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Heidnische Bräuche germanischen Ursprungs
#61
Der letzte Bissen

Deutsche Jäger zelebrieren den Brauch des 'letzten Bissens'
Das kann man in jedem besseren Jagdlehrbuch nachlesen, dort wird dieser Brauch genau beschrieben.
Dem erlegten Hirschen wird ein Ast mit saftigen Blättern ins Maul gesteckt.

Das ist uralte Tradition, vermutlich steinzeitlich. Ein totemistischer Brauch, wie er über die Indianer Nordamerikas um 1800 berichtet wurde, er diente dazu den Schutzgeist des Hirschen zu versöhnen.

Warum man davon ausgeht, daß es sich um ein Relikt aus der Steinzeit handelt: Man beobachtete diesen Vorgang um 1800 bei den damals steinzeitlich lebenden Indianern Nordamerikas. Daher sieht man einen Zusammenhang zwischen steinzeitlicher Entwicklungsstufe und totemistischer Vorstellung

Nun kann man mit Sicherheit sagen, daß der 'letzte Bissen' ein heidnischer Brauch ist, aus religiösen Vorstellungen von Heiden kommt. Denn er wird in der Bibel nicht befürwortet.

Aber es handelt sich nicht um einen heidnischen Brauch germanischen Ursprungs. Man nimmt an, daß er von der autochthonen Vorbevölkerung stammt, die bekanntlich keine indogermanische Sprache sprach.

Ein sozialanthropologisch sehr interessanter Brauch. Und sehr interessant, daß er sich von 800 bis heute gehalten hat (das sind 1200 Jahre) – trotz der im Jahre 800 voll einsetzenden Bekämpfung des Heidentums durch die Kirche. Offenbar hielt sich dieser Kult deshalb, weil im tiefen Wald keine Überwachung durch die Kirche möglich war. Interessant ist auch, daß sogar die streng katholischen Habsburger nichts dabei fanden, diesen heidnischen Brauch auszuüben.

Jeder Jäger glaubt irrigerweise, es handle sich um einen altgermanischen Brauch. Woher soll er es auch besser wissen ? Daß es heidnisch (nichtchristlich) ist, ist ja klar. Und die Waidmannssprache ist Deutsch.
Aber dennoch dürfte der Brauch von der vorgermanischen Bevölkerung stammen. Ein uralter Brauch.
#62
Ostereier

Die gefärbten Eier zum Osterfest sind heidnischen Ursprungs, denn sie werden in der Bibel nicht befürwortet.

Aber es dürfte sich um einen babylonischen Brauch handeln

Wie er seinen Weg nach Deutschland fand, ist völlig unklar.
Manche vermuten, über das antike Rom. Daß die alten heidnischen Römer an ihrer Ostgrenze diesen babylonischen Fruchtbarkeitskult kennenlernten und übernahmen, und daß dieser heidnische römische Kult (der in Wahrheit aus Babylon stammte) dann vom römisch-katholischen Christentum übernommen oder beibehalten wurde (zur Ausschmückung des Osterfests) und auf diesem Wege nach Deutschland kam.

Da könnte was dran sein: ein Fruchtbarkeitskult paßt thematisch zu einer Auferstehungsfeier

Jedenfalls:
kein biblischer Brauch
kein germanischer Brauch
#63
Richtfest

Wer weiß mehr zum Richtfest (Niederdeutsch sagt man Fensterbeer, in Österreich sagt man Gleichenfeier, in der Deutsch-Schweiz sagt man Aufrichte) ?

Wenn der Dachstuhl errichtet wurde
#64
Sinai schrieb:Die Wanen wären Göttinnen des vorindogermanischen Mutterkultes.
Gnää - das geht schonmal gar nicht, da es auch männliche Wanen gibt (Freyr, Njörd,...) Icon_razz

Was heute am meisten gesagt wird, ist, dass die Wanen die Götter der hiesigen vorindogermanischen, bäuerlichen Bevölkerung gewesen sein sollen, während die Asen die der indogermanischen, krigerischen Einwanderer gewesen sein sollen.

Das stellt sich als Irrtum heraus, wenn man beachtet, dass z.B. auch die Inder ihre Wanen-Pendants haben... doch als die Indogermanen eben in Indien einwanderten, trafen sie auf gänzlich andere Völker als in Europa.
Nein, die Wanen sind wohl auch indoeuropäischen Ursprungs.
Als sehr plausibel gilt, dass die Götter-Geschlechter nicht nach Völkerschaften, sondern gesellschaftlichen Schichten getrennt waren. Die Wanen waren demnach die Götter der unteren, bäuerlichen Bevölkerung, während die Asen die der oberen, adelig-kriegerischen Bevölkerung waren...

Insgesamt ist der Wanen-Kult schon ein Fruchtbarkeitskult, aber ob er explizit ein Mutterkult war, oder doch mehr, ist unklar.

Sinai schrieb:Wotan werden angeblich schamanistische Züge nachgesagt (vgl. Odin – Wikipedia) – die Spur führt daher wohl ins nordwestliche Zentralasien. Offenbar schleppte in grauer Vorzeit das nichtindogermanische Volk der Samen den Kult nach Skandinavien ein. Als dann die Germanen Skandinavien besiedelten, rezipierten sie den Kult. Von den Germanen Skaninaviens gelangte er dann nach Süden (heutiges Dänemark, heutiges Deutschland).
Fraglich. Ja, Woden trägt schamanische Züge, und ja, die Germanen haben in Sachen Zauberkunst so manches von den Samen/Lappen/Finnen erhalten.
Deswegen muss aber der Wodens-Kult nicht nach Zentralasien reichen. Auch bei uns gab es ganz früher ja Schamanen-Kulte, aber noch vor-indogermanisch - doch Spuren davon sind sicherlich noch in Woden zu finden.
End ek swerio in allum fernan Landsidun,
in Woden ende Thunar ende Sahsnot
ende allum them Holdum, the hira Genotas sint...
#65
(13-05-2014, 15:31)Hathagat schrieb: Was heute am meisten gesagt wird, ist, dass die Wanen die Götter der hiesigen vorindogermanischen, bäuerlichen Bevölkerung gewesen sein sollen, während die Asen die der indogermanischen, krigerischen Einwanderer gewesen sein sollen.

Das stellt sich als Irrtum heraus, wenn man beachtet, dass z.B. auch die Inder ihre Wanen-Pendants haben... doch als die Indogermanen eben in Indien einwanderten, trafen sie auf gänzlich andere Völker als in Europa.
Nein, die Wanen sind wohl auch indoeuropäischen Ursprungs.

.) Pendants der Funktion nach, oder
.) Pendants dem Namen nach

Wenn es in Indien Wanen-Pendants nur der Funktion nach gibt, sagt das nichts über deren allfällige indoeuropäische Herkunft. Dann gilt als wahrscheinlich, daß die eingewanderten Indoeuropäer eben auch in Indien auf eine vorindoeuropäische Bevölkerung mit ihrem ausgeprägten Fruchtbarkeitskult / Mutterkult gestoßen waren.

Sollten in Indien die Wanen-Pendants aber auch einen ähnlichen Namen haben (wanir oder so ähnlich), dann wäre ihre indoeuropäische Herkunft erwiesen. Denn in Ermangelung einer Verbindung zwischen den Indoeuropäern Indiens und den Germanen Europas müßte dann der Namen sehr alt sein, aus einer Zeit bevor die Indoeuropäer ihre Urheimat im Schwarzmeerbecken verließen.
#66
(13-05-2014, 15:31)Hathagat schrieb: Als sehr plausibel gilt, dass die Götter-Geschlechter nicht nach Völkerschaften, sondern gesellschaftlichen Schichten getrennt waren. Die Wanen waren demnach die Götter der unteren, bäuerlichen Bevölkerung, während die Asen die der oberen, adelig-kriegerischen Bevölkerung waren...

Damals vor 4000 bis 5000 Jahren waren Völkerschaften und deren gesellschaftlicher Status meist kongruent . . . kriegerische Eindringlinge eroberten das Land, errichteten primitive Burgen, bildeten die Oberschicht (Kriegeradel) – und die unterworfene, friedliche bäuerliche Bevölkerung leistete Naturalabgaben und Frondienste für den Burgenbau, blieb weiterhin bäuerlich, war nun allerdings abgabepflichtige Unterschicht geworden.
#67
(13-05-2014, 15:31)Hathagat schrieb: Woden trägt schamanische Züge, und ja, die Germanen haben in Sachen Zauberkunst so manches von den Samen/Lappen/Finnen erhalten.
Deswegen muss aber der Wodens-Kult nicht nach Zentralasien reichen. Auch bei uns gab es ganz früher ja Schamanen-Kulte, aber noch vor-indogermanisch - doch Spuren davon sind sicherlich noch in Woden zu finden.

Interessant ist, daß die Schamanentracht und das rituelle Zubehör im nordwestlichen Zentralasien identisch ist mit der alten Schamanentracht und dem rituellen Zubehör im alten, vorchristlichen Europa.
Davon zeugen Höhlenmalereien, Höhlengravierungen, archäologische Funde (Hirschgeweihe, Bärenfellkleidung mit Hörnern, Rasseln, etc. etc.) in Europa.
Das zieht bis hinunter in die Pyrenäen

Es scheint, daß da ein sehr großer schamanistischer Kult zwischen den Pyrenäen und dem Colorado River war, verbunden durch die damals viel enger zusammenhängende Alëutenstraße. Allerdings darf man sich das nicht als ausschließlichen Kult vorstellen. Der Monotheismus war noch nicht erfunden, damals überlagerten sich friedlich mehrere Kulte. Ein Stamm war nicht schamanisch orientiert, aber in einem Dorf dieses Stammes lebte in einer Hütte ein Schamane, der einige Anhänger hatte – die aber ganz offen auch an anderen Kulten teilnahmen.
#68
Dieser steinzeitliche Zusammenhang fällt besonders beim geschilderten Jägerbrauch des 'letzten Bissens' auf. Gerade in der Jagdtradition fallen Ähnlichkeiten der heutigen deutschen Jagd mit der traditionellen Jagd der Indianer von 1800 auf, wie sie von Reisenden in den USA damals geschildert wurden. Man denke auch an den US Maler Frederic Remington

Die Jagd ist offenbar etwas sehr urwüchsiges. Im tiefen Wald hatte auch die christliche Kirche keine Gewalt. In den Dörfern konnte sie den Kult diktieren, aber in den riesigen, unzugänglichen Urwäldern Europas konnte sie keine Gewalt ausüben. Dort hielt sich heidnischer (nicht unbedingt germanischer) Kult.

Zur Zeit Karls des Großen war das so: da gab es Wälder mit einem Durchmesser von 300 Kilometer, ohne der Außenwelt bekannte menschliche Siedlung darin. Die klösterliche Brandrodung setzte erst später voll ein. Da ritten die Jäger stundenlang in den finsteren Wald hinein. Ein mühsames und gefährliches Unterfangen, denn es gab keine Wege. Wenn das Pferd über eine Schlingpflanze oder über eine Wurzel stolperte oder in ein Loch trat und sich das Bein brach, war es um den Reiter geschehen. Man wagte sich maximal einen halben Tagesritt in den Wald hinein, um noch vor Einbruch der Dunkelheit rauszukommen. Das heißt, man ritt vielleicht 30 km tief hinein, in vorsichtigem, langsamen Tempo. Man blieb in der Peripherie des Waldes.
Die Kirche hatte überhaupt keinen Einblick in den Wald. Kein Wunder, daß sich da archaische, vorchristliche, ja sogar vorgermanische Bräuche hielten.
#69
Es wurden einige Bräuche angesprochen, es wird (zum Teil OT) wild herumspekuliert, die gestellte Frage, welche der angesprochenen Bräuche germanischen Ursprungs sind, wurde nicht geklärt.

Daher wird der Thread geschlossen.

Sollte jemand hier angesprochene Einzelthemen interessant finden, ist er/sie eingeladen, einen Thread dazu zu eröffnen. Vorsorglich ergeht die bitte, das jeweilige Thema nicht aus den Augen zu verlieren.
MfG B.


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