und der damit praktischen Wiedergabe großer Zahlenwerte, verbundenen mit der Entwicklung vereinfachter Rechentechniken, einen erheblichen Vorsprung in allen von der Mathematik abhängigen Wissenschaften.

In Europa beginnt sich das indisch-arabische Zahlensystem erst um etwa 1000 nC auszubreiten. Maßgeblich beteiligt waren in diesem Zusammenhang das muslimisch-jüdisch-christliche Zusammenleben in Spanien und die jüdischen Übersetzerschulen in Toledo. Auch Papst ↗Silvester II. (999-1003), als Gerbert von Aurillac (945-1003) einer der führenden Gelehrten seiner Zeit, förderte die Akzeptanz des von den Muslimen kommenden und für manche Kreise schon alleine deshalb suspekten Zahlensystems.

Gegen Ende des 13. Jhs war die Verwendung des indisch-arabischen Zahlensystems bei den Handeltreibenden in Europa üblich. Widerstände gab es in Italien. Noch 1299 wurde beispielsweise in Florenz ein Gesetz erlassen, das die Verwendung indisch-arabischer Zahlen verbot. In den Kontobüchern der Medici finden sich indisch-arabische Zahlen erst ab 1494.

Vollständig durchgesetzt hatte sich das indisch-arabische Zahlensystem in Europa erst Ende des 16., Anfang des 17. Jhs.


Die altindische Bezeichnung für die Null "sunya" übersetzten die Araber mit "sifr", woraus die Bezeichnungen "cifra" (Italienisch, Spanisch, Portugiesisch), "cifre" (Französisch), "cipher" (Englisch) und schließlich auch "Ziffer" im Deutschen für Zahlenzeichen abgeleitet wurden.

Die Bezeichnung "Null" wurde aus der lateinischen (nullus) bzw. italienischen Kurzbezeichnung "nulla" für "nulla figura" (kein Zeichen, Nichts) abgeleitet und übernommen.

Auch die Bezeichnung "Chiffre" (Geheimzeichen, verschlüsseltes Zeichen) ist eine Ableitung des arabischen Wortes "sifr".


1) Erwähnt in: H. Haarmann, Weltgeschichte der Zahlen (2008), Verl. Beck. S. 112.

2) Erwähnt in: F. C. Endres/A. Schimmel, Das Mysterium der Zahl, Zahlensymbolik im Kulturvergleich (1984), Verl. H. Hugendubel, S. 20.



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MfG B.
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