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Evolutionäre Konvergenz
#1
Ist Evolution vorhersagbar lautet der Titel des Buchs, dass ich grade etwas am Lesen bin. Würde intelligentes Leben so wie wir es heute kennen nochmal entstehen? Also menschenartige Wesen die Welt wieder bevölkern, wenn wir die Evolution nochmal ablaufen lassen könnten?

Der Autor Jonathan Losos ist ein Professor für Evolutionsbiologie in Harvard und wirft diese Frage mit seinem Buch in den Raum. Ist Evolution also vorhersehbar, also könnte man bestimmte Muster beobachten und diese müssten sich aufgrund von einem Selektionsdruck wiederholen? In dem Buch werden viele Beispiele für und gegen diese Konvergenz herangetragen und dies lässt keinen offensichtlichen Schluss zu, denn viele Anpassungen hängen von zufälligen Mutationen ab, weshalb es keine eindeutige Richtung gibt die sich zweifelsfrei vorhersagen lässt. 

Im Gesamtbild zeichnet sich eine Konvergenz, trotz zufälligen Mutationen und verschiedenen Anpassungsmöglichkeiten, trotzdem aus. Es gibt also anscheinend eine Präferenz in der Natur sich auf Umweltbedingungen gleichermaßen anzupassen und dies führt zu einer beobachtbaren Konvergenz in der Natur. 

Wie ich in dem Buch auch beschrieben wird funktioniert Selektion und Mutation auch gewissermaßen in einem kurzfristigen Zeitraum statt, also was damit gemeint ist, dass die Anpassung niemals auf lange Sicht erfolgt, sich also Anpassungen nur durchsetzen, wenn sie zum jetzigen Zeitpunkt einen Vorteil bringen. Die Anpassung erfolgt nicht auf dem Risiko für eine kurze Zeit schlechter angepasst zu sein und dafür langfristig besser angepasst zu sein, sondern richtet sich immer nur nach dem sichersten Schritt, der das Überleben zum "jetzigen" Zeitpunkt sichert, weswegen die Anpassung "Suboptimal" sein kann. Was man jetzt hier unter Optimal versteht kann ich nicht beurteilen, aber was "besseres" kann man sich ja immer ausdenken, wobei das auch schwierig wird. 

Wie kann Konvergenz erklärt werden? Ist die Evolution in weiten Stücken determiniert oder was steckt hinter der Konvergenz?
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#2
Nun, die Gesetze der Physik sind halt fuer jedes Lebewesen auf der Erde dieselben. Die meisten Beispiele fuer Konvergenz finden sich bei Anpassungen an das Leben in der Luft, an Land oder im Wasser, und die zu loesenden physikalischen Probleme sind dabei fuer alle Lebewesen dieselben, so dass die Loesungen auch aehnlich sind. Weitere Restriktionen gibt es grundsaetzlich durch den prinzipiellen Bauplan. Z.B., haben alle Landwirbeltiere, wie der Name "Tetrapoda" schon sagt, vier Extremitaeten, und den Schwanz kann man grundsaetzlich noch noch als fuenfte Extremitaet dazuzaehlen. Dies engt die moeglichen Loesungen physikalischer Probleme weiter ein, da grosse Abweichungen vom grundsaetzlichen Bauplan nur selten fuer Spezialanpassungen passieren, und wenn, dann meist in Form von weiteren Reduktionen (Wale, Schlangen, etc.).

Ein anderes Beispiel ist die Konvergenz bei der Entwicklung von Augen, was etwa 50 mal unabhaengig voneinander passiert ist. Aber auch hier sind die grundsaetzlichen Gesetze der Optik, wie Brechung an verschiedenen Materialien, Anpassung an verschiedene Lichtintensitaeten, etc., grundsaetzlich dieselben, weshalb es auch oefter zu aehnlichen Loesungen gekommen ist. Entwicklungsphysiologisch sind selbst prinzipiell baugleiche Loesungen dabei oft vollkommen unterschiedlich (siehe Wirbeltier- und Cephalopoden-Auge). Bei seltenen physikalischen Bedingungen, z.B. den hunderten von Aragonit-Linsen der Kaeferschnecken, wo das vorhandene Aragonit des Panzers zu optischen Linsen umfunktioniert wurde, gibt es eine spezielle Loesung, die die seltene Doppelbrechung des Aragonits ausnutzt. Der grundsaetzliche Aufbau aus Linse und lichtempfindlichen Pigment ist dabei derselbe, weil die Physik nichts anderes zulaesst, aber nicht alle Loesungen sind in allen Aspekten konvergent. Wirbeltier- und Cephalopoden-Auge werden ja nicht umsonst hervorgehoben. Das Facettenauge einer Fliege hat da im Detail aber andere Loesungen gefunden, trotz der Linse-Pigment-Restriktion.

Was die "Kurzsichtigkeit" der Selektion angeht, hat Losos Recht. Dies erklaert ja zum Teil auch den "Boom und Bust"-Zyklus, den man in der evolutionaeren Geschichte findet. Stabile Umweltbedingungen beguenstigen Spezialisierung, die die vorhandenen Resourcen optimal ausnutzen kann. Sehr komplexe Arten sind in diesen Faellen meist die Gewinner im Konkurrenzkampf. Bei sich aendernden Bedingungen wird diese Spezialisierung zum Problem, weil sie oft Abhaengigkeiten von ebenso komplexen Oekosystemen beinhaltet, und wenn die weg sind, ist Flexibilitaet gefragt. Dies ist dann die Stunde der Generalisten, die vorher ein Nischendasein fuehrten. Dieses Auf und Ab sieht man immer wieder.

Suboptimale Loesungen in komplexeren Organismen haben zudem so gut wie keine Chance, gegen bessere Loesungen ausgetauscht zu werden, weil "hoehere" Organismen vom Zusammenspiel so vieler Subsysteme abhaengen, dass der auch nur kurzfristige Ausfall irgendeines Subsystems zu Systemversagen fuehrt. Fundamental bessere Loesungen sind deshalb nur bei sehr einfachen Bauplaenen zu erwarten. Beispiele hier waeren die Lungen von Saeugetieren (und damit auch von uns Menschen), die als einfacher Doppelsack mit dem Zugang durch nur eine Roehre ausgefuehrt sind. In irgendeinem basalen Archosaurier (Krokodile, Dinosaurier, Voegel) kam es anscheinend zur Entwicklung einer weit ueberlegenen Lunge mit einem Luftkreislaufsystem, das eine viel bessere Ausnutzung des Luftsauerstoffs und Toleranz viel niedrigerer Sauerstoffkonzentrationen erlaubt. Obwohl das ein offensichtlich sehr wertvoller Ueberlebensvorteil ist, ist die Chance, dass sich in heutigen Saeugetieren ein aehnlicher Umbau entwickeln wuerde, so ziemlich gleich Null, da sich so ein wichtiges System an diesem Punkt nicht mehr umbauen laesst. Der menschliche Koerper hat auch andere absurde Konstruktionen. Aehnliche Ueberlegungen gelten bei der Wahl des Sauerstoff-tragenden Molekuels im Blut. Trotzdem sind natuerlich die dahinter steckenden physikalischen Probleme, die zu Konvergenzen fuehren, dieselben.

Ob sich Intelligenz noch einmal entwickeln wuerde? Da fehlt uns wohl die Basis fuer Statistik. Ob so einige Tiere wirklich so viel weniger intelligent sind, weiss man dabei nicht einmal. Die menschliche Besonderheit ist ja die Kombination verschiedener Entwicklungen, die zusammen auftraten, die uns neue Moeglichkeiten der Nutzung unserer Intelligenz erlaubten.
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#3
Ich finde es auch immer interessant zu lesen, dass dem Menschen gerne die Intelligenz abgesprochen wird. Gibt es dazu auch aktuelle Thesen? Also wie definiert man besser angepasste Lebewesen wie z.B den Menschen? Wird das daran gemessen, wie viele Arten der Mensch ausrotten kann oder wie genau wird hier der Maßstab gesetzt. 

Ich finde auch die Ausführungen zu den suboptimalen Anpassungen sehr interessant wie genau funktioniert dieser Mechanismus gibt es dazu irgendwelche Fachbegriffe die man sich genauer anschauen könnte? Mir ist klar, dass der Organismus dann von zu vielen Subsystem abhängt und man hier dann nicht spezifisch an irgendwelchen System neu drehen kann, sodass der ganze Organismus damit zu kämpfen hat, deswegen wird der Mechanismus wahrscheinlich auch so funktionieren, dass er eben physikalisch Ordnungsgemäß funktioniert, weil er eben wahrscheinlich auch nicht "Menschlich" Energieniveaus für die Zukunft abschätzen wird, sondern den direkten Weg nehmen wird und den "Energieverbrauch" niedrig halten will.
Wenn er dann den Weg des "kleinsten Übels" geht, dann kommen eben Subsysteme heraus die Langfristig vielleicht mehr Anpassungsbedarf besitzen, aber genug experimentellen Spielraum gibt es ja dafür, wenn man es so nennen darf. Ich weiß nicht ob meine Ausführungen dazu in irgendeiner Weise zutreffen, deswegen falls du mir wieder etwas aushelfen würdest, dann Danke ich dir. 

Nochmal zur Ausgangsfrage. Ich habe immer etwas Probleme mit den Abschätzungen die man Wissenschaften vornehmen muss, die eben nicht genau definiert werden können, weil sie eben aus Werturteilen erfolgen können. Wenn man sich nun den Menschen nimmt und ihn mit anderen Lebensformen vergleicht, anhand welchen Kriterien misst man die Intelligenz dieser Lebensformen? Mir ist klar das es unterschiedliche Problemstellungen zu lösen gibt nur wie wertet man diese, also wie genau wertet man die Lösung von gewissen Problemstellungen oder hält sich die Evolutionsbiologie da völlig raus? Nimmt man den Menschen als Maßstab oder wie setzt man hier überhaupt ein Maß an? Es gibt ja leider nicht wie in der Physik eine Maßeinheit in der man relative oder absolute Intelligenz messen kann.
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#4
(08-04-2019, 23:48)Holmes schrieb: Ich finde es auch immer interessant zu lesen, dass dem Menschen gerne die Intelligenz abgesprochen wird. Gibt es dazu auch aktuelle Thesen? Also wie definiert man besser angepasste Lebewesen wie z.B den Menschen? Wird das daran gemessen, wie viele Arten der Mensch ausrotten kann oder wie genau wird hier der Maßstab gesetzt.

Intelligenz und Anpassung sind erst mal Konzepte, die nicht direkt miteinander zu tun haben. Wenn ich hier von "Intelligenz" spreche, so meine ich das, was mit den ueblichen Tests bestimmt wird, also die Faehigkeit, die Anzahl moeglicher Problemloesungen so einzuschraenken, dass nicht auf zufaelliges Ausprobieren zurueckggegriffen werden muss. Tiere habe ich deshalb erwaehnt, weil dort ja viele Daten erhoben wurden. Vor allem einige Voegel (aus der Raben- und der Papgeien-Verwandtschaft) scheinen zu sehr komplexen Problemloesungen faehig zu sein.

Ansonsten muss man immer vorsichtig sein, weil das Absprechen von Intelligenz oft ein durchsichtiges Manoever in der Rhetorik ist, um der eigenen Position etwas mehr Glanz zu verleihen. Da wird oft auch schludrig mit Definitionen gespielt. Hier spielen Interessenkonflikte eine Rolle. Was gut ist fuer die Menschheit als Ganzes ist nicht immer gut fuer die direkte Gemeinschaft, in der man selbst lebt, und erst recht nicht fuer das einzelne Individuum. Um das Thema "Impfgegner" mal als Beispiel zu nehmen, so mag ich da durchaus schon mal geaeussert haben, dass es vom statistischen Gesichtspunkt aus "dumm" ist, diese Impfung fuer die eigenen Kinder zu verweigern. Das ist jetzt aber im Prinzip nicht ins Detail gedacht. Fuer den Fall, dass fast alle Mitglieder einer Gesellschaft sich und ihre Kinder impfen lassen, geht das Risiko der Ansteckung so weit zurueck, dass die Gefahr der Schaedigung durch die Krankheit an einem gewissen Punkt niedriger wird als die extrem niedrige Gefahr von Impfschaeden; an dem Punkt ist die Impfverweigerung zwar egoistisch, aber nicht "dumm". Natuerlich geht die Rechnung nur auf, wenn sich fast jeder konform verhaelt und das Allgemeinwohl im Blick behaelt; und das ist zur Zeit halt nicht mehr der Fall, und die Statistik sieht schlecht aus fuer Impfgegner.

Eine aehnliche Betrachtung gilt fuer die oben besprochene "Kurzsichtigkeit" der Evolution. Das ist kein Zeichen davon, dass da irgendetwas besser sein koennte. Das grundsaetzliche Problem hier ist, dass die meisten Arten gar keine Chance haben, das "lange Spiel" zu spielen. Es nuetzt keiner Art etwas, sich fuer kuenftige Veraenderungen vorzubereiten, wenn das bedeutet, dass man das kurzfristige Rennen verliert. Das Ueberleben des kurzfristigen Filters ist ja erst mal die Voraussetzung, es ueberhaupt in die Zukunft zu schaffen. Dieser Zusammenhang ist nicht zu umgehen.

Ein anderer Aspekt der angeblich mangelnden Intelligenz ist der, dass der Mensch und auch andere Organismen viele Entscheidungen faellen, ohne nachzudenken, weil das effizient ist. Oft genug ist auch gar keine Zeit fuer Ueberlegungen, weshalb es sich wohl als fuer das Ueberleben vorteilhaft herausgestellt hat, fuer bestimmte Entscheidungen das Ueberlegen zu umgehen. Unser Lernen beruht teilweise darauf. Wir schieben ganze kompizierte Bewegungsablaeufe, die wir uns Antrainieren (beim Menschen gehoert schon das einfach Gehen dazu) nach dem Trainingserfolg in einen Bereich des Gehirns, der solche Vorgaenge automatisiert und vom Bewusstsein abkoppelt. Daneben kommt noch der Aspekt zum Tragen, dass viele unserer Entscheidungen triebgesteuert sind, selbst solche, die wir mit scheinbar intelligenten Begruendungen uns selbst gegenueber rechtfertigen. Das wird auch oft negativ besetzt - Religionen befassen sich ja in ihrem Kern mit Triebsteuerung - aber man darf dabei nicht vergessen, dass diese Triebe fuer die Spezies ueberlebenswichtig sind. Ohne Sexualtrieb sterben wir schlicht aus, und er existiert in allen Arten nicht deshalb, weil er gut oder schlecht ist, sondern eine absolut notwendige Voraussetzung dafuer, das Evolutionsspiel ueberhaupt erst mitmachen zu koennen. Auch der Aggressionstrieb ist ueberlebensnotwendig.   

(08-04-2019, 23:48)Holmes schrieb: Ich finde auch die Ausführungen zu den suboptimalen Anpassungen sehr interessant wie genau funktioniert dieser Mechanismus gibt es dazu irgendwelche Fachbegriffe die man sich genauer anschauen könnte? Mir ist klar, dass der Organismus dann von zu vielen Subsystem abhängt und man hier dann nicht spezifisch an irgendwelchen System neu drehen kann, sodass der ganze Organismus damit zu kämpfen hat, deswegen wird der Mechanismus wahrscheinlich auch so funktionieren, dass er eben physikalisch Ordnungsgemäß funktioniert, weil er eben wahrscheinlich auch nicht "Menschlich" Energieniveaus für die Zukunft abschätzen wird, sondern den direkten Weg nehmen wird und den "Energieverbrauch" niedrig halten will.
Wenn er dann den Weg des "kleinsten Übels" geht, dann kommen eben Subsysteme heraus die Langfristig vielleicht mehr Anpassungsbedarf besitzen, aber genug experimentellen Spielraum gibt es ja dafür, wenn man es so nennen darf. Ich weiß nicht ob meine Ausführungen dazu in irgendeiner Weise zutreffen, deswegen falls du mir wieder etwas aushelfen würdest, dann Danke ich dir.

Ich sehe, mit Deinem Vergleich mit "Energieniveaus" hast Du die Antwort eigentlich schon vor Augen. Wenn man sich ein typisches Katalyse-Diagramm mit seinen lokalen Energie-Minima und -Maxima anschaut, egal ob enzymatisch oder in der anorganischen Chemie, so kann man sich ein aehnliches Bild mit lokalen evolutionaeren "Minima", oder in dem Fall besser "Optima" vorstellen, mit sehr unvorteilhaften Loesungen auf den "Bergen" dazwischen. Jede Entwicklung von einem solchen lokalen Optimum weg geht erst einmal in Territorium, wo es sehr schnell sehr gefaehrlich wird, zumindest bei so absolut essentiellen Problemen wie der Aufrechterhaltung der Sauerstoffversorgung des ganzen Koerpers im Fall der Lungen. Geht jeder Weg weg vom lokalen Optimum in die Todeszone, so bleibt man auf dem lokalen Optimum stecken. Nun, vielleicht koennen wir ja irgendwann selbst Hand anlegen und den Menschen umkonstruieren.

(08-04-2019, 23:48)Holmes schrieb: Nochmal zur Ausgangsfrage. Ich habe immer etwas Probleme mit den Abschätzungen die man Wissenschaften vornehmen muss, die eben nicht genau definiert werden können, weil sie eben aus Werturteilen erfolgen können. Wenn man sich nun den Menschen nimmt und ihn mit anderen Lebensformen vergleicht, anhand welchen Kriterien misst man die Intelligenz dieser Lebensformen? Mir ist klar das es unterschiedliche Problemstellungen zu lösen gibt nur wie wertet man diese, also wie genau wertet man die Lösung von gewissen Problemstellungen oder hält sich die Evolutionsbiologie da völlig raus? Nimmt man den Menschen als Maßstab oder wie setzt man hier überhaupt ein Maß an? Es gibt ja leider nicht wie in der Physik eine Maßeinheit in der man relative oder absolute Intelligenz messen kann.

Das Problem faengt ja schon bei der Definition von "Intelligenz" an; es gibt ja durchaus Forscher verschiedener Disziplinen, die unterschiedliche Formen von Intelligenz postulieren. Der Einfachheit halber koennen wir uns auf das beschraenken, was bei Menschen typische IQ-Tests messen, also das Loesen von Raetselaufgaben, Puzzles etc. Bei Tieren wird das aehnlich gemessen; die muessen meist irgendwelche Puzzles loesen, die zum Futter fuehren. Bei manchen Tieren wird das schon am natuerlichen Verhalten sichtbar. Neuseelaender erzaehlen gerne von ihren Keas, die in Haeuser einbrechen, Container oeffnen und diese Ausraeumen. Hierbei sieht man uebrigens auch, dass wir als "Intelligenz" wahrnehmen, wenn ein Tier seine Extremitaeten (Fuesse, Schnabel, Elefantenruessel, etc.) fuer mehr als Laufen, Essen, Atmen oder Kaempfen verwendet.

Keine dieser Ergebnisse kann man ohne Qualifizierung so akzeptieren. Bei IQ-Tests ist zum Beispiel klar, dass man diese im Prinzip trainieren kann. Ich meine dabei uebrigens nicht, dass die genauen Aufgaben dann bekannt sind, sondern dass man das, was tatsaechlich gemessen werden soll, also die Faehigkeit, unbekannte Aufgaben zu loesen, trainieren kann. Wenn man sich die IQ-Test-Tabellen anschaut, so sieht man, dass die Bewohner Schwarzafrikas und die Afroamerikaner in den USA da besonders schlecht abschneiden, Ostasiaten oder Juden (auch egal ob in den USA oder in der Heimat) dagegen deutlich besser als "Weisse" (Europaeer und Amerikaner europaeischer Abstammung) platzieren. Die Ursachen dafuer sind unklar, aber wenn ich eine Vermutung abgeben sollte, so hat das hauptsaechlich mit der in der Familie tradierten "Lernkultur" zu tun, also inwieweit von den Eltern Ansporn zum Lernen gegeben oder gar Druck auf ihre Kinder ausgeuebt wird, im schulrelevanten Bereich erfolgreich zu sein. Oder anders ausgedrueckt, ich halte auch Intelligenz in der Form, wie wir sie messen, fuer durchaus trainierbar; zumindest in einem gewissen Rahmen.
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#5
(06-04-2019, 14:06)Holmes schrieb: Wie kann Konvergenz erklärt werden? Ist die Evolution in weiten Stücken determiniert oder was steckt hinter der Konvergenz?
Ja, ist im Prinzip eigentlich recht simpel: Ähnliche Probleme führen zu ähnlichen Lösungen, that's it! Icon_smile

Ist schon wieder ein bisschen her, dass ich mich mit der Kontroverse zwischen Kontingenztheorie (Stephen J. Gould) und Konvergenztheorie (Simon C. Morris) etwas eingehender beschäftigt hatte, aber das da oben hab' ich mir auf jeden Fall gemerkt!

Jonathan Losos kannte ich noch nicht. Oder ich hab' seinen Namen zwischenzeitlich schon wieder vergessen, weil mir seine Ansichten nicht allzu sehr zusagen. Ich tendiere da eher zu S. C. Morris. Und würde die eingangs genannten Fragen...
(06-04-2019, 14:06)Holmes schrieb: Würde intelligentes Leben so wie wir es heute kennen nochmal entstehen? Also menschenartige Wesen die Welt wieder bevölkern, wenn wir die Evolution nochmal ablaufen lassen könnten?
...definitiv bejahen!

Gäbe es den Menschen nicht... die besten Chancen hätten wohl Kapuzineräffchen, die ja längst dabei sind, Steine als Werkzeuge zu verwenden. Tatsächlich nutzen sie die Steine auch nicht einfach nur zum Öffnen von Nüssen oder Muscheln, sondern stellen bereits die primitivsten Formen von Steinwerkzeugen her wie man sie auch vom frühen Menschen kennt. Hier ein kurzes Video dazu:
*https://www.youtube.com/watch?v=j0jqJUF1nOs

Wirklich irre! Und der Rest wäre im Prinzip nur eine Frage der Zeit, gäbe es da nicht schon den Menschen als dominierende Spezies auf diesem Planeten...
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#6
Interessantes Thema. Man muss dabei vielleicht unterscheiden zwischen einzelnen Merkmalen und äußeren Umständen. Ulan schrieb ja bereits sehr ausführlich zu der Entwicklung von Augen. Sinnesorgane, die auf elektromagnetische Reize reagieren, wird es sicherlich immer wieder mal geben. Auch die Fähigkeit zu fliegen, hat sich viermal im Laufe der Evolution unabhängig voneinander entwickelt (insekten, fledertiere, pterosaurier, Vögel), wenn auch deutlich seltener als Augen. Äußere Bedingungen sind aber eigentlich unvorhersehbar. Ein Asteroid vermag dann, der Evolution eine komplett neue Richtung zu geben. Vorhersagen, zb durch Simulationen, sind imho daher unmöglich, viel zu viele Unbekannte.
in einer Doku bei 3sat haben sie mal eine mögliche Evolution des Menschen gezeigt, mit einem Körper, der sich an die heutigen Umstände (viel sitzen, viel computerarbeit etc) angepasst hat. Aber so funktioniert Evolution natürlich nicht, quasi ala lamarck. Wenn sich "unzureichende" Formen erfolgreich Fortpflanzung, gibt es keinen selektionsdruck. Das heißt, selbst wenn man Schwachstellen erkennen würde, würde das nicht auch eine evolutionäre Bedeutung spielen müssen. Ich halte daher voraussagen in der Evolution für absolut unmöglich.
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#7
(06-04-2019, 14:06)Holmes schrieb: Ist Evolution vorhersagbar
Nein, ist sie nicht. Ich meine, das ist auch allgemein anerkannt. Es gibt dazu eine Regel. Mir ist gerade entfallen, von wem sie stammt, bzw. wie sie heißt.

Im Grunde genommen ist das auch logisch. Einmal losgelaufen, gibt es kein zurück mehr.

Holmes schrieb:Der Autor Jonathan Losos ist ein Professor für Evolutionsbiologie
Das wundert mich nun sehr. Ich gehe mal davon aus, dass du hier etwas missverstanden hast.

Holmes schrieb:könnte man bestimmte Muster beobachten und diese müssten sich aufgrund von einem Selektionsdruck wiederholen?
Das wiederum kann gut sein. Es gibt Optima, die würden wieder entstehen. Ist allerdings Spekulation. Die Grundlage könnte ganz anders aussehen und damit wären die Optima auch ganz andere.

(08-04-2019, 23:48)Holmes schrieb: Also wie definiert man besser angepasste Lebewesen wie z.B den Menschen?
Wir können nicht in die Zukunft schauen. Eine Spezies, die es bereits so lange gibt, wie z.B. die Kellerassel ist vermutlich sehr gut angepaßt. Es wird sie auch in Zukunft geben. Den Menschen gibt es noch nicht so lange. Es gibt einiges an Szenarien, bei denen der Mensch sich selbst ausrottet und die Kellerassel überlebt.

Am besten angepaßt sind die Viren.

Ich denke, je komplexer eine Spezies ist, desto anfälliger ist sie.

Ein Teil der "Fitness" besteht in Fortpflanzung, möglichst schnell und möglichst viele Nachkommen. Da ist der Mensch lächerlich schwach.

(27-03-2021, 23:50)Gundi schrieb: Sinnesorgane, die auf elektromagnetische Reize reagieren, wird es sicherlich immer wieder mal geben. Auch die Fähigkeit zu fliegen, hat sich viermal im Laufe der Evolution unabhängig voneinander entwickelt (insekten, fledertiere, pterosaurier, Vögel), wenn auch deutlich seltener als Augen.
Grundsätzlich, bin ich deiner Meinung.

Das Problem ist aber, dass wir von unserem Stand ausgehen.

Von einer Urzelle ausgehend, kann sich aber alles ganz anders entwickeln.
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#8
Auch wenn Evolution im Ganzen nicht vorhersagbar ist; einzelne Merkmalsentwicklungen sind es eventuell durchaus:

In Nicaragua gibt es zwei große Seen, in denen Buntbarsche leben. Das Wasser dieser Seen ist trüb. Von dort aus besiedelten die Buntbarsche mehrere kleinere Kraterseen mit klarem Wasser. Forscher der Uni Konstanz postulierten, dass sich die visuelle Sensitivität aller sieben Buntbarscharten in den Kraterseen hin zu kürzeren Wellenlängen verändert haben wird (aufgrund der geringen Trübe in den Kraterseen), in einem Zeitraum von etwa 1500 Jahren. Nicht jedoch die Buntbarschpopulationen in den trüben Seen.
Und die Forscher konnten derlei nachweisen.
Das Besondere: Alle sieben untersuchten Fischpopulationen mussten sich an den gleichen gemeinsamen Faktor anpassen: die veränderten Lichtverhältnisse. Und alle reagierten in ähnlicher Weise, durch eine Zunahme der Sensitivität im kurzwelligen Lichtspektrum.

***https://www.biologie.uni-konstanz.de/fachbereich/aktuelles/details/Kann-Evolution-vorhergesagt-werden-15154/
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#9
Du gehst hier von Buntbarschen aus. Es kann bereits die Urzelle ganz anders sein.
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#10
(26-07-2022, 09:28)lehmi schrieb: Du gehst hier von Buntbarschen aus. Es kann bereits die Urzelle ganz anders sein.

Was soll eine solche Aussage? Was an dem Beispiel soll konkret spezifisch fuer Buntbarsche sein? Was genau soll bei einer hypothetischen Urzelle anders sein?

So wie sie im Moment da steht, ist Deine Aussage vollkommen bedeutungslos. Die Urzelle war kein Buntbarsch, richtig. Eine Urzelle hatte auch nicht die Augen eines Buntbarsches. So richtig wie banal.

Da es in dem Thread ausserdem um Konvergenz geht, mit was sollte eine hypothetische Urzelle konvergieren?
Alles in allem also ein sinnloser Einwand.
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