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Ostara (Eostre)
#1
Grund, eine germanische Frühlingsgöttin namens Ostara anzunehmen und diese mit dem ↗Osterfest in Verbindung zu bringen, ist eine kurze Anmerkung Bedas, die von ↗Jakob Grimm aufgenommen und kommentiert wurde:

Eosturmonath, qui nunc paschalis mensis interpretatur, quondam a dea illorum, quae Eostre vocabatur et cui in illo festa celebrabant, nomen habuit.

(↗Beda Venerabilis, De temporum ratione, XV 13)

Übersetzung:

Der Eosturmonat (Ostermonat), der jetzt mit "mensis Paschalis" übersetzt wird, hatte einst seinen Namen nach ihrer Göttin Eostre, für die man in diesem Monat Feste feierte.

Jakob Grimm greift die Stelle auf und hält dazu u.a. fest:

Der angelsächsische Geschichtsschreiber hat uns dagegen die Namen zweier von ihm ausdrücklich für alte Göttinnen seines Volks ausgegebener Wesen gemeldet,…
[…]
Die beiden Göttinnen, welche Beda ganz kurz, ohne nähere Schilderung, bloß zur Erklärung der nach ihnen benannten Monate anführt, sind Eostre und Hrede,…
[…]
Es wäre unkritisch, dem Kirchenvater, der sich das Heidentum überall abhält und weniger als er weiß davon mitteilt, die Erfindung dieser Göttinnen aufzubürden.
[…]
Ostara, Eostre mag also Gottheit des strahlenden Morgens, des aufsteigenden Lichts gewesen sein, deren Begriff für das Auferstehungsfest des christlichen Gottes verwandt werden konnte.


(J. Grimm, Deutsche Mythologie Bd I, Kap. 13, 239.241)

Die meisten Volkskundler neigen hingegen dazu, die Göttin Eostre als eine Erfindung Bedas abzutun.

Grimms Argument, dass man dem Christen Beda nicht unterstellen solle, die Göttin - und ihre Verbindung zum christlichen Osterfest - erfunden zu haben, hat durchaus Gewicht. ↗Jan de Fries hält eine allgemein-südgermanische Frühlings- bzw. Fruchtbarkeitsgöttin Ostara (Estare), die in der Verwandtschaft von ↗Frija und ↗Nerthus anzusiedeln sei, für denkbar (O. A. Erich, R. Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde, 619).

Åke V. Ström (in: Ström, Biezais: Germanische und baltische Religion, 108) neigt ebenfalls dazu, der Anmerkung Bedas Glauben zu schenken:

Nun hat man auch hier Beda angefochten. Johann Knobloch meint, "die Göttinnen Hreda und Eostra seien in gleicher Weise aus dem (Monats-)Namen erst von Beda erschlossen worden". Die Entwicklung sei folgendermaßen verlaufen: "das christliche Pascha-Fest wurde allmählich albae wegen der weißen Taufgewänder (vgl. dominica in albis) genannt, was dann infolge fehlerhafter Interpretation mit germ. ostarun wiedergegeben wurde" — "ein frühes fränkisches Missionswort".

Gutenbrunner erklärt in fast gleicher Weise Eostra-Ostara als "frühe germanische Übersetzung des christlichen Gehalts von pascha", und zwar durch austr, "Schöpfwasser", gibt jedoch gleichzeitig zu, daß Ostern und easter "durch Urverwandtschaft zusammenhängen, nicht durch Entlehnung".

Nimmt man hinzu, daß ein in der Missionszeit entliehenes ags. eastron nicht zu ostarun, sondern istron werden mußte (ea > ia > i) und daß die beiden Göttinnen ihre Stellung in dem germanischen Frühlingsmuster ausfüllen, besteht kein Grund, an Bedas Angaben zu zweifeln.



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MfG B.
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