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16-08-2020, 22:24
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16-08-2020, 22:47 von Sinai.)
(16-08-2020, 09:58)Ulan schrieb: Die von den Assyrern geflohene Bevoelkerung Israels, hier wohl unter anderem auch Leute der Oberschicht, die der Deportation entkommen konnten.
Die Assyrer waren ein böses Volk, das sagen völlig unabhängig vom Tanach auch andere antike Quellen (Sumerer, Perser, Ägypter, Mitanni)
Ein Glück, dass diese Unmenschen ausgestorben sind.
Was mir allerdings nicht einleuchten will ist daß von den Rückkehrern immer wieder gebetsmühlenartig behauptet wird, daß auch Teile der israelitischen Oberschicht nach Assyrien deportiert worden wären.
Dies ist unplausibel! Welcher assyrische König würde sich eine fremde Oberschicht ins Land holen ??
Wahrscheinlich wollten die Rückkehrer ihre Position verbessern, da sagte einer daß sein Großvater ein Schriftgelehrter war, in Wahrheit war er ein ungebildeter Feldarbeiter, der halt am Sabbat mühsam und stockend einen Vers aus einem Zettel oder einem Stück trockenem Lehm vorlas, den er sich vom Nachbarn abgeschrieben hatte, dessen Ahne bei der Deportation ein herausgerissenes Stück Pergament aus der Thora in seinen Mantel stopfen konnte . . .
(16-08-2020, 09:58)Ulan schrieb: Im Prinzip war die Stadt ab dem Zeitpunkt mehr "Israel" als "Juda"; trotzdem hat das Land natuerilich letzteren Namen behalten.
Klingt spannend - kannst mehr darüber schreiben!
Jedenfalls schleppten die Rückkehrer auch Probleme ein: neue Krankheiten gegen die man nicht immun war, fremde Weiber*, fremde Sitten die manchen Kern von Götzenkult hatten (so etwas ist nie verläßlich auszuschließen), fremde Vorstellungen (was mit den Toten nach dem Sterben geschah)
In der Kabbala ist von einem fliegengestaltigen Dämon die Rede, der ins Sterbezimmer kommt. Die Seele des Verstorbenen erschaudert vor Angst beim Anblick des Dämons und kriecht in die Leiche zurück um sich zu verstecken. Aber der Dämon erbeutet dennoch die Seele und nimmt sie fort . . .
Diese Vorstellung ist aus dem Bereich Zweistromland und dem angrenzenden Gebirgsland im Norden
Wahrscheinlich ist sie damals ins Judentum gekommen und hielt sich als verbotene Geheimlehre
So etwas war immer Familientradition, Familiengeheimnis, es ging vom Vater an den Sohn weiter
So konnte sich das halten
Wäre man dem Juden draufgekommen was er da glaubt, wäre er sofort gesteinigt geworden
Auch heute noch verhängt man bei einem Todesfall in nicht wenigen jüdischen Wohnungen die Spiegel - aus Rücksicht auf die Seele des Toten - damit sie ungestört hinausfindet
Judentum | Tod und Glaube
tod-und-glaube.de › die-bestattungskultur-des-judentums
"Die Bestattungskultur des Judentums
Alle Spiegel werden verhängt . . . "
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*) Ein altes Problem. Man lese, was schon König Salomo geschah: 1 Könige 11
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17-08-2020, 01:59 von Ulan.)
(16-08-2020, 22:24)Sinai schrieb: Dies ist unplausibel! Welcher assyrische König würde sich eine fremde Oberschicht ins Land holen ??
Gerade das war gaengige Praxis, die dann von den Neubabyloniern perfektioniert wurde. Die Oberschicht eines Landes wurde sozusagen "umerzogen", wurden an ein hochzivlisiertes Land (das bezieht sich nicht auf die harschen Gesetze, sondern die staedtische Kultur) in ihrem Denken assimiliert und konnte dann den Einheimischen spaeter wieder als Verwalter vor die Nase gesetzt werden. Das war uebrigens auch der Hintergedanke der Perser, die die babylonisch erzogenen Juden fuer die Verwaltung ihrer neuen Provinz einsetzten (die sogenannte "Rueckkehr aus der Gefangenschaft") - was uebrigens bei den einheimischen Juden zum Teil Probleme verursachte. Die meisten der nach Babylonien gebrachten Juden blieben ja auch dort und wollten nicht wieder zurueck in eine rueckstaendige Provinz.
(16-08-2020, 22:24)Sinai schrieb: Wahrscheinlich wollten die Rückkehrer ihre Position verbessern, da sagte einer daß sein Großvater ein Schriftgelehrter war, in Wahrheit war er ein ungebildeter Feldarbeiter, der halt am Sabbat mühsam und stockend einen Vers aus einem Zettel oder einem Stück trockenem Lehm vorlas, den er sich vom Nachbarn abgeschrieben hatte, dessen Ahne bei der Deportation ein herausgerissenes Stück Pergament aus der Thora in seinen Mantel stopfen konnte . . .
Von irgendwelchen Rueckkehrern war hier im Zusammenhang mit der assyrischen Deportation nicht die Rede. Die Assyrer deportierten nur einen Teil der Bevoelkerung des Staates Israels (des Nordreichs). Viele blieben im Nordreich, wie uns die biblischen Chronik-Buecher bestaetigen, und die Leute, die zum Anschwellen der Jerusalemer Bevoelkerung fuehrten, konnten sich dem Zugriff der Assyrer komplett entziehen, indem sie waehrend des Krieges in das suedliche Nachbarland Juda flohen und letztlich in der dortigen Bevoelkerung aufgingen, also Teil der Juden wurden.
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Das relevante Kapitel hier ist 2. Chronik 30 (alles Einheitsuebersetzung):
"1 Hiskija sandte Boten zu ganz Israel und Juda, schrieb auch Briefe an Efraim und Manasse und forderte sie auf, zum Haus des HERRN nach Jerusalem zu kommen und zur Ehre des HERRN, des Gottes Israels, das Pessach zu feiern."
"5 Sie beschlossen, man solle in ganz Israel von Dan bis Beerscheba ausrufen, dass sie kommen und in Jerusalem zur Ehre des HERRN, des Gottes Israels, das Pessach feiern sollten; denn man hatte es bisher nicht vollzählig so gehalten, wie es vorgeschrieben war."
"10 Die Eilboten zogen von Stadt zu Stadt durch das Gebiet von Efraim und Manasse bis nach Sebulon. Doch man lachte und spottete über sie. 11 Nur einige Männer von Ascher, Manasse und Sebulon beugten sich und kamen nach Jerusalem."
"17 Weil viele in der Versammlung sich nicht geheiligt hatten, schlachteten die Leviten für alle, denen die Reinheit fehlte, die Pessachlämmer, um sie dem HERRN zu weihen. 18 Denn ein großer Teil des Volkes, viele nämlich aus Efraim, Manasse, Issachar und Sebulon, hatten sich nicht gereinigt."
Dies war nach der assyrischen Deportation, wie beim Lesen des ganzen Kapitels deutlich wird.
Kapitel 31
"1 Nachdem sie dies alles beendet hatten, zogen die anwesenden Israeliten insgesamt in die Städte Judas, zertrümmerten die Steinmale, hieben die Kultpfähle um und zerstörten die Kulthöhen und Altäre in ganz Juda, Benjamin, Efraim und Manasse vollständig. Darauf kehrten alle in ihre Städte auf ihren Besitz zurück."
Interessant ist in dem Zusammenhang auch die Liste in 1. Chronik 9, die die Bewohner Jerusalems nach der Rueckkehr aus der babylonischen Gefangenschaft (also zur Perserzeit) auflistet, und da werden die Staemme Juda, das in Juda absorbierte Simeon, Benjamin, Levi, Ephraim und Manasse genannt.
" 3 In Jerusalem wohnten von den Angehörigen Judas, Benjamins, Efraims und Manasses folgende:..." etc.
Auch hier ist also klar ersichtlich, dass die "verlorenen Staemme" auch in persischer Zeit noch Teil der Jerusalemer Bevoelkerung bildeten.
Die Fiktion, die Staemme des Nordreichs waeren ausgeloescht worden, stammt aus den Koenige-Buechern.
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17-08-2020, 12:55
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17-08-2020, 12:57 von Sinai.)
Sehr interessant zu lesen. Beim lesen werden einige Fragen aufgeworfen:
(17-08-2020, 01:53)Ulan schrieb: Das relevante Kapitel hier ist 2. Chronik 30 (alles Einheitsuebersetzung):
"5 . . . denn man hatte es bisher nicht vollzählig so gehalten, wie es vorgeschrieben war."
Wie ist das zu verstehen? Was ist hier mit "vollzählig" gemeint ?
(17-08-2020, 01:53)Ulan schrieb: . . . Dies war nach der assyrischen Deportation, wie beim Lesen des ganzen Kapitels deutlich wird.
Woraus wird das deutlich ?
(17-08-2020, 01:53)Ulan schrieb: Interessant ist in dem Zusammenhang auch die Liste in 1. Chronik 9, die die Bewohner Jerusalems nach der Rueckkehr aus der babylonischen Gefangenschaft (also zur Perserzeit) auflistet, und da werden die Staemme Juda, das in Juda absorbierte Simeon, Benjamin, Levi, Ephraim und Manasse genannt.
" 3 In Jerusalem wohnten von den Angehörigen Judas, Benjamins, Efraims und Manasses folgende:..." etc.
Auch hier ist also klar ersichtlich, dass die "verlorenen Staemme" auch in persischer Zeit noch Teil der Jerusalemer Bevoelkerung bildeten.
Die Fiktion, die Staemme des Nordreichs waeren ausgeloescht worden, stammt aus den Koenige-Buechern.
Klänge interssant, aber allein der Umstand, dass neben dem Stamm Juda auch einzelne von den Angehörigen Benjamins, Efraims und Manasses etc in Jerusalem wohnten, besagt noch gar nichts
Die vielen teuren Versuche, die verlorenen Stämme zu suchen, die nicht nur extrem teuer waren (man mußte Karawanen ausrüsten, Kamele kaufen, bewaffnete Reiter zahlen) sondern auch hochgefährlich (man konnte weit außerhalb der Zivilisation von unbekannten Räuberstämmen überfallen und versklavt werden) wurden von gelehrten Juden organisiert; diese hatten die Schrift wohl genau gelesen . . .
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17-08-2020, 17:33
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17-08-2020, 17:33 von Ulan.)
(17-08-2020, 12:55)Sinai schrieb: Ulan schrieb:"5 . . . denn man hatte es bisher nicht vollzählig so gehalten, wie es vorgeschrieben war."
Wie ist das zu verstehen? Was ist hier mit "vollzählig" gemeint ?
Ganz Israel, also alle Staemme. Hiskija war nur Koenig von Juda, und der Norden (Israel im engeren Sinn) war Teil Assyriens zu seiner Zeit.
(17-08-2020, 12:55)Sinai schrieb: (17-08-2020, 01:53)Ulan schrieb: . . . Dies war nach der assyrischen Deportation, wie beim Lesen des ganzen Kapitels deutlich wird.
Woraus wird das deutlich ?
Wieso liest Du nicht einfach das Kapitel 30? Das steht doch alles da.
"6 ... Ihr Israeliten, kehrt um zu dem HERRN, dem Gott Abrahams, Isaaks und Israels, so wird er sich zu den Erretteten kehren, die die Könige von Assur von euch übrig gelassen haben;...9 denn wenn ihr euch bekehrt zu dem HERRN, so werden eure Brüder und Kinder Barmherzigkeit finden bei denen, die sie gefangen halten, sodass sie in dies Land zurückkehren."
Pessach soll durchgefuehrt werden wie vorgeschrieben, damit die in die Gefangenschaft Gefuehrten durch Gottes Hilfe zurueckkehren koennen. Der Text beschreibt aber auch, dass das mit dem "nach Vorschrift" nicht so ganz hingehauen hat, da viele Angehoerige der Nordstaemme erst gar nicht nach Jerusalem kamen oder sich nicht richtig vorbereiteten. Der Norden hat die Vorherrschaft Judas ja letztlich nie anerkannt, weshalb er dann spaeter aus der Geschichte herausgeschrieben wurde (die Samaritaner).
(17-08-2020, 12:55)Sinai schrieb: Klänge interssant, aber allein der Umstand, dass neben dem Stamm Juda auch einzelne von den Angehörigen Benjamins, Efraims und Manasses etc in Jerusalem wohnten, besagt noch gar nichts
Natuerlich sagt das etwas. Die Liste ist sehr kurz - kein Wunder, da Jerusalem durch die Perserzeit ein kleines Dorf blieb - und wenn da Simeon, Efraim und Manasse einen deutlichen Teil ausmachen, haben wir also eine gemischte Population aus allen Teilen des alten Israel selbst nach der "Babylonischen Gefangenschaft" vor uns. Es wird ja auch dadurch klar, dass auch die Nordstaemme (Samaria) die Tora in einer sehr aehnlichen Form uebernahmen; zu Beginn war das Verhaeltnis also noch recht herzlich.
(17-08-2020, 12:55)Sinai schrieb: Die vielen teuren Versuche, die verlorenen Stämme zu suchen, die nicht nur extrem teuer waren (man mußte Karawanen ausrüsten, Kamele kaufen, bewaffnete Reiter zahlen) sondern auch hochgefährlich (man konnte weit außerhalb der Zivilisation von unbekannten Räuberstämmen überfallen und versklavt werden) wurden von gelehrten Juden organisiert; diese hatten die Schrift wohl genau gelesen . . .
Wohl eher nicht, bzw. das falsche Buch. Die Buecher "Koenige" sind die juedische Variante der Geschichte, und die schreibt die Nordstaemme schlicht aus der Ueberlieferung raus und setzt die Legende von den "verlorenen Staemmen" in die Welt. Dabei sind sehr durchsichtige, theologische Differenzen der Grund, und das Faktum, dass die Nordstaemme sich weigerten, den Tempel in Jerusalem als autoritativ anzuerkennen. Sie hatten ihren eigenen heiligen Berg und brauchten kein Zion.
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17-08-2020, 23:38
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18-08-2020, 00:08 von Sinai.)
Hallo Ulan - Du schreibst sehr interessant.
(17-08-2020, 17:33)Ulan schrieb: (17-08-2020, 12:55)Sinai schrieb: Ulan schrieb:"5 . . . denn man hatte es bisher nicht vollzählig so gehalten, wie es vorgeschrieben war."
Wie ist das zu verstehen? Was ist hier mit "vollzählig" gemeint ?
Ganz Israel, also alle Staemme. Hiskija war nur Koenig von Juda, und der Norden (Israel im engeren Sinn) war Teil Assyriens zu seiner Zeit.
Verstehe ich Dich richtig:
Mit "vollzählig" ist also nicht die Qualität des Kultus gemeint, es ist also nicht gemeint daß die zahlreichen " vorgeschriebenen" Vorschriften vollzählig eingehalten wurden, sondern es war gemeint: alle Stämme
(17-08-2020, 17:33)Ulan schrieb: (17-08-2020, 12:55)Sinai schrieb: (17-08-2020, 01:53)Ulan schrieb: . . . Dies war nach der assyrischen Deportation, wie beim Lesen des ganzen Kapitels deutlich wird.
Woraus wird das deutlich ?
Wieso liest Du nicht einfach das Kapitel 30? Das steht doch alles da.
"6 ... Ihr Israeliten, kehrt um zu dem HERRN, dem Gott Abrahams, Isaaks und Israels, so wird er sich zu den Erretteten kehren, die die Könige von Assur von euch übrig gelassen haben;...9 denn wenn ihr euch bekehrt zu dem HERRN, so werden eure Brüder und Kinder Barmherzigkeit finden bei denen, die sie gefangen halten, sodass sie in dies Land zurückkehren."
Pessach soll durchgefuehrt werden wie vorgeschrieben, damit die in die Gefangenschaft Gefuehrten durch Gottes Hilfe zurueckkehren koennen. Der Text beschreibt aber auch, dass das mit dem "nach Vorschrift" nicht so ganz hingehauen hat, da viele Angehoerige der Nordstaemme erst gar nicht nach Jerusalem kamen oder sich nicht richtig vorbereiteten. Der Norden hat die Vorherrschaft Judas ja letztlich nie anerkannt, weshalb er dann spaeter aus der Geschichte herausgeschrieben wurde (die Samaritaner).
Sigmund Freud legte aber die Spur, daß mit "Norden" die Sadduzäer gemeint sein konnten !
Diese These finde ich interessant und wohl wert zu überprüfen.
(17-08-2020, 17:33)Ulan schrieb: (17-08-2020, 12:55)Sinai schrieb: Klänge interssant, aber allein der Umstand, dass neben dem Stamm Juda auch einzelne von den Angehörigen Benjamins, Efraims und Manasses etc in Jerusalem wohnten, besagt noch gar nichts
Natuerlich sagt das etwas. Die Liste ist sehr kurz - kein Wunder, da Jerusalem durch die Perserzeit ein kleines Dorf blieb - und wenn da Simeon, Efraim und Manasse einen deutlichen Teil ausmachen, haben wir also eine gemischte Population aus allen Teilen des alten Israel selbst nach der "Babylonischen Gefangenschaft" vor uns.
"gemischte Population" dürfte nicht der richtige Ausdruck sein, denn es waren ja alle Israeliten, Nachkommen der Menschen die von Moses aus Ägypten geführt worden waren und die zehn Gebote erhalten hatten.
(17-08-2020, 17:33)Ulan schrieb: (17-08-2020, 12:55)Sinai schrieb: Die vielen teuren Versuche, die verlorenen Stämme zu suchen, die nicht nur extrem teuer waren (man mußte Karawanen ausrüsten, Kamele kaufen, bewaffnete Reiter zahlen) sondern auch hochgefährlich (man konnte weit außerhalb der Zivilisation von unbekannten Räuberstämmen überfallen und versklavt werden) wurden von gelehrten Juden organisiert; diese hatten die Schrift wohl genau gelesen . . .
Wohl eher nicht, bzw. das falsche Buch.
Dies kann ich mir schwer vorstellen.
Schriftgelehrte hatten nichts anderes zu tun, als in der Schrift zu lesen - und sich mit gleichrangigen Schriftgelehrten auszutauschen (mündlich oder mittels Korrespondenz)
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(17-08-2020, 23:38)Sinai schrieb: Verstehe ich Dich richtig:
Mit "vollzählig" ist also nicht die Qualität des Kultus gemeint, es ist also nicht gemeint daß die zahlreichen "vorgeschriebenen" Vorschriften vollzählig eingehalten wurden, sondern es war gemeint: alle Stämme
Beides. Dieser Pessach-Versuch Hiskijas scheiterte an beiden Forderungen. Im Prinzip ist die Forderung, alle Israeliten muessten gemeinsam Pessach feiern, prinzipiell nicht einzuhalten. In der Beziehung kann man der Idee von den "verlorenen Staemmen" zumindest einen uebertragenen Sinn abgewinnen. Einige der kleineren Staemme waren wohl in den lokalen nichtisraelitischen Mehrheitsbevoelkerungen aufgegangen (Ascher oder Dan z.B.), Manasse hatte sich immer schon mit Aramaeern vermischt (selbst die "Vaeter" des Stammes hatten schon aramaeische Frauen) und sind groesstenteils in den syrischen Bevoelkerungen aufgegangen, was fuer die anderen transjordanischen Staemme noch weiter ging. Dazu kommen die tatsaechlich deportierten Leute, von denen ja durchaus viele in ihrer neuen Umgebung aufgingen und gar keine Absicht mehr hatten, zurueckzugehen. Und dann kommt natuerlich spaeter noch die Nichtakzeptanz des Uebergangs der Macht an die Jerusalemer Priesterschaft, was zur samaritanischen Abspaltung fuehrte. Dieser unerfuellbare Alleinvertretungsanspruch Jerusalems erzeugte dann die Idee der "verlorenen Staemme".
(17-08-2020, 23:38)Sinai schrieb: Sigmund Freud legte aber die Spur, daß mit "Norden" die Sadduzäer gemeint sein konnten !
Diese These finde ich interessant und wohl wert zu überprüfen.
Nicht jede Idee ist es wert, weiter zu verfolgen. Das wurde gemacht, und die Idee wurde verworfen.
(17-08-2020, 23:38)Sinai schrieb: "gemischte Population" dürfte nicht der richtige Ausdruck sein, denn es waren ja alle Israeliten, Nachkommen der Menschen die von Moses aus Ägypten geführt worden waren und die zehn Gebote erhalten hatten.
Wir sprachen von Staemmen, und in der Beziehung ist es "gemischt", nicht nur Juda und Benjamin, wie uns "Koenige" glauben machen will.
(17-08-2020, 23:38)Sinai schrieb: Dies kann ich mir schwer vorstellen.
Schriftgelehrte hatten nichts anderes zu tun, als in der Schrift zu lesen - und sich mit gleichrangigen Schriftgelehrten auszutauschen (mündlich oder mittels Korrespondenz)
Schriftgelehrte legen Texte aus. Wenn ein Text (Koenige) eine Version der Geschichte liefert, ein anderer (Chronik) aber eine vollkommen andere, dann versuchen Schriftgelehrte zu interpretieren. In der juedischen Auslegungspraxis hat es sich dabei eingebuergert, moeglichst vorsichtig zu sein, also immer die "schlechteste" Variante zu bevorzugen, damit man Gott nicht durch unabsichtliche Unterlassungen erzuernt. Heutige Theologen tragen ein solches Korsett nicht. Sie koennen, wie jeder Leser, sehen, dass die Variante in den "Chronik"-Buechern die wahrscheinlichere ist, waehrend die in den "Koenige"-Buechern einfach Ausdruck des Jerusalemer Alleinvertretungsanspruchs ist.
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18-08-2020, 01:06 von Sinai.)
(18-08-2020, 00:53)Ulan schrieb: was zur samaritanischen Abspaltung fuehrte. Dieser unerfuellbare Alleinvertretungsanspruch Jerusalems erzeugte dann die Idee der "verlorenen Staemme".
Die Samariter wurden aber nie zu den "verlorenen Stämmen Israels" gezählt !
(18-08-2020, 00:53)Ulan schrieb: . . . Heutige Theologen tragen ein solches Korsett nicht. Sie koennen, wie jeder Leser, sehen, dass die Variante in den "Chronik"-Buechern die wahrscheinlichere ist, waehrend die in den "Koenige"-Buechern einfach Ausdruck des Jerusalemer Alleinvertretungsanspruchs ist.
Bei der Auslegung des Tanach "Wahrscheinlichkeiten" zu folgen, dürfte kein guter Ratgeber sein
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18-08-2020, 01:17 von Ulan.)
(18-08-2020, 01:05)Sinai schrieb: Die Samariter wurden aber nie zu den "verlorenen Stämmen Israels" gezählt !
Das ist ja gerade der Trick. Die Samaritaner machen den Grossteil der angeblichen "verlorenen Staemme" aus. Das ist verletzter Stolz, weil die Samaritaner den Priestern in Jerusalem gesagt haben, sie koennten sich ihre Idee, dass sie (die Jerusalemer) die einzig wahren Vertreter aller Israeliten seien, sonstwohin stecken. Aus Rache haben die Autoren der "Koenige"-Buecher die Samaritaner dann ignoriert.
Es wuerde mich nicht wundern, wenn auch das "Mutterprinzip" eine Reaktion darauf ist, da die Nordstaemme patriarchale Linien bevorzugten.
(18-08-2020, 01:05)Sinai schrieb: Bei der Auslegung des Tanach "Wahrscheinlichkeiten" zu folgen, dürfte kein guter Ratgeber sein
Da es hier in dem Thread vornehmlich um geschichtliche Fragen geht, sind weniger Schriftgelehrte als Historiker die Leute, die man fragen sollte. Und dass die Version in der "Chronik" letztlich richtiger ist, zeigt ja ein Blick auf die Geschichte.
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18-08-2020, 01:18 von Sinai.)
(18-08-2020, 01:14)Ulan schrieb: Aus Rache haben die Autoren der "Koenige"-Buecher die Samaritaner dann ignoriert.
Du hast eine blühende Phantasie
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18-08-2020, 01:33
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18-08-2020, 01:35 von Ulan.)
(18-08-2020, 01:18)Sinai schrieb: (18-08-2020, 01:14)Ulan schrieb: Aus Rache haben die Autoren der "Koenige"-Buecher die Samaritaner dann ignoriert.
Du hast eine blühende Phantasie
Das hat nichts mit Fantasie zu tun. Das Buch Koenige wird allgemein als Produkt des Suedens angesehen, also voll von Propaganda aus Juda; die Chroniken sind das neutrale Pendant.
Wie auch immer, auch die Genetik bestaetigt, dass die Samaritaner patrilinear von Israeliten abstammen, ihre Selbstdarstellung, dass ihre Hohepriester der "Cohen"-Familie aus der aaronitischen Linie abstammen also richtig ist. Andere Samaritaner-Linien stammen von Efraim und Manasse ab, die Benjamin-Nachkommen sind mittlerweile ausgestorben. Matrilinear stammen sie von anderen Populationen ab, also aehnlich, wie die Chronik das beschreibt. Allerdings muss man dazu sagen, dass auch Juden sehr oft matrilinear von anderen Voelkern abstammen, das matrilineare Prinzip wohl also auch dort mehr Illusion als sonst etwas ist.
In samaritanischen Darstellungen sind die Juden die Haeretiker, die von einer Gruppe, die aus Babylonien geschickt wurde, uebernommen wurden. Die Samaritaner sehen sich selbst als Hueter der wahren israelitischen Tradition.
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18-08-2020, 02:11
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18-08-2020, 02:12 von Sinai.)
(18-08-2020, 01:33)Ulan schrieb: In samaritanischen Darstellungen sind die Juden die Haeretiker, die von einer Gruppe, die aus Babylonien geschickt wurde, uebernommen wurden.
"Eine Gruppe die aus Babylonien geschickt wurde" . . . klingt nach Verschwörungstheorie
________
Da fällt mir auf, daß das erfundene Gleichnis vom "Barmherzigen Samariter" den Samariter als gut darstellt, den Priester und den Leviten aber als Unmenschen - ein sehr tendentiöses Gleichnis.
Für solche "Gleichnisse" bekäme man auch heute Schwierigkeiten . . . wenn da einer ein "Gleichnis" erfindet oder eigentlich eine Hetzkampagne, daß da ein Unfallopfer am Straßenland liegt, die CDU Politikerin läßt ihn liegen, die SPD Politikerin läßt ihn liegen, dann kommt der Deus ex Machina von einer verhaßten kleinen Oppositionspartei und ist barmherzig . . .
Hui, wäre da Feuer am Dach!
Warum ergriff Jesus eigentlich so auffällig Partei für die Samariter ?
Je mehr man sich mit diesen blöden Fragen beschäftigt, desto mehr Fragen tauchen auf
Das ist wie eine Sucht - je mehr man von den Chips ißt, desto größer wird der Hunger
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18-08-2020, 03:04 von Ulan.)
(18-08-2020, 02:11)Sinai schrieb: "Eine Gruppe die aus Babylonien geschickt wurde" . . . klingt nach Verschwörungstheorie
Fuer die Leute, die in Juda und Israel zurueckgeblieben waren, sah das aber so aus. Die Bibel selbst schreibt ja auch darueber, dass nicht jedermann entzueckt war, dass da irgendwelche Leute aus Babylon kamen und nun meinten, sie haetten das Sagen. Die Perserkoenige haben das doch nicht gemacht, weil sie so ein grosses Herz hatten. Sie schickten ihnen wohlgesonnene Kreise mit Beziehungen dorthin in die Provinzen, um diese zu regieren. Sie schickten uebrigens auch einen Nachfahren des letzten Koenigs von Juda, und Jerusalem war zunaechst nicht die Hauptstadt. Was mit diesen Koenigsnachfahren passierte, weiss niemand.
Die Deportation traf nur einen sehr kleinen Teil der Bevoelkerung, und zwar die Elite (insgesamt weniger als 10.000 Leute, das Buch Jeremia spricht von lediglich 4.600). Diese nun babylonisierte Elite wurde wieder zurueckgeschickt, um die Verwaltung zu uebernehmen. Einen messbaren Zuwachs der Bevoelkerung in Jehud Medinata verursachte diese Rueckwanderung nicht.
Der Wikipedia-Artikel zu Jehud gibt hier mehr Einsichten. Die englische Version gibt auch ein paar weitere Informationen.
(18-08-2020, 02:11)Sinai schrieb: Warum ergriff Jesus eigentlich so auffällig Partei für die Samariter ?
Tat er doch gar nicht. Der Samariter im Gleichnis ist einfach ein Beispiel fuer jemanden, der von Juden normalerweise verachtet wurde - genau wie die Zoellner und einfachen Leute, mit denen Jesus sich einliess. Das Gleichnis sagt nur mal wieder mit anderen Worten, dass man mehr auf die inneren Werte eines Menschen schauen sollte und weniger auf den auesserlichen Schein.
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18-08-2020, 15:05 von Sinai.)
(18-08-2020, 02:45)Ulan schrieb: Sie schickten ihnen wohlgesonnene Kreise mit Beziehungen dorthin in die Provinzen, um diese zu regieren.
Mit solchen pauschalen Vorurteilen wurden die Heimkehrer von der ortsansäßigen Priesterschaft aber sehr verleumdet und bewußt ins schlechte Licht gestellt.
(18-08-2020, 02:45)Ulan schrieb: (18-08-2020, 02:11)Sinai schrieb: Warum ergriff Jesus eigentlich so auffällig Partei für die Samariter ?
Tat er doch gar nicht. Der Samariter im Gleichnis ist einfach ein Beispiel fuer jemanden, der von Juden normalerweise verachtet wurde - genau wie die Zoellner und einfachen Leute, mit denen Jesus sich einliess.
"Verachtete" Gruppen gab es damals in Judäa zuhauf: Römer, Griechen, Idumäer, Phönizier, etc. etc. etc.
Das Märchen hätte ja auch heißen können: "Der barmherzige Römer" oder "Der barmherzige Grieche"
Aber "rein zufällig" war es ein barmherziger Samariter
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18-08-2020, 15:46
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18-08-2020, 15:50 von Sinai.)
(18-08-2020, 02:45)Ulan schrieb: Der Wikipedia-Artikel zu Jehud gibt hier mehr Einsichten.
Hier fand ich:
"Der Bau des Zweiten Tempels war ein Projekt der Perser und der aus dem Exil zurückgekehrten, perserloyalen Bevölkerungsgruppe."
Jehud (persische Provinz) - Wikipedia
Daraus kann man entnehmen, daß die aus dem Exil zurückgekehrte Bevölkerungsgruppe der persichen Oberhoheit gegenüber loyal war (keine Revoluzzer); aber im Kultus waren sie strenggläubig geblieben, wie sich beim Bau des Tempels ganz klar zeigte. Keinerlei Figuren persischer Gottheiten wurden im Tempel aufgestellt:
"Zweiter Tempel
Tempelneubau Serubbabels (6. Jahrhundert v. Chr.)
Einige Jahrzehnte nach der Rückkehr der Juden aus dem babylonischen Exil wurde der zweite Tempel in Jerusalem errichtet. Dafür standen nur bescheidene Mittel zur Verfügung. Zur Unterscheidung von späteren Umbauten wird dieser perserzeitliche Tempelbau in der Forschung manchmal nach dem Statthalter Serubbabel benannt. Die Auseinandersetzungen um den Neubau des Tempels haben im Buch Haggai ihren literarischen Niederschlag gefunden, und einige der Elephantine-Papyri beleuchten den historischen Hintergrund. Zwar war er nicht das einzige Heiligtum für JHWH, aber er entwickelte sich zum Zentrum der jüdischen Diaspora, einem Ort, wohin man sich mit Anfragen wandte und wohin man sich beim Gebet ausrichtete.
Nach Esr 6,3–7 EU wurde der Zweite Tempel auf den Fundamenten des zerstörten Vorgängerbaus errichtet. Man baute also den Ersten Tempel in schlichter Form wieder auf. Allerdings stand im Allerheiligsten kein Kerubenthron mehr, sondern dies war ein völlig leerer, durch einen Vorhang abgeteilter Raum. Anstelle der zehn Leuchter gab es im Zweiten Tempel einen siebenarmigen Leuchter, die Menora, die zu einem Symbol des Judentums werden sollte."
Jerusalemer Tempel - Wikipedia
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