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Essener
#1
Neben den ↗Sadduzäern und ↗Pharisäern die dritte jüdische Religionspartei (oder wie ↗Josephus schreibt "Denkschule", Vita 10-12) in vorrabbinischer Zeit.

Den ↗Qumran-Texten ist die Bezeichnung "Essener" nicht zu entnehmen. Es handelt sich um eine Fremdbezeichnung. Die Qumran-Gemeinschaft selbst nannte sich "Jachad". Möglicherweise sind die Essener gleich den Pharisäern aus den ↗Chasidim (Asidäern) hervorgegangen1 (siehe 1Makk 2,42). Im ↗Neuen Testament bleiben sie ebenso unerwähnt wie in rabbinischen Texten.

Nach Josephus lebten die Essener in Gütergemeinschaft. Jeder, der der ↗Sekte beitrat, hatte ihr den gesamten Besitz zu überschreiben (Ios. bell. II 122). Ging ein Essener auf Reisen, konnte er das ohne Geldmittel tun. Alles, was ein Essener bei Glaubensgenossen vorfand, durfte er wie sein Eigentum nutzen. Er konnte bei Glaubensgenossen einkehren, auch wenn sie ihm persönlich fremd waren und hatte das Anrecht, von diesen versorgt zu werden (Ios. bell II 125).

Das Leben eines Esseners stand unter ständiger Aufsicht seines Gemeindevorstehers.

Wenn Essener über ein Mitglied der Sekte zu Gericht saßen, mussten mindestens hundert Sektenmitglieder anwesend sein und als Richter fungieren. Als schlimmste Verbrechen galten ↗Gotteslästerung und die Lästerung des Gesetzgebers ↗Moses. Beides wurde mit dem Tode bestraft (Ios. bell. II 146).

Die ↗Sabbat-Ruhe wurde von den Essenern noch konsequenter eingehalten als von den anderen jüdischen Gemeinschaften.

Die Essener glaubten nach Josephus an die Unsterblichkeit der ↗Seele (was durch Qumran-Texte allerdings nicht bestätigt wird). Für die Seelen der Guten sei ein Ort jenseits des Ozeans eingerichtet, wo sie "in seliger Wonne" aufgehoben sind. Für die Seelen der Bösen hingegen stünden "finstere Höhlen bereit, wo sie in ewigen Qualen" verbleiben müssen (Ios. bell. II 155). Eine Sichtweise, die möglicherweise auf ↗hellenistische Einflüsse zurückzuführen ist.

Da die Essener nach den Berichten ↗Philos (Apol. 1; Quod omnis probus 76) und Josephus' (bell. II 124) nicht am Toten Meer, sondern in den Städten ↗Palästinas vorzufinden waren, hat man in Fachkreisen Vorbehalte, die strengen Regeln der Qumran-Gemeinschaft, eins zu eins auf die Essener in ihrer Gesamtheit zu übertragen. J. Maier hält die Bezeichnung "Essener" für eine Sammelbezeichnung für verschiedene ↗apokalyptisch-orientierte Gruppen2. Möglicherweise war die Gemeinschaft am Toten Meer auch nur eine radikale Gruppierung innerhalb der essenischen Gemeinschaft, die sich verselbständigt hatte3.

In welchem Umfang Essener am Aufstand gegen ↗Rom beteiligt waren, lässt sich nicht mit Gewissheit nicht sagen. Philo schildert sie als Menschen, die jede Gewalt ablehnten und auf das Tragen von Waffen verzichteten (Quod omnis probus 78), Josephus hingegen meinte, dass sie auf Reisen Waffen bei sich trugen (bell. II 125) und "im Krieg gegen die Römer schrecklichstes Ungemach zu ertragen" imstande waren (bell. II 151ff.). Handschriften, die in ↗Massada gefunden wurden, lassen den Schluss zu, dass sich zumindest vereinzelt Mitglieder der Essener-Gemeinde am Aufstand gegen Rom beteiligt hatten.

Rätsel geben der Wissenschaft nach wie vor die Ähnlichkeiten auf, die zwischen den von Philo beschriebenen ägyptischen Therapeuten (in: De vita contemplativa) und jenen Essenern bestehen, die ↗zölibatär in abgesonderten Gemeinschaften lebten4.


1) R. Kessler. Sozialgeschichte des alten Israel, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft, Darmstadt 2006, S. 189

2) Johann Maier. Das Judentum. 31988 Bindlach. Gordrom Verlag. S. 221

3) H. Küng. Das Judentum. 21991 München/Zürich. Piper Verlag. S. 398

4) C. Plin. Sec. d. Ä. nat. V, 72, 73:
(V, 72) Der Asphaltsee enthält nichts als Erdpech,… Östlich von ihm liegt…Jerusalem…
(V, 73) Westlich wohnen, so nahe wie es die Ausdünstungen des Sees gestatten, die Essener, ein wunderliches Volk, das ohne Frauen …, ohne Geld, und nur mit Gesellschaft seiner Palmen lebt
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MfG B.
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