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die lange historische Angst vor der Verunreinigung der christlichen Glaubens
#16
(26-05-2019, 00:52)Sinai schrieb: Es liegt mir fern, Dir etwas vorschreiben zu wollen
Ich schrieb ja: "Ich kann Dir Deine Meinung nicht nehmen (und habe auch gar nicht vor es zu versuchen)"

Aber ich stelle mir die Frage, warum Du "Unsere Evangelien" schreibst, wenn Du nicht an deren Authentizität glaubst

Darauf habe ich schon geantwortet. Auch ich hatte Religionsunterricht.

(26-05-2019, 00:52)Sinai schrieb:
(26-05-2019, 00:31)Ulan schrieb: Es ist die allgemeine Meinung in der Theologie, also bei den Leuten vom Fach.

"Leute vom Fach" wachsen nicht als Früchte auf den Bäumen, sondern sie werden vom Staat installiert.
Die Universitäten werden ja bekanntlich vom Staat geführt

Es gibt sicherlich so etwas wie "vorherrschende Meinungen", aber die Leute vom Fach kennen sich halt, wenn sie solche Fragen in ihrer Arbeit ernsthaft bearbeiten, auch in den Schriften der Kirchenvaeter aus. Sie haben also eine Idee davon, wie sich einige der traditionellen Zuschreibungen entwickelten. Und da sieht's halt nicht gut aus fuer eine solide Ueberlieferung.

Fuer die Evangelien beginnen sich die Kirchenvaeter erst Mitte des 2. Jahrhunderts zu interessieren, im Prinzip beginnend mit Justin dem Maertyrer; davor herrscht merkwuerdige Stille. Deshalb ist es ja so schwierig, die Geschichte der Evangelien aufzudroeseln.
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#17
(26-05-2019, 01:14)Ulan schrieb: Fuer die Evangelien beginnen sich die Kirchenvaeter erst Mitte des 2. Jahrhunderts zu interessieren, im Prinzip beginnend mit Justin dem Maertyrer; davor herrscht merkwuerdige Stille.


Es gab doch laufend Christenverfolgungen. Ziemlich naheliegend, daß es schon vor der Mitte des 2. Jahrhunderts zahlreiche als Märtyrer verstorbene Theologen gegeben hat deren Schriften vernichtet wurden
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#18
Es geht um die Schriften, die wir haben. Selbst Justin nennt nur das Evangelium von Markion beim Namen, ansonsten spricht er von den "Memoiren der Apostel", ohne diese zu spezifizieren. In einem seiner letzten Werke sagt er, dass diese "Memoiren" auch Evangelien genannt werden. Seine Zitate sind nur zum geringen Teil in unseren Evangelien zu finden.

Richtig greifbar werden die Evangelien erst mit Irenaeus am Ende des zweiten Jahrhunderts. Dort tauchen zum ersten Mal die vier Evangelien unter Nennung der Autoren auf.
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#19
Damals wütete doch eine Serie von Christenverfolgungen !
Da wurden Schriften versteckt - vielleicht im trockenen Wüstensand Judäas vergraben

Wenn damals verbotene Schriften vor den Behörden versteckt wurden - wie will man nun heute, vielleicht 1800 oder 1900 Jahre später, irgendwelche erfolgreiche Nachforschungen anstellen, welche Schriften wo versteckt waren oder unter Lebensgefahr in ganz kleinen Zirkeln heimlich kursierten


---


Es gehört zwar nicht zum Thema Evangelium und Christentum, ich möchte aber darauf hinweisen, daß in Zeiten des Krieges oder der Verfolgung in Judäa immer wieder Schriften versteckt wurden; siehe Qumran

"Sie umfassen rund 15.000 Fragmente von etwa 850 Rollen aus dem antiken Judentum
( . . . )

Datierung
Während die Kupferrolle etwas später, ca. 70 n. Chr. produziert worden sein soll, entstanden die auf organischem Material verfassten Schriften bereits vor der Zerstörung der nahen Siedlung 68 n. Chr."
Schriftrollen vom Toten Meer - Wikipedia

66. n. Chr. bis 70 n. Chr. wütete der Jüdische Krieg in Judäa
Römische Legionäre machten Jagd auf jüdische Zentren - da war es naheliegend, Schriften zu verstecken


Als dann später römische Legionäre im Zuge der Christenverfolgungen Jagd auf christliche Zentren machten, mußten auch diese ihre Schriften verstecken

Im schroffen Gebiet der vielen unbewohnbaren Schluchten mit ihrem trockenem Wüstensand konnte man Pergamentrollen sehr gut verstecken

Ob nun christliche Schriften ebenfalls konkret im trockenen Wüstensand Judäas vergraben wurden, weiß natürlich kein Mensch, und ist ja auch unerheblich - jedenfalls überstand das Christentum alle Christenverfolgungen

Wo die Christen ihre Schriften während den Christenverfolgungen versteckten, weiß man natürlich nicht. Im riesigen Römischen Reich (Rom, Venedig, Marseille, Athen, London, Nordafrika, Alexandria, Cäsarea, Jerusalem und den zugehörigen Landgebieten) sowie auch außerhalb des Römischen Reiches (Babylon) gab es genug Orte.

Es war gerade der Vorteil der vielen geheimen christlichen Gemeinden im Untergrund, daß sie so weit voneinander entfernt waren. Von Jerusalem bis Mainz war es eine Weltreise über die Alpen, von Nordafrika nach London war es eine abenteuerliche Reise auf der Hochsee (Atlantik). Die Mitglieder der einzelnen christlichen Gemeinden kannten einander nicht, somit konnte das Auffliegen einer Gemeinde nicht zum Auffliegen entfernter Gemeinden führen.

Wie die Schriften damals verbreitet wurden, weiß man heute nicht. Wahrscheinlich mit Methoden von Schmugglern.

Ich denke nicht, daß es heute sinnvoll ist, das frühe Christentum präzise erforschen zu wollen

So etwas kann nur zu Enttäuschungen führen
Eine Beweisführung nach heutigem Ermittlungsstandard der Kriminalpolizei und der Gerichte ist in diesem Fall unmöglich

Erstens weil die Christen damals heimlich tätig waren und zweitens weil noch dazu 1800 Jahre vergangen sind
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#20
Soll ich daraus ableiten, dass die teilweise schwierige bis gar nicht vorhandene Kommunikation zu dieser Gefahr geführt haben. Die Eigenwilligkeit eines Gemeindeführers wird es wohl immer gegeben haben. Wenn ich das richtig sehe kam erst mit den sog. Kirchenväter die notwendige Kontinuität rein um diesen Unsicherheitsfaktor auszuschließen.

Eine allgemein-verbindliche Kernbotschaft, das war natürlich für die Missionierung von entscheidender Bedeutung.
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#21
Nun, natuerlich gab es Zeiten, wo christliche religioese Schriften beschlagnahmt wurden. Diese wurden manchmal aufbewahrt und dann nach Ende einer Verfolgungswelle wieder zurueckgegeben. Dass Schriften versteckt wurden, wissen wir auch.

Das alles hat aber nichts mit der Aussage zu tun, dass die christlichen Kirchenvaeter und Autoren vor Irenaeus seltsam uninteressiert sind an den Evangelien. Sie schrieben eine Menge, und vieles davon ist uns erhalten, aber unsere Evangelien kennen sie entweder nicht oder ignorieren sie. Sie zitieren fast immer nur aus dem AT. Es gibt hin und wieder "Zitate" aus dem NT, aber die sind in dem meisten Faellen kaum wiederzuerkennen. Das ist ein grundsaetzliches Problem mit den Texten der fruehen Kirchenvaeter, das mehrere Deutungen zulaesst. Wahrscheinlich sahen die religioesen Texte, die sie kannten, schlicht anders aus.
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#22
Ich habe das ins Spiel gebracht weil mir die Rolle der Kirchenväter nie richtig klar war - in Geschichtsbüchern war dazu wenig zu lesen. Wenn ein Gelehrter nur darauf bedacht war korrekt zu übersetzen dann ist das natürlich nicht wirklich ehrgeizig.

Die Einordnung des Stellenwertes von Schriften war doch vermutlich den Kirchenväter gar nicht klar, weil erst nach Kaiser Konstantin eine echte Form der Bibelexegese begonnen hatte. Der Streit um die richtige Deutung ist wohl sehr hitzig geführt worden, sonst hätte der Vatikan bestimmt nicht die Institution der Glaubenskongregation eingesetzt. 

Es wundert mich ehrlich gesagt, dass die Apostel hier nicht bereits durch verbindliche Leitaussagen ein klares Signal ausgesandt haben, wonach es sich zu richten ist. (Stichwort : Glaubensgrundsätze)
> damit haben Sie möglicherweise (den Wölfen im Schaafspelz) ideale Voraussetzungen geliefert,
um Ihre Fälschungen der ursprünglichen in Umlauf zu setzen.

> ich finde es bemerkenswert, dass in Stargate (SciFi-Serie) dieser Gesichtspunkt bei den ORI so besonders herausgearbeitet wurde ;  das war richtig entlarvend.
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#23
(27-05-2019, 16:10)Kreutzberg schrieb: Es wundert mich ehrlich gesagt, dass die Apostel hier nicht bereits durch verbindliche Leitaussagen ein klares Signal ausgesandt haben



Das ist mir auch unverständlich. Dutzende Begriffe im AT und im NT sind nicht eindeutig; wenn man in Bibelwörterbücher schaut, findet man bei den Originalwörtern (althebräisch, aramäisch, altgriechisch) oft mehrere unterschiedliche Übersetzungsvorschläge !

Beispiel:
"Sie sind es, die sich nicht mit Weibern befleckt haben" Offb 14,4 (Einheitsübersetzung)

Was ist da mit den "Weibern" gemeint ??

Nun ist es so: die Geheime Offenbarung liegt zwar auf Altgriechisch auf (dort steht gunē, vgl das Wort gyne), aber der Schreiber dachte wohl an das althebräische Wort 'ishshâh das sowohl die Bedeutung "Weib" als auch die Bedeutung "Lehre" hat, da sind in diesem Zusammenhang wohl "Irrlehren" gemeint, mit denen sie sich nicht befleckt haben.

(So wie in der deutschen Sprache das Wort "Mutter" einen weiblichen Elternteil bezeichnet und auch einen Teil einer Schraubenverbindung.)

Die korrekte Übersetzung von Offb 14,4 würde meiner Einsicht lauten:
"Sie sind es, die sich nicht mit Irrlehren befleckt haben"
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#24
Ich habe mich hierzu ja bereits einmal geäußert. Es gab bestimmt einmal ein Richtungsstreit bei den Apostel - aber wer waren denn dann dort die Alpha-Tiere ?!

Es ist zu vermuten, dass Jakobus und Petrus hier sehr aktiv waren. Diese Uneinigkeit ist möglicherweise nie wirklich überwunden worden. Im späteren Geschichtsverlauf kann man natürlich auch nachhelfen, dass dieser Punkt aus den Geschichtsquellen verschwindet. Das sollte man von der Logik her auch ins Kalkül ziehen.

Durch den Stellenwert von Paulus ist dieser Disput dann ohnehin zweitrangig geworden. Die Erfolgsstory von Paulus hat alles andere überstrahlt.

Es gibt leider keine Missionierungsberichte aus der Retrospektive. Wenn ein berühmte Person des Altertums zurückblickte kann das durchaus sehr interessant werden - heute nennt man das Memorarum. Es ist schade, dass man so spät erst die Bedeutung der Schrift zur Verbreitung einer religiösen Anschauung genutzt hat.

Ich kenne übrigens auch keinen urchristlichen Chronisten, auf die man sich diesbezüglich konkret berufen könnte.
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#25
Zitat:Ich habe mich hierzu ja bereits einmal geäußert. Es gab bestimmt einmal ein Richtungsstreit bei den Apostel

Wer sagt das? Wo steht das? Icon_rolleyes
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#26
(27-05-2019, 18:16)Kreutzberg schrieb: Ich habe mich hierzu ja bereits einmal geäußert. Es gab bestimmt einmal ein Richtungsstreit bei den Apostel - aber wer waren denn dann dort die Alpha-Tiere ?!

Es ist zu vermuten, dass Jakobus und Petrus hier sehr aktiv waren. Diese Uneinigkeit ist möglicherweise nie wirklich überwunden worden. Im späteren Geschichtsverlauf kann man natürlich auch nachhelfen, dass dieser Punkt aus den Geschichtsquellen verschwindet. Das sollte man von der Logik her auch ins Kalkül ziehen.

Durch den Stellenwert von Paulus ist dieser Disput dann ohnehin zweitrangig geworden. Die Erfolgsstory von Paulus hat alles andere überstrahlt.

Es gibt leider keine Missionierungsberichte aus der Retrospektive. Wenn ein berühmte Person des Altertums zurückblickte kann das durchaus sehr interessant werden - heute nennt man das Memorarum. Es ist schade, dass man so spät erst die Bedeutung der Schrift zur Verbreitung einer religiösen Anschauung genutzt hat.

Ich kenne übrigens auch keinen urchristlichen Chronisten, auf die man sich diesbezüglich konkret berufen könnte.

Warum investiert Ihr Eure Energie nutzlos in die Geschichte?  Was wollt Ihr da herausbekommen?

Schaut um Euch was "Heute" passiert, bzw. passiert ist. (Joh. 14.26)
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#27
(27-05-2019, 22:59)daVinnci schrieb:
Zitat:Ich habe mich hierzu ja bereits einmal geäußert. Es gab bestimmt einmal ein Richtungsstreit bei den Apostel

Wer sagt das? Wo steht das? Icon_rolleyes

Z.B. im Galaterbrief. Die beissende Kritik an Petrus und den anderen Figuren in Jerusalem, die daraus spricht, steht in einem merkwuerdigen Kontrast zur Version, die die viel spaeter geschriebene Apostelgeschichte uns auftischt.
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#28
(27-05-2019, 18:16)Kreutzberg schrieb: Im späteren Geschichtsverlauf kann man natürlich auch nachhelfen, dass dieser Punkt aus den Geschichtsquellen verschwindet. Das sollte man von der Logik her auch ins Kalkül ziehen.


Was willst Du damit andeuten ?
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#29
(27-05-2019, 23:55)Sinai schrieb:
(27-05-2019, 18:16)Kreutzberg schrieb: Im späteren Geschichtsverlauf kann man natürlich auch nachhelfen, dass dieser Punkt aus den Geschichtsquellen verschwindet. Das sollte man von der Logik her auch ins Kalkül ziehen.


Was willst Du damit andeuten ?

Googel: Die gefälschte Bibel!
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#30
Im Prinzip sind meine Andeutungen nur ein Hinweis darauf, dass die vielen Verzerrungen aus der Vergangenheit zu berücksichtigen bei der Sachbewertung. Die Glaubenskongregation hatte sicherlich eine Reihe von willigen Helfern. Daher war sie in der Vergangenheit auch so erfolgreich.

Es geht um eine Auslegung der Lehre durch kompromisslose Präzisierungen. Dadurch gibt es keinen Spielraum mehr in der Wahrnehmung eines Gelehrten. Der Verfechter einer unmissverständlichen Lehre ist wohl von der Natur her alles andere als tolerant gegenüber anderen Perspektiven der Lehre. Dadurch entsteht ja gerade der besagte fatale Eindruck : die Römer meinten "dass die Juden trunken waren vom jüdischen Glauben".

Das endete schließlich in der Zerstörung des Jüdischen Tempels.
Eine späte Reaktion der von mir angesprochenen Geisteshaltung der Römer.
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