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Kann die Wissenschaft moralische Werte festlegen?
#76
Da wir dem nicht naturgesetzlich nachkommen, sondern größtenteils (gruppen-) egoistische Vorstellungen pflegen (alle Spielarten von Ideologien) ist deine "Gesetzmäßigkeit" doch ad absurdum geführt.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#77
Das Gerechtigkeitsgefuehl ist wohl tatsaechlich angeboren; das ist ja schon bei Kapuzineraffen der Fall. Allerdings ist auch unser Hang zu Kriegen und generell die Durchsetzung von Beduerfnissen durch Gewalt angeboren. An dem Punkt kommt es dann zur Wertung, die mit Naturwissenschaften nichts mehr zu tun hat.
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#78
In dem Punkt, dass unter instinktivem Verhalten ausschließlich angeborenes Verhalten zu verstehen sei, gehe ich definitiv nicht mit. Gerät ein Mensch bspw. beim Laufen ins Stolpern und setzt zu einer kontrollierten Gegenbewegung an, um das Gleichgewicht zu halten oder den Sturz - falls nunmehr unvermeidbar - zumindest abzufedern, handelt er in diesem Moment bereits instinktiv. Zu Anschauungszwecken wurde hier ein einfaches Beispiel gewählt, aber im Prinzip lässt sich das auch auf komplexere Verhaltensweisen übertragen.

(18-01-2019, 15:18)Ulan schrieb: Allerdings ist auch unser Hang zu Kriegen und generell die Durchsetzung von Beduerfnissen durch Gewalt angeboren.
Was ich, mit Verlaub, für ziemlichen Unsinn halte, wie gesagt...
www.spiegel.de/wissenschaft/natur/epigenetik-die-maer-vom-krieger-gen-a-711227.html

Ich halte einen solchen "Biodeterminismus" letztendlich sogar für ziemlich gefährlich bzw. kann so eine Weltanschauung auch ganz schnell faschistoid werden. Vielleicht lässt sich eine gewisse genetisch bedingte Prädisposition (Anfälligkeit, Empfänglichkeit, Veranlagung) für diverse Verhaltensweisen nicht ganz von der Hand weisen, aber Verhalten resultiert letztendlich immer aus einem Zusammenspiel von sowohl genetischen, wie auch psychologischen und sozialen Faktoren.
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#79
(18-01-2019, 16:48)Noumenon schrieb:
(18-01-2019, 15:18)Ulan schrieb: Allerdings ist auch unser Hang zu Kriegen und generell die Durchsetzung von Beduerfnissen durch Gewalt angeboren.
Was ich, mit Verlaub, für ziemlichen Unsinn halte, wie gesagt...
www.spiegel.de/wissenschaft/natur/epigenetik-die-maer-vom-krieger-gen-a-711227.html

Ich halte einen solchen "Biodeterminismus" letztendlich sogar für ziemlich gefährlich bzw. kann so eine Weltanschauung auch ganz schnell faschistoid werden. Vielleicht lässt sich eine gewisse genetisch bedingte Prädisposition (Anfälligkeit, Empfänglichkeit, Veranlagung) für diverse Verhaltensweisen nicht ganz von der Hand weisen, aber Verhalten resultiert letztendlich immer aus einem Zusammenspiel von sowohl genetischen, wie auch psychologischen und sozialen Faktoren.

Ich denke trotzdem, dass eine pazifistische Menschheit in entwicklungsgeschichtlichen Zeitraeumen gar nicht ueberlebensfaehig gewesen waere. Ein gewisser Hang zur Gewalt laesst sich auch in den meisten sogenannten friedfertigen Arten finden, uebrigens hauptsaechlich innerhalb der eigenen Spezies. Der Kampf um Resourcen gehoert zum Leben dazu, genau so wie das soziale Miteinander innerhalb der kleinen Gruppe.

Da auch unsere naechsten Verwandten, die Schimpansen, Morde begehen und Kriege fuehren, halte ich das immer noch fuer biologisch angeboren. Man kann das zwar innerhalb eines gewissen Rahmens abtrainieren, aber der Hang zu solchen Konfliktloesungen ist uns sozusagen gegeben. Daran aendern auch solche Studien zur Epigenetik prinzipiell nichts (wie so oft, ist der Spiegel-Artikel mal wieder knapp daneben).
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#80
(18-01-2019, 18:55)Ulan schrieb:
(18-01-2019, 16:48)Noumenon schrieb:
(18-01-2019, 15:18)Ulan schrieb: Allerdings ist auch unser Hang zu Kriegen und generell die Durchsetzung von Beduerfnissen durch Gewalt angeboren.
Was ich, mit Verlaub, für ziemlichen Unsinn halte, wie gesagt...
www.spiegel.de/wissenschaft/natur/epigenetik-die-maer-vom-krieger-gen-a-711227.html

Ich halte einen solchen "Biodeterminismus" letztendlich sogar für ziemlich gefährlich bzw. kann so eine Weltanschauung auch ganz schnell faschistoid werden. Vielleicht lässt sich eine gewisse genetisch bedingte Prädisposition (Anfälligkeit, Empfänglichkeit, Veranlagung) für diverse Verhaltensweisen nicht ganz von der Hand weisen, aber Verhalten resultiert letztendlich immer aus einem Zusammenspiel von sowohl genetischen, wie auch psychologischen und sozialen Faktoren.

Ich denke trotzdem, dass eine pazifistische Menschheit in entwicklungsgeschichtlichen Zeitraeumen gar nicht ueberlebensfaehig gewesen waere. Ein gewisser Hang zur Gewalt laesst sich auch in den meisten sogenannten friedfertigen Arten finden, uebrigens hauptsaechlich innerhalb der eigenen Spezies. Der Kampf um Resourcen gehoert zum Leben dazu, genau so wie das soziale Miteinander innerhalb der kleinen Gruppe.

Da auch unsere naechsten Verwandten, die Schimpansen, Morde begehen und Kriege fuehren, halte ich das immer noch fuer biologisch angeboren. Man kann das zwar innerhalb eines gewissen Rahmens abtrainieren, aber der Hang zu solchen Konfliktloesungen ist uns sozusagen gegeben. Daran aendern auch solche Studien zur Epigenetik prinzipiell nichts (wie so oft, ist der Spiegel-Artikel mal wieder knapp daneben).

Hallo!
Ich stimme hierbei Neumenon zu und würde behaupten das soziale Faktoren die Hauptursache für Kriege, Hass und Gewalt beim Menschen sind.
Hass,der Wunsch nach Gewalt, entsteht aus einem, wenn auch oft irrationalem Gefühl von Angst.
Wäre dieses Gefühl der Angst, des Bedrängtseins, weitestgehend aussgeschaltet, fällt auch der Grund für den Wunsch nach Gewalt weg.

Eine pazifistische Menschheit hätte überhaupt kein Problem zu überleben. Warum auch?

Beste Grüße
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#81
(18-01-2019, 16:48)Noumenon schrieb: In dem Punkt, dass unter instinktivem Verhalten ausschließlich angeborenes Verhalten zu verstehen sei, gehe ich definitiv nicht mit. Gerät ein Mensch bspw. beim Laufen ins Stolpern und setzt zu einer kontrollierten Gegenbewegung an, um das Gleichgewicht zu halten oder den Sturz - falls nunmehr unvermeidbar - zumindest abzufedern, handelt er in diesem Moment bereits instinktiv. Zu Anschauungszwecken wurde hier ein einfaches Beispiel gewählt, aber im Prinzip lässt sich das auch auf komplexere Verhaltensweisen übertragen.

Ist dieses Verhalten, das wie in deinem Beispiel, dem Menschen instinktiv eine Gegenbewegung einleiten läßt, nicht angeboren?
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#82
(19-01-2019, 11:08)Claro schrieb: Ich stimme hierbei Neumenon zu und würde behaupten das soziale Faktoren die Hauptursache für Kriege, Hass und Gewalt beim Menschen sind.

Ja natuerlich. Das widerspricht dem von mir Gesagten doch auch gar nicht.

(19-01-2019, 11:08)Claro schrieb: Hass,der Wunsch nach Gewalt, entsteht aus einem, wenn auch oft irrationalem Gefühl von Angst.
Wäre dieses Gefühl der Angst, des Bedrängtseins, weitestgehend aussgeschaltet, fällt auch der Grund für den Wunsch nach Gewalt weg.

Nicht jedes Gefuehl von Angst ist irrational. Der Normalzustand des Lebens ist der in begrenzten Resourcen. Das Erstreiten dieser Resourcen ist nicht unbedingt nur in Machtstreben begruendet, sondern oft auch eine nackte Ueberlebensnotwendigkeit. Das sieht man bei heutigen Kriegen nicht mehr immer so (auch wenn's manchmal um Wasser geht), aber das menschliche Verhalten ist in der Konkurrenz von Kleingruppen von vielleicht einigen Dutzend Leuten entstanden.

(19-01-2019, 11:08)Claro schrieb: Eine pazifistische Menschheit hätte überhaupt kein Problem zu überleben. Warum auch?

Das ist wohl vom heutigen Blickpunkt her gar nicht so falsch, wo die potentiellen Konfliktparteien das Potential zur totalen Zerstoerung der Welt haben. Trotzdem muss jede pazifistische Gesellschaft die Mittel und die Bereitschaft haben, sich im Zweifelsfall wirksam verteidigen zu koennen; sonst zieht sie in diesem Zweifelsfall halt automatisch den Kuerzeren und verschwindet aus der Geschichte. Das ist der Balanceakt, vor dem wir stehen.
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#83
(19-01-2019, 13:00)Claro schrieb: Ist dieses Verhalten, das wie in deinem Beispiel, dem Menschen instinktiv eine Gegenbewegung einleiten läßt, nicht angeboren?

Nein, das ist erlernt. Menschen muessen viele Dinge erlernen, die andere Tiere von Geburt an koennen. Das Erlernen solcher Bewegungen geschieht zunaechst bewusst in Teilen des Grosshirns und wird, sobald der Bewegungsablauf "sitzt", in das Kleinhirn uebertragen (zumindest galt das so, als ich das gelernt hatte), wo die Berechnung dann unbewusst und automatisch erfolgt. Man spricht ja auch von Motorgedächtnis.

Eine Hypothese zu unserer Hirnentwicklung besagt uebrigens, dass unser Hirn genau fuer diesen Zweck so gross geworden ist. Einige menschliche Taetigkeiten, wie das gezielte Werfen eines Steins oder eines Speers beruht auf der Berechnung einer komplizierten ballistischen Bahn und genauer Abstimmung bestimmter Motorgruppen, wobei noch das Gewicht des Geschosses einbezogen wird, etc. All dies dauert zu erlernen, wird aber dann komplett in Form unbewusster Funktionsablaeufe gespeichert.
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#84
(18-01-2019, 14:04)Ekkard schrieb: Da wir dem nicht naturgesetzlich nachkommen, sondern größtenteils (gruppen-) egoistische Vorstellungen pflegen (alle Spielarten von Ideologien) ist deine "Gesetzmäßigkeit" doch ad absurdum geführt.
„Als Mensch haben wir natürlich neben der langen Vorgeschichte in der natürlichen Evolution noch eine vergleichsweise kurze Geschichte in der kulturellen Evolution. Was man aber beobachten kann, ist, dass kulturelle Evolution und natürliche Evolution eigentlich nicht dauerhaft entgegengesetzt wirken können. Das heißt, irgendeine kulturelle Idee, die dazu führt, dass man sich nicht mehr fortpflanzt in einer großen Gruppe, die wird auf Dauer nicht stabil sein.“
Link zum Artikel

Wenn sie so leicht ad absurdum geführt werden könnte, dann hätte mich die Kritik überzeugt, aber jegliche Spielarten von Ideologien halten sich auf lange Sicht gesehen trotzdem an die Arterhaltung.
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#85
(19-01-2019, 13:25)Ulan schrieb:
(19-01-2019, 11:08)Claro schrieb: Ich stimme hierbei Neumenon zu und würde behaupten das soziale Faktoren die Hauptursache für Kriege, Hass und Gewalt beim Menschen sind.

Ja natuerlich. Das widerspricht dem von mir Gesagten doch auch gar nicht.

Zitat:Ulan schrieb: Allerdings ist auch unser Hang zu Kriegen und generell die Durchsetzung von Beduerfnissen durch Gewalt angeboren.

Es sollte aber deiner Annahme widersprechen, da ich nicht denke, dass der Hang zum Krieg und zur Gewalt angeboren ist, da diese Vorkommen und Verhaltensweisen das Leben gefährden.
Angeboren ist aber mMn, das eigene Leben zu schützen.

Zitat:Ulan:Nicht jedes Gefuehl von Angst ist irrational.
Ob rational oder irational , fällt dieses Gefühl des Bedrängtsseins weg, fehlt auch das Bedürfnis nach Gewalt.

Zitat:Ulan:
Das ist wohl vom heutigen Blickpunkt her gar nicht so falsch, wo die potentiellen Konfliktparteien das Potential zur totalen Zerstoerung der Welt haben. Trotzdem muss jede pazifistische Gesellschaft die Mittel und die Bereitschaft haben, sich im Zweifelsfall wirksam verteidigen zu koennen; sonst zieht sie in diesem Zweifelsfall halt automatisch den Kuerzeren und verschwindet aus der Geschichte. Das ist der Balanceakt, vor dem wir stehen.
Unter pazifistischer Menschheit verstehe ich die Menschheit als gesamtes, die auf jegliche Mittel zum Angriff verzichtet, da du auch meintest:
Zitat:Ulan:Ich denke trotzdem, dass eine pazifistische Menschheit in entwicklungsgeschichtlichen Zeitraeumen gar nicht ueberlebensfaehig gewesen waere. Ein gewisser Hang zur Gewalt laesst sich auch in den meisten sogenannten friedfertigen Arten finden, uebrigens hauptsaechlich innerhalb der eigenen Spezies.


Bewaffnen sich Teile davon, ist es keine pazifistische bzw friedfertige Menschheit mehr, sondern schon eine potenziell gewaltbereite Menschheit.
Prinzipiell halte ich eine pazifistische Menschheit nicht für unmöglich, da die tatsächliche Gewalt in aller Regel, das letzte Mittel der Wahl ist


Zitat:Ulan:Nein, das ist erlernt...

Aha, Danke
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#86
(19-01-2019, 15:57)Claro schrieb: Es sollte aber deiner Annahme widersprechen, da ich nicht denke, dass der Hang zum Krieg und zur Gewalt angeboren ist, da diese Vorkommen und Verhaltensweisen das Leben gefährden.
Angeboren ist aber mMn, das eigene Leben zu schützen.

Letzteres muss aber auch manchmal durch Anwendung von Gewalt erfolgen, und Menschen tun das halt auch proaktiv. Schimpansen ziehen z.B. in den Krieg, wenn ihre Gruppe zu gross geworden ist, als dass ihr Territorium noch genug Resourcen fuer alle abwerfen wuerde. Auch wenn Nachbargruppen ihr Territorium erweitern, wird in den Krieg gezogen, um die eigene Resourcengrundlage zu erhalten. Dabei wird durchaus in Kauf genommen, dass im Falle des Todes zu vieler eigener Mitglieder die eigene Gruppe dem Untergang geweiht ist. Da diese Vorgehensweisen weitgehend den unseren entsprechen, wuerde ich sagen, dass das Verhalten aelter ist als der Split zwischen Schimpansen und Menschen, also bereits angelegt ist.

Gewalt wird natuerlich auch fuer den Aufstieg in der sozialen Rangordnung eingesetzt. Die moderne Gesellschaft versucht dieses Gewaltpotential zu kanalisieren, unter anderem durch das staatliche Gewaltmonopol. Personen mit solchen Charakterzuegen haben heute die Spielwiese von Politik und Wirtschaft. Es gibt ja durchaus ernstzunehmende soziale Untersuchungen, die feststellen, dass ein Grossteil der gesellschaftlichen Fuehrungspersonen "asoziale" Zuege zeigen, also viele eigentlich negativ besetzte Charaktereigenschaften besitzen.

(19-01-2019, 15:57)Claro schrieb: Ob rational oder irational , fällt dieses Gefühl des Bedrängtsseins weg, fehlt auch das Bedürfnis nach Gewalt.

Nein, nicht vollstaendig. Auch Menschen ist das Aufstellen einer Rangordnung innerhalb der Gruppe zu eigen, und zur Erreichung von Fuehrungspositionen wird halt auch Gewalt in verschiedenster Form angewandt, auch wenn das heutzutage weitgehend ritualisiert ist. Uebrigens verweise ich hier auf die Ergebnisse der Spieltheorie. Die beste Strategie fuer eine Gruppe ist es, wenn sich die meisten Mitglieder an "die Regeln" halten, also fair handeln, eine Minderheit dies aber nicht tut, also andere zu eigenem Vorteil ausnutzt. Es gibt also einen "zu harmonischen" Zustand.

(19-01-2019, 15:57)Claro schrieb: Unter pazifistischer Menschheit verstehe ich die Menschheit als gesamtes, die auf jegliche Mittel zum Angriff verzichtet, da du auch meintest:
Zitat:Ulan:Ich denke trotzdem, dass eine pazifistische Menschheit in entwicklungsgeschichtlichen Zeitraeumen gar nicht ueberlebensfaehig gewesen waere. Ein gewisser Hang zur Gewalt laesst sich auch in den meisten sogenannten friedfertigen Arten finden, uebrigens hauptsaechlich innerhalb der eigenen Spezies.

Bewaffnen sich Teile davon, ist es keine pazifistische bzw friedfertige Menschheit mehr, sondern schon eine potenziell gewaltbereite Menschheit.
Prinzipiell halte ich eine pazifistische Menschheit nicht für unmöglich, da die tatsächliche Gewalt in aller Regel, das letzte Mittel der Wahl ist

Ich glaube nicht, dass das ein gangbarer Weg ist. Unter Blinden ist der Einaeugige Koenig, wie es so schoen heisst. Es gibt immer gewaltbereite Menschen, und so lange wir unsere Genetik nicht aktiv manipulieren oder die lueckenlose Ueberwachungssgesellschaft einfuehren, wird das wohl auch immer so sein. Unter diesen Bedingungen halte ich eine vollkommen unbewaffnete Gesellschaft fuer blauaeugig und potentiell suizidal.
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#87
(19-01-2019, 19:59)Ulan schrieb:
(19-01-2019, 15:57)Claro schrieb: Es sollte aber deiner Annahme widersprechen, da ich nicht denke, dass der Hang zum Krieg und zur Gewalt angeboren ist, da diese Vorkommen und Verhaltensweisen das Leben gefährden.
Angeboren ist aber mMn, das eigene Leben zu schützen.

Letzteres muss aber auch manchmal durch Anwendung von Gewalt erfolgen, und Menschen tun das halt auch proaktiv. Schimpansen ziehen z.B. in den Krieg, wenn ihre Gruppe zu gross geworden ist, als dass ihr Territorium noch genug Resourcen fuer alle abwerfen wuerde. Auch wenn Nachbargruppen ihr Territorium erweitern, wird in den Krieg gezogen, um die eigene Resourcengrundlage zu erhalten. Dabei wird durchaus in Kauf genommen, dass im Falle des Todes zu vieler eigener Mitglieder die eigene Gruppe dem Untergang geweiht ist. Da diese Vorgehensweisen weitgehend den unseren entsprechen, wuerde ich sagen, dass das Verhalten aelter ist als der Split zwischen Schimpansen und Menschen, also bereits angelegt ist.

Gewalt wird natuerlich auch fuer den Aufstieg in der sozialen Rangordnung eingesetzt. Die moderne Gesellschaft versucht dieses Gewaltpotential zu kanalisieren, unter anderem durch das staatliche Gewaltmonopol. Personen mit solchen Charakterzuegen haben heute die Spielwiese von Politik und Wirtschaft. Es gibt ja durchaus ernstzunehmende soziale Untersuchungen, die feststellen, dass ein Grossteil der gesellschaftlichen Fuehrungspersonen "asoziale" Zuege zeigen, also viele eigentlich negativ besetzte Charaktereigenschaften besitzen.

Gut, ich gehe hierbei vom Soll Zustand und von dem was auch potenziell möglich ist, aus.
Tiere haben keine andere Wahl, da sie instinktgesteuert sind, also auf gewisse Reize automatisch mit Gewalt reagieren.
In aller Regel greift der Mensch zur Möglichkeit einer gewaltsamen Auseinandersetzung aber erst, wenn er in die Enge getrieben, alle anderen gewaltlosen Möglichkeiten ausgeschöpft hat.
Durch sein Bewußtsein stellt er doch vernünftigerweise das Leben, erst einmal sein eigenes, an oberste Stelle.
Da jede Zelle nach Leben strebt, ergibt sich der Krieg, die Gewalt, das Zerstörende aus den äußerlichen Umständen,aus der Bedrohung als ein Einzelner unter vielen, und ist den Lebewesen ansich nicht angeboren.


(19-01-2019, 19:59)Ulan schrieb:
(19-01-2019, 15:57)Claro schrieb: Ob rational oder irational , fällt dieses Gefühl des Bedrängtsseins weg, fehlt auch das Bedürfnis nach Gewalt.

Nein, nicht vollstaendig. Auch Menschen ist das Aufstellen einer Rangordnung innerhalb der Gruppe zu eigen, und zur Erreichung von Fuehrungspositionen wird halt auch Gewalt in verschiedenster Form angewandt, auch wenn das heutzutage weitgehend ritualisiert ist. Uebrigens verweise ich hier auf die Ergebnisse der Spieltheorie. Die beste Strategie fuer eine Gruppe ist es, wenn sich die meisten Mitglieder an "die Regeln" halten, also fair handeln, eine Minderheit dies aber nicht tut, also andere zu eigenem Vorteil ausnutzt. Es gibt also einen "zu harmonischen" Zustand.
Vollständig nicht, da der Mensch durch seine Vereinzelung immer irgendwie einer imaginären Bedrohung von außen, durch andere, ausgesetzt ist.
Aber soweit, dass dieser ohne Gewaltanwendung damit fertig werden kann.
Das Aufstellen von Rangordnung kann auch friedvoll, vernünftig verlaufen.
Warum kann es einen zu friedlichen Zustand geben?
 

(19-01-2019, 19:59)Ulan schrieb:
(19-01-2019, 15:57)Claro schrieb: Bewaffnen sich Teile davon, ist es keine pazifistische bzw friedfertige Menschheit mehr, sondern schon eine potenziell gewaltbereite Menschheit.
Prinzipiell halte ich eine pazifistische Menschheit nicht für unmöglich, da die tatsächliche Gewalt in aller Regel, das letzte Mittel der Wahl ist

Ich glaube nicht, dass das ein gangbarer Weg ist. Unter Blinden ist der Einaeugige Koenig, wie es so schoen heisst. Es gibt immer gewaltbereite Menschen, und so lange wir unsere Genetik nicht aktiv manipulieren oder die lueckenlose Ueberwachungssgesellschaft einfuehren, wird das wohl auch immer so sein. Unter diesen Bedingungen halte ich eine vollkommen unbewaffnete Gesellschaft fuer blauaeugig und potentiell suizidal.
Zwang wäre diesbezüglich genau der falsche Weg.
Die Unterweisung und Schulung des Einzelnen sollte dahingehend verlaufen, dass dieser Freude daran hat das Leben zum blühen zu bringen, es nach seinen Fähigkeiten zu entwickeln.
Abgesehen von unheilbaren Soziopathen, kommen selbst gewaltbereite Menschen in einem friedvollen, vernünftigen Umfeld relativ schnell zur Besinnung.
Auf die Allgemeinheit bezogen, wäre das erst einmal eine Vision, die aber schon im Menschen angelegt ist, da sie in kleinen Gruppen auch genau so schon funktioniert.
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#88
(19-01-2019, 22:37)Claro schrieb: Da jede Zelle nach Leben strebt, ergibt sich der Krieg, die Gewalt, das Zerstörende aus den äußerlichen Umständen,aus der Bedrohung als ein Einzelner unter vielen, und ist den Lebewesen ansich nicht angeboren.

Ich denke nicht, dass das stimmt. Das geht aber letztlich auch nicht ueber bereits Gesagtes hinaus, also siehe meine Antwort oben.

(19-01-2019, 22:37)Claro schrieb: Warum kann es einen zu friedlichen Zustand geben?

In den Experimenten war friedvolle Einmut eigentlich immer mit einem Mangel an Flexibilitaet, Innovationskraft und Reaktionsvermoegen auf veraenderte Bedingungen verbunden. In solchen Situationen sind Individuen, die sich nicht an die Regeln halten, ueberlegen.
 
(19-01-2019, 22:37)Claro schrieb: Abgesehen von unheilbaren Soziopathen, kommen selbst gewaltbereite Menschen in einem friedvollen, vernünftigen Umfeld relativ schnell zur Besinnung.
Auf die Allgemeinheit bezogen, wäre das erst einmal eine Vision, die aber schon im Menschen angelegt ist, da sie in kleinen Gruppen auch genau so schon funktioniert.

In kleinen Gruppen vielleicht. Es sind aber zu einem grossen Anteil Soziopathen, die Fuehrungspositionen erringen. Es nuetzt ja auch nichts; eine wehrlose Gesellschaft kann von einem einzigen Individuum besiegt werden. Dass solche Individuen existieren, besagen schon die Gesetze der Statistik.
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#89
(19-01-2019, 13:50)Holmes schrieb: Wenn sie so leicht ad absurdum geführt werden könnte, dann hätte mich die Kritik überzeugt, aber jegliche Spielarten von Ideologien halten sich auf lange Sicht gesehen trotzdem an die Arterhaltung.

Selbst wenn wir davon ausgehen, dass wirklich alles auf biologisch erklärbare Dinge zurückgeführt werden kann (selbst Gefühle, Kulturen und Ideologien), wir also wirklich im Stande wären, ein solches Gesamtmodell aufzustellen (wovon wir m.E. weit entfernt sind), so bleibt dies alles dennoch deskriptiver Art.

Um moralische Werte setzen zu können, muss man diese Ebene verlassen.
Einen Punkt, an dem Wissenschaft moralische Werte setzt, kann es nicht geben, denn Wissenschaft ist ein Instrument und kein Akteur.

Wenn man von der 'biologischen Determination' ausgeht, stellen sich mir weltanschauliche Fragen wie diese:
Wenn es uns eh schon die Biologie vorgibt, brauchen wir dann überhaupt moralische Werte?
Würde dann nicht jedes Einsetzen moralischer Werte dem 'biologischen Weg' im Weg sein? (Ich erinnere an deine Kritik an der 'subjektiven Moral')

Oder aber definiert der "biologische Weg" bereits die 'richtige' Moral?
Aber ist es denn dann nicht auch Bestandteil des "biologischen Weges", sowas wie 'Kultur' zu bilden, und Moral auf diese Weise und nach diesem Prozess zu definieren?
Und zwar in all seiner Vielfältigkeit. Warum sollten wir uns davon ausnehmen?

Eine Reduzierung der Moralfrage auf die Basis eines vermeintlich wissenschaftlichen Weltbildes, bei dem bereits der Sammlung von Fakten ein moralbestimmender Aspekt zugesprochen wird, noch dazu ohne wirkliche Ansage, wie mit den Daten und Fakten überhaupt umgegangen werden soll, lehne ich nach wie vor ab.
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#90
(20-01-2019, 03:51)Mustafa schrieb: Um moralische Werte setzen zu können, muss man diese Ebene verlassen.
Einen Punkt, an dem Wissenschaft moralische Werte setzt, kann es nicht geben, denn Wissenschaft ist ein Instrument und kein Akteur.

Gesellschaftliche Beziehungssysteme kann man wissenschaftlich erfassen. Ist zwar nicht ganz einfach, da es sich um nichtlineare Systeme handelt, aber es ist möglich.
In jedem nichtlinearen System ist die Dosierung der Rückkopplung der eine entscheidende Faktor dafür, wie sich das System verhält.

Moral, bzw. moralische Werte stellen in gesellschaftlichen Beziehungssystemen/Beziehungsstrukturen den Pfad d(ies)er Rückkopplung dar.

Moralische Werte gibt es auch innerhalb von Beziehungsstrukturen, welche von Außenstehenden als überhaupt nicht "moralisch" nachempfunden werden. Was also heißt, dass es sich bei moralischen Werten dann  wohl mehr um eine Art angeborene grammatische Syntax unseres Verhaltens gegenüber einer engeren Auswahl gleichgesinnter Artgenossen handelt und  welche sehr opportunistisch/anpassungsfähig ist ...es wohl auch sein muss.

Mir persönlich fällt da immer wieder auf, dass es bezüglich einer gesellschaftsübergreifenden Verständigungen zwischen unterschiedlichen Gesellschaften (Ethnien Völkern..usw. usf. mit dieser "moralischen Grammatik" immer dann am allerbesten klappt, um so weniger die Beteiligten die eigene weltanschauliche Identifikation in den Vordergrund stellen.

Man könnte diesbezüglich fast schon meinen, dass sich hinter all diesen moralischen Werten oftmals nichts anderes als eine große Überdosis narzisstische Identifikation mit jeder Menge unsinniger Vorurteile verstecken. Und wenn man so schaut, was international zusammenarbeitende Wissenschaftler schon so alles zu leisten im Stande waren, weil es ihnen gelungen ist ihre eigenen moralischen Werte zu überwinden.. sowie es andersherum... in machen Gegenden unserer Welt zwischen den einzelnen Volksgruppen noch immer jede Menge Feindschaft und Zwietracht gibt, weil die jeweiligen moralischen Werte ziemlich große Unterschiede aufweisen..

dann würde ich jetzt mal sagen, dass es zwischen Philosophie und der Praxis des täglichen Lebens... auch solche deutlichen Unterschiede gibt.... Und die man zwar ernst nehmen kann wenn man unbedingt will, aber andersherum dann auch nicht zwingend muss.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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