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Zweifel an Ermächtigungszeugnis von Jesus an Petrus
#1
Guten Tag,

... die uneingeschränkte geistige Befugnis von Jesus " was auf Erden ..." an Petrus gerichtet führt der Vatikan als Legitimation an für die päpstliche Vollmacht. Die Ableitung der Vollmacht an die nächste Generation hat Jesus bestimmt nicht ausdrücklich geregelt sondern ist ein eigenmächtiger Rückschluß der Petri-Nachfolger.

Da die ersten Päpste nach Petrus ja keine Urwahl wie heute abgehalten haben dürfte sich der Nachfolge-Ritus sehr eigenwillig so entwickelt haben wie wir ihn heute kennen. Nach meinem Eindruck ist das heutige aufwendige Nachfolge-Verfahren Ergebnis eines gewachsenen Verwaltungsapparates der RKK, welcher aber schon vor Konstantin seine Grundzüge gehabt hat.
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#2
(20-07-2018, 15:33)Kreutzberg schrieb: Guten Tag,

... die uneingeschränkte geistige Befugnis von Jesus " was auf Erden ..." an Petrus gerichtet führt der Vatikan als Legitimation an für die päpstliche Vollmacht. Die Ableitung der Vollmacht an die nächste Generation hat Jesus bestimmt nicht ausdrücklich geregelt sondern ist ein eigenmächtiger Rückschluß der Petri-Nachfolger.

Das sieht man ja schon daran, dass die Bischoefe von Rom in der fruehen Kirche nie eine Weisungsberechtigung hatten. Der Bischofssitz von Rom galt, da er als von Petrus gegruendet angesehen wurde, immer als sehr ehrenhaft, aber damit waren keinerlei praktische Privilegien gegenueber den anderen vier Patriarchen verbunden. Die ersten sieben oekumenischen Konzile fanden alle in und um Konstantinopel statt (Konstantinopel, Nicaea, Chalcedon) oder nicht zu weit weg (Ephesos). Rom war ein Spieler unter vielen. Die Orthodoxe Kirche hat diese Haltung zur Position des Bischofs von Rom immer beibehalten.

Man koennte auch sagen, das Neue Testament selbst erzaehlt uns das schon anders. Die Briefe des Paulus und die Apostelgeschichte stimmen darin ueberein, dass nicht Petrus die fruehen Glaeubigen fuehrte, sondern Jakobus. Jakobus ist auch der Leiter des sogenannten "Apostelkonzils".

(20-07-2018, 15:33)Kreutzberg schrieb: Da die ersten Päpste nach Petrus ja keine Urwahl wie heute abgehalten haben dürfte sich der Nachfolge-Ritus sehr eigenwillig so entwickelt haben wie wir ihn heute kennen. Nach meinem Eindruck ist das heutige aufwendige Nachfolge-Verfahren Ergebnis eines gewachsenen Verwaltungsapparates der RKK, welcher aber schon vor Konstantin seine Grundzüge gehabt hat.

Nein. Das Verfahren war anscheinend nicht festgelegt und aenderte sich dauernd. Die Wahl des Bischofs von Rom war eine innere Angelegenheit des roemischen Klerus. Manchmal mischten sich Politiker ein; dann gab es bis ins 11. Jhdt. ein Verfahren, das die Zustimmung der Buerger Roms erforderte. Zuletzt musste der Kaiser zustimmen.

Das Konklave hat gar keine kirchlichen Wurzeln. Anscheinend haben diverse italienische Staedte im 12. Jahrhundert dieses als politisches Verfahren fuer die Besetzung von Leitungspositionen eingefuehrt (in Venedig wurde so der Doge gewaehlt), um die Beeinflussung von aussen abzustellen. Die roemische Kirche hat das dann 1216 oder 1241 uebernommen.
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#3
(20-07-2018, 15:33)Kreutzberg schrieb: Da die ersten Päpste nach Petrus ja keine Urwahl wie heute abgehalten haben dürfte sich der Nachfolge-Ritus sehr eigenwillig so entwickelt haben wie wir ihn heute kennen. Nach meinem Eindruck ist das heutige aufwendige Nachfolge-Verfahren Ergebnis eines gewachsenen Verwaltungsapparates der RKK, welcher aber schon vor Konstantin seine Grundzüge gehabt hat.

Päpste hat es während der ersten hundert Jahre der Geschichte des Christentums nicht gegeben.  Mt 16,18 ist mit einiger Wahrscheinlichkeit später interpoliert worden. Die von Irenäus behauptete Nachfolge des Linus auf Petrus  ist konstruiert. Den Monepiskopat gab es in der stadtrömischen Christengemeinde frühestens ab 150 nC. Bis Eleutherus (gest. ca.  185) sind von den von Irenäus genannten Personen ausschließlich die Namen bekannt. Aus dem Schatten der Geschichte tritt der römische Bischof erstmals mit Victor I. (186-197). Von Victor weiß man, dass er sich Weisungsrechte anderen Gemeinden gegenüber herauszunehmen versuchte, womit er aber keinen Erfolg hatte.

Dass Petrus der erste Bischof von Rom gewesen sei, ist ein frommes Märchen. Es ist doch nicht einmal gesichert, dass Petrus jemals in Rom gewesen war. Ein ebenso frommes Märchen ist die Gründungslegende der stadtrömischen Gemeinde. Ein gemeinschaftliches Werk von Petrus und Paulus soll die Gründung der Christengemeinde in Rom gewesen sein. Dionysios von Korinth habe das berichtet, kann man bei Eusebius nachlesen. Dass Paulus davon nichts wusste, was man das in seinen Texten unschwer nachlesen kann, störte offenbar nicht.

Die stadtrömische Christengemeinde, die es schon um 41 nC gegeben hat, wurde – die ersten 100 Jahre jedenfalls - kollektiv geführt.
MfG B.
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#4
(21-07-2018, 00:15)Bion schrieb: Mt 16,18 ist mit einiger Wahrscheinlichkeit später interpoliert worden.

Es ist schon ein ziemlich krasser Kontrast, dass Petrus nur wenige Zeilen spaeter als "Satan" tituliert wird.

Die Interpolation muss aber wohl ziemlich frueh passiert sein. Da fragt sich, wer das gewesen sein koennte.
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#5
Mt 16,18f. ist frühe Gemeindetradition. Soweit die Mehrheit protestantischer und eine Minderheit katholischer Theologen. Für die katholische Theologie ist die Frage schon deshalb ein heißes Eisen, weil die Historizität des Herrenwortes am 18.7.1870 mit der dogmatischen Konstitution "Pastor aeternus" festgelegt und einzementiert wurde (siehe Denzinger DH 3050-3075).

Wann genau die Verse hinzugekommen sind, lässt sich, wenn man seriös bleiben will, nicht sagen. Jedenfalls dürften sie, wie du erwähnt hast, recht früh hinzugekommen sein.

Schon R. Bultmann hat sich in einer Anmerkung zu einem seiner Texte zum Urchristentum dazu festgelegt:
"Die Matth. 16,18f. Jesus in den Mund gelegten Worte an Petrus als den Felsen, auf dem er seine Kirche erbauen will, sind Gemeindebildung, wenn ihre Echtheit neuerdings auch in der protestantischen Theologie wieder vertreten wird."
(R. Bultmann: Das Urchristentum. 1998 Düsseldorf. Patmos Verl., S. 239)
MfG B.
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#6
Gut, es kann also sein, dass wir da auf Rangstreitigkeiten regionaler Gemeinden blicken, die in einzelnen Evangelien noch ihren Widerhall finden. Der Primatsanspruch Roms mag damit urspruenglich ueberhaupt nicht verbunden gewesen sein und einen weiteren Entwicklungsschritt bilden. Als moeglicher Kandidat erscheint da auch Antiochien, dessen Patriarchat sich ja auch auf Petrus beruft. Rom musste dann mit Petrus und Paulus noch eins draufsetzen.
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#7
Wenn ich das richtig verstanden hat sich Amtsstatus (Bischof von Rom) später entwickelt als die Gemeinde eine gewisse Größe überschritten hat und eine Hierarchie von Nöten war. Wo kommt der Begriff (Bischof von Rom) denn dann eigentlich her ?
Dieser war ja offenkundig in frühchristlichen Phase noch gar nicht geläufig gewesen, wie ich heraushöre ...
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#8
Man nimmt im allgemeinen an, dass das Bischofsamt als Organisationsform der Kirche eine Entwicklung des zweiten Jahrhunderts ist. Das Wort "episkopos" (Aufseher) taucht, wenn auch insgesamt nur 5 mal, in spaeten NT-Texten auf, ist aber in seiner Bedeutung wohl allgemeiner gefasst als spaeter. Bei Paulus sieht man ja die fruehe Organisation von Presbyter-Gemeinden.

Die naechste Entwicklung war, dass Gemeinden prinzipiell unabhaengig waren, dann regionalen Bischoefen unterstanden. Auch diese hatten gegenseitig keinerlei Weisungsbefugnis. Man denke daran, wie Polykarp, der Bischof von Smyrna in Kleinasien, nach Rom ging, um mit dem Bischof von Rom, Anicetus, das Datum des Osterfestes zu diskutieren. Man einigte sich darauf, die unterschiedlichen Gepflogenheiten zu respektieren, da niemand nachgab. Anicetus muss wohl im westlichen Reichsgebiet schon recht viel Einfluss gehabt haben, genauso wie Polykarp es im Osten hatte.

Die naechste Entwicklung kam mehr oder weniger mit Konstantin. Um das Jahr 300 herum hatte Diokletian das Roemische Reich neu gegliedert, in drei Praefekturen, und die Praefekturen wurden wiederum in Dioezesen untergliedert. Konstantin gliederte dann noch Aegypten als Praefektur aus. Die Kirche uebernahm dann 325 die weltliche Dioezesangliederung in Form der sogenannten Metropolitanverfassung. Der Bischof von Rom hatte die Oberhoheit ueber Italien, Illyrien, Gallien und Africa (den westlichen Teil Nordafrikas), der Patriarch von Alexandrien die ueber Aegypten, Libyen, die Pentapolis, der Patriarch von Antiochien ueber den Orient, etc.

Unter Justinian wurde dann die Pentarchie daraus, die Herrschaft der 5 Patriarchen (Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien, Jerusalem). Alle Patriarchen waren ausdruecklich ranggleich, es gab lediglich eine Ehrenordnung, die die Reihenfolge bestimmte, wie sie genannt wurden. In dieser Ehrenordnung wurde der Patriarch von Rom halt als Erster genannt, da sein Bischofssitz von Petrus und Paulus begruendet war. Entscheidungen wurden durch Konzile getroffen.

Wenn man sich die Patriarchate anschaut, so sind die 4 Flaechenpatriarchate in der Folge alle zu separaten Kirchen geworden.
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#9
Die historische Entwicklung später ist wahrscheinlich eine Folge des frühzeitlichen Entstehungshintergrundes.

Es ist klar, dass man bei der Missionierung glaubhaft machen musste für diese Aufgabe autherisiert zu sein. Petrus als der (Schlüsselverwalter des Himmelstors) dann später fast zum geflügelten Wort angeführt wurde ist sicherlich für sein Image nicht alleine verantwortlich. Die Bibelaussage ist allerdings offenkundig recht konkret : "was auf Erden erlassen ist : ist auch im Himmel erlassen". ... ect.

Was natürlich ohnehin unklar bleibt ist die Frage, ob diese Legitimation auch von den Jüngern im Zuge der 1. Missionierungsphase immer wieder hervorgebracht wurde um Skeptiker zu überzeugen. Das wäre allerdings wichtig um den Ursprung dieser Aussage einigermaßen richtig und zuverlässig einordnen zu können.
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#10
Wer soll so etwas wissen. Wir koennen nur aus der Perspektive der Kirchenvaeter des spaeten 2. Jahrhunderts auf die Geschehnisse zurueckblicken, und wenn man die liest, scheinen sie oft genug auch nur selbst zu mutmassen. Die Kirchengeschichte war mit Sicherheit weitaus komplizierter, als ein Buch wie die Apostelgeschichte uns glauben machen will. Man beachte, diese Einsetzung des Petrus steht nur in einem der vier Evangelien. Die Markioniten z.B. machten einen grossen Teil der fruehen Christenheit aus, und sie kannten nur einen einzigen Apostel: Paulus. Sie benutzten auch nur ein Evangelium, eine Version von Lukas. Sie moegen sogar die erste wirklich organisierte Kirche im eigentlichen Sinne gewesen sein, aber wer weiss.

In vielerlei Hinsicht wirken Schriften wie die von Irenaeus so, als wuerde der Versuch unternommen, eine einheitliche Kirche aus vielen recht unterschiedlichen Bewegungen zu zimmern. Er verteidigt den vierfachen Kanon der Evangelien (die Begruendung ist zahlenmagisch), aber die Antworten auf solche Fragen liegen wohl dort, wo die einzelnen Kanon-Sammlungen zuerst gemacht wurden und wo die Schriften des NT ihre einheitlichen Ueberschriften und Autorenzuweisungen erhielten. Irenaeus selbst behauptete, die einzelnen Bewegungen der "Haeretiker" wuerden nur jeweils eins der Evangelien benutzen, weshalb sie ihren Haeresien anhaengen wuerden. Wer weiss, vielleicht steckt da wirkliche Geschichte dahinter, naemlich dass hier die Evangelien verschiedener Gruppierungen gesammelt, ein wenig angepasst und in einem Vier-Evangelien-Buch zusammengefasst wurden, um den Glauben zu vereinheitlichen. Als "Kleber" mag auch eine der vier fruehen "Publikationseinheiten" der kanonischen NT-Texte, Apostelgeschichte plus Katholische Briefe, gedient haben.

Es ist wirklich schwer, hier tatsaechliche Geschichte herauszukitzeln. Ein Teil der Apostelgeschichte z.B. hat Petrus als die eindeutig dominante Persoenlichkeit, aber dann verschwindet er einfach aus dem Buch, und Paulus wird zum Helden der Geschichte. Im Prinzip kann man nur versuchen, aus den vorhandenen Texten einen eventuell versteckten Hintergrund herauszukitzeln.
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#11
Ein echter Atteist würde darauf hinweisen, dass Jesus sicherlich ein schriftliches Zeugnis hinterlassen hätte, wäre ihm diese Form von Vollmacht an Petrus so wichtig gewesen wie behauptet !!!

Das sind natürlich recht profane Aussagen und lassen den Kontext außer acht, dass die Gegenwart und Zukunft (zw. 30 - 70 nach Christus) sehr stark gedeutet wurde in der Erwartung der nahenden Apokalyse : schriftliche Zeugnisse spielten in dieser Zeit bekanntlich keine wichtige Rolle.

Ich schätze mal, dass die bis heute praktizierte Vollmacht zur Sündenvergebung im Rahmen der Beichte auf diese Zusage Jesu zurückzuführen ist.
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#12
(31-07-2018, 13:08)Kreutzberg schrieb: Ein echter Atteist würde darauf hinweisen, dass Jesus sicherlich ein schriftliches Zeugnis hinterlassen hätte, wäre ihm diese Form von Vollmacht an Petrus so wichtig gewesen wie behauptet !!!

Das sind natürlich recht profane Aussagen und lassen den Kontext außer acht, dass die Gegenwart und Zukunft (zw. 30 - 70 nach Christus) sehr stark gedeutet wurde in der Erwartung der nahenden Apokalyse : schriftliche Zeugnisse spielten in dieser Zeit bekanntlich keine wichtige Rolle.

Wieso sollte ein Atheist so etwas tun? In den Evangelien schreibt nie jemand etwas, und fruehe Vertreter des Christentums weisen immer wieder darauf hin, dass sie das "lebendige Wort" irgendwelchen Schriften vorziehen. Die fruehe Geringschaetzung eigener schriftlicher Hinterlassenschaften, gemeinsam mit dem Punkt, dass die Apostel wohl Analphabeten waren, ist wohl vielmehr der Grund dafuer, dass die Schriften in dieser undurchsichtigen Zeit x-mal umgeschrieben wurden, und dass jeder, der halbwegs Einfluss besass, seine eigenen Ansichten darin verewigen durfte. Was viele Glaeubige unterschaetzen ist, wie viele Koeche mit jeweils eigener Agenda hinter diesen Texten stehen. Man kann nur mutmassen, wer das da reingeschrieben hat.

Ausserdem sollten Vertreter einer perfekten Ueberlieferung mal aufmerksam ihren Paulus lesen. Jesus konnte durch jedes Gemeindemitglied sprechen. Oder anders ausgedrueckt, jeder durfte spontan "Herrenworte" produzieren. Das muss damals eine interessante Zeit gewesen sein.

(31-07-2018, 13:08)Kreutzberg schrieb: Ich schätze mal, dass die bis heute praktizierte Vollmacht zur Sündenvergebung im Rahmen der Beichte auf diese Zusage Jesu zurückzuführen ist.

Die ist dafuer unerheblich. Die Vollmacht zur Suendenvergebung kommt, wie die Apostelgeschichte darlegt, aus dem Pfingstereignis, also der Gabe des Hl. Geistes. Alle Apostel hatten daran teil.
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#13
Das "lebendige Wort" ist für eine historische Betrachtung aber Untauglichkeit, weil hier die Beweisfindung einfach versagen muss.

Die Bindekraft von mündlichen Zusagen war sicherlich im 1. Jahrhundert sehr ausgeprägt. Das sollte man bedenken. Es ist aber anzunehmen, dass bei den Zeitzeugen für die 4 Evangelisten wahrscheinlich kein Jünger Jesu mitgewirkt hat. Deshalb fehlt hier leider die eindeutige Authensität, nach welchen ja bekanntlich Bibelforscher sich immer wieder sehnen.

Ulan schrieb:Oder anders ausgedrueckt, jeder durfte spontan "Herrenworte" produzieren. Das muss damals eine interessante Zeit gewesen sein.

Dieser wichtige Hintergrund ist zugleich Fluch und Segen :
Segen ist er : weil dadurch die festzustellende Vielfalt der frühen Christentums sicherlich beflügelt wurde.
Fluch ist er : weil der Ursprung von bestimmten Lehren nicht ganz klar ist und ggf. auch verfälscht wiedergegeben werden kann.

> ich denke, dass dieser Rückschluß durchaus plausibel ist und von eine Reihe  renomierter Bibel-Exegese-Fachleute  gerne ausgeblendet wird. Das ist ja auch der Grund weshalb eine kritische Reflektion von Erzkatholiken schwerlich möglich ist. Da ist fast immer ein bestimmter "FILTER" im Kopf der eine objektive Betrachtung verhindert.
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#14
(02-08-2018, 12:39)Kreutzberg schrieb: Die Bindekraft von mündlichen Zusagen war sicherlich im 1. Jahrhundert sehr ausgeprägt. Das sollte man bedenken. Es ist aber anzunehmen, dass bei den Zeitzeugen für die 4 Evangelisten wahrscheinlich kein Jünger Jesu mitgewirkt hat. Deshalb fehlt hier leider die eindeutige Authensität, nach welchen ja bekanntlich Bibelforscher sich immer wieder sehnen.

Das ist sicher so, aber das Beispiel der oestlichen Kirchen (Orthodoxe etc.) zeigt zusaetzlich, dass man, selbst wenn man wie diese Kirchen die Authenzitaet der Aussage vollkommen anerkennt, man sie trotzdem anders interpretieren kann und die Ansicht der RKK nicht teilen muss.

(02-08-2018, 12:39)Kreutzberg schrieb: Dieser wichtige Hintergrund ist zugleich Fluch und Segen :
Segen ist er : weil dadurch die festzustellende Vielfalt der frühen Christentums sicherlich beflügelt wurde.
Fluch ist er : weil der Ursprung von bestimmten Lehren nicht ganz klar ist und ggf. auch verfälscht wiedergegeben werden kann.

Das ist wohl so. Jeder, der meinte, Christus/der Hl. Geist wuerden durch ihn sprechen (in paulinischem Verstaendnis scheinen beide identisch gewesen zu sein), konnte fundamentale Glaubensaussagen machen. Das war ja auch die Autoritaet, auf die Paulus sich selbst berief. Er wurde in einer persoenlichen Vision eingesetzt, und das galt als autoritativ. Im Prinzip ist so letztlich auch der christliche Kanon entstanden. Viele Leute haben im Namen Christi/des Hl. Geistes gesprochen, und andere haben dann entschieden, ob die Aussage von Christus ist oder nicht, und zwar ebenfalls, weil sie meinten, dass sie es waren, die den wahren Christus in sich "hoerten", und Bischoefe sahen spaeter ihre Legitimation in direkter apostolischer Sukzession (letztere ist uebrigens fuer das fruehe Christentum nicht wirklich nachweisbar, soll aber weiterhin Hierarchie zementieren).

Uebrigens scheint dieses Weissagen durch jedes Gemeindemitglied in der organisierten Kirche bald abgestellt worden zu sein, wegen des daraus folgenden dauernden Streits um Glaubensaussagen. Erste Hinweise findet man in den Pastoralbriefen, die unter Namen des Paulus gelistet werden aber allgemein als spaete Schriften gelten. Auch in den als urspruenglich angenommenen Briefen finden sich Saetze, die manchmal zuvor Gesagtem direkt widersprechen und als spaetere Einfuegungen durch Andere gelten (ein beruehmtes Beispiel ist, wo im 1. Korintherbrief den Frauen das Sprechen in der Gemeindeversammlung untersagt wird, obwohl ein paar Seiten vorher noch Regeln fuer das Weissagen durch eben diese Frauen aufgestellt wurden).

Ausserdem kann man sich so auch die ganzen Auseinandersetzungen mit den sogenannten "Erzhaeretikern" erklaeren. Das sind ja oft Phaenomene des fruehen bis mittleren zweiten Jahrhunderts, also der Zeit, als das Christentum sich endlich der Schriftform zukehrte und die Hauptkaempfe um den "wahren" Glauben stattfanden.[/quote]

(02-08-2018, 12:39)Kreutzberg schrieb: > ich denke, dass dieser Rückschluß durchaus plausibel ist und von eine Reihe  renomierter Bibel-Exegese-Fachleute  gerne ausgeblendet wird. Das ist ja auch der Grund weshalb eine kritische Reflektion von Erzkatholiken schwerlich möglich ist. Da ist fast immer ein bestimmter "FILTER" im Kopf der eine objektive Betrachtung verhindert.

Wenn es um das eigene Seelenheil geht und man den Verlust desselben fuerchtet, wird man schon mal etwas bestimmter, auch wenn die Umstaende es eigentlich gar nicht unterstuetzen. Einfach zu glauben, was die kirchliche Interpretation vorgibt, die sich in Jahrhunderten herausgebildet hat, ist sicherlich der einfachere Weg, und viele gehen ihn halt.
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#15
Ich habe gelegentlich mal nach Fachbüchern aus der Bibelforschung im Internet gesucht. Dabei ist für mich auffällig, dass der Kampf um die Deutungshoheit zentraler Aussagen des Neuen Testaments in Geschichtsbüchern nur sehr oberflächlich behandelt wird, was ich immer wieder ausdrücklich beklagt habe.

Wer unbedarft ist könnte meinen, dass Kaiser KONSTANTIN den "gordischen Knoten" der inhaltlichen Gegensätze durch ein Machtwort ein fürs andere mal beendet hat. Daher rührt dann auch die Wertschätzung von Konstantin als Wegbereiter der etablierten Römisch-Katholischen Kirche.
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