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Regierungseinfluss auf den Bibeltext
#1
In einem Artikel im Guardian, der sich hauptsaechlich mit juengsten antireligioesen Aktivitaeten seitens der chinesischen Regierung beschaeftigt, findet sich dieser interessante Abschnitt:

" One of the goals of a government work plan for “promoting Chinese Christianity” between 2018 and 2022 is “thought reform”. The plan calls for “retranslating and annotating” the Bible, to find commonalities with socialism and establish a “correct understanding” of the text."

"Einer der Ziele eines Arbeitsplans der Regierung zum Thema "Das Chinesische Christentum voranbringen" zwischen 2018 und 2022 ist "Gedankenreform". Der Plan fordert die "Neuuebersetzung und Kommentierung" der Bibel um Gemeinsamkeiten mit dem Sozialismus und das "richtige Verstaendnis" des Texts zu finden."

Solch ein direktes Eingreifen in den Text durch genehme Uebersetzungen und direkt in den Text eingefuegte Kommentare geht ein wenig darueber hinaus, was die Regierung bis jetzt gemacht hat.

Wie auch immer, solch ein Szenario wirft natuerlich auch die Frage auf, ob so etwas nicht bereits geschehen ist. Zumindest scheint auch der jetzige Bibeltext an einigen Stellen auffallend regierungsfreundlich zu sein. Ob da die "Schere im Kopf" oder ein weniger indirekter Eingriff eine Rolle spielte, ist eine interessante Fragestellung, die zumindest heutzutage zumeist zugunsten der ersten Option beantwortet wird.

Quelle:
*https://www.theguardian.com/world/2019/jan/13/china-christians-religious-persecution-translation-bible?
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#2
Der Thread heißt "Regierungseinfluss auf den Bibeltext"

Daß der König auf den Bibeltext Einfluß nimmt, hat insbesondere in England eine lange Tradition

1.) Als sich Henry VIII selbst die Leitung über die Kirche unter den Nagel riß, begann bereits 1533 ein emsiges "revidieren" oder zurechtschustern des Bibeltextes ! 

Anm.: Henry VIII war bereits als Siebzehnjähriger König geworden, ein seltsamer König, der sechs Frauen ins Unglück riß 
und wegen seiner unchristlichen Scheidungseskapaden von der Kirche zurecht angegriffen wurde - und der sich deshalb seine eigene Religion zimmerte, die ihm Narrenfreiheit gab
King Henry VIII war kein gutes Vorbild für die Christenheit in England
Wenn sich jeder Bauer oder Handwerker so aufgeführt hätte wie er - dieser Verschleiß an Ehefrauen - wäre das Land schon damals den Bach runtergegangen


2.) Das zweite Beispiel wo die Regierung (vor 400 Jahren war das der König) direkten Einfluß auf den Bibeltext nahm, ist die King-James-Bibel (KJB) die damals wie heute die wichtigste englischsprachige Version der Bibel ist: 
"Seit ihrer Erstveröffentlichung im Jahre 1611 ist sie die einflussreichste englischsprachige Übersetzung der Bibel." King-James-Bibel - Wikipedia

Zwar wurde um 1600 in England die englische Übersetzung der calvinistischen "Genfer Bibel" gerne gelesen, aber 
"Deren Fußnoten vertraten jedoch einen calvinistischen Puritanismus, der König Jakob zu radikal war. Besonders der dezidiert antiroyalistische Ton der Genfer Bibel war für König Jakob I. unerträglich, denn er war strenger Verfechter des Gottesgnadentums. Die Übersetzer der Genfer Bibel hatten an die vierhundert Mal das Wort König mit Tyrann übersetzt. Das war für ihn untragbar, weshalb sich das Wort Tyrann nicht ein einziges Mal in der KJB findet."
King-James-Bibel - Wikipedia 


Es wurde also von King James von England veranlaßt, daß an 400 Stellen das Wort Tyrann entfernt wurde . . .
Und das war natürlich nicht die einzige Abänderung des Bibeltextes
Die King-James-Bibel war an zahlreichen Stellen "neu"  Icon_cheesygrin 
King James hatte eine neue Übersetzung "vorgeschlagen" (im Sinne von "befohlen"), wozu er eine Synode am Hampton Court Palace einberief (Vgl auch hier King-James-Bibel - Wikipedia)


Die King-James-Bibel von 1611 und auch eine schon 1533 von Henry VIII veranlaßte "Revidierung" (vgl King-James-Bibel - Wikipedia) der Bibel sind Paradebeispiele für Regierungseinflüsse auf den Bibeltext 
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#3
(31-01-2019, 23:05)Sinai schrieb: Die Übersetzer der Genfer Bibel hatten an die vierhundert Mal das Wort König mit Tyrann übersetzt.

Schon W. Tyndale, an dessen Werk sich die Übersetzer der Genfer Bibel orientierten, hat meines Wissens zum Teil so (und zwar falsch!) übersetzt. Durch die gezielte Wahl des Begriffs hatte dieser viele Königsherrschaften der Tyrannei verdächtigt. Natürlich gefiel das Jakob I. nicht sonderlich. Aber nicht nur solche Details hatten den König gestört. Vor allem waren es die überreichen Erläuterungen, mit denen die Genfer Bibel damals ausgestattet war, woran er Anstoß nahm. In den Anmerkungen wurden beispielsweise weltliche Obrigkeiten oft ziemlich pauschal kritisierten und vielfach auch infrage gestellt.

In der Septuaginta wird ausschließlich Antiochos als Tyrann (zB in 4Makk 9) bezeichnet. Darüber hinaus kommt der Begriff in ihr (wie auch im Textus receptus) nicht vor.
MfG B.
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