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"Strategische" Begriffe
#1
Es gibt Begriffe, die sich schlecht oder gar nicht fest umreißen lassen. Dazu gehören beispielsweise "Gerechtigkeit", "Gutes", "Böses", "Nächstenliebe". Man hilft sich meist durch Einschränkungen wie: "Niemand ist eigentlich böse."

Mir kommt da eine andere Idee, mit der Frage: "Ist Definieren überhaupt die richtige Methode für das Problem?" (Das ist mir bei der Diskussion um die Theodizee (Suche) bereits unter gekommen!)

Ich meine: Nein. Tatsächlich handelt es sich meiner Meinung nach um Strategien (Vorgehensweisen, Bestrebungen), die auf etwas hin- oder einwirken.

Tatsächlich stehen im Fokus angenehme oder widerwärtige Situationen, Gewinn und Verlust, Nützliches und Nachteiliges, auf welche unter anderen z. B. die "Gerechtigkeit" einwirken. Gerechtigkeit fördert im Miteinander das Recht der anderen z. B. auf einen Gewinn oder etwas Nützliches, nie aber in der Form, dass man sagen kann: Diese oder jene sind gerecht (in einem absoluten Sinn).

Genauso bei der Nächstenliebe. Man kann die Gleichgewichte zugunsten der Umgebung in Richtung von mehr angenehmen Situationen verschieben. Die Nächstenliebe aber lässt sich nicht als Zielvorstellung definieren.

Physiker unter uns werden sicher an Operatoren wie Impuls oder Energie erinnert, die auf die Wellenfunktion von mikroskopischen Systemen (Teilchen) einwirken. Deren statistische Verteilung wird verändert - darin besteht die "Operation". 
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#2
Gut,böse, moralisch sind eigentlich keine zu definierenden Begriffe an sich , sondern nur in einem sehr speziellen Umfeld.
WAs man persönlich als gut empfinden mag, kann man gleichzeitig als schlecht empfinden wenn es eine Gemeinschaft
tut und gleichzeitig wieder gut wenn ein Staat so handelt.

Das Problem ist auch noch, das was man als gut empfindet Anderen nicht zugestanden wird.
Also Ansichtssache.

Salomon sagt da recht unverblümt:
"» Hinter der moralischen Maske lauerte immer schon der blinde Instinkt der Rache.
Die Belegung 'des Fremden', 'des Abweichlers' , 'des Gegners' mit dem 'Signum des Bösen'
erlaubte erst jene Eskalation von Gewalt, die sich wie ein blutroter Faden durch die Geschichte der Menschheit zieht.

Ein Abschied von diesem archaischen Denkmuster würde uns – so eine der Hauptaussagen des vorliegenden Buches – nicht nur in ethischer Hinsicht stärken, er würde uns auch zu einer entspannteren Weltsicht verhelfen.
Dieser Perspektivenwechsel würde unser Verhältnis zu uns selbst und zu unseren Mitmenschen entkrampfen, ja, er hätte durchaus auch eine 'spirituelle Dimension': Denn was Gläubige tagaus, tagein in ihren Gebeten erflehen, die 'Erlösung von dem Bösen',
liefert uns eine humanistische, rational-wissenschaftliche Weltsicht gewissermaßen 'frei Haus'.
Zu dieser 'Erlösung' bedarf es nämlich keiner göttlichen Gnade, keines wie auch immer gearteten Beistands von oben, sondern lediglich einer kritischenÜberprüfung unserer Annahmen über die Welt. «

Mal ein Standpunkt. Die Orientierung findet aber an vielfältigen Normen statt.
"
"Auch etwa Gerhard Ringeling betont: Das Christentum hat eine bestimmte Kulturerfahrung und prägt von dieser her seine Rezeption neuer Erfahrungen. Integrierung dieser Erfahrungen sei aber auch als disfunktional zu herrschenden Kommunikationstrends aufzufassen.

Dietmar Mieth etwa unterscheidet wie folgt:

Soziale Normen sind nicht durch Einsicht in Gründe begründet, sondern aufgrund sozialer Beziehung und entlasten den Menschen von einer Dauerreflexion des Verhaltens.
Sittliche Normen dagegen integrieren und überbieten biologische oder jurischen Normverständnisse in Richtung
auf eine freie Orientierung menschlichen Handelns und sind Wertvorzugsurteile,
also Abwägungen von Werten unter vorgegebenen Bedingungen, generelle oder relative Vorrangregeln im Falle des Wertkonflikts. Von Normen ist daher erst dann zu sprechen, wenn die Klausel der Anwendung eindeutig geklärt ist.

Deontologische Normen sind Normen, die immer gebieten oder verbieten (etwa: die Wahrheit sagen und die Lüge meiden)

Teleologische Normen gebieten oder verbieten im Hinblick auf die Wirkungen des Handelns und geben daher genau die Umstände an (etwa: die direkte Tötung eines unschuldigen Lebens ist nicht erlaubt).

Wer nicht an die Existenz (standpunktunabhängiger) deontologischer Normen glaubt, kann diese immerhin darin gerechtfertigt sehen, allgemeine Werteinsichten mit höchster Dringlichkeit einzuschärfen. Normative Ethik hat, so Mieth, ihre Stärke in der Abgrenzung des Bösen und damit im Gewinn eines Rahmens für das Gute und ist demnach entweder formal oder kasuistisch. Als Vermeidungsimperative verstandene Normen benennen also das Nicht-Mehr-Gute (Böse), lassen damit aber das Gute als das material Sittliche offen. Für konkrete Urteile sind Erfahrungskontexte, wie für Auer, entscheidend: auf einfachen Werteinsichten ruhen komplexere Werturteile auf, die aus dem Wertkonflikt erst entstehen – aber auch einfache Werteinsichten sind schon keineswegs selbstverständlich. Die dafür nötige Kompetenz beruht auf Erfahrung als integrierender Aneignung (nicht als Empirie, sondern als Experienz, die durch symbolische Muster vermittelt wird)." wiki

Sind schon überholte nicht fassbare Begriffe, wie Moral.
Nicht entscheidbar, also untauglich oder tauglich für Alles, was das Gleiche ist.
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#3
(15-11-2014, 16:58)Harpya schrieb: Gut,böse, moralisch sind eigentlich keine zu definierenden Begriffe an sich , sondern nur in einem sehr speziellen Umfeld.
Genau darum geht es. Ich meine, diese "Begriffe" sind eigentlich strategischer Natur. Wie du ganz richtig schreibst, können sie - je nach Situation, Umfeld, Ereignisfolge und betroffendem Personenkreis - (relativ) positive und/oder (relativ) negative Auswirkungen haben.

(15-11-2014, 16:58)Harpya schrieb: Also Ansichtssache.
Nicht nur, sondern allgemein: bedingt.

(Schmidt-)Salomon schrieb:Hinter der moralischen Maske lauerte immer schon der blinde Instinkt der Rache.
Die Belegung 'des Fremden', 'des Abweichlers' , 'des Gegners' mit dem 'Signum des Bösen'
erlaubte erst jene Eskalation von Gewalt, die sich wie ein blutroter Faden durch die Geschichte der Menschheit zieht.
Yep, das ist die Kehrseite davon, dass man philosophisch wie religiös immer genau zu wissen glaubte, was gut, was böse ist. So wird aus vermeintlich Gutem eine menschenverachtende Ideologie.

Danke für deine Zitate, die tatsächlich etwas über die negativen und zu kritisierenden Resultate absolut gesetzter moralischer Ansprüche hergeben.


(15-11-2014, 16:58)Harpya schrieb: Sind schon überholte nicht fassbare Begriffe, wie Moral.
Nicht entscheidbar, also untauglich oder tauglich für Alles, was das Gleiche ist.
Ich stimme dem insoweit zu, dass ich auch die herkömmliche Verwendung dieser Begriffe als solche für grundsätzlich untauglich halte. Gleichwohl müssen wir ja verständlich reden, wenn wir etwas für erstrebenswert halten. Man muss halt nur daran denken, dass dahinter eine Strategie der Abwägung von Vor- und Nachteilen steht, der man eine andere entgegen setzen kann (nicht muss).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#4
Was so Sinn macht ist jedenfalls eine Philosophie die auch die Folgen einer Handlung in Betracht zieht.
Sonst könnte man kaum eine ökologische Ethik entwickeln.

Allgemeingültig wird man das sowieso nie formulieren könn, weil Mentalität und eigene Ziele immer
eine Rolle spielen, bei der Abwägung von Vor - und Nachteilen wiel die Proritäten anders gesetzt werden.

Hier wärs kaum denkbar, das man Mädchen in einer Schule verbrennen lässt weil sie nicht richtig
gekleidet sind, auch wenn sie dann nacher vergewaltigt werden da sie ja so aufreizend sind.
Gerade wenn man aus einem brennenden Haus kommt.
Der eine Vater sagte dann, " war nur ein Mädchen, kein Problem, machen wir neu".
Da war das völlig in Ordnung.
Da dürfte auch kaum Abwägung eine Rolle gespielt haben, in der Kürze der Zeit ist das ein angeprägtes Verhalten.
Verständlich gesprochen.

Wahrscheinlich hätten viele Probleme, sagen wir mal eine Halle mit gesammelten Ebolafällen brennt in einer
gewöhnlich dicht besiedelten Stadt und man müsste entscheiden ob man die rauslässt auf die Gefahr hin,
das sich ein ganzer Haufen Leute neu ansteckt.

Da entscheidet dann mehr die Persönlichkeit wie jemand gestrickt ist, sozialisiert ist.
AUch wenn schon ein Überfall passiert , helfen oder nicht ist mehr reflexartig, keine Zeit für große Abwägungen.
Theoretisch Alles gut und schön, ich kann aber nicht jedesmal die Philisophie der letzen 2000 Jahre durchgehen.
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#5
(13-11-2014, 19:01)Ekkard schrieb: Tatsächlich stehen im Fokus angenehme oder widerwärtige Situationen, Gewinn und Verlust, Nützliches und Nachteiliges, auf welche unter anderen z. B. die "Gerechtigkeit" einwirken. Gerechtigkeit fördert im Miteinander das Recht der anderen z. B. auf einen Gewinn oder etwas Nützliches, nie aber in der Form, dass man sagen kann: Diese oder jene sind gerecht (in einem absoluten Sinn).

liegt eben sehr wahrscheinlich daran, dass es das Absolute ebensowenig gibt, wie das Nichts. Auch der Tod ist nichts Absolutes. Zum einen, weil das Leben nach dem Tod weiter geht - auch ohne uns- und das einzige, was dabei auf der Strecke bleibt, das individuelle ICH, ohnehin nur eine nützliche und zweckdienliche - strategische - Illusion gewesen ist.

Doch auch die Information des strategischen ICH´s geht dabei nicht wirklich verloren. Zeitlebens spiegeln wir uns im ICH unserer Artgenossen und unsere Artgenossen spiegeln sich in unserem. Ob nun in Freude oder Leid, lassen wir dahingestellt.
Aber es formt unser Ich und unser ICH formt das ICH der anderen.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#6
(16-11-2014, 18:24)Geobacter schrieb: Aber es formt unser Ich und unser ICH formt das ICH der anderen.

Ich seh da eher die Tendenz, das Andere versuchen MICH zu formen.
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#7
(16-11-2014, 18:40)Harpya schrieb:
(16-11-2014, 18:24)Geobacter schrieb: Aber es formt unser Ich und unser ICH formt das ICH der anderen.

Ich seh da eher die Tendenz, das Andere versuchen MICH zu formen.

Dieser Gefahr ist man ständig ausgeliefert, was dann aber eben auch das Ich entsprechend formt. Nur halt eben nicht nach den Wünschen der "Anderen". Icon_lol
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
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#8
Tja, im wesentlichen stimme ich der vorstehenden Auffassung vom Ich zu. Aber es gibt die ganz eigene Ich-Tradition, die meistens auf kurze Begegnungen oder solchen unter "ferner liefen" nicht oder nur sehr sparsam reagiert. Alles in allem ist unser Bewusstsein ein "Gesellschaftsorgan", Ausdruck dafür, dass wir biologisch gesehen Gesellschaftswesen sind, vielleicht sogar "staatenbildend". Es gibt da gruppendynamische Verhaltensweisen, die anders nicht erklärlich wären.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#9
Längst nicht alle Tiere sind Gesellschaftswesen, besonders Männchen nicht.
SIcher gibts da auch notwendiges Teamwork bei Rudeltieren oder einfach Herdentiere,
mal dauerhaft Paarbildend, das dürfte sich aber mit den Umständen entwickelt haben.

Bei Raubtieren ist das schon garnicht die Regel, Krokodile vielleicht, da liegts am begrenzten Lebensraum und Aktionsradius.

Gut und böse gibts da biologisch auch nicht.
Kann man sich aber ein Beispiel nehmen , Tiere haben es nicht im Sinn ihren Lebensraum zu zerstören,
da geht die Bevölkerung mit den Ressourcen Hand in Hand.

Da ist Überbevölkerung die nicht dem Lebensraum entspricht eben nicht glaubensmässig verankert,
was an sich schon mal schlecht ist.

Gibt aber immer noch Organisationen die ihre Leute feuern weil sie mal Kondome verteilen oder Verhütung lehren.
DIe stürzen die schon Notleidenden noch tiefer ins Elend und finden das gut.
Könnte natürlich eine Strategie sein die eigene Existenzberechtigung und wachsende Klientel zu rechtfertigen.
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#10
(16-11-2014, 21:59)Harpya schrieb: Längst nicht alle Tiere sind Gesellschaftswesen, besonders Männchen nicht.
Wie erinnerlich, war einzig von Menschen ("wir", "uns") die Rede!

(16-11-2014, 21:59)Harpya schrieb: SIcher gibts da auch notwendiges Teamwork bei Rudeltieren oder einfach Herdentiere, mal dauerhaft Paarbildend, das dürfte sich aber mit den Umständen entwickelt haben.
Gewiss; immer dann, wenn es eines gruppendynamischen Verhaltens bedurfte. Aber es geht hier ja um Konstrukte, die wir immer im Munde führen, und hinter denen Strategien ggf. ganzer Menschengruppen stecken.

(16-11-2014, 21:59)Harpya schrieb: Gut und böse gibts da biologisch auch nicht.
Kann man sich aber ein Beispiel nehmen , Tiere haben es nicht im Sinn ihren Lebensraum zu zerstören,
da geht die Bevölkerung mit den Ressourcen Hand in Hand.
Wenn auch off-topic: Umgekehrt gewinnt die Aussage Sinn. Auch "der Mensch" hat nicht im Sinn, den Lebensraum zu zerstören. Das ergibt sich erst durch die überaus erfolgreiche Massenvermehrung - bei Menschen wie bei Hefe.

(16-11-2014, 21:59)Harpya schrieb: Da ist Überbevölkerung die nicht dem Lebensraum entspricht eben nicht glaubensmässig verankert, ...
Richtig, Religionslehren spiegeln nur die temporäre Erkenntnis, häufig an Erfahrungen langer Tradition. Was ist schon "schlecht" daran (auch ein strategischer Begriff). Wenn wir Menschen das so nicht wollen, wie es sich durch das Verhalten der Vielen ergibt, dann werden wir das schon ändern. Das kann nur tausend Jahre dauern und viele Kriege bedingen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#11
Ds ist garnicht off-topic mit den Ressourcen.

Kirchen stellen Gestze und Forderungen auf, auf der Grundlage die Moralapostel der Welt zu sein
ohne die Konsequenzen zu bedenken.
Mit so flachen Samariter Beispielen, fiktiven Wienbergen etc..

Ich hab noch nie gelesen das da steht dieses "Gesetz".... macht nur solange Sinn bis ein bestimmter Zustand erreicht ist.

Da werden undedarft Verhaltensweisen vorgegeben die sich längst überholt haben und mit
akrobatischen Verrenkungen rhetorischer Art irgendwie gesellschaftsfähig gemacht werde.

Der Papst letztens " Homosexualität kann bereichern (gut), ist auch kein Problem, Hauptsache man tuts nicht(schlecht)"
Da ist doch Kindergarten, immerhin ist das Gedankenverbrechen weg.
Da darf man jetzt tatsächlich dran denken ohne gleich gesteinigt zu werden.

Wenn Gott nur Tradition ist, Traditionen entstehen aus Gewohnheit oder damaligem Nutzen
ist das jetzt gut die nachzuverfolgen?

Viele sind längst als sinnlos erkannt, in Lourdes erwartet auch keiner mehr, das ein Behinderter der durch die Quelle
fährt nachher neue Reifen am Rollstuhl hat.

Religiöse Gundlagen sind nunmal nicht tauglich, deswegen ist "gut" und "böse" auch überflüssig.
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