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Führt Moral zur Religion?
(25-07-2013, 23:50)Harpya schrieb: Zum Einen weil im Koran oft genug steht, das Allah ja doch macht was er will.

Das ist zwar richtig, denn wir kontrollieren das Universum (und was man sich noch mehr denken kann) nicht, sondern sind ihm ausgesetzt, aber darauf wollte ich nicht hinaus.
Ich meinte, dass man sich nicht auf ein "aber da steht doch, aber der hat doch gesagt..." berufen kann, sondern seine eigene moralische Haltung leben muss und danach gemessen wird.

(25-07-2013, 23:50)Harpya schrieb: Zum Anderen weil im Koran schon bei der Anfangsbegründung
Moral ausgeschlossen wird.
Nicht als Vorschlag sondern als Befehl.

Was meinst du damit?

(25-07-2013, 23:00)Harpya schrieb: Ideelles ist per se erstmal wertfrei, nach meiner Auffassung

Das ist richtig, nur passen deine Vergleichsbegriffe nicht ganz, denn Ideale "lebt" man ja, wenn man sie verinnerlicht hat.
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(25-07-2013, 14:17)Bion schrieb:
(25-07-2013, 10:01)petronius schrieb:
(25-07-2013, 00:46)Bion schrieb: So unmodern sind seine "private Gedanken" doch gar nicht:

Kant hat in nicht wenigen Texten seines Nachlasses Gott als "hypothetisches Wesen", ..., etc. bezeichnet.

naja, ich find das nicht so furchtbar modern, sich selbst eine solche autorität vorsetzen zu müssen.

Modern insofern, als seine Definition des Göttlichen ungefähr das ist, was aufgeklärte Theologen heute (protestantische mehr, katholische weniger) ungestraft an Universitäten vertreten dürfen.

Was Kant betrifft, waren ihm jene Grenzen gesetzt, in deren Rahmen sich ein preußischer Beamter bewegen durfte, ohne die Obrigkeit allzu sehr herauszufordern. Dass er sich mit seinen Texten nicht selten in den Grenzbereich des Erlaubten gewagt hat, ist ihm von einigen Fachkollegen, von Teilen der Ministerialbürokratie und auch vom König selbst vorgeworfen worden.

Am 1.10.1794 wurde Kant in einer königlichen Kabinettsorder u. a. mitgeteilt:

Unsere höchste Person hat schon seit geraumer Zeit mit großem Missfallen ersehen: wie Ihr Eure Philosophie zu Entstellung und Herabwürdigung mancher Haupt- und Grundlehren der heiligen Schrift und des Christentums missbraucht; wie Ihr dieses namentlich in Eurem Buch: Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft', desgleichen in anderen, kleineren Abhandlungen getan habt. Wir haben Uns zu Euch eines Besseren versehen, da Ihr selbst einsehen müsset, wie unverantwortlich Ihr dadurch gegen Eure Pflicht als Lehrer der Jugend und gegen Unsere Euch sehr wohl bekannte landesväterliche Absichten handelt.

da, lieber bion, dürfen wir jetzt aber zwei dinge nicht durcheinander bringen

kants gotteskonstrukt mag "modern" sein (wenngleich ich mich immer frage, warum man sich eben einer religion verschreibt, deren klassisches und traditionelles gottesverständnis wahrlich ein anderes ist, um dieser dann einen selbst konstruierten hypothetischen gott einzupflanzen) - daß er aber überhaupt eine moralische autorität braucht, ist es nicht

da ist er eben in zweifacher hinsicht kind seiner zeit und opfer seiner zwänge - äußerer wie innerer. als an autoritäten gewohnter wie als religiös sozialisierter



aber ich bin ja froh, daß nun - nach 11 seiten! - dank ekkard und dir nun endlich die frage beantwortet ist, was wohl kant mit dieser "religion" gemeint habe, zu der moral führe. nämlich zu einer selbst konstruierten autorität, um sozusagen die eigene verantwortung abgeben zu können für sein (moralisches) verhalten - quasi der selbstbetrug "ich handle jetzt ja nicht so, weil ich das grade will oder weil es mir angebracht, vernünftig erscheint - nein, ich folge einem "allvermögenden moralischen Wesen als Weltherrscher" (auch wenn ich mir das selber ausgedacht habe)"

ja, kann man so machen, ergibt im historischen kontext sinn

ich finds trotzdem überholt
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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(25-07-2013, 21:26)Mustafa schrieb: Ich jedenfalls sehe bei Kant keinen Logikfehler. Freilich muss man dafür auch seinen Gottesbegriff gelten lasse

lass mich leise kichern

klar jeder bastelt sich seinen "gott" selber

und wenn der axiomatisch gesetzt ist, folgt - je nach konstruktionsplan des "gottes" - ganz logisch daraus alles mögliche, das man halt schon ins axiom gepflanzt hat
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
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(25-07-2013, 23:31)Mustafa schrieb:
(25-07-2013, 23:00)Harpya schrieb: Ideelle Werte sind bei weitem nicht zwangsläufig moralisch oder "vernünftig".
Wunschdenken eben.

Das hängt von der ideell gesetzten Werteskala ab.

oder von deren bewertung

im ernst: was als "moralisch" gilt, ist doch abhängig vom historischen und sozialen kontext. da raus helfen eben auch keine "ideellen werte"


(26-07-2013, 21:34)Mustafa schrieb: Ideale "lebt" man ja, wenn man sie verinnerlicht hat

ich dachte, "Ideale" sind das unerreichbare? (siehe beitrag 25)
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einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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petronius, beurteilst du gerade mein offensichtliches Unvermögen, dir Kant näher zu bringen, oder aber willst du das als ernsthafte Kant-Rezeption deinerseits verstanden wissen?
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(26-07-2013, 22:31)Mustafa schrieb: petronius, beurteilst du gerade mein offensichtliches Unvermögen, dir Kant näher zu bringen, oder aber willst du das als ernsthafte Kant-Rezeption deinerseits verstanden wissen?

ich stelle fragen

du verweigerst die antwort

solls wieder 10 seiten dauern, bis ekkard oder bion sich erbarmt?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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(26-07-2013, 21:34)Mustafa schrieb:
(25-07-2013, 23:50)Harpya schrieb: Zum Einen weil im Koran oft genug steht, das Allah ja doch macht was er will.
Das ist zwar richtig, denn wir kontrollieren das Universum (und was man sich noch mehr denken kann) nicht, sondern sind ihm ausgesetzt, aber darauf wollte ich nicht hinaus.
Ich meinte, dass man sich nicht auf ein "aber da steht doch, aber der hat doch gesagt..." berufen kann, sondern seine eigene moralische Haltung leben muss und danach gemessen wird.

(25-07-2013, 23:50)Harpya schrieb: Zum Anderen weil im Koran schon bei der Anfangsbegründung
Moral ausgeschlossen wird.
Nicht als Vorschlag sondern als Befehl.

Was meinst du damit?
“Und Ich habe die Ğinn und die Menschen nur geschaffen, damit sie Mir dienen (sollen).” (Quran 51:56)

Gemäß dem Islam gab es eine grundlegende Botschaft, die Gott allen Propheten offenbart hat, von der Zeit Adams bis zum letzten der Propheten, Muhammad, möge Gott sie alle loben.
Alle die Propheten, die Gott gesandt hat, kamen mit derselben essentiellen Botschaft:

“Und in jedem Volk erweckten Wir einen Gesandten, (der da predigte:) ‘Dient Gott und meidet die Götzen.’” (Quran 16:36)

Ziemlich identisch versuchen die Gottesvorstellungen da irgendwie eine Lücke
zu füllen die bei der Frage nach dem Sinn des Lebens entsteht.
Philosophisch gibts da ja nicht viel.
Trifft für alle abrahamitischen Religionen zu.
Die ist die Antwort auf die Suche der Menschheit nach der Bedeutung. Der Sinn und Zweck der Schöpfung war für alle Männer und Frauen der gleiche: Gott kennen und anbeten.

Koran ist da allerdings speziell gestrafft, hängt vielleicht damit zusammen
das er in sehr kurzer Zeit zusammengebastelt wurde.

Da steht nur Mahnung und Warnung,
Lockung mit dem Paradies und Nennung des Strafmasses dominieren
ihn und jeder Satz dient der Befolgung der Botschaft.

Für so ziemlich jeden sind das klare Befehle.
Ich definier Befehl mal wie das weltweit üblich ist:
" Ein Befehl ist eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten",
keine Diskussionsgrundlage.

Moralisch und vernünftig ist zwangläufig nur in diesem Rahmen möglich

Unstimmigkeiten gibts da schon.Wie sagte Gott:
“Denn Gott liebte die Welt so sehr, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der gläubig ist, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben erhält.”

Wie ich das sehe wird haben die Meisten nicht zu Kenntnis genommen,
dass Jesus den christlichen Sinn und Zweck der Schöpfung nicht ganz erreicht hat.

Mohammed ist immerhin als erfolgreicher Mann des Schwertes abgetreten.

(26-07-2013, 21:34)Mustafa schrieb:
(25-07-2013, 23:00)Harpya schrieb: Ideelles ist per se erstmal wertfrei, nach meiner Auffassung
Das ist richtig, nur passen deine Vergleichsbegriffe nicht ganz, denn Ideale "lebt" man ja, wenn man sie verinnerlicht hat.
Für Ideelles schon, praktische Umsetzung ist eine ganz andere Schiene.

Will ich, krass gesagt, das alle friedlich miteinander auskommen, kann ich entweder die gleichen Voraussetzungen für Alle schaffen
oder alles ausrotten bis nur noch die einer Meinung übrigbleiben.
Das dürfte die Überbevölkerung auch gleich endgültig lösen
und vielen Menschen das Leid ihres Lebens ersparen.
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(26-07-2013, 22:01)petronius schrieb: da ist er eben in zweifacher hinsicht kind seiner zeit und opfer seiner zwänge - äußerer wie innerer. als an autoritäten gewohnter wie als religiös sozialisierter

Dass Kant ihn einschränkenden Zwängen unterlag, ist offensichtlich. Erst spät versuchte er, sich über solche "Zwänge" hinwegzusetzen.

Wer zu Kants Zeiten an der Albertina lehren wollte, musste Protestant nach lutherischer Art sein. War jemand in das Professorenkollegium aufzunehmen, war das für den Bewerber mit einer Eidleistung verbunden, wonach man es in der Funktion als Universitätslehrer unterlassen werde, vom lutherischen Bekenntnis abweichende Meinung zu vertreten.

An diese Eidleistung wurde Kant nach Veröffentlichung seiner Schrift "Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft" mit den bekannten Folgen erinnert. In der Vorrede zur 1. Auflage stellte er mit dem einleitenden Satz fest:

Die Moral, sofern sie auf dem Begriffe des Menschen, als eines freien, eben darum aber auch sich selbst durch seine Vernunft an unbedingte Gesetze bindenden Wesens, gegründet ist, bedarf weder der Idee eines andern Wesens über ihm, um seine Pflicht zu erkennen, noch einer andern Triebfeder als des Gesetzes selbst, um sie zu beobachten. Wenigstens ist es seine eigene Schuld, wenn sich ein solches Bedürfnis an ihm vorfindet, dem aber alsdann auch durch nichts anders abgeholfen werden kann; weil, was nicht aus ihm selbst und seiner Freiheit entspringt, keinen Ersatz für den Mangel seiner Moralität abgibt. – Sie bedarf also zum Behuf ihrer selbst (sowohl objektiv, was das Wollen, als subjektiv, was das Können betrifft) keineswegs der Religion, sondern, vermöge der reinen praktischen Vernunft, ist sie sich selbst genug.

Im Oktober 1794 musste sich Kant dem König gegenüber verpflichten, dass er sich zukünftig "aller öffentlichen Vorträge die Religion betreffend, es sei die natürliche oder geoffenbarte, sowohl in Vorlesungen als in Schriften, gänzlich enthalten werde".
MfG B.
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(27-07-2013, 08:24)Bion schrieb: Die Moral, sofern sie auf dem Begriffe des Menschen, als eines freien, eben darum aber auch sich selbst durch seine Vernunft an unbedingte Gesetze bindenden Wesens, gegründet ist, bedarf weder der Idee eines andern Wesens über ihm, um seine Pflicht zu erkennen, noch einer andern Triebfeder als des Gesetzes selbst, um sie zu beobachten. Wenigstens ist es seine eigene Schuld, wenn sich ein solches Bedürfnis an ihm vorfindet, dem aber alsdann auch durch nichts anders abgeholfen werden kann; weil, was nicht aus ihm selbst und seiner Freiheit entspringt, keinen Ersatz für den Mangel seiner Moralität abgibt. – Sie bedarf also zum Behuf ihrer selbst (sowohl objektiv, was das Wollen, als subjektiv, was das Können betrifft) keineswegs der Religion, sondern, vermöge der reinen praktischen Vernunft, ist sie sich selbst genug.

danke für diese ergänzung

für mich wieder einmal eine erinnerung, eben alles im kontext zu lesen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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(25-07-2013, 00:46)Bion schrieb:
(24-07-2013, 23:20)Lelinda schrieb: Es sei denn, man will nicht verallgemeinern, sondern sich auf die Diskussion über Kants private Gedankenwelt beschränken.

So unmodern sind seine "private Gedanken" doch gar nicht:

Kant hat in nicht wenigen Texten seines Nachlasses Gott als "hypothetisches Wesen", als "Ding des Denkens", als "Produkt unserer selbst gemachten Vorstellung", etc. bezeichnet. Ein Wesen also, über das wir nichts wissen und sagen können, dessen Existenz anzunehmen aber, wie er es ausdrückte, praktisch vernünftig sei.

Auf den Punkt gebracht hat Kant es folgendermaßen:

"Gott ist also keine außer mir befindliche Substanz, sondern bloß ein moralisch Verhältnis in mir".

Diese Schlussfolgerung von Kant halte ich für besonders richtig. Das Ideal eines Gottes wird meistens dazu verwendet um Moral praktisch möglich zu machen. Ohne dieses Postulat funktioniert eine Moral nicht. Ohne eine Moral funktioniert die Gesellschaft nicht "richtig", denn jede Gesellschaft braucht Heuristiken an die sie sich binden kann. Ich denke deswegen ist ein Gottesbezug als rein idelle Idee im Gesetz auch so wichtig. Gibt es diesen Bezug nicht mehr muss sich ein Staat über seine eigene Macht definieren und wir meiner Meinung nach totalitär konzipiert.
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