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Hohelied (Hoheslied)
#1
Sammlung profaner Liebeslieder, die in das ↗Alte Testament Eingang gefunden hat. Thema ist die sinnliche Liebe zwischen Mann und Frau. Nichts weist darauf hin, dass die beiden verheiratet sind. Der Text ist den Schriften der Weisheit zugeordnet. ↗Salomo, der als höchster Repräsentant jüdischer Weisheit gilt, wurde lange Zeit als sein Urheber angesehen. Die im ersten Vers unterstellte Autorenschaft (Hohelied Salomos) ist nicht aufrechtzuerhalten.

Die jüdische Überlieferung nennt das Buch den Eingangsworten entsprechend (siyr haššiyriym) "Lied der Lieder" ("Gesang der Gesänge"), in der ↗Septuaginta wird das mit ῏Αισμα ᾀσμάτων, in der ↗Vulgata mit canticum canticorum übersetzt.

Die Bezeichnung Hohelied (Hoheslied) stammt von ↗Martin Luther.

Im Text werden Bilder verarbeitet, die in altorientalischer (insbesondere in der altägyptischen) Liebeslyrik ihren Ursprung haben. Obwohl die Lieder zum Teil sehr alt sind, hat die Sammlung wohl erst in ↗nachexilischer Zeit ihre Endgestalt bekommen. In den ↗Kanon konnte das Hohelied aufgenommen, weil es als ↗allegorische Beschreibung der Liebesbeziehung Gottes zu seinem Volk gedeutet wurde. Christlicherseits wurde der Text vornehmlich als allegorische Beschreibung der Liebe ↗Christi zu seiner ↗Kirche umgedeutet.

Neben literaturgeschichtlichen Parallelen aus altorientalischen Kulturkreisen sind auch solche aus dem griechisch-römischen Kulturkreis (↗Bukolik) erkennbar. Insbesondere die naturorientierte Lebensfreude der Liebeslyrik der alexandrinischen Dichterschule (↗Kallimachos, ↗Apollonios v. Rhodos, ↗Theokrit) ist in diesem Zusammenhang nennens- und beachtenswert.
 
Einige islamische Exegeten meinen, aus Hld 5,16 den Hinweis auf das kommende  Auftreten ↗Mohammeds herauslesen zu dürfen, indem sie ein adjektivisch gebrauchtes Wort [מַחֲמַדִּ֑ים (mahamaddiym) = lieblich, liebenswert] falsch vokalisieren, es als Muhammadim meinen lesen zu dürfen und diese sonderbare Form als Gebrauch des Majestätsplurals erklären.

Im antiken ↗Judentum war die Aufnahme des Liedes der Lieder in die heiligen Schriften umstritten. Heftige Ablehnung gab es ebenso wie außerordentliche Hochschätzung, was ein im ↗bTalmud festgehaltener Ausspruch ↗Rabbi Akibas eindrucksvoll belegt1.

Im jüdischen Gottesdienst ist die Verwendung des Hlds seit dem 8. Jh nachweisbar, und zwar als Rolle für den 8. Tag des Pascha-Mazzot-Festes2.

Im ↗Christentum war das Hld aufgrund der allegorischen Auslegung3 bis ins 17. Jh ein außerordentlich beliebtes und vielgebrauchtes Buch.

1) Rabbi Akiba sprach: Behüte und bewahre, niemand in Jisrael streitet über das Lied der Lieder, ob es nicht die Hände unrein mache; die ganze Welt ist nicht so würdig, wie am Tage, an dem das Lied der Lieder verliehen wurde, denn es sind auch alle ↗Hagiographen heilig, aber das Lied der Lieder ist hochheilig (bT Jad III 5).

2)  ↗Pascha (Pessach) war ursprünglich ein mit Viehzucht und Hirtenleben verbundenes Erntedankfest. Später wurde es mit dem ↗Mazzot-Fest verbunden.

3)  Christliche Deutungen:

  • Die Mann-Frau-Beziehung wird als Beziehung Christi als Bräutigam zur Kirche als Braut gedeutet (Ecclesia Sponsa).

  • Mariologisch gedeutet verweist die Frau im Hld auf ↗Maria (Maria Sponsa).

  • Die Mann-Frau-Beziehung wird als Beziehung Christi als Bräutigam zur Seele als Braut gedeutet (Anima Sponsa).



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MfG B.
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